Januar 2018

 

Wir starten ins neue Jahr mit einer Rundfahrt durch Ecuador.
Als erstes müssen wir wieder einen Pass bezwingen. 4.091 m sind diesmal angesagt. Hoch oben können wir den schneebedeckten Vulkan Nevado Antisana (5.704 m) erblicken. Am Straßenrand wird immer wieder darauf hingewiesen: Wilde Tiere kreuzen, Verringere die Geschwindigkeit, Vermeide Überfahren, Zone geschützter Gebiete; aber auch: Vorsicht kreuzende Bären.
Uns begegnet weder ein wildes Tier noch ein Bär.


Auf 3.326 m besuchen wir die Thermen von Papallacta. Eine traumhafte Anlage. Nach herrlich zubereiteter Scholle und ausgedehntem Spaziergang führt uns die erstklassig asphaltierte Straße vorbei an herrlichen Wasserfällen runter auf 1.933 m nach Baeza. Wir füllen unsere Vorräte auf.

 

Es geht weiter durch herrliche Nebelwälder, unten im grünen Tal schlängelt sich der Rio Oyacachi. Unser Reiseweg führt uns über die Troncal Amazonica (die einzige durchgängig asphaltierte Nord-Süd-Verbindung im Osten Ecuadors) durch dichten Dschungel. Um zu den Wasserfällen von San Rafael zu gelangen, biegen wir auf eine Piste ab. Die letzten 1½ Kilometer müssen wir durch die tropische Landschaft zu Fuß gehen. Die Ranger raten uns, lange Hemden und Hosen anzuziehen und Mückengel aufzutragen.

 

Wir wandern durch tolle Dschungellandschaft über zwei kleine Brücken. Wir sehen viele bunte Schmetterlinge und hören eine seltsame Vogelstimme, die einem Montezumastirnvogel gehört – wie wir später von den Rangern erfahren – den wir aber leider nicht zu Gesicht bekommen.

 

Am Ende des Weges ein herrlicher Blick auf den San Rafael Wasserfall, mit 145 m der höchste Ecuadors.
Auf dem Rückweg beobachten wir Kapuzineraffen, wie sie in Windeseile mit und ohne Baby durch die Baumkronen jagen. Wir sehen immer wieder einen großen rot-schwarzen Vogel, einen männlichen Andenklippenvogel, der sich aber partout nicht richtig fotografieren lassen will.

 

Zurück auf der Troncal Amazonica überqueren wir im strömenden Regen zum ersten Mal mit unserem LKW den Äquator. Wir rangieren hin und her, um dem GPS die 0.000‘ zu entlocken. Wir sind jetzt in der Region Amazonas. Alle Flüsse hier sind Zuflüsse des Amazonas.

 

Unser Ziel ist das Naturreservat Cuyabeno. Ranger Romiro bietet uns einen Stellplatz an seiner Station an, mit Dusche und WC. Wir buchen bei Modeste, einem indigenen Führer, eine Tagestour zur Laguna Grande.
Um 7.30 schippern wir am nächsten Morgen mit dem Boot Kingfisher über den Rio Cuyabeno. Wir werden noch begleitet von Jessi, einem 17-jährigen Indigenen.

 

Herrlich, wir gleiten durch dichten Regenwald, alles ist grün, die Natur schwelgt hier im Überfluss, Baumstämme und Äste stecken im braunen Wasser. Wir sehen große, leuchtend blaue Schmetterlinge und viele Vögel, unter anderem Graureiher, Kormorane, Schlangenhals-Reiher und Kingfisher (Eisvögel); kleine und große dunkelbraune Affen; einen kleinen Tapir; einen Baum, der mindestens 750 Jahre alt ist; kleine schwarze Äffchen; große Wachs-Palmen und kleine Ananas-Haine – atemberaubend schön. Und immer wieder Bromelien, die von den Bäumen Besitz ergreifen und die Äste so stark durchbiegen, dass sie jeden Moment zu brechen scheinen; dichte Farne am Ufer entlang; auf einem Baumstumpf sitzt eine Eule, schwer zu erkennen; große schwarze Affen, Brüllaffen; die nächste Bromelie sogar mit rote-oranger Blüte an einem Stamm hängend.


Hoch oben in einem Baum auf einer Astgabel sitzt majestätisch ein Harpyie Adler. Wir entdecken einen blau-schwarz glänzenden Vogel, einen Riesenani, und mehrere große Hoatzin, Schopfhühner, wunderschöne Vögel. Hoch am Himmel krächzen Papageien.

 

Wir erreichen die Laguna Grande. Dickstämmige Bäume ragen aus dem Wasser. Ihr Astwerk hat wenig Zweige, dementsprechend auch wenig Laub. Ein großer Fisch schwimmt unter unserem Boot hinweg. Hin und wieder sind hier Amazonas-Delphine unterwegs. Aber heute zeigen sie sich nicht. Kleinere Bäume stehen bis zu ihren zarten Baumkronen unter Wasser.

 

Wir fahren am Ufer entlang und entdecken einen Graureiher, dann einen Schlangenhals-Reiher. In einer Bucht legen wir an und marschieren durch den Urwald. Über einen schmalen Pfad geht es durch dichten Regenwald über die Straßen großer und kleiner Ameisen, überall Moskitos und andere Insekten, eine kleine Raupe, gelb mit schwarzen Plüschhärchen. Es fängt leicht an zu regnen.

Wir kommen zu einer kleinen Steinsäule mit blauer Kugel, eine Äquatormarkierung. An einem riesigen Baum halten wir an, es ist ein alter Feigenbaum. Modeste klopft mit seiner Faust auf eine der meterhohen Brettwurzeln. Es ertönt ein dumpfes, lautes Geräusch. „Wenn man sich verlaufen hat, ist das eine Möglichkeit, von Einheimischen gefunden zu werden, die kennen jeden Baum und jedes Geräusch.“ Auf dem Rückweg sehen wir zwei Spechte, einer von ihnen leuchtet rot braun.


Wir fahren in einen Seitenarm und legen an einem Steg an. Über eine Terrasse mit Liegestühlen gehen wir ins Haupthaus der Lodge. Wir begrüßen die Gastgeber und dürfen den Aussichtsturm besteigen. Jessi begleitet uns auf den Turm mit Blick über Lodge, Lagune und Regenwald. 
Wieder im Boot sehen wir mehrere Papageien am Himmel. Große, hellblau leuchtende Schmetterlinge kreuzen immer wieder unseren Weg. Gleich ist Mittagspause. Wir legen an und erreichen über eine steile Treppe eine nach allen Seiten offene Hütte. In dem strohgedeckten Raum befinden sich eine Feuerstelle, eine große hölzerne Fruchtpresse und eine Bank. Isabella hat für uns ein riesiges Yuca-Omelett (Maniok) hauchdünn ausgebacken. Dazu gibt es Ananas-Marmelade. Isabella und ihre kleine Tochter sind beide gleich angemalt, links und rechts zwei rote zarte Streifen auf ihren Wangen.


Ein zahmer Papagei stolziert herum und zwickt Isabella ins Bein. Mehrere schwarze große Hühner-Vögel sitzen draußen unter einer Plane. Einer von ihnen ist vorwitzig und kommt zu uns in die Hütte. Modeste füttert ihn mit Yuca-Omelett. Plötzlich Donnergrollen, dann setzt der Regen ein. Es gießt wie aus Kübeln. Wir warten … nach 1 ½ Stunden hört der Regen auf, wir fahren weiter.


Hoch oben in einem Baum erkennen wir einen gelb-schwarzen Krähenstirnvogel in seinem Nest. Im Boot gibt es Joghurt und Kräcker. Wir fotografieren eine wunderschöne Blüte, die sich wie aus einer Kokosschale heraus geöffnet hat. Wir sehen wieder prächtige Hoatzine und zwei Tukane, auf einer Palme am Uferrand mehrere kleine, schwarz-gelbe Vögel, Gelbbürzel-Kassiken.

 

Wieder zurück in der Lagune, Unruhe unter der Wasseroberfläche … Amazonas Delphine, die sich aber wieder schnell verziehen.
Da sind sie wieder, in einem Baum auf einem Ast sitzen zwei Hoatzine. Wir bringen unser Boot in Position und genießen einen herrlichen Sonnenuntergang. 


Im Dunkeln geht es dann zügig zurück. Immer wieder springen kleine Fische ins Boot. Modeste leuchtet mit seiner Taschenlampe den Uferbereich ab. Wir sehen kleine und einen großen Kaiman, wie sie ins Wasser gleiten. Nach zwei Stunden sind wir wieder „daheim“. Wir bedanken uns bei Modeste und Jessi und verabschieden uns. Das war wieder ein Tag.


Am nächsten Morgen geht es weiter. Die Straße führt tief in den Regenwald. Dichter Regenwald, dann aber werden große Flächen gerodet. Dort eine riesige Baustelle – das Öl macht den Regenwald kaputt …

 

Auch kleinere Flächen werden gerodet. Hier entstehen Wohnungen mitten im Regenwald …

 

Es geht höher in die Berge auf eine Passhöhe von 1.025 m und dann wieder hinunter. Der Asphalt hat jetzt riesige Schlaglöcher, wir müssen Slalom fahren. Drei Plantagenarbeiterinnen tragen auf ihrem Rücken eine schwere Kiepe gefüllt mit grünen Kochbananen. Die erste und älteste hat sogar zur Verstärkung ein Band um den Kopf gebunden. Wir sind jetzt wieder auf der Troncal Amazonica.
Interessant ist, dass die Mütter hier ihre Babys nicht in einem Tuch tragen, sondern in einem Sack auf dem Rücken. Der Sack wird mit einem Band um den Kopf getragen.

 

In Tena führt uns der Weg über den Rio Napo über eine kleine Hängebrücke. Stopp, hier geht es nicht weiter, die ist zu eng für uns. Drehen und eine Ehrenrunde über die große Brücke und dann wieder auf unserer Straße weiter. Wir erreichen eine Lodge am Rio Napo. Olga zeigt uns den tollen Park. Herrliche Blumen, die Gebäude alle mit Strohdächer, sehr schöne Cabanas (Hütten) mit Terrasse, ein Restaurant, zwei große Pavillons mit Blick auf den Rio Napo, alles super sauber. 


Wir haben gut geschlafen und werden von exotischem Vogelgezwitscher geweckt. Nach einem leckeren Sonntagsfrühstück mit Omelett spazieren wir über eine schmale Hängebrücke, unter uns der Rio Napo, in den Ort Misahualli. Am Rio Misahualli (ein Nebenfluss des Rio Napo) gibt es einen kleinen Badestrand im klarem Flusswasser. Es wird geplanscht und geschwommen. An den Ständen werden frische Fruchtsäfte und Gegrilltes angeboten, u.a. in einer Schüssel mit Holzwolle gegrillte, dicke, sich noch bewegende Maden. Die müssen wir nicht haben.


In einem alten, großen Feigenbaum sehen wir Totenkopf-Äffchen. Sie klettern herunter, setzen sich auf die Schultern der Passanten und lassen sich mit Schoten füttern. Indigene verkaufen allerlei Schoten und zu Bündeln zusammengewickelte, grüne Blätter; gut als Tee gegen sämtliche Schmerzen ...


Wir gehen zur Lodge zurück, in den herrlichen Park und ins Restaurant. Wir setzen uns unter einen Pavillon mit herrlichem Blick auf den Rio Napo. Wir bestellen Kokosmilch, Talapia Fisch und Schweinerippchen mit gemischten Salat und frittierten Bananenscheiben. Lecker! Eine milde Brise weht. Noch lange sitzen wir hier und genießen den Ausblick und die wohltuende Frische.


Wir fahren weiter nach Puyo. Puyo liegt mitten im Regenwald. Wir tanken 454 l für 104 Dollar, traumhafte Dieselpreise. Wir wollen Tapire aus der Nähe sehen und kommen am nächsten Morgen zum Refugio Silvestre Yanacocha. Das Reservat sieht zwar sehr schön und gepflegt aus, die Tiere sind auch nicht in Käfigen untergebracht, aber leider sind zurzeit keine Tapire hier. Schade, wir fahren weiter zum Parque Pedagogico Etno-Botanico Omaere.
Der Park wurde 1993 von einer Angehörigen des Shuar-Stammes und zwei Französinnen gegründet. Sie gründeten die Omaere Foundation (Omaere heißt in der Waorani Sprache „Natur des Waldes"), kauften ein 15 Hektar großes Grundstück am Rande der Stadt Puyo und begannen, die nützlichsten Pflanzen für die indigenen Kulturen des ecuadorianischen Amazonas zu pflanzen. Jetzt, Jahrzehnte später, sind die Pflanzen gewachsen und sehen fast wie ein natürlicher Wald aus. Der Park befindet sich auf einer Höhe von 900 - 950 Metern und erstreckt sich entlang des Puyo Flusses.


Der Biologe Chris Canaday aus Kalifornien begrüßt uns. Er ist mit der Gründerin des Parks der Shuar Teresa Shiki verheiratet. Sie ist Pflanzenkundlerin und hat sich auf die Herstellung von Medizin aus den Heilpflanzen des Dschungels spezialisiert.
Wir sitzen unter einer Palmdachbehausung, und dann legt Chris los. Er erklärt uns die indigenen Behausungen, deren Gerippe aus Bambusholz besteht. Bei den Waorani sind die Hütten ganz geschlossen. Die Waorani ziehen nach einem Jahr weiter und verwenden dementsprechend ein Palmdach, das nach einem Jahr verrottet ist. Im Gegensatz dazu bauen die Shuar ein Dach, das 20 Jahre hält, sie nutzen die Blätter einer anderen Palme, die langlebiger und widerstandsfähiger sind.
In der Mitte unseres Raumes ist eine Feuerstelle. Chris demonstriert uns wie die Shuar ein Feuer entfachen. Er legt eine schmale, rechteckige, gelöcherte Holzplatte auf den Boden und darunter ein kleines Knäuel Baumwolle. Er steckt einen genau passenden Holzstab hinein und dreht diesen schnell zwischen seinen Händen, die Stabspitze wird richtig heiß. Jetzt müsste er weiterdrehen und Funken würden auf die Baumwolle überspringen und ein Feuer entfachen. Er zeigt uns ein fest gehäkeltes, ovales Netz mit schönem Farbmuster, das zum Transportieren und zum Angeln verwendet werden kann. Er nimmt einen langen Holzspeer in die Hand. Die Krieger und Jäger tragen bis zu einem Dutzend dieser Holzspeere auf ihren Schultern. Ein einmal geworfener Speer, der einen Feind niedergestreckt hat, darf wegen der schlechten Energie nicht ein weiteres Mal benutzt werden. Er greift zu einem Blasrohr. Die Pfeilspitzen sind glatt und werden mit Gift getränkt. Am anderen Ende steckt ein Stück Baumwolle, das für eine ruhige Flugbahn sorgt. Manchmal werden die Pfeilspitzen in Zackenform geschnitzt, damit sie in den Affen stecken bleiben, wenn sie versuchen die Spitze zu entfernen. Da das Gift schnell wirkt, sterben die Affen ohne Schmerz.


Die Shuar tragen keine Kleidung. Stoff beengt, trocknet schlecht und stört bei der Jagd. Und Frauen tragen nur während ihrer Menstruation einen Lendenschurz mit zusammengelegten Blättern. Der Lendenschurz besteht aus weicher Baumrinde, die sich anfühlt wie fester Vliesstoff. Chris erzählt weiter: Als wir vor 23 Jahren dieses Fleckchen Erde übernommen haben, gab es nur Weideland für Kühe. Wir wollten den natürlichen Urwald hier wieder aufbauen. Und so wurde in mühevoller Arbeit ein Regenwald-Paradies geschaffen. Hand in Hand, die beiden Französinnen, Teresa und Chris unter Mitwirkung der indigenen Bevölkerung.
Der Park ist mittlerweile ein Zentrum für Forschung und Bildung und hat ein enormes Wissen über die regionale Pflanzenwelt aufgebaut. Ziele sind heute die Entwicklung von Programmen zur Erhaltung des tropischen Regenwaldes und die Umwelterziehung der indigenen Gemeinschaften des ecuadorianischen Amazonasgebietes.
Jetzt möchte uns Chris bei der anstehenden Führung durch den botanischen Garten die Vielfalt der Pflanzen des Regenwaldes näherbringen. Chris ist ein wandelndes Lexikon. Er hat zu jeder Pflanze was zu sagen, insbesondere erklärt er ihren medizinischen Nutzen.
Der rote Saft des Kapok-Baumes ist gut für die Haut, hilft bei Verletzungen, und reinigt die Leber. Von einem anderen Baum werden nach einer Geburt die Blätter genutzt, um mit einem Teesud den Körper zu reinigen. Der Saft eines anderen Baumes hilft zur Verhütung einer Schwangerschaft oder je nach Dosierung auch zur Sterilisation. Wir kosten Blätter, die nach Knoblauch oder Zimt schmecken. 


Chris erklärt uns viele verschiedene Arten von Palmen. Eine hat starke feste Palmblätter, die als Dach einer Hütte bis zu 20 Jahren Schutz bieten kann. Eine andere Palme hat zartere Blätter, die für eine 1-jährige Behausung verwendet werden. Diese Blätter sind auch für das Einwickeln von Speisen geeignet.
Er zeigt uns eine Palme, die auf Stelzwurzeln steht. Das Kuriose ist, dass diese Palme immer wieder ins Sonnenlicht möchte. Dazu bildet sie neue Stelzwurzeln und kann so ihren Mittelpunkt in jede gewünschte Richtung verschieben.
Wir sehen einen Strauch mit weißen Blüten ähnlich denen einer Lilie. Seine langen, grünen Blätter helfen gegen Schlangengift. Chris zeigt uns einen Strauch mit roten, pelzartigen Blättern. Er rollt ein Blatt zu einer Kugel und quetscht es aus. Der purpurrote Saft schmeckt nach roter Bete. Es ist eine Frauenpflanze, die den Hormonhaushalt reguliert. Die Tour geht nach 1 ½ Stunden viel zu schnell zu Ende. Wir könnten Chris stundenlang zuhören.

 

Eine herzliche Umarmung zum Abschied und weiter geht es auf neuem Asphalt quer durch den Regenwald an schönen Holzhütten vorbei, einige mit Palmdach andere mit Wellblechdach. Wir sehen auch richtig moderne Steinhäuser. Viele sind hinter Erdwällen versteckt. Alles hier ist auffällig sauber. Hühner huschen über die Straße. Kinder spielen vor den Häusern. Am Straßenrand sind Kühe und Pferde mit Abstand zueinander angebunden.
Wir erreichen Macas und schauen uns die Kirche Virgin Purisima (reine Jungfrau) an. Sie thront hoch oben auf einem Berg. Vor der Kirche sind alle Laternenpfähle mit rotem Stoff überzogen, sie sehen aus wie Weihnachtskerzen. In der Kirche überall Bögen mit wunderschönen bunten Mosaiken. Der Marienaltar ist mit vielen bunten Blumen geschmückt. Und überall bunte Fensterbilder. Wunderschön!


Wir fahren weiter. Noch immer geht es durch Regenwald bergauf über eine große Brücke hinweg. Hier fließen Rio Upano und Rio Paute zusammen und bilden den Rio Namangoza. So langsam verabschiedet sich der Regenwald von uns. Wir erreichten eine Passhöhe von 1.500 m. Wir wollen in die Bergstraße Richtung Cuenca abbiegen. Doch die Straße ist eine einzige Baustelle und gesperrt. Wir müssen umdrehen und leider eine andere Route nehmen. D.h. erst einmal 54 km zurück und dann eine 171 km lange Strecke nach Cuenca. Das macht satte 128 km Umweg, nur weil es hier in Ecuador keine ausgeschilderten Umleitungen gibt. Der einzige Trost, wir dürfen noch etwas länger durch den Regenwald fahren.


Die 54 km sind geschafft und wir biegen links ab auf die Straße nach Cuenca. Wir erreichen eine Passhöhe von 2.483 m. Mittlerweile hat uns auch hier der Regenwald verlassen.
Nur" noch Farne, Pampasgras, Feigenbäume, Avocado-Bäumchen, Bananenstauden und Bambus sind übriggeblieben. Entlang der Straße teils verlassene Holzhütten, dort wo Wäsche hängt, sehen wir, dass die Hütten bewohnt sind. Die Berge sind grasgrün. Kühe weiden zwischen Nadelbäumen, Laubbäumen und üppigen Sträuchern. Unten tief im Tal schlängelt sich der Rio Paute, der mehrfach durch hohe Staumauern gestaut wird. Es wird langsam dunkel, die zusätzlichen Kilometer waren nicht eingeplant. 


Indigene Bergbewohner transportieren auf Pferden ihre Milchkannen. Manche haben sogar links und rechts weitere Kannen angebunden. Wir kommen an einem Bauernhof vorbei. Wir sehen jede Menge Milchkannen, hier scheint die Sammelstelle zu sein. In Culebrillas haben wir Glück. Wir finden ein neues, schönes, freistehendes Haus mit integriertem Lebensmittelladen auf großem Grundstück. Wir fragen Pedro den Inhaber. Er erlaubt uns auf seinem Grundstück zu übernachten. Zum Dank kaufen wir Ananas, Mangos, 10 Brötchen und 6 l Wasser.
Am nächsten Morgen geht es früh wieder los. Auf 2.695 m fahren wir in dichte Wolken und in Regen hinein. Wir lassen das verregnete Cuenca rechts liegen und steuern Richtung Küste.

 

Wir fahren durch eine Landschaft, die auch in die Schweiz passen würde. Wir klettern auf 3.303 m. Überall hübsche, große Blockhütten meis t mit Restaurant und schön gepflegten Beeten.Ein Schild Vorsicht Alpakas. Es wird merklich kühler. Wir sind mittlerweile auf 4.160 m. Kahle Berge, kleine Bäume und Margeriten-Büsche.
Es geht in Serpentinen wieder hinunter. Genau wie gestern sehen wir in jedem Dorf eine kleine Kirche. Langsam geht es wieder höher. Ein piek feines Restaurant mit tollem Ausblick. Immer wieder rauf und runter, aber über eine sehr gute Straße.


Die Vegetation ändert sich. Farne, Feigen-, Mango- und Avocadobäume, jetzt sogar Bananen.
Es ist wieder warm geworden. Wir haben die Anden hinter uns gelassen. Bis zur Küste sind es noch 230 km. „Peaje (Straßengebühren) nur einen Dollar,“ sagt die freundliche Dame hinter Glas, „sie haben hinten nur zwei Reifen.“ – Wir fahren nicht auf Zwillingsreifen und zahlen deshalb nur den PKW-Tarif.
Wieder Peaje. Den Reifenspruch aufsagen und wieder nur einen Dollar zahlen.
Wir erreichen Guayaquil, mit drei Millionen Einwohnern die größte Stadt Ecuadors. Da es keine Umgehungsstraße gibt, müssen wir uns mitten durch die Stadt quälen. Nach gut einer Stunde haben wird es geschafft und es geht über eine gute Straße der Sonne entgegen an die Küste.

 

Wir erreichen die Halbinsel Santa Elena und kommen durch La Libertad. Auf der Strandpromenade werden wir von der Polizei angehalten. „Sie dürfen hier nicht mit ihrem LKW fahren! 100 Dollar Strafe!“
Wir steigen aus und versuchen dem Beamten zu erklären, dass wir kein Schild gesehen haben und dass wir einen Stellplatz vor der Marinebasis, die 500 m entfernt liegt, ansteuern.
Wir reden und reden, „es wird nicht wieder vorkommen“. Schließlich zeigt der Beamte Verständnis und lässt uns weiterfahren. Schwein gehabt!
Wir müssen aber die Promenade verlassen. Einmal um die vier Ecken. Dann dürfen wir die Promenade wieder befahren und uns an den Straßenrand, an den Strand stellen. Die Marine beschützt uns …


Ruhig bei Meeresrauschen geschlafen. Wir frühstücken mit Blick auf den Pazifik und fahren dann weiter immer der Küste entlang.
Ein vielversprechender Name, Puerto Rico … weiße Sandstrände! Weit gefehlt ... wir fahren durch den Ort. Die Häuser in einem desolaten Zustand, jede Menge Müll am Straßenrand. Nichts wie weg hier!


Wir erreichen Salango. Mittagspause direkt am Strand … Fischerboote schaukeln auf den Wellen, die Fischer liegen in Hängematten und dösen. Die Promenade ist ein einziger Müllhaufen. Die Palmen und Blumenbeete haben schon bessere Zeiten erlebt. Am Strand nur überquellende „Papierkörbe“ und ein leckendes Ölfass – hier hat schon ewig keiner mehr für Ordnung gesorgt.

 

Vor uns liegt Puerto Lopez wunderschön in einer Bucht. Die Strandpromenade wird gerade komplett saniert – eine einzige Baustelle. Wir scheinen heute kein Glück mit der Küste zu haben.


Um zum vielgepriesenen Strand von Los Frailes zu kommen, müssen wir durch das gleichnamige Örtchen. Die Straßen sind richtig eng und voller Schlaglöcher, auch hier nur Dreck und Müll. Wir haben keine Lust zum Strand zu fahren. Salatita weiter nördlich ist auch nicht besser, schnell weg hier.

 

Bisher war Ecuador das mit Abstand sauberste Land Südamerikas mit den besten Straßen. Dieser Küstenabschnitt trübt den guten Eindruck gewaltig.


Die Straße führt uns ins Hinterland über Serpentinen durch eine öde mit Flechten überwucherte Baumwelt. Die nächste Kurve gibt einen tollen Blick auf Puerto Cayo frei. Eine zu große Stadt – nichts für unseren LKW. Wir suchen am Stadtrand einen sehr gut bewerteten Campingplatz unter schweizer Leitung. Der letzte Eintrag ist noch keine vier Wochen alt. Wir erreichen den Platz: Geschlossen – Gelände zu verkaufen! … Was ist denn heute nur los?


Wir sehen ein Herrenhaus direkt am Strand in vielleicht 300 Metern Entfernung. Wir biegen in den Weg Richtung Strand ein. Eine freundliche Familie sitzt vor der drei Meter hohen Mauer, die das gesamte Anwesen umgibt, heißt uns herzlich willkommen und bietet uns einen Parkplatz direkt gegenüber ihrem Eingang an. Den nehmen wir gerne an – so schlecht endet der Tag dann doch nicht.


Wir machen einen ausgiebigen Strandspaziergang bis zum Sonnenuntergang. Wir schlafen wie in Abrahams Schoß.


Am nächsten Morgen lassen wir es ruhig angehen. Kurz vor Mittag machen wir uns auf den Weg ins Landesinnere. Wir wollen in das Gebiet der Toquilla Palmen. Daraus wird die beste und feinste Faser für die Produktion des Panama Hutes gewonnen. Wir möchten uns die Herstellung des „Stroh-Hutes“ in Montecristi anschauen. Montecristi ist für die Produktion der qualitativ hochwertigsten Hüte bekannt, die dann auch
montecristi superfino" genannt werden.


Wir biegen in eine Schotterpiste ein, Autos mit langen Staubwolken kommen uns entgegen. Wir fahren an Hütten vorbei, die erkennbar sauberer sind als die von gestern an der Küstenstraße. Öde Trockenheit, nur hin und wieder Felder auf denen gearbeitet wird. Dann Kakteen und trockenes Buschwerk, überwuchert mit Flechten. Wir kommen auf eine asphaltierte Straße, wie in eine andere Welt. Hier ist alles grün, blühende Sträucher und majestätische Flaschen-Bäume, fast alle im leuchtenden Grün – dem Rio Manta sei Dank. Am Straßenrand fast hinter jeder Kurve ein Brennofen und rote Ziegel.

 

Wir erreichen Montecristi und landen bei Bertha und Ciro Pachay … Strohutmacher.
Die Strohhüte werden nicht in Fabriken oder maschinell hergestellt, sondern von Familienbetrieben. Obwohl mit Panamahüten richtig viel Geld verdient wird, leben die Flechter von der Hand in den Mund. Sie sind nicht organisiert und werden regelrecht ausgebeutet. Die Gewinne streichen Zwischenhändler und Verkäufer in den USA und Übersee ein.


Bertha und Ciro bieten Hüte zwischen 30 und 700 Dollar an. Je teurer der Hut, desto feiner die Faser.
Um einen 30 Dollar Hut zu flechten, benötigen sie 5 Tage, für einen Fino für 100 Dollar 3 bis 4 Wochen, für einen Superfino ab 700 Dollar mindestens 4 Monate. 

Gut behütet verabschieden wir uns von den beiden sympathischen Herrschaften. Sie geben uns mit auf den Weg Pile zu besuchen, dort gäbe es ein Informationszentrum rund um den „
Sombrero de Paja Toquilla“ (Panamahut).

 

Auf flotter Straße geht es durch eine trockene Waldlandschaft, darunter wieder viele Flaschen-Bäume.
Wir fahren Richtung Küste
– morgen geht es nach Pile. Über El Cerrito kommen wir nach San Clemente ans Meer. Überall Reisfelder, viele Kokospalmen, alles sauber. Familien sitzen vor ihren Häusern grillen, essen und hören laute Musik.
In San Clemente hat sich der Berliner Meier direkt am Strand niedergelassen. Er führt ein Restaurant, seine Spezialitäten – deutsches Brot, deutsches Bier, Jägermeister und Pizza.
Sein Haus liegt an einer Sackgasse, d.h. kein Durchgangsverkehr. Wir finden 100 m entfernt einen Traumplatz direkt am Wasser. Wir sitzen im gemütlichen, offenen Restaurant unter Palmdächern. Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von 24 Grad wäre ein Restaurant im Innenbereich eine Fehlinvestition. Im Eingangsbereich ein Fußboden mit schönen Mosaiken. Eine nette Kneipen-Atmosphäre in einem Palmengarten.
Wir unterhalten uns mit Meier, der seit 14 Jahren hier lebt. Er ist verheiratet mit einer Ekuadorianerin, ihr 2. Kind ist zwei Wochen alt. Er war schon überall in Südamerika, doch hier gefällt es ihm am besten. „Die Menschen hier grillen gerne, schauen gerne Fußball und trinken gerne Bier, eine gute Basis um sich als Europäer hier wohl zu fühlen.“


Am nächsten Morgen schauen wir den Fischern unter uns am Strand zu, wie sie mit Muskelkraft Netze aus dem Ozean ziehen. Fünf mehrere Hundert Meter lange Netze haben sie ausgelegt, der Fang muss jetzt eingeholt werden. 20 Personen, Jung und Alt, ziehen mit vereinten Kräften an einem Netz, 10 an jeder Seite.
Sie sind ständig in Bewegung, der Letzte läuft nach vorne ins Wasser und zieht wieder mit Leibeskräften. So geht das eine ¾ Stunde lang. Über dem ganzen Treiben unzählige Fregattvögel und Pelikane, die immer wieder im Sturzflug das Fischangebot gerne annehmen.
Aus den gefüllten Netzen werden, noch im Wasser stehend, in Windeseile die fangfrischen Fische in Netz-Säcke gepackt und in bereitstehende Fahrzeuge gebracht. Die Fischer sind mit ihrer Ausbeute nicht zufrieden.


Wir fahren nach Pile. „Willkommen in der Schulwerkstatt Pile – Montecristi. Wir weben den feinen Toquilla Strohhut“ steht auf dem einladenden Schild vor dem neuerrichteten Ausbildungszentrum in Pile.
Im Ausstellungsraum der Schule für Kunst und Handwerk treffen wir Fidel, einen Meister des Flechthandwerks. Mitten im Raum steht ein Tisch mit unterschiedlich feinen Toquilla-Fasern und mit gröber und feiner geflochtenen Mustern. Auf einem Bildschirm läuft gerade ein Demo-Film, in dem alle Arbeitsschritte von der Ernte bis zur Fertigstellung des Panama-Hutes gezeigt werden.
Fidel greift eine Faser, spaltet sie mit seinen Fingernägeln in kleinere Fasern auf und erzählt: „Die geernteten Palmblätter werden kurz in Wasser abgekocht und zum Trocknen in den Schatten gehängt. Nach drei Tagen können sie bearbeitet werden. Sie werden mit den Fingernägeln oder mit einem Metallkamm aufgespaltet. Man kann so die dünnen Fasern herausziehen. Je dünner die Faser, desto mehr Knoten und umso teurer der Hut.“ Er zeigt auf ein Exemplar in der Glasvitrine: „Das ist ein Superfino, der kostet 1.000 Dollar.“
Auf der ersten Etage zeigen uns Carmen und Magdalena, wie die Panama-Hüte, die „Sombreros de Paja Toquilla“ geflochten werden. Als erstes wird der „Cruzado“ geflochten, das ist die flache Kronenmitte des Hutes. Das fertige Oberteil wird dann auf einen Holzpfosten gelegt. Darüber wird, mit einem Tusch abgedeckt, ein Holzstamm gesetzt. Auf den Holzstamm legen die Flechterinnen zur Polsterung ein Kissen und beugen sich über das Gestell, so dass ihr Oberkörper auf dem Kissen liegt. In dieser gebückten Haltung flechten sie zwei Stunden, ehe sie eine kurze Pause einlegen. Fünf Tage für 30 Euro! Magdalena arbeitet seit 10 Jahren und Carmen seit 15 Jahren. Die Ausbildung dauert zwei Jahre. Die schwere Arbeit geht natürlich auf Schultern und Nacken.


Tief beeindruckt verlassen wir Pile und fahren wieder zu unserem Traumstrand in San Clemente.
Am nächsten Tag fahren wir an der Küste entlang Richtung Cojimies und finden wieder einen einsamen Palmenstrand. Wir faulenzen und genießen den Strand.


Da es in Ecuador noch viel zu entdecken gibt und unsere Aufenthaltsgenehmigung „nur“ drei Monate dauert, beschließen wir nach 16 Tagen unsere Rundreise in Quito wieder zu beenden. Wir besuchen dort einen Bekannten aus unserem 150 Seelen Heimatdorf und genießen einen kurzweiligen Nachmittag mit köstlichem Essen.


„Mitad del Mundo“ – Mitte der Welt, so heißt ein Äquatordenkmal im Norden von Quito. Ein 30 Meter hoher Turm mit Erdkugel ist nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet und bildet das Zentrum einer Parkanlage. Sie ist einem ecuadorianischen Dorf nachempfunden. Auf dem weitläufigen und penibel gepflegten Gelände befinden sich neben der Äquatorlinie, interessante, informative Ausstellungen, ein Planetarium, unterschiedliche Restaurants und viele Touristenshops.
Es gibt jedoch einen Makel. Im Jahr 1736 wurde von einer französischen Expedition die genaue Position des Äquators bestimmt, leider 240 m zu weit südlich.


Um diesen Fehler auszugleichen gibt es mit der Sonnenuhr von Quisato im nahegelegenen Cayambe ein Denkmal, das nach neuesten GPS Berechnungen genau auf dem Äquator steht.  – Geht doch …


Wir müssen in Cayambe „Bizcochos“ probieren. Das sind Bisquitkekse, die im 16. Jahrhundert von den Spaniern nach Ecuador gebracht worden sind. Cayambe ist die Hochburg der Bizcochos-Produktion. Lecker!

 

Es ruft die archäologische Stätte Cochasqui. Auf 3.100 m befindet sich die größte vorspanische Ruinenstätte des Landes. 15 große, flache Pyramiden mit bis zu 250 m langen Rampen und 20 Grabhügel sind auf dem riesigen 84 ha großen Gelände unter Erdreich versteckt. Wozu diese Anlage diente, die auf 950 n.Chr. datiert ist, wurde bisher noch nicht endgültig entschlüsselt.Es gibt drei verschiedene Theorien für die Gründe der Erbauung, erklärt uns Byron unser Führer.
1. Es handelte sich um ein Dorf, auf den Plattformen der Pyramiden standen Häuser.
2. Es war ein zeremonieller Ort.
3. Es handelte sich um einen astrologischen Ort. Dafür spricht, dass es neun Pyramiden mit Rampen gibt, die die neun Planeten symbolisieren könnten. Außerdem gibt es in der größten Pyramide einen Sonnen- und einen Mondkalender, und alle Pyramiden sind streng nach Norden ausgerichtet.


Wir gehen über eine kleine Hängebrücke und Bryon erklärt uns den Vorteil einer solchen Brücke: „Man kann Feinden im wahrsten Sinne des Wortes den Weg abschneiden.“

 

Wir kommen an eine Rundhütte, die immer um einen Lebensbaum gebaut wurde. Die Stiele der Blätter enthalten eine weiße Milch, die insbesondere bei Schnittverletzungen die Heilung beschleunigen soll. Im Inneren eingerichtet: Feuerstelle, Betten mit Strohmatten und Lamafell, darüber eine kleine Hängematte für das Baby, Wandregale, Vorratskiste, Schalen, Tontöpfe, Kochgeschirr und Trinkgefäße. Vor der Hütte wachsen unter anderem Rosmarin und Oregano. Er zeigt und ein Kraut, das die Schamanen zur Körperreinigung nutzen. Und lässt uns eine Pflanze probieren, deren Stängel Zitronen ähnlich sauer schmecken, gepresst ein leckeres Getränk. Auf der Wiese weiden Lamas mit ihren Jungen. Man wartet förmlich darauf, dass plötzlich Gestalten von vor 1200 Jahren auftauchen. Zwei kleine Museen runden die vorzügliche Führung ab. Byron, gracias und adios. 


In der Nähe des Äquators befindet sich ein kleiner Campingplatz „Mitat del Mundo“. Wir wollen dort übernachten und am nächsten Tag Richtung Ibarra weiterfahren.
Leydi, ihr Mann Fernando, ihre drei Burschen Steven, Kaleb und Yeremi, Valentino und Georgia, Fernando’s Eltern, und Luna, der kleine Hund, sind eine liebenswerte Familie, von der wir nur schwer wegkommen.
Am Nachmittag gibt es Tamarillo-Saft. Die Baumtomate wächst direkt vor der Haustür und liefert gepresst ein erfrischendes Getränk. Lecker!
Am Abend, als Fernando von der Schule heimkommt, er ist Lehrer und unterrichtet Englisch, sitzen wir alle zusammen, trinken frischen Pfefferminztee und probieren Käse mit Bizcochos.
„Morgen Abend wollen wir alle zusammen im Erdofen grillen, ein traditionelles Essen, Pachamanca.“ Wer möchte denn da einfach wegfahren …


Am nächsten Tag wird Gemüse geschält, geschnibbelt, werden Kräuter gehackt und Hähnchen geteilt. Erbsen kommen in den großen Tonbräter, Hähnchenklein, eine grüne Sauce gemixt aus Zwiebeln, Knoblauch, Thymian und weiteren Kräutern werden darüber geschüttet. Dann Möhrenstifte, Paprikastreifen und Zwiebelringe. Rosmarinzweige werden darübergelegt, Rosmarin wird gehackt und darübergestreut, weitere Paprikastreifen kommen obendrauf. Mit Wirsing- und Achira-Blättern wird alles zugedeckt und mit Alufolie abgedeckt.
Als Gäste kommen Direktor Guillermo, der Chef von Fernando, mit seiner Frau und zwei Söhnen hinzu.
Draußen glühen schon die Steine – seit vier Stunden im Grill auf Temperatur gebracht –, die in den Erdofen geschaufelt werden. Der gefüllte Tonbräter wird auf die Glut gestellt und noch einmal mit Blättern abgedeckt. Ein Gitter und zwei Bleche verschließen das Erdloch, das noch mit Erde abgedeckt wird. In 1½ Stunden soll das Essen gar sein. In der Zwischenzeit wird weiter zubereitet, werden Kartoffeln gekocht, Erdnüsse geröstet, Brokkoli mit Avocado und Erdnüssen gedünstet.
Der große Moment ist gekommen. Unter Lampenschein werden Erde weggeschaufelt, Bleche und Gitter aufgenommen, die gebackenen Blätter entfernt und die schwere, heiße Form ins Haus getragen. Fernando öffnet die Folie, es duftet unbeschreiblich.
Im Nu sind 20 Teller wie im feinsten Restaurant dekoriert – duftendes Erdofengericht Pollo (Hähnchen) mit buntem Gemüse und Kräutern, dazu Kartoffeln, drei grüne Broccoli Röschen, eine Tomatenscheibe und drei gefächerte Avocadoscheiben. Buen provecho! (Guten Appetit!)  K ö s t l i c h …


Zum Abschluss gibt es für alle noch frischen Pfefferminztee. Gracias und buenas noches!


Am nächsten Tag das nächste Highlight:
Colada Morada Saft". Eigentlich wird dieses Getränk nur am „Tag der Toten", am 2. November zu Ehren der Toten getrunken. Aber da er so köstlich ist, trinken ihn die Ecuadorianer häufiger.


Tüten mit Früchten und Kräutern und ein großer Einmachkessel werden herangeschleppt. Neben dem Einmachkessel kommen noch zwei weitere Kessel auf den Herd. Dann geht es los. In den ersten Topf werden frische Ananasstücke in Wasser gelegt und leicht aufgekocht. Eine große, gelbe Babaco-Frucht wird in kleine Stücke geschnitten und in die Ananasstücke gehoben. Auf Seite stellen und ziehen lassen.


In den Einmachkessel kommen gemischte, frische Beeren mit viel Wasser. Sie werden weichgekocht, gemixt und gesiebt. Der so entstandene Sirup kommt wieder in den Kessel, wird mit Wasser aufgefüllt und zum Kochen gebracht. Unter ständigem Rühren wird verflüssigtes Vollkornmehl dazu gegeben. Eine Stunde weiterrühren.
Der erste Kessel kommt wieder auf die Herdplatte, wird zum Kochen gebracht und auch hier wird eine Stunde gerührt.
In den dritten Kessel kommen Wasser, Piment, Zimtstangen, Nelken und Kardamom-Kapseln. Das Ganze aufkochen und köcheln lassen. Dann kommen verschiedene, frischgepflückte Kräuter wie Lemongras, Minze usw. hinzu und es darf weiter köcheln. Jetzt wird alles gut durchgesiebt. Das Gewürzwasser kommt in den Einmachkessel und wird unter den Beerensirup gerührt. Fein geschnittene Erdbeeren werden unter das Ananas-Babaco-Mus gehoben und in den Eimachkessel gerührt.  – Fertig ist der Colada Morada Saft!


Parallel dazu werden noch Kekse zubereitet. Eine Art Bisquitteig wird angerührt, Safran-Pulver wird hinzugegeben - der Teig bekommt eine leicht gelbe Farbe. Unter die Hälfte des Teigs wird Kakaopulver eingerührt. Auf die vorbereiteten, grünen Achira-Blätter wird portionsweise heller und dunkler Teig gelegt. Die Blätter werden zusammengefaltet und auf einen Metalleinsatz verteilt. Der Einsatz wird in einen Kessel mit kochendem Wasser gehängt. Der Kessel wird verschlossen. 30 Minuten „backen“ die gefüllten Blätter in dem Kessel. Zuerst riecht es nach gekochten Blättern. Doch am Ende der Back-/Kochzeit riecht es nach Kuchen. Der Kessel wird geöffnet, die Kekse/Küchlein werden aus den Blättern geschält und auf eine Platte gelegt. Es duftet herrlich nach Kuchen und Beerensaft mit orientalischen Gewürzen.


Schnell wird der Tisch gedeckt. Wir alle sitzen wieder in gemütlicher Runde und genießen den wunderbaren Saft mit köstlichen Küchlein. Guillermo, Fernandos Chef, nimmt eine Flöte und spielt richtig professionell „El Condor Pasa“. Großer Jubel ist sein Lohn. Aber das ist noch nicht alles. Valentino reicht ihm eine Gitarre. Guillermo singt und spielt, wir sind alle verzückt, ein richtiger Könner. Bravo!
Kurz vor Mitternacht löst sich die Runde auf.


Am nächsten Tag verabschieden wir uns. Aus einer Übernachtung sind dann doch drei intensive, wundervolle Tage geworden. Tausend Dank an alle Beteiligten.

 

Wir fahren nach Otavalo, hier gibt es samstags den größten Markt Ecuadors. Die halbe Stadt ist ein Markt auf dem es alles zu kaufen gibt, insbesondere die farbenfrohen Webwaren.
Die traditionell gekleideten Verkäufer fallen sofort ins Auge. Die Männer tragen weiße Hosen, ein weißes Hemd, eine schwarze Weste, einen schwarzen Hut, einen langen, geflochtenen Zopf und schwarze Bastschuhe. Die Frauen tragen schwarze Wickelröcke mit bunter Borde am Saum, dazu weiße, bunt-bestickte Blusen, ggf. eine schwarze Weste, gedrehte dunkle Tücher auf dem Kopf, schwarze Bastschuhe und das Schönste – mehrreihige goldene Ketten.


Auf Verkaufsständen liegen ihre bunten Decken, Ponchos und Tücher, Goldketten, bunte Glasperlenketten, Keramiken und vieles mehr. Alles Handwerk der indigenen Bevölkerung, die in ihren wunderschönen, leuchtenden Trachten stolz ihre Kunst präsentierten.
An Essensständen werden ganze Schweine gegrillt, es gibt Chicharron, das beliebte Sonntagsessen vieler Südamerikaner, gebratene, knusprige, salzige Schweineschwarte, dazu Salat, Gemüse oder Maiskolben. Verhungern kann man hier nicht.


Wir sehen und riechen viele verführerisch duftende Gewürzstände. Einem Marktschreier kaufen wir süße kleine Brötchen für 1$ Dollar ab. An einem weiteren Stand wieder Handarbeiten. Ein geblümter Rucksack aus Schafswolle in verschiedenen blau und lila Tönen mit beigen Blumen wechselt seine Besitzerin.


Wir fahren weiter. Auf 3.061 m erreichen wir den Vulkan-Kratersee Cuicocha. Wir dürfen auf einem Plateau am Nationalpark mit herrlichem Panoramablick auf Otavalo und die Anden übernachten.
Ein 14 Kilometer langer Rundweg führt durch Felder, durch Wälder ständig bergauf und bergab am Kraterrand rund um den See. – Das ist unser Programm für morgen.

 

Nach ruhiger, fast lautloser Nacht tragen wir uns beim Rancher ins obligatorische Buch ein und los geht es auf einem schmalen Weg mit Holzbalkenstufen. Wir sind jetzt auf einer Höhe von 3.100 m und werden noch auf 3.400 m kommen. Immer wieder werden wir verwöhnt mit herrlichen Panoramablicken auf den See, auf die ihn umgebenden Wälder, auf kleine, versteckte Ortschaften und auf die leicht wolkenverhüllten Vulkane Cayambe (5.796 m), Cotocachi (4.944 m) und Imbabura (4.610 m).
Wir bewundern eine Vielfalt von Pflanzen, Sträuchern und bunten Bergblumen. Wolken am Himmel verdecken die Sonne, sie blinzelt nur ab und zu hervor. Und immer begleiten uns Ausflugsschiffe, die weit unten im türkisfarbenen Bergsee mit seinen beiden Inseln ihre Runden ziehen. 
Die Hälfte ist geschafft, wir sind jetzt auf 4.300 m und haben uns unsere Verpflegung redlich verdient. 
Dann geht es über viele Treppenstufen wieder bergab und noch ein paarmal bergauf. An dieser Seite haben „arme“ Leute tolle Villen errichtet, die scheinbar nur zur Urlaubszeit bewohnt sind.
Nach 5½ Stunden erreichen wir das Panoramarestaurant (El Mirador) kurz vor dem Ausgang. Wir wollen uns mit einem leckeren Stück Kuchen belohnen.


Doch in dem Restaurant empfängt uns ein großer Raum mit durcheinanderstehenden Plastikstühlen und Plastiktischen. Rechts und links sitzt eine Gruppe Einheimischer und palavert angeregt, Ketchup Flaschen stehen und liegen auf den Tischen und es riecht/stinkt nach Frittenfett. Fenster und Türen sind geschlossen, damit ja keine Frischluft den Fettgeruch vertreibt. In einer schmuddeligen Glasvitrine warten drei Kuchenreste, die uns aber nicht wirklich locken. Trotz langer, anstrengender Wanderung sind wir uns einig … raus hier!
Bis zum Auto ist es jetzt nicht mehr weit. Wir klettern die glitschigen Treppenstufen hinunter. Jetzt nur nicht ausrutschen … Unversehrt und froh, den Rundweg geschafft zu haben, erreichen wir unser Fahrzeug. Wir reduzieren unsere Keksvorräte mit Kaffee und heißer Schokolade.


Am nächsten Morgen erreichen wir Ibarra und suchen vergeblich eine LKW Werkstatt, Ölwechsel und Abschmieren sind angesagt. Auf der Finca Sommerwind, einem Campingplatz von Hans und Patricia aus Deutschland, machen wir Rast. Ein schöner Rasenplatz mit gepflegten Beeten, tropischen Pflanzen und vielen alten Bäumen. Die Gebäude sind in freundlichem ockergelb und braun gestrichen.
Wir begrüßen holländische und bayrische Gäste, die wie wir mit ihren Wohnmobilen in Südamerika unterwegs sind. Es gibt viel zu erzählen …


Es gibt eine Cafeteria … deutsches Brot und … Kuchen! … Aber leider nur am Wochenende … heute ist Montag … Patricia meint, sie hätte gestern Zitronencremekuchen und Apfelstreusel in die Truhe getan …
Bitte auftauen!"


Wir genießen gemeinsam den aufgetauten – aber noch wie frisch schmeckenden Zitronencremekuchen und warmen Apfelstrudel …. Mmmh!


Hans organisiert für morgen einen Termin bei einer Werkstatt.

 

Bei vielen interessanten Gesprächen über Erlebnisse und Begegnungen lassen wir einen geselligen Abend ausklingen.

 

Am nächsten Morgen lotst uns Hans zur Werkstatt. 18 Liter Öl werden gewechselt, ein neuer Ölfilter wird eingesetzt und mehr als 20 Schmiernippel werden gefettet.
Mit Reinemachen und Wäschewaschen verbringen wir die nächsten Stunden.
Später werden Salate und Soßen vorbereitet. Alle machen mit. Hans ist unser Grillmeister. Am Abend gibt es dann ein herrliches, wohlschmeckendes Barbecue. Wir schlemmen bis nach Mitternacht.

Februar 2018

 

Wäsche gewaschen, Auto gewartet, es kann weitergehen. Wir wollen in den El Angel - Nationalpark kurz vor der kolumbianischen Grenze.
Wir biegen in San Gabriel von der Panamericana ab und gelangen über zunehmend holprigere Wege in eine einsame Berggegend, bis wir schließlich den Nationalpark auf 3.720 m erreichen. Hier wachsen überall eigenartige, bis zu 5 m hohe, kerzengerade Stauden mit behaarten, langen, hellgrünen Blättern, in denen gelbe Blüten eingebettet sind. Sie werden wegen ihrer dunklen, abgestorbenen Blätter, die den ganzen Stamm bedecken, auch Mönchsgewächse (Frailejones) genannt. Wir wandern und klettern knapp zwei Stunden über einen Rundweg, der an einer Lagune vorbeiführt. Es ist zwar teilweise bewölkt mit dunklen Wolken, aber es bleibt trocken.

 

Am nächsten Morgen geht es Richtung Kolumbien. An der Grenze erwarten uns lange Wartezeiten bis zu sechs und mehr Stunden. Hintergrund ist vor allem die Flucht der Menschen aus dem benachbarten Venezuela. Aber es geht viel schneller als befürchtet, nach gut einer Stunde sind wir in Kolumbien – wir durften uns am Rentnerschalter anstellen. Wir fahren nach Ipiales zum nächsten Supermarkt (!) und schließen für unseren LKW eine 3-monatige Versicherung ab.


Nach rund 50 km finden wir in Pedregal an einer Tankstelle mit Hotel und Restaurant einen guten und sicheren Übernachtungsplatz.


Da unsere Vorräte an Obst, Gemüse und Eiern in Ecuador aufgebraucht werden mussten, fahren wir am nächsten Morgen in die Stadt Pasto und suchen einen Supermarkt. Der ist schnell gefunden, aber es gibt keinen Parkplatz für unseren LKW, der Balken für die Höhenbeschränkung liegt auf 3,30 m – unser LKW misst 3,60 m. Nachdem wir ½ Stunde in allen Nebenstraßen vergeblich einen Parkplatz gesucht haben, stellen wir uns kurzerhand mit Warnblinkanlage in eine Bushaltestelle.


In Windeseile kaufen wir ein. Als wir zurückkommen sehen wir viele Polizisten mit Motorrädern neben und hinter unserem Fahrzeug. Auf der Straße sind Pylone aufgestellt. Hinter unserem LKW steht ein Abschleppwagen … Wir gehen vorsichtig auf die Polizisten zu … Einer der Polizisten kommt schnurstraks auf uns zu … Er reicht uns die Hand und … bittet um ein Foto …
Er postiert sich vor unseren LKW und lässt sich mit seinem Handy ablichten. Der PKW, der hinter uns geparkt hatte, wird abgeschleppt. Der Polizist bedankt sich artig bei uns … und das Polizeiaufgebot rückt ab. Etwas verwundert, aber erleichtert räumen wir unseren Einkaufswagen aus und fahren weiter.


Wir erreichen an der Laguna de la Cocha den kleinen, außergewöhnlich schönen Fischerort El Puerto.
Das Fischerdörfchen ist einfach traumhaft. Wasserstraßen zu beiden Seiten mit kleinen Booten, Binsenflächen hinter den Häusern, kleine Brücken, bunte Stelzen-Holzhäuser, leuchtende Geranien auf den Balkonen und neben den Türen. Auf der Straße, die durch den Ort führt und am See endet, werden überall Verkaufsstände aufgebaut. Wir erfahren, dass am Wochenende ein Fest zu Ehren Marias gefeiert wird. Am Samstagabend würde eine Lichterprozession mit Booten auf die nahegelegene Insel und zur dortigen Kirche führen. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

 

Wir finden etwas außerhalb beim Chalet Guamuez einen wunderbaren Stellplatz mit Blick auf den See. Der riesengroße Park des Chalets reicht bis zur Lagune und hat einen eigenen Bootsanlegesteg. Pferde weiden, überall bunte Blumen, wilde Lilien, Sträucher, ein großer, gepflegter Gemüsegarten, gemütliche Cabanas und ein genauso gemütliches Restaurant mit Kamin im schweizer Stil. Der ehemalige Besitzer, ein Schweizer, ist verstorben. Das Anwesen ist nun im Besitz einer kolumbianischen Familie. Alles blitzeblank und perfekt durchorganisiert. Wir dürfen im Blumenpark übernachten.  


Super ruhig und gut geschlafen. Nach dem Frühstück wandern wir auf einem schönen Weg rund sieben Kilometer bis zum Fischerdorf. Wir essen zu Mittag und lassen uns anschließend von Filippe mit seinem kleinen, bunt bemalten Boot zur Insel fahren. Wir besichtigen die hübsche Kapelle und spazieren über Stege an unzähligen Binsen vorbei. In der Ferne sehen wir die bunten Holzhäuser des Fischerdorfes. Filippe bringt uns später mit seinem Boot bis an das Ufer des Chalets. Wir spazieren langsam hoch zu unserem Platz, an weidenden Pferden vorbei, durch den Park, den Gemüse- und Blumengarten. Es ist still. In der Ferne hören wir leises Hundegebell ... Hier lässt es sich aushalten.


In den nächsten Tagen werden Berichte für unsere Internetseite geschrieben. Es ist Samstag, das Fest Mariens. Wir spazieren wieder zum Fischerhafen. Am Ortseingang legen wir in einem tollen Café eine Pause ein. Ein neu gebautes Holzhaus, honigfarben, schick und modern. Eine Wendeltreppe führt auf die obere Etage. Im Dachgiebel ein rundes Fenster mit buntem Glasscheiben. Ein Schwenkofen steht im unteren Bereich. Hier gibt es auch leckere, warme Gerichte. Die Holztheke und das Mobiliar, alles freundlich natürlich hell. Auf der Theke gesteckte, kleine Blumenvasen mit frischen, bunten Blumen für die Tische.  
Einladender Apfelstrudel unter der Kuchenhaube und viele Sorten Kaffee. Alles Bohnen, die frisch bei Bestellung gemahlen werden. Der Kaffee wird dann vom Chef persönlich am Tisch des Gastes gefiltert. Dabei erzählt er stolz, dass der Kaffee aus dem Hochland Kolumbiens von einer prämierten Kaffeefarm stammt. Wir probieren auch den köstlichen, warmen Apfelstrudel, natürlich serviert auf einem Service mit wunderschönem Blumendekor. Ein Familienbetrieb, da die Eröffnung erst im Dezember war, wird vor dem Haus noch fleißig in den Beeten gearbeitet.


Gestärkt gehen wir weiter an vielen Verkaufsständen vorbei, die einfach alles anpreisen, sogar kleine Spielautomaten sind vorhanden. Musikgruppen auf einer großen Bühne sind beim Soundcheck – was die Boxen hergeben. Verkäufer mit Bauchläden bieten geröstete Ameisen an, in Tütchen verpackt. Wir kommen an einem Wohnwagen vorbei, eine junge Familie aus Argentinien, Buenos Aires, unterwegs nach Mexiko. Sie verkaufen ihr Kunsthandwerk, Armbänder, Ohrstecker und Sandalen aus Reifenprofil, mit schön gearbeiteten Riemen und Schnallen.


Es wird dunkel und kalt. Das bunt leuchtende Lichtermeer der Boote setzt sich schleppend in Bewegung. Ein herrlicher Anblick. Eigentlich wollen wir mit einem Boot zur Insel, doch die Bootsfahrer verlangen unverschämte Preise, wir lehnen dankend ab. Das bunte Lichtermeer zieht an uns vorbei. Wir suchen vergeblich ein Taxi und machen uns langsam auf den Rückweg. Wir kommen an „unserem“ Café vorbei und fragen, wo wir denn ein Taxi finden können. „Nein ein Taxi gibt es hier nicht, zum Chalet kommt ihr nur mit einem Boot … Wir können euch aber mitnehmen. Wir möchten zur Insel. Wenn ihr mitwollt, fahren wir euch anschließend zum Chalet.“ Und ob wir wollen …


Mit der Familie und uns steuert das Boot auf die Insel zu, vorbei an herrlich beleuchteten Booten. Am Ufer der Insel stehen hunderte Menschen vor der Anhöhe der Kapelle. Überall treiben oder stehen die bunt leuchtenden Boote, manche mit flotter Musik, am Ufer wird getrommelt. Wir alle sind fasziniert von der Stimmung und genießen den Augenblick.  


Immer wieder kommen Boote und fahren ans Ufer. Nach einer guten Stunde werden wir zum Chalet zurückgefahren. Als wir aussteigen rundet ein eindrucksvolles Feuerwerk über der Insel diesen wunderbaren Abend ab.


Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von Chalet und Lagune und fahren gen Norden. Freundliche Polizei- und Militärkontrollen lassen uns meist passieren. Der Staat Kolumbien demonstriert an allen Ort, dass er für die Sicherheit im Land sorgen kann.


Es geht wieder in die Anden. Wir passieren einen 3.250 m hohen Pass, hier oben viele Mönchsgewächse.
In Santiago, einem kleinen Dorf, ziehen Indigene in bunten Ponchos und Tüchern mit Musikinstrumenten zum Dorfplatz. Sogar die Allerkleinsten tragen bunte Kostüme. Im nächsten größeren Ort sogar ein Festumzug. Leuchtend bunte Trachten und immer wieder Trommeln, sogar Mopedfahrer hängen um ihre Schultern die mit Leder bezogenen Trommeln. Auf nagelneuen Straßen kommen wir gut voran. Kein Müll weit und breit. Und immer wieder Kontrollen. Kolumbien macht einen sehr guten und vor allem sicheren Eindruck, wir sind überrascht.


Wir erreichen San Agustin und den Parque Arqueologico Nacional. „Die nach dem Fundort San Agustín in Südkolumbien benannte San-Agustín-Kultur existierte ab dem 33. Jahrhundert v. Chr. bis ins 16. Jahrhundert. Im 7. Jahrhundert v. Chr. erfuhr die Kultur eine bedeutende Fortentwicklung, wie sie an Ackerbau, Keramik, Goldschmiedekunst und Bildhauerei abzulesen ist. Die in der Umgebung … gefundenen, monumentalen Steinskulpturen mit … Götter- und Dämonendarstellungen stammen vorwiegend aus der klassischen Periode und entstanden im Zeitraum 200 v. Chr. bis ca. 700 n.Chr.“ (Wikipedia)


Wir wandern mehrere Stunden durch einen herrlichen und sehr gepflegten Park mit vielen beeindruckenden Steinfiguren und Gräbern. Wir kommen uns manchmal vor wie im Dschungel, dichtes Grün mit Palmen, Farnen und riesigen Bambusinseln. Wir dürfen am Parkeingang übernachten und fahren am nächsten Tag in das nahegelegene Alto de los Ídolos. Wieder ein Park mit Figuren und Grabstätten nur noch monumentaler.


Eine kleine Anekdote am Rande: Wer in früheren Jahren auf seinem Grundstück beim Bauen eine Steinfigur entdeckte, stellte diese als Prunkstück in seinen Garten oder neben seine Haustür ... bis die Archäologen kamen ...


Kolumbien gefällt uns sehr, freundliche Menschen, alles ist sauber, nirgends liegt Müll, gute Straßen.
Die hübschen Häuser sind geschmackvoll dekoriert mit leuchtenden Blumen in vielen kleinen Töpfen.


Wir fahren weiter durch fruchtbares Land, viel Grün und immer wieder Forellenteiche, oft platziert in der Gartenanlage mit viel Schnickschnack, aber trotzdem schön. Wir fahren durch Alleen und hören dem Konzert der Zikaden zu. Über Berg und Tal geht es immer tiefer in die Einsamkeit hinein. Es wird wärmer, heißer und richtig heiß, trockener und felsiger, viele Kakteen. Wir erreichen die Tatacoa Wüste (Desierto de la Tatacoa).


Wir wandern bei 45 Grad kurz durch einen Canyon. Herrliche, aber sehr heiße Augenblicke im roten, bizarr zerklüfteten Gestein. Kakteen, kleine, grüne Bäumchen und Büsche trotzen der Hitze zwischen den Felsformationen, obwohl es hier selbst in der Regenzeit kaum regnet.


Auf einer Anhöhe finden wir einen einsamen Stellplatz mit herrlichem Panorama. Es weht hier ein laues Lüftchen. In der Nacht kühlt es immerhin auf 28 Grad ab.


Die Wüste bietet nicht nur rote, sondern auch graue Felsformationen, die wir auch erkunden. Wir verlassen diese heiße, fast schon unwirkliche Wüste und fahren zur schwer zugänglichen Ausgrabungsstätte Tierradentro, die seit 1995 auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbe steht. Es geht wieder in die Berge auf nichtasphaltierten, regelrechten Rüttelpisten. Im nächsten Jahr wird man hier wohl einfacher hinkommen, denn wir passieren unzählige Baustellen und müssen wegen neu gebauter Brücken, die noch nicht angeschlossen sind, viele Umfahrungen in Kauf nehmen.


Nach 4½ Stunden haben wir die 101 Kilometer geschafft. Hier auf 1.560 m ist es merklich angenehmer.
Nach einer ruhigen Nacht und einem ausgedehnten Frühstück machen wir uns auf den Weg in die Berge.


„Ähnlich wie bei den Steinskulpturen in San Agustin, so ist auch in Tierradentro bis heute völlig unbekannt, wer dieses Volk war, das diese geheimnisvollen Zeichnungen in den Grabgewölben hinterlassen hat. Auf vier wuchtig ansteigenden Bergrücken finden sich heute noch über 100 dieser Gewölbe, die in mühevoller Handarbeit aus dem weichen Tuffstein geschabt wurden. Über steile, aus dem Fels geschlagene Wendeltreppen, gelangt man hinab in 2 bis 9 Meter Tiefe, wo sich dem Besucher kuppelartige Gewölbe präsentieren, die von zwei oder mehr Stützen getragen werden. Die Wände sind weiß gekalkt und mit Zeichnungen, vorwiegend in Form geometrischer Romben, in Rot- und Schwarztönen dekoriert. Aber auch Gesichter sind an den Wänden zu erkennen.
Das einstige Volk von Tierradentro beerdigte seine Toten zunächst klassisch nur wenige Meter unter der Erde. Nach der Exhumierung kamen die verbliebenen Knochen zusammen mit Gebrauchsgegenständen und Schmuck des Verstorbenen in kunstvoll verzierte Urnen, die in den Seitennischen der Gewölbe beigesetzt wurden. Vermutlich blieb diese Zeremonie jedoch nur hochgestellten Persönlichkeiten wie Schamanenpriestern vorbehalten. Bis zu 40 Urnen fanden sich in den Grabgewölben und man geht davon aus, dass es sich bei den Schachtgräbern um Familiengräber handelt. Sie stammen etwa aus der Zeit zwischen 900 v. Chr. bis 600 n. Chr., bei Ankunft der Spanier war diese Kultur längst erloschen.“ (www.chapoleratours.com)


Über einen hübsch angelegten Steinpfad und dichtem Grün, Büsche, Farne, Palmen und Bambus gehen wir langsam aber stetig bergauf, vorbei an Holzbänken mit Bambusdach zum Verschnaufen, liebevoll angelegten Beeten mit Blumen und Grünpflanzen, immer wieder anders verziert. Wir kommen zum ersten Plateau, eine große Rasenfläche, mit Stroh überdachte und eingezäunte Bambushütten, die die Grabkammern vor Witterungseinflüssen schützen.


Wir klettern über steile Steintreppen mit 50 cm hohen Stufen 2 bis 9 Meter hinab. Die ausgeschabten Totenkammern messen 2 bis 7 Meter im Durchmesser und sind nur selten höher als 2 Meter. In den Gewölben unterteilen viereckige Pfeiler mehrere Seitennischen. Kühle und leicht modrige Luft steigt hoch. Über einen Bewegungsmelder geht eine Lampe an. Wir stehen staunend vor weiß getünchten Wänden, die teilweise mit roten und schwarzen Linien, Rauten und Mustern überzogen sind, die an gewebte Zopf- oder Netzmuster erinnern. Gemalte oder in Stein gemeißelte Gesichtsmasken blicken uns grimmig an.
Ehrfurchtsvoll klettern wir wieder hoch ans Tageslicht.  


So klettern wir noch manches Mal hinab in die Tiefe, in verschiedene Totenkammern und sind immer wieder beeindruckt. Wir gehen weiter durch die wärmer werdende Sonne, Schatten gibt es hier wenig. Der Rundweg führt uns über trockene Wiesen, Trampelpfade, vorbei an Farmer-Hütten. Jeder hat im eigenen Garten seine kleine Bananen- und Kaffeeplantage angelegt. In den Berghängen überall bewirtschaftete Felder. Hut ab vor der fleißigen, indigenen Bevölkerung, die hier schuften und kraxeln muss, um ihre Felder und Gärten zu bestellen.  


Wir erreichen eine große Wiese mit wunderbaren Weitblick. Wir steuern zuerst auf eine Bank unter einem schattigen Bambusdach zu, neben einer Plantage mit vielen Obstbäumen. Hier genießen wir den Ausblick und die Natur,. Beobachten Pferde und ein besonders schönes Maultier, die direkt neben uns grasen. Wir trinken und essen ein wenig.


Auf der Wiese gegenüber eine Bambusüberdachung. Ein Wächter winkt uns zu, mehrere versteinerte alte Herren in verschiedenen Größen schauen uns stumm an. Wir schenken ihnen Bewunderung, fotografieren sie und lassen sie mit ihrem Wächter wieder alleine.


Wir wählen nicht den direkten Weg zurück, sondern machen einen Abstecher in das indigene Dorf San Andre. Hier und da Hütten mit hübschen Gärten. Dichte Büsche und Gruppen von hohen Bambusbäumen begleiten uns. Bunte Schmetterlinge flattern um uns herum. Es duftet nach Bambus und frischem Grün.  
Im Dorf sehen wir die neue, weiß getünchte Dorfkirche hinter einem Bauzaun aus dichter blauer Plane versteckt. Die alte Kirche wurde im 18. Jh. errichtet, war reetgedeckt mit weiß getünchten Wänden und komplett aus Lehm und Bambus gebaut. Leider wurde sie 2013 durch Brandstiftung komplett zerstört. Mittlerweile wurde sie wieder naturgetreu nachgebaut. Wir haben Glück und dürfen hinter den Bauzaun schauen.   


Durch das saubere Dorf geht es zurück nach Tierradentro. Eine Baustelle an der Brücke leitet Motorräder, Autos und Pferde durch den Fluss. Wir wählen den Weg über die Hängebrücke.


Wir besuchen die beiden Museen, in denen Grabbeigaben und Steinfiguren ausgestellt sind. Wir erfahren einiges über die Kultur des Paez-Stammes. Nach gut sechs Stunden gehen wir wieder zu unserem Auto zurück.


Am nächsten Tag geht es quer durch die Anden bis auf 3.382 m durch riesige Baustellen. Wir sehen wieder große Flächen von Mönchsgewächsen. Ein Schild weist uns auf Brillenbären hin. Hier oben auf dieser Höhe unzählige Kartoffelfelder in fast schwarzer Erde.


Wir sind wieder auf der Panamericana auf 1.100 m und suchen eine Tankstelle mit Internet. Familie und Freunde wollen ja schließlich informiert werden, also weitere Reiseeindrücke formulieren und eine Bilderauswahl zusammenstellen.


Wir finden eine saubere Tankstelle mit Restaurant, Hotel und großem Platz. Hier werden wir von Octavio, dem jungen Chef, und der Küchencrew Enis, Lydia, Guadeloupe und Vanessa – die Damen alle mit herrlich geflochtenen Rasta-Zöpfen –, herzlich willkommen geheißen. Uns gefällt es hier so gut, dass wir volle drei Tage bleiben.


Gaby ist von den Zöpfen so fasziniert, dass sie sich von Vanessa Rasta-Zöpfe flechten lässt. Wir freunden uns an. Octavio nimmt uns mit ins kleine Städtchen. Seine Frau und sein sechs jähriger Sohn begleiten uns.
Wir besuchen eine Eisdiele direkt am schönen Hauptplatz mit uralten Bäumen. Es gibt hervorragendes kolumbianisches Eis. Das Eis wird selbst hergestellt und in einer Schleuder mit Handkurbel geschleudert … köstlich.
Octavio schlägt unser Angebot zu zahlen aus … er möchte uns in seiner Stadt und in seinem Land einladen … Danke schön!


Danach führt uns Octavio in ein Garagen-Restaurant – zwei Tische. Dort essen wir typisch kolumbianisch – arepa con todo, ein auf der Flamme gebackener Maisfladen (arepa) mit allem (con todo), mit gerösteter Schweineschwarte (Chicharron), Rindergehacktem, Hühnerfleisch und verschiedenen Salaten. Saucen nach Geschmack runden das Gericht ab … Super lecker!

Obwohl wir vehement protestieren … Octavio zahlt auch hier wieder. Unvorstellbar … danke, danke, danke!


Wieder zurück bei unserem Stellplatz, verabschieden wir uns von Octavio und seiner Familie, morgen ist Sontag, sein freier Tag. Octavio … Gracias por todo! Adiós!  Danke für alles!


Am nächsten Tag verabschieden wir uns von „unserer“ liebgewonnenen Küchencrew und fahren in Richtung Kaffeezone.
An einem Supermarkt spricht uns ein sympathisches Ehepaar, sie Kolumbianerin, er Amerikaner, auf unser Auto an. „Wo kommt ihr her, wie seid ihr hierher gekommen,“ und, und, und. Im Café nebenan vertiefen wir das Gespräch. Kurzerhand laden sie uns auf ihre Hacienda ein. Es geht gut 30 Kilometer ins Land hinein.
Wir verbringen zwei herrliche Tage in einem Paradies mit riesiger Kakao-Plantage, die ihrem Bruder gehört, und unzähligen Mandarinen- und Bananenpflanzen. Das tollste ist der atemberaubende Blick über ein Tal mit Dschungel und dahinterliegenden Bergen …. einfach traumhaft!


Früh am Morgen wecken uns die Rufe der Brüllaffen. Wir werden durch die Kakao-Plantage geführt und erhalten interessante Informationen aus erster Hand über Kakao-Anbau und -Verarbeitung.
Wir werden verwöhnt mit herrlichen Früchten und exzellentem Essen. Viel zu schnell gehen diese beiden Tage vorbei.

März 2018

 

Es geht weiter in das sogenannte Kaffeedreieck, das zwischen Pereira, Armenia und Manizales in der Nähe der Hauptstadt Bogotá liegt.


Die Kaffeezone gehört zu den schönsten Regionen Kolumbiens. Auf rund 2.000 m Höhe erwarten uns ein mildes Klima, Naturschutzgebiete mit üppig grünen Hügellandschaften und majestätischen, schneebedeckten Andengipfeln, alte Dörfer ohne Hektik und natürlich Kaffeeplantagen. Die Kaffeezone wurde 2011 durch die UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.


Auf Empfehlung unserer Freunde von der Kakao-Plantage suchen wir in Quindio die Kaffeeplantage Hacienda Combia auf. Hier melden wir uns für eine Kaffeetour an.


Am nächsten Morgen treffen wir Geraldine, eine junge Kolumbianerin, die uns zusammen mit einem Paar aus den USA durch die Plantage führt. Die Tour beginnt in einer Galerie. Eine Seite ist offen und bietet einen herrlichen Blick auf die Plantage. In Schaukästen sind alle Kaffeesorten geschmackvoll arrangiert. Daneben eine Goldmedaille von 2017 aus Brüssel für den besten Kaffeegeschmack. Außerdem Fotos, Porzellangeschirr, insbesondere Kaffeebecher mit Motiven des Malers Enrique Grau. Auf der Empore hängen rund ein Dutzend Gemälde des Künstlers.


Auf einem Tisch sind für jedes Paar zwei kleine Tassen – auch mit Motiven des Künstlers – vorbereitet und mit Kaffeemehl gefüllt. In der einen helles Kaffeemehl in der anderen dunkles. Dahinter stehen jeweils zwei kleine Glasfläschchen, Aromafläschchen. Geraldine erklärt uns, dass das Kaffeemehl in einer unserer Tassen von schlechten Bohnen, in der anderen von guten Bohnen ist. Wir sollen riechen und uns entscheiden. Zwei für hell und zwei für dunkel.


Geraldine erklärt weiter, dass es in der Kaffeebohne bis zu 36 verschiedene Inhaltsstoffe gibt. Unsere Aufgabe ist es zu schnuppern, welche Aromastoffe in den Fläschchen sind. In unseren Fläschchen riechen wir Rauch und Pfeffer, in den anderen Fläschchen Zimt und Zitrone. Dann wird heißes Wasser in die Tassen gegossenen, und wir dürfen noch einmal riechen und uns wieder entscheiden. Zwei für hell und zwei für dunkel.


Danach schlürfen wir mit Hilfe eines kleinen Löffels den Kaffee und dürfen ihn beurteilen. Einer für hell und drei für dunkel.

 

Dann klärt uns Geraldine auf, dass der dunkle Kaffee der schlechte Kaffee ist, weil er zu lange geröstet wurde, die Inhaltsstoffe der Bohne verbrannt sind und deshalb der Kaffee nach Rauch riecht. Nach dieser interessanten Erfahrung gehen wir weiter und besuchen einen Korbflechter. Er spaltet ein Stück Bambusholz mit seiner Machete und zeigt uns, dass man daraus verschieden dicke und breite Bambusfasern schneiden kann.


Er nimmt mehrere vorbereitete, etwa gleichlange Fasern und beginnt den Boden eines Körbchens zu flechten. Jeder von uns erhält anschließend ein bereits halb fertig geflochtenes Körbchen und darf unter Anleitung zu Ende flechten. Unser Erntekörbchen ist fertig, wir hängen es um und gehen zur Kaffeeplantage.

 

Geraldine reicht jedem von uns ein Holzbrettchen mit vier vorgebohrten Löchern, in denen die vier wichtigsten Faktoren für das Wachstum des Kaffees eingesteckt werden. Welche das sind, wird Geraldine uns während der Tour erklären.


Als erstes gehen wir durch einen Erdtunnel. Hier erkennen wir die Erde, die Lavaasche, die entscheidend für das Wachstum der Kaffeepflanze ist.

 

In einer Holzkiste mit nährstoffreicher Erde entwickelt sich nach einigen Wochen aus der kleinen Kaffeebohne ein kleines Pflänzchen. Wenn das Pflänzchen groß genug ist, wird es in eine Plastiktüte mit 5 Liter guter Erde umgepflanzt. Nach etwa einem Jahr werden die kleinen Kaffeesträucher in den Lavaboden der Plantage gesetzt.
Meist wird aber mit Setzlingen gearbeitet. Dazu werden dünne Zweige so zurechtgeschnitten, dass ein Blätterpaar übrigbleibt. Die Zweige werden längs halbiert, so dass auf jedem halben Zweigstück ein Blatt sitzt. Diese Setzlinge werden in nährstoffreichem Boden gesetzt. Nach einigen Wochen wachsen zuerst die Wurzeln und dann die Blätter.
Ab jetzt werden Setzlinge und Aussaat gleichbehandelt.

Geerntet werden können die ersten Kaffeebohnen, wenn die Pflanzen mindestens zwei Jahre im Boden der Plantage gewachsen sind. Vom Kaffeestrauch wird fünf Jahre lang geerntet. Dann wird der Kaffeestrauch soweit zurückgeschnitten, dass sich neue Zweige bilden können. Die dann nach zwei Jahren wieder erntereife Früchte tragen. Somit ist gewährleistet, dass die Kaffeebohnen immer von jungen Zweigen geerntet werden. Im Sand finden wir die ersten lasierten Tonstifte, braun-beige für das Element ERDE.


Zum Wachsen ist Wasser erfolgreich, das entweder der Regen bringt, oder durch Kanäle zu den Pflanzen gepumpt wird. In einem Wasserbecken finden wir einen blauen Keramikstift, der für das Element WASSER steht.


Wir gehen an verschiedenen Blumen und Obstbäumen vorbei. Geraldine erklärt uns, dass die Bienen die Pollen der Blüten auf die Kaffeeblüten bringen und damit ein besonderes Aroma schaffen. Im Gras finden wir ein weiteres Keramikstäbchen, ein buntes, das für das dritte Element die AROMEN steht.  


Zwischen den Kaffeepflanzen stehen Reihen von Bananenpflanzen und Zitrusbäumen. Sie sind so gepflanzt, dass die Kaffeesträucher maximal einen halben Tag lang der Sonne ausgesetzt sind.
So ergibt sich ein Gleichgewicht zwischen Licht und Schatten. Unter einem Baum finden wir unseren letzten Keramikstift, schwarz-weiß, der für das vierte Element LICHT und SCHATTEN steht.

 

Jeder darf jetzt 15 bis 20 reife, rote Kaffeekirschen in sein Körbchen lesen. Anschließend mahlen wir mit einer Mühle die Kaffeekirschen und trennen so die Schale von der hell-beigen Kaffeebohne. Im Gebäude nebenan werden die Kaffeebohnen, wenn es regnet, in einer großen Trommel getrocknet. Ansonsten draußen auf einer großen Fläche, die im Notfall bei Regen abgedeckt werden kann. Die Bohnen im Freien müssen regelmäßig gewendet werden. Die getrockneten Bohnen werden exportiert und erst im Käuferland geröstet.


Wir gehen in einen kleinen Raum. Dort stehen Malutensilien und kleine Keramiktassen, die jeder von uns nach seinen Vorstellungen auf der Unterseite bemalen darf. Auf der Innenseite sind die Tassen dunkelbraun gebrannt.  Sie werden anschließend auf den kleinen Holzsockel gesetzt, auf den vier Elementen, symbolisiert durch die bunten Keramikstifte. Aber zuerst müssen unsere Kunstwerke trocknen.

 

Wir verlassen das Maleratelier und gehen zu einer Kaffeebar mit herrlichem Ausblick. Geraldine kocht in einer Presskanne für jeden von uns eine köstliche Tasse Kaffee, natürlich aus Kaffeebohnen von der eigenen Plantage.


Pro Tasse werden 10 g Bohnen grob gemahlen. Die Presskanne und nachher die Tassen werden mit kochendem Wasser vorgewärmt. Der gemahlene Kaffee kommt in die Presskanne und Wasser, 5 Grad unter dem Siedepunkt, wird darüber gegossen. Vier Minuten ziehen lassen, dann unter leichtem Druck langsam runterpressen und der duftende Kaffee ist fertig. Herrlich!


Bei Filterkaffee ist darauf zu achten, dass die Kaffeebohnen bei zwei Tassen fein gemahlen werden müssen, weil ansonsten das Wasser zu schnell durchläuft. Ab sechs Tassen Kaffee müssen die Kaffeebohnen gröber gemahlenen werden, ansonst läuft das heiße Wasser zu langsam durch.


Zurück zur Künstlerwerkstatt holen wir uns ganz stolz unsere individuell gestalteten kleinen Kaffeetassen ab. An der Rezeption bedanken wir uns für die hervorragende und informative Führung.

 

Wir bleiben in der Kaffeezone ziehen aber weiter nach Salento, einem kleinen Ort mit knapp 4.000 Einwohnern. Salento ist zwar nur eines von Hunderten von Dörfern der Kaffeezone, aber deshalb bekannt, weil es wegen seiner traditionellen Häuser kürzlich zu einem der zehn architektonisch schönsten Orte der Welt gekürt wurde.
Die ein- oder zweistöckigen meist weißen Gebäude sind aus Bambus und Lehm gebaut und mit farbenfrohen Fenstern und Türen im Paisa-Stil verziert. (Die Paisa sind eine Bevölkerungsgruppe aus dem Nordwesten von Kolumbien.)
Es ist zwar mittlerweile ein Touristendorf, aber ein charmantes insbesondere unter der Woche.

 

April 2018

 

Ganz in der Nähe von Salento liegt im mystischen Regenwald das Valle del Cocora (Cocora-Tal), das durch die hier vorkommenden Wachspalmen bekannt geworden ist. Diese Wachspalmen sind sehr schlank und können bis zu 60 Meter hoch werden. Sie sind die höchste Palmenart der Welt und gleichzeitig auch Nationalbaum von Kolumbien.
Der Nebelwald macht seinem Namen alle Ehre, als wir uns zu einer 2 ½ stündigen Wanderung entschließen. Wir wandern an einem kleinen Bach entlang, vorbei an saftig grünen Wiesen, die steil und hügelig sind. Wir überqueren mehrmals den Bach zum Teil über wackelige Hängebrücken. Als dann der große Regen einsetzt, sitzen wir wieder in unserem Fahrzeug.


Über Filandia, einem ebenfalls schönen Ort unweit von Salento, brechen wir auf Richtung Medellín.
„Medellín ist die Hauptstadt des Departamento Antioquia ... Mit mehr als 2,4 Millionen Einwohnern ist Medellín die zweitgrößte Stadt und gleichzeitig mit 3,7 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Metropolregion Kolumbiens nach der Hauptstadt Bogotá (Stand 2015).
Medellín befindet sich derzeit im Wandel. Früher vor allem bekannt für ihr Drogenkartell und die hohe Kriminalitätsrate hat sie seither eine rasante Entwicklung genommen und wurde 2012 vom Wall Street Journal zur innovativsten Stadt der Welt ernannt. So entwickelte sich die „Stadt des ewigen Frühlings“, wie sie aufgrund ihres ganzjährig sonnigen und warmen Klimas genannt wird, immer mehr zu einem Vorzeigeprojekt für ganz Lateinamerika.“ (Wikipedia)


Medellín liegt auf 1.540 m und wird auch die Hauptstadt der Berge und die Stadt der Blumen genannt.
Wir finden oberhalb von Medellín in den Bergen einen ruhigen Stellplatz und erkunden mit dem Bus die ehemalige Drogenhauptstadt – hier herrschte in den 1980er Jahren die Drogenmafia des Medellín-Kartells unter Pablo Escobar, der eine führende Rolle im weltweiten Handel mit Kokain einnahm.
Medellín ist eine saubere Stadt, die im Zentrum viele Kirchen, schöne Fußgängerzonen und Plätze mit Skulpturen zu bieten hat. Wir flanieren bei herrlichem Wetter durch Medellín und genießen die vielen schönen Attraktionen.


Auf zur Hauptstadt von Kolumbien, auf nach Bogota. Wir besuchen zunächst den Neffen unseres sympathischen Ehepaares aus der Kaffeezone. Bei ihm sind unsere LKW-Filter, die wir in den USA über den Sohn des Ehepaares bestellt hatten, angeliefert worden. Er ist im weitesten Sinne ein Reiseführer für ganz Kolumbien und schlägt uns eine Route für unsere Weiterfahrt vor, nicht ohne uns zu warnen, wohin wir aus Sicherheitsgründen besser nicht fahren sollen. Tausend Dank für die vielen Tipps.
Im Norden der Stadt finden wir einen bewachten und sehr ruhigen Stellplatz mitten in der 8,4 Mio Stadt.  
Mit dem Bus lassen wir uns ins Zentrum fahren. Da die „Transmillenium“-Busse eine eigene Spur haben, sind wir schnell an allen Staus vorbei im historischen Zentrum von Bogota – Fahrpreis umgerechnet 1,35 Euro, für zwei Personen versteht sich, inbegriffen auch die kostenlose Unterhaltung: Süßes wird mehrfach angeboten, aber auch Brieftaschen zum Umhängen mit vielen Fächern für Geld, Führerschein, Pass und Plastikgeld. Ein blinder Sänger trällert laut Folklore Musik durch sein Mikrophon. Junge Burschen aus Venezuela betteln um Geld. Sie haben ihre Taschen voll von venezolanischem Geld, das aber nichts wert ist, hunderte Scheine sind für ein Brötchen zu bezahlen. Für einen Euro bekam man im April 2018 82.000 venezolanische Bolivar, einen Monat später sogar 93.000 … (am 9. Februar 2018 waren es noch 12,55 …)

Durch extrem laute Straßen – die Straßenverkäufer brüllen um die Wette – und durch eine wuselige Fußgängerzone erreichen wir im Regen den riesigen, gepflasterten Plaza Mayor/Bolivar - ohne Bäume aber mit alten Laternen und vielen Tauben. In der Mitte eine Statue von Simon Bolivar. Der Platz ist von historischen Gebäuden umgeben: Justizpalast, Nationalkongress, Rathaus und Kathedrale.
Wir gehen weiter und bahnen uns den Weg zum Museo de Oro, zum Goldmuseum. 35.000 präkolumbische Ausstellungsstücke aus Gold - mehr gibt es nirgendwo auf der Welt. Wir sehen aber auch Arbeiten aus Ton, Stein, Muscheln, Holz und Textilien … ein Wahnsinns Erlebnis.  
Die Wachablösung vor dem Präsidentenpalst am Plaza de Armas wollen wir uns nicht entgehen lassen. Mehrere 100 Soldaten in piekfeinen Uniformen und teilweise mit Pickelhaben spielen meist preußische Militärmärsche. Leider alles im Regen … aber dennoch interessant.
Ein weiteres Museum wartet auf uns, das Botero-Museum. Der kolumbianische Künstler ist bekannt für seine überzeichneten Formen. Im Museum sehen seine Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen aber auch Gemälde von Salvador Dalí und Pablo Picasso.


Mit dem Bus geht es wieder zurück. Nüsse, Bananen Chips, venezolanisches Geld, Waffelkekse, Schokotörtchen, Bonbons und Schokoriegel werden uns während der Fahrt angeboten. Wir lehnen dankend ab.


Kolumbien hat uns bisher so gut gefallen und es gibt noch so viel zu sehen, dass wir uns entschließen, unseren Aufenthalt für drei weitere Monate zu verlängern. Dazu muss zunächst der Aufenthalt für die Personen verlängert werden. Das geht per Internet. Freitags senden wir unsere Anträge an die Behörde der Migration. Am Montag kommt Gabys Bescheid, mein Bescheid kommt eine Woche später.
Jetzt noch einen Antrag für das Fahrzeug stellen, das geht von jeder Hauptstadt eines Departamentos, versichert man uns in Bogota.


Wir sind mittlerweile in Villavicencio, der Hauptstadt des Departamentos Meta.
Meta ist Llanos Gebiet, herrliches Weidelands mit vielen Zebu Herden. Hier sind auch die rauen Cowboys zu Hause, die ihre Herden mit dem Lasso treiben und Rodeo betreiben.
Die Zollbehörde DIAN gibt uns zu verstehen, dass das nur von Bogota aus möglich ist…
Nach vielen Diskussionen, dass Bogota uns an alle Hauptstädte verwiesen hat, beschließt einer der Mitarbeiter uns zu helfen. Er scannt sämtliche Unterlagen, setzt ein Schreiben auf, das wir nur noch unterschreiben müssen, und schickt alles per E-Mail nach Bogota.


Wir fahren weiter nach Puerto Lopez und besuchen das Hotel und Bioreservat Lagos de Menegua – ein Tipp unseres „Reiseführers“ Andres. Auf 1000 ha sollen hier im privaten Nationalpark Pflanzen und Tiere aus ganz Kolumbien heimisch werden. Von 350 Vogelarten sind bereits 251 gesichtet worden.
Mehrere Seen liegen in der herrlichen Landschaft, die man mit Führer zu Fuß, mit dem Rad, per Jeep oder auf dem Pferderücken erkunden kann.
Hier gibt es auch eine große Fischzucht, in mehreren großen Becken werden vor allem Tilapia Fische gezüchtet – den herrlich frisch zubereiteten Fisch haben wir mehrmals genossen.
Wir spazieren durch herrlichen Wald und umrunden tagsdrauf mit dem Fahrrad zwei große Seen. Unser Guide Gustavo zeigt uns jede Menge Tiere – Affen, Wasserschildkröten, Kaimane, Geier, Reiher, Riesenanis und ein Dutzend weiterer Vögel. Das Highlight ist ein Ameisenbär, der in einer Wiese lange nach Ameisen gräbt, ehe er uns wittert und verschwindet. Von den vielen hohen Hügeln genießen wir wunderbare Aussichten, auf die Seen, auf Palmenhaine und auf die grüne Weite.


Wir fahren weiter durch die Llanos, sehen aber keine Cowboys in Aktion. Bevor wir den Meta mit einer Fähre überqueren, treffen wir auf eine Familie mit deutschen Wurzeln. Sie laden uns spontan auf ihre Hacienda ein. 1935 hat der Großvater 2000 ha Land gekauft, das bis heute bewirtschaftet wird. In der Hauptsache wird Reis angebaut. Es gibt aber auch Kokospalmen, Mangobäume und andere Obstbäume.
Die Tochter hatte Geburtstag, sie wurde 15 Jahre alt, der wichtigste Geburtstag in Kolumbien. Wir werden wie Familienmitglieder aufgenommen. Am nächsten Tag wird im nahegelegenen See geangelt. Petri Heil.
Die Familie wohnt in Villavicencio: Sie überreden uns wieder mit zurückzufahren. Wir verleben mehrere Tage im Kreise der Familie und werden rundum verwöhnt.

Mai 2018

 

Leider hat sich Bogota noch nicht gemeldet. Es gibt ständig E-Mail-Kontakt mit unserem Helfer von der DIAN aus Villavicencio. Er vertröstet uns und macht uns immer wieder Hoffnung.
Mittlerweile ist Freitagabend und der 3. Mai. Am 5. Mai läuft die Aufenthaltsgenehmigung für unser Fahrzeug ab. Ab Montag ist unser Auto ohne Versicherung und illegal in Kolumbien. Wir riskieren die Beschlagnahmung unseres LKWs. Soweit wollen wir es nicht kommen lassen. Wir beschließen nach Bogota zurückzufahren, dort zu parken und uns am Montag die Genehmigung persönlich zu besorgen. Gesagt getan. Wir verabschieden uns von unseren liebgewonnenen Freuden und fahren in das zum Glück nur 120 km entfernte Bogota.


Am Montag um 9 Uhr geht das Spießrutenlaufen los. „Pässe bitte! Hier in die Kamera schauen! Den rechten Zeigefinger hierhin legen! In die zweite Etage bitte!“ Wir werden von hüh nach hott geschickt. Von der 2. Etage in die 3., um dort zu erfahren, dass wir in die 2. Etage müssen. „Sie haben keine Mail bekommen? Die Erlaubnis wurde bereits am 2. Mai erteilt. Unsere genehmigten Vorgänge landen im 2 km weit entfernten Archivgebäude.“


Im Archivgebäude angekommen: „Pässe bitte! Hier in die Kamera schauen! Den rechten Zeigefinger hierhin legen! In die zweite Etage bitte!“ Wir werden zum Fahrstuhl geführt. Auf der zweiten Etage angekommen, „Pässe bitte!“ – „Wie bitte? Die haben wir doch gerade erst gezeigt. Ohne Pass kommt man doch hier garnicht rein!“ – „Das ist unser Job!“
Nachdem man unsere Pässe eingehend geprüft hat, legen wir unseren Zettel mit der Dokumentennummer vor. Zuerst in Zimmer 9: „Nein, hier sind sie falsch, Zimmer 17 bitte.“ In Zimmer 17: „Nein, hier sind sie falsch, hier werden nur Kolumbianer bedient.“ Eine freundliche Dame weist uns den weiteren Weg – das Zimmer ist leer …


Nach einer Viertelstunde taucht ein fein gekleideter Herr auf. Unsere Helferin darf eintreten. Der feine Herr verschwindet mit unserem Zettel und taucht nach weiteren 10 Minuten mit einem Papier auf, das er der Helferin aushändigt, sie möge das bitte an uns weiterreichen …
Na endlich, wir haben unsere Verlängerung. Und jetzt ab zur Versicherung, die kann man in jedem Kaufhaus und an fast jeder Tankstelle abschließen.


„Nein sie müssen zur gleichen Versicherung, am besten dahin, wo sie die Versicherung abgeschlossen haben.“ – „Nach Ipiales in den Exito Supermarkt, der ist „nur“ 850 km entfernt?“ – „Den nächsten Exito finden sie in der Carrera 114A.“
In der Carrera 114A: „Hier können sie nur Jahresverträge abschließen. Unser System kann keine 3 Monate!“ Die freundliche Exito Mitarbeiterin ruft für uns in der Zentrale an und gibt uns eine neue Adresse, Carrera 19. Zum Glück kosten die Taxi-Fahrten in Kolumbien nur zwischen 1,35 und 4,22 Euro.
In der Zentrale wird in null komma nichts ein Dreimonatsvertrag ausgefüllt. Es ist mittlerweile 16:30 Uhr.
Hurra, wir haben es geschafft!


Am nächsten Tag geht es in die Salzmine Nemocon im Norden von Bogota. In diesem Bergwerk wurden Teile des Films „69 Tage Hoffnung“ (Original: „The 33“) gedreht. Am 5. August 2010 wurden in einem chilenischen Bergwerk 33 Kumpel eingeschlossen. Sie hofften 69 Tage auf ihre Rettung und wurden schließlich am 13. Oktober 2010 alle gerettet. Der „Aufenthaltsraum“ der 33 Bergleute ist noch originalgetreu erhalten. Sehr bewegend, wenn man sich vorstellt, dass in einem solchen Raum 33 Menschen 69 Tage lang 700 m tief unter der Erde eingeschlossen waren.
Die Salzmine ist nicht mehr in Betrieb, aber ein Stollen ist noch gut erhalten und für Besucher zugänglich. Herrliche Lichteffekte- ein richtiges Farbenspektakel – und beeindruckende Spiegelungen in den Wasserbecken machen den Besuch zu einem besonderen Erlebnis.


Wir fahren weiter zum legendären Eldorado See. Die Laguna de Guatavita ist ein kleiner Bergsee nordöstlich von Bogotá auf einer Höhe von rund 3.000 m.
Der Stamm der Muisca lebte hier im 15. und 16. Jahrhundert. Sie hatten den Brauch, während der Inthronisierung ihren neuen Herrscher in einer goldenen Sänfte an den heiligen Guatavita-See zu tragen. Dort wurde er mit Harz eingerieben und anschließend mit Goldstaub angeblasen. Der neue Herrscher sollte in der Sonne glänzen wie ein Sohn der Sonne. Mit einem Floß fuhren ihn die Priester dann in die Mitte des Sees, wo sie dem heiligen See (Gold-)Schmuck opferten. Der neue Herrscher badete zum Abschluss im See und reinigte sich vom Gold, während die Menschenmenge wertvolle (Gold-)Objekte in das Wasser warf.
Aus dieser Tradition heraus ist der Eldorado-Mythos vom vergoldeten König entstanden, der die Spanier nicht ruhen ließ. In den 40er Jahren des 16. Jahrhunderts brachen drei Expeditionen von Konquistadoren zum Lande der Muisca auf und unterwarfen es. Sie machten reiche Beute. Sie versuchten vergeblich den See zu entwässern. Mit einem Kanal konnten sie einen Teil des Wassers ableiten und zahlreiche weitere goldene Gegenstände bergen, die zum Teil heute im Goldmuseum von Bogotá zu sehen sind. Der wahre Goldschatz liegt aber immer noch auf dem Grund des Sees … 😊
Wir unternehmen eine interessante zweistündige Wanderung zum herrlich gelegenen See. Unser Guide ist ein Nachfahre der Muisca.

Wir starten auf einer Höhe von 2.850 Metern und erleben zwei Vegetationsstufen. Unser Guide erklärt uns Pflanzen und Früchte und wofür oder besser wogegen sie helfen. Bäume und Sträucher werden zusehends kleiner, die Vegetation anders. Oben auf 3.010 Meter wachsen auch wieder Mönchsgewächse.

Beim Blick über den dunklen kraterförmigen See, wartet man darauf, dass plötzlich ein neuer Herrscher auf einem Floß erscheint…

Unser Guide erzählt uns, dass der See lange Zeit frei zugänglich war und als Wochenendziel gerne aufgesucht wurde. Im Laufe der Zeit gab es dann ein Müllproblem. Der See kippte. Die kolumbianische Regierung hat dann den See weiträumig abgesperrt, den Müll entsorgt und 1965 den See und seine Umgebung zum nationalen Erbe erklärt. Die Vegetation hat sich mittlerweile wieder erholt, das biologische Gleichgewicht des Sees ist auch wieder hergestellt. Das nationale Erbe darf nur noch gegen Entgelt und mit Guide betreten werden. Jedes Jahr am 21. Juni wird am See gefeiert. Dann treffen sich insbesondere Ehepaare, die ihre Liebe zueinander erneuern wollen.

Wir haben Bilder vom Cano Cristales gesehen, der als „Fünf-Farben-Fluss“ oder als „flüssiger Regenbogen“ bezeichnet wird. Unglaublich …
Das prächtige und immer wieder wechselnde Farbenspiel von gelb, ocker, grün, blau und rot wird durch Algen hervorgerufen und findet leider nur zwischen Juli und November statt. Der Fluss liegt im Nationalpark Serranía de la Macarena. Dieser Nationalpark ist nur per Flugzeugzeug zu erreichen und wird zurzeit als nicht sicher eingestuft.


Aber es gibt eine sichere Alternative, den Fluss Tranquilandia in der Nähe von San Jose del Guaviare. Obwohl wir zur falschen Zeit hier sind, fahren wir trotzdem hin, denn es gibt neben dem Fluss auch noch Felsformationen zu bewundern, die Stadt aus Stein (Ciudad de Piedra) und das Orion-Tor (La Puerta de Orion).
Der Fluss windet sich herrlich durch Wiesen, Urwald und Felsen. Javier, unser Guide führt uns zu Stellen, die besonders reizvoll sind. Leider sind die Algen des Flusswassers nur leicht rot und grün gefärbt und nicht bunt leuchtend, wir sind einen Monat zu früh hier …
Aber dafür ist die Wanderung sehr schön. Wir kraxeln um und durch zerklüftete Felsen (Puerta de Orion) vorbei, mit tollen Ausblicken in die Dschungel-Landschaft und das Grasland.
Der Himmel verdunkelt sich, es donnert und fängt an aus Kübeln zu regnen. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir einen Unterstand und warten den einstündigen heftigen Regen ab. Die Sonne scheint wieder, aber der Weg ist ziemlich durchgeweicht. Zum Glück kein Problem für unseren Allradler.
Am nächsten Tag wandern wir bei sengender Hitze mit noch fünf anderen einheimischen Touristen zur und durch die natürliche Felsenstadt Ciudad de Piedra. Tolle Ausblicke, Nischen zwischen den Felswänden, tiefe Grablöcher. Hier haben sich die Indigenen vor den Spaniern verschanzt.
Wir erfahren auch wieder viel über die Botanik. Herzlichen Dank für die tolle Wanderung durch beeindruckende Felsformationen.


Wir fahren weiter bei strahlend blauem Himmel an den Lago de Tota. Der größte See Kolumbiens ist 56 qkm groß und liegt auf 3.015 m. Er hat einen schönen weißen Sandstrand. Aufgrund der Höhe lässt es sich hier sehr gut aushalten. Wir essen Forelle, wandern, fahren mit dem Boot und faulenzen.
Zum Wochenende geht es in das nahegelegene Örtchen Iza auf eine kleine Farm. Wir fühlen uns wie in einem Freilichtmuseum. Im Dorf gibt im einen großen Postres-Markt – einen Markt auf dem man Desserts kaufen kann – ein Dessert leckerer als der andere.
Kleine, sehr junge Tanzpaare in ihren tollen Kostümen lockern die Atmosphäre auf und sorgen mit ihren schwungvollen und fast schon verbissen durchgeführten Tänzen für jede Menge Stimmung.
Uns zieht es in das 1572 von den Spaniern gegründete Städtchen Villa de Leyva. Es liegt eingebettet in einem grünen Tal und ist eine der schönsten Attraktionen Kolumbiens. Villa de Leyva wurde bereits 1954 zum nationalen Denkmal ernannt. Das Städtchen ist richtig romantisch, moderne Gebäude sucht man vergebens. Die alten, einstöckigen Kolonialhäuser mit ihren Ziegeldächern verleihen dem ganzen einen unglaublichen Charme. Mit den Jahrhunderte alten, gepflasterten Gassen und der vom Verkehr völlig befreiten, riesigen, ebenfalls gepflasterte Plaza liefern sie eine beeindruckende Sicht auf die Architektur und die Stimmung der Kolonialzeit.

Kein Wunder, dass in Villa de Leyva immer wieder historische Filme gedreht wurden und immer noch werden.

Die Plaza, der historische Marktplatz, ist die größte Plaza in ganz Lateinamerika. In der Mitte steht wie verloren ein kleiner Brunnen im maurischen Stil, aus dem die Einwohner von Villa de Leyva über Jahrhunderte hinweg ihr Trinkwasser schöpften. Die weiß getünchten alten Häuser erinnern an Andalusien und man kann stundenlang durch die schmalen Gassen schlendern vorbei an Restaurants, kleinen Cafés und Kunsthandwerksläden.
 
Unweit von Villa de Leyva hat der Architekt Octavio Mendoza in mehr als 15 Jahren ein Märchenhaus ganz aus Lehm gebaut. Ursprünglich als Wohnhaus gedacht, ist es heute „nur“ noch ein Museum. Das Terracota-Haus sieht aus wie eine Mischung aus Dali und Hundertwasser. Auf drei Ebenen und mehr als 500 qm überraschen Räume und Einrichtungen voller Phantasie. Alles aus Lehm … unglaublich, verrückt, beeindruckend!
Vor gut 40 Jahren (1977) fand ein Bauer bei der Feldarbeit interessante Steine. Er ließ sie untersuchen. Er war auf das besterhaltene Skelett eines Kronosauriers gestoßen. Wir bewundern an der Fundstelle im heutigen Museum „El Fosil“ den ehemaligen Meeresbewohner und viele weitere Fundstücke.  
Alles was hier zu sehen ist, wurde in der näheren Umgebung gefunden. Eine beeindruckende Fossilien-Sammlung.
Ein Besuch des ehemaligen Muisca Observatoriums – hier gibt es nur noch Steinsäulen zu sehen – rundet unseren Beuch in Villa de Leyva ab.


Juni 2018

 

Unser nächstes Ziel ist der Cocuy Nationalpark, der höchst gelegenste Nationalpark Kolumbien mit schnee- und gletscherbedeckten Bergen über 5.000 Meter. Der höchste Berg heißt Ritacuba Blanco und ist 5.330 m hoch.
Wir wollen nicht Bergsteigen, sondern dem Tipp unseres kolumbianischen Freundes Andres folgen und uns in der herrlichen, einsamen Natur bewegen, bevor wir in die Hitze der Karibik eintauchen.
Auf 3.285 m finden wir bei freundlichen Kolumbianern einen Stellplatz direkt neben ihrem gepflegten Häuschen.


Am nächsten Morgen geht es bis auf 4.192 m hinauf. Wir treffen nur Feldarbeiter, die ein Kartoffelfeld bestellen und eine Militäreskorte. Sie bleiben neben uns stehen. Sie wollen wissen, wie wir mit unserem LKW nach Kolumbien gekommen sind. Sie sind sehr interessiert, lassen sich vor unserem LKW fotografieren und wünschen uns dann einen schönen Tag.


Vorbei an Mönchsgewächsen und Lupinen geht es immer höher. Die Luft ist herrlich klar, aber über den Bergspitzen hängen Wolken, so dass wir die Gletscher leider nicht zu Gesicht bekommen. Als der Weg wieder nach unten führt, machen wir einen ausgiebigen Spaziergang. Die dünne Luft hier oben ist deutlich zu spüren. Bevor es sich richtig zuzieht, kehren wir um und treten den Rückweg an.


Barichara ist ein weiteres koloniales Kleinod in Kolumbien, das wir uns anschauen wollen. Hier gibt es viele Parallelen zu Villa de Leyva, aber Barichara ist kleiner und ruhiger, aber genauso aufgeräumt und hat mit seinen Kolonialhäusern, Kirchen, Straßen und Plätzen seinen mittelalterlichen Charme bewahrt. Noch eine Spur kleiner, ruhiger, aber auch rückständiger ist der Ort Guane.


Es geht jetzt nur noch nach Norden. Es wird wärmer, heißer und schwüler. Die Luftfeuchtigkeit liegt weit über 80 Prozent. Auf dem Campingplatz Casa Grande, direkt am Karibikstrand unter Palmen finden wir einen herrlichen Stellplatz.
Wir unternehmen lange Spaziergänge am Karibikstrand entlang. Die rote Fahne weht ständig, die Strömungen des karibischen Meeres sind hier so stark, dass das Baden verboten ist. Im nahe gelegenen Fischerdörfchen sehen wir den Fischern zu, wie sie ihre Boote an Land ziehen und ihren Fang auf die Dorfbewohner aufteilen.
Der nur 45 km entfernte höchste Berg Kolumbiens, der Pico Cristobal Colon (5.775 m), zeigt sich nur ein einziges Mal. Denn die Wolken verdecken ständig die Sicht. In dieser Küstenregion liegt die höchste Küstengebirgskette der Welt, die Sierra Nevada de Santa Marta. D.h. nirgendwo sonst gibt es an der Küste innerhalb von 45 km ein Aufstieg auf mehr als 5.770 m.


Uns zieht es noch ein bisschen weiter in den Norden Kolumbiens. Hier leben in erster Linie indigene Stämme. In Boca de Camarones lernen wir Nando kennen. Nando ist Fischer und eine Art Stammes- oder Clan-Führer. Er ist ein Wayuu, 61 Jahre alt, hat 3 Frauen und 28 Kinder.
Er lebt direkt am Strand, rund 50 Meter vom Wasser entfernt. Er besitzt ein kleines Lehmhaus mit zwei Räumen und einem überdachten und eingezäunten Kochbereich. Es gibt weder Strom noch fließendes Wasser. Nando hat das Haus vor 12 Jahren gebaut. Zurzeit leben etwa 8 Personen hier. Den ganzen Tag über gibt es immer wieder Besuche von Kindern und Enkelkindern, die im nahegelegenen Dorf Camarones leben.
Nando hat diesen Platz gewählt, weil die Strömungen hier an dieser Stelle nicht stark sind. Er kann sich nicht daran erinnern, dass das Meer hier schon mal ins Landesinnere vorgedrungen ist.
Jeden Abend oder bei Bedarf auch tagsüber steigen Verwandte in ein kleines Fischerboot und tuckern auf das karibische Meer hinaus. Sie bringen mal große mal kleine Fische zurück. Jeden Tag steht frischer gegrillter Fisch auf dem Speiseplan. Dazu gibt es Kartoffeln und Kochbananen. Nando und sein Clan fischen nur für den eigenen Bedarf. Kartoffeln, Bananen und anderes Obst wird gegen Fisch getauscht. Alle Wochen kommt der Wasserwagen und bring frisches Wasser, das in kleinen Kanistern und Flaschen aufbewahrt wird.


Nando ist ein glücklicher Mensch, er strahlt die ganze Zeit. Er bietet uns einen Stellplatz an. Wir bleiben 3 Nächte und genießen den herrlichen, frischen Fisch.
Wir hören, dass weiter nördlich private Straßensperren aufgebaut sind und jeder Clan einen Wegezoll erhebt. Wir beschließen nicht weiter in den Norden vorzudringen. Der Fischer Nando ist ein schöner Abschluss für Nordkolumbien.


Wir fahren wieder zu unserem Campingplatz Casa Grande zurück. Wir wollen noch in den Tayrona Nationalpark. Für die Kolumbianer der schönste Teil ihres Landes.
Sie schwärmen nicht umsonst. Im östlichen Teil, in den wir hineinwollen gibt es weiße Strände, kleine Buchten und glattgeschliffene Felsblöcke, unberührte Natur mit Kokospalmen, Riesenkakteen und tropischem Regenwald.
Der westliche Teil ist nicht so gut zugänglich und eher trocken mit geringer Vegetation.
Wir wollten zwar mit unserem Fahrzeug in den Park – es gibt auch entsprechende Stellplätze – aber die Preise sind nicht nachvollziehbar. Der Eintritt für Ausländer kostet pro Person 16 Euro. Kolumbianer zahlen 6,75 Euro. Kolumbianische Rentner 0 Euro. Für das Fahrzeug werden neben einem Eintrittspreis von 21,25 Euro, täglich Gebühren für Straßennutzung, Parken und Übernachtung von 10,00 Euro verlangt.
Für den Eintritt in Nationalparks haben wir bisher – wenn überhaupt – nur für Personen Eintritt entrichten müssen, meist genügte die Eintragung in eine Liste. Die Dauer war immer unbegrenzt.
Also bleibt unser LKW draußen auf dem nahegelegenen Campingplatz. Wir müssen jedoch 1,17 Euro für den Bus bezahlen, der uns zum Park bringt und 1,57 Euro für den Bus, der uns in den Park hineinfährt, Preise jeweils für zwei Personen … versteht sich.


Wir wandern knapp 17 km und genießen 10 Stunden lang die Strände und die Natur im Nationalpark. Wir hören und sehen Brüllaffen und lauschen dem Gezwitscher von Dutzenden von exotischen Vögeln. Im Park lebt der Stamm der Taironas. Sie bieten Kokosmilch, Bananen und frisch gepressten Orangensaft an. Eine willkommene Erfrischung.


Ziemlich erschöpft von der Hitze und dem Wandern erreichen wir unser klimatisiertes Fahrzeug.  Direkt alle nassen Sachen aus, duschen und Wäsche waschen. Hinter dichten Wolken geht die Sonne unter. Das war ein anstrengender aber wundervoller Tag.
Wir lassen es uns in den beiden nächsten Tagen am Karibikstrand gut gehen.

Juli 2018

 

So langsam müssen wir uns um die Weiterreise nach Mittelamerika kümmern. Von der Hafenstadt Cartagena aus kann man entweder nach Colon, Panama, übersetzen oder nach Veracruz, Mexiko. Wir müssen in beiden Fällen den LKW verschiffen und mit dem Flugzeug hinterher fliegen. Eine Begleitung des Fahrzeuges ist nicht möglich.
Wir hören die tollsten Geschichten, dass Colon ein berüchtigter Hafen ist und dass alles, was an einem Auto abgeschraubt werden kann, nicht mehr vorhanden ist, wenn man sein Fahrzeug wieder abholt. Veracruz dagegen sei ein Welthafen, an dem alles organisierter und besser ist.
Wir entscheiden uns für Veracruz und wollen aber in einer Rundreise die zentralamerikanischen Staaten bis hinunter nach Panama besuchen.


Dann erweist sich unsere Entscheidung als goldrichtig, weil in Nicaragua das Chaos ausbricht, da sich das Volk gegen den Präsidenten auflehnt. Das Auswärtige Amt schreibt: „Von nicht erforderlichen Reisen nach Nicaragua wird dringend abgeraten … Seit Mitte April 2018 kommt es im gesamten Land zu massiven Demonstrationen gegen die Regierung und gewalttätigen Auseinandersetzungen, bei denen bisher rund 350 Menschen getötet und etwa 2000 verletzt worden sind. Nahezu täglich kommt es zu Brandstiftungen, Plünderungen oder anderen Straftaten, von denen auch Ausländer betroffen sein können.“
Wir nehmen Kontakt zur Agentur Enlace Caribe in Cartagena auf. Luis und seine Mannschaft sollen die Formalitäten einer Fahrzeugverschiffung auf kolumbianischer Seite für uns abwickeln. Wir entscheiden uns für den Verschiffungstermin am 12. Juli.


Der Plan sieht vor, am
09. Juli 09:00 Uhr, im Büro Unterzeichnung von Formularen und Besuch des Hafenbüros.
10. Juli 08:00 Uhr, Fahrzeug zum Hafen fahren, Zollkontrolle.
11. Juli oder 12. Juli 08:00 Uhr je nach polizeilicher Entscheidung, Drogenkontrolle.
12. Juli, das Schiff verlässt mit unserem LKW den Hafen Cartagena


Erstens kommt es anders und zweitens …


Wir sind mittlerweile in der Nähe von Cartagena (30 km entfernt) mitten im Grünen in Turbaco bei Graham, einem Auswanderer aus England, angekommen. Er lebt hier schon seit über 40 Jahren, mittlerweile ist er mit einer jungen Kolumbianerin verheiratet und hat auch ein Kind mit ihr.
Bei Graham steht unser Auto sicher und von hier aus können wir für 3,11 Euro (für 2 Personen) mitten ins Stadtzentrum von Cartagena fahren.


Cartagena ist unglaublich. Eine Millionenstadt an der Karibik, quirlig und zuweilen dreckig. Im Stadtteil Bocagrande auf der Landzunge reiht sich neben Nobelhotels Wolkenkratzer an Wolkenkratzer; Cartagena ist eine mondäne Stadt. Und schließlich innerhalb der Stadtmauer, die Altstadt; Cartagena ist eine geschichtsträchtige Kolonialstadt.
Die Altstadt wie aus dem Bilderbuch hat es uns angetan, blitzsaubere Straßen und Gassen, tolle Plätze, Kolonialgebäude, Kirchen und die alles umrahmende, gut erhaltene Stadtmauer – es gibt viel zu sehen.
Doch zuerst genießen wir einen herrlichen Blick auf das karibische Meer und auf die Skyline von Bocagrande. Wir schlendern über die Uferpromenade und bestaunen zur Rechten die großen Yachten und ein Museumsschiff, zur Linken die alte Stadtmauer aus Muschelmörtel.  Dahinter setzen sich Altstadt-Gebäude und -Hotels in fröhlichen Gelb- und Ockertönen ab.


Die Altstadt ist fast komplett von der zum Teil begehbaren Stadtmauer umgeben. Sie lockt uns mit vielen schattigen Plätzen, wie die Plaza de San Pedro Claver. Die Mission des Jesuitenpaters Pedro Claver bestand darin, sich zu Beginn des 17. Jh. um die Sklaven aus Afrika zu kümmern. Eine überlebensgroße und ergreifende Bronze-Skulptur zeigt den Pater mit einem Sklaven.


Die Plaza de Aduana mit ihrem arkadengeschmückten Zollhaus, in dem heute das Rathaus untergebracht ist, dem ockerfarbenem Casa del Premio Real, das ehemalige Haus des Vizekönigs, und ein Denkmal von Kolumbus. Viele Straßenhändler sprechen uns an und wollen feilschen, von eisgekühlten Getränken, Sonnenhüten oder Schmuck jeglicher Art, einfach alles könnte man kaufen. Da endlich die erste in leuchtenden Stoffen gekleidete, dunkele Frau mit dem typisch gebunden Kopftuch. Sie balanciert eine Schale mit verschiedenen exotischen Früchten auf ihrem Kopf und geht dabei graziös über das Kopfsteinpflaster.


Gleich um die Ecke der Plaza de los Coches, mit dem Torro del Reloj, dem Uhrenturm, und dem historischen Stadttor.
In den Abendstunden, wenn es nicht mehr ganz so heiß ist, stehen hier die Pferdekutschen (Platz der Kutschen). Hier auf diesem Platz war früher der größte Sklavenmarkt Südamerikas, auf dem zehntausende von afrikanischen Sklaven verkauft und versteigert wurden …


Wir schlendern durch Kopfsteinpflaster-Gassen, sehen immer wieder liebevoll herausgeputzte Kolonialhäuser in leuchtenden Farben, abgesetzt mit weißem Stuck, Säulen, Rundbögen, Balkone, entweder aus Holz oder mit weißen, verschnörkelten Metallgittern, bunte Blumenköpfe überall. Dazwischen die schmiedeeisernen Straßenlaternen.
Hin und wieder ein zartes Bimmeln, wenn ein Eisverkäufer verbeikommt, und in schattigen Ecken gibt es frisch gepresste, eisgekühlte Säfte aus exotischen Früchten. Ein reges Treiben von Passanten, fliegenden Händlern, Einheimischen und Touristen. Dazwischen die karibischen Schönheiten in ihren bunten Kleidern mit ihren exotischen Fruchtschalen.
Die Kathedrale von Cartagena ist leider geschlossen. Versteckt hinter einem hellen, wuchtigen Sandstein-Turm.


Weiter über die Plaza Santo Domingo. Unter schattigen Bäumen und Sonnenschirmen werden einladend Essen und Getränke angeboten.  
Die Kirche Santo Domingo ist geöffnet. Wir schauen uns die hübsche Kirche an. Ein Backsteinbau, die Wand hinter dem Altar leuchtet in maisgelb.
Wir erreichen die Plaza Jose Fernandez de Madrid, Drehort des Filmes: „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“, nach dem Buch des kolumbianischen Literaturnobelpreisträgers Gabriel Garcia Marquez.  
Hübsche Restaurants. Wir legen eine Pause ein. Gut gestärkt gehen wir weiter, aber es fängt an zu regnen und dazu gibt es auch noch ein heftiges Gewitter.  


Wir kommen zur hübschen, kleinen Plaza de San Diego, überall originelle, gemütliche Restaurants. Wir kehren ein, genehmigen uns einen feinen Nachtisch, köstlich und liebevoll angerichtet und warten bis der Regen wieder aufhört.
Nach gut sechs Stunden treten wir die Heimfahrt an, für 3,11 Euro mit dem Bus.
Cartagena hat uns so gut gefallen, dass wir noch zweimal die Altstadt durchkämmen.


Am Sonntag, 8. Juli, verlassen wir dann unsere grüne Oase und fahren mitten in die Stadt. Das Hotel Bellavista liegt in der Nähe der Agentur und hat sichere Stellplätze im bewachten Innenhof. Am Montag, 9. Juli, haben wir unseren ersten Termin.
Zwei Franzosen wollen ebenfalls ihr Wohnmobil nach Veracruz verschiffen. Als erstes erfahren wir, dass die Höegh Maputo, so der Name unseres Schiffes, erst am 15. Juli den Hafen wieder verlässt, also wahrscheinlich drei Tage Verspätung hat.
Kopien der Pässe, der Aufenthaltsgenehmigung, des Führerscheins, der Wagenpapiere – Fahrzeugschein, Importdokument, Verlängerung der drei auf sechs Monate – werden angefertigt, Zolldokumente werden erstellt und unterschrieben. Dann geht es zum Büro der Reederei, die uns bestätigt, dass wir einen Platz für die Verschiffung gebucht haben.


Da das Schiff später kommt, ist der nächste Termin erst übermorgen, also am 11. Juli. Um 9 Uhr geht es ohne Fahrzeug ins Hafenbüro, nur die Fahrer der Fahrzeuge dürfen in den Hafen. Wir werden als Fahrer registriert. Alle vorbereiteten Papiere werden auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft. Die ganze Prozedur dauert bis 12 Uhr. Nächster Termin morgen am 12. Juli um 8 Uhr. Dann soll der LKW auf das Hafengelände gefahren werden, anschließend ist dann die Zollkontrolle. Was immer das auch heißt. Wir werden sehen.
Heute muss das Fahrzeug für die Überfahrt vorbereitet werden. Der LKW wird von fremden Leuten aufs Schiffs gefahren und in Veracruz wieder vom Schiff gefahren. D.h. das Fahrerhaus muss komplett leergeräumt werden.
Innen muss der Kühlschrank ausgeräumt und alles so verstaut werden, dass für die Kontrollen alle Klappen und Schränke geöffnet werden können. Alle Fenster müssen mit Blechen geschützt werden.
Da das Starten und das Abstellen des Motors genauso wenig intuitiv ist, wie das Losfahren, fertige ich eine mehrsprachige Anleitung an:


„Zum Starten des Motors, darf kein Gang eingelegt sein, das Treten der Kupplung reicht nicht aus. Den „Start“-Knopf drücken – rechts unten im Armaturenbrett. Der Motor springt an.
Der Mercedes 1017 ist ein LKW mit Druckluftbremsen. D.h. es muss zunächst genügend Druck aufgebaut werden, um die Bremsen sicher bedienen zu können – die große rote Lampe im Armaturenbrett erlischt bei 6,5 Bar.
Aber der Luftsitz ist noch nicht in Position. Das geschieht erst bei 7,5 Bar.
Erst losfahren, wenn der Sitz hochgefahren ist und die Handbremse gelöst wurde.
Achtung: Der Motor wird mit einem Knopf gestoppt - unten links in der Mitte des Fußraums. Das geht erst, wenn genügend Druck aufgebaut ist und der Sitz hochgefahren ist.
Beim Abstellen, die Handbremse festziehen und den Motor mit dem Knopf unten links im Fußraum stoppen.“


Außerdem müssen wir auch unsere Sachen packen, für Übernachtungen in den Hotels in Cartagena und Veracruz. In Cartagena haben wir ein ruhiges Appartement-Hotel gefunden, ohne Straßenlärm und abgeschirmt hinter einer bewachten Schranke. Für Veracruz können wir noch nicht buchen, weil erst, nachdem das Schiff den Hafen verlassen hat, die Rechnung ausgestellt wird, die dann in bar in Landeswährung bei der Bank persönlich eingezahlt werden muss.
Fast acht Millionen kolumbianische Pesos müssen wir besorgen, mehr als 380 Geldscheine…
Übrigens, die Kosten der Überfahrt werden in Dollar angegeben, aber bezahlt werden muss in Landeswährung. Für einen Dollar gibt es knapp 2900 Pesos…


Am nächsten Morgen, am 12. Juli, geht es um acht Uhr im Gänsemarsch zum Hafen, die beiden Franzosen und meine Wenigkeit.
Wir reihen uns in die Schlange für die Hafeneinfahrt ein. Fotos werden angefertigt, wir Fahrer müssen uns einzeln vor eine Fotobrücke stellen und ablichten lassen. Wir müssen ein paar Klappen außen an unseren Wagen öffnen. Sonst geschieht nichts, keine wirkliche Kontrolle. Dann warten wir auf einen Lotsen, der uns auf das Hafengelände lotst. Wir warten fast eine Stunde. Dann fahren wir, wieder im Gänsemarsch, hinter unserem Lotsen durch endlose Containerreihen bis wir endlich unsere Fahrzeuge abstellen können. Das Hafengelände macht einen überaus sauberen und wohlorganisierten Eindruck.
Die Fahrzeuge stehen in der prallen Sonne, es weht kaum ein Lüftchen. Wir warten unter einem Baldachin, es ist richtig heiß. Wir geben unsere Fahrzeugschlüssel ab, natürlich nur die der Fahrerkabine. In einem klimatisierten Fahrzeug werden wir wieder zum Hafeneingang zurückgebracht. Heute im späten Nachmittag oder morgen soll die Drogenkontrolle sein, wir werden per Mail informiert.
Um 12:30 Uhr bin ich wieder am Bellavista. Wir lassen uns mit unseren sieben Sachen zu unserem Hotel fahren und richten uns ein.
Um 16:10 Uhr erreicht uns die Mail, dass die Drogenkontrolle erst am Samstag, 14. Juli, stattfindet. Die Uhrzeit wird morgen per Mail mitgeteilt.


Am Freitag, 13. Juli gehen wir wieder Richtung Altstadt, zuerst an der Festung entlang, dann über eine Brücke mit einem herrlichen Blick rüber zu den Wolkenkratzern von Bocagrande. Im Hafenbecken liegen schicke Yachten.  
Wir streifen durch Getsmani, ein in die Jahre gekommenes Viertel, Cafe Havanna mit altem einladendem Emaille-Schild und viele alte Läden. Und überall lauert das Karibik-Flair, Händler mit dicken, kubanischen Zigarren, Süßigkeiten, exotischen Früchten und Getränken, untermalt mit karibischen Klängen.
In Bocagrande gehen wir auf der Buchtseite an der Marine-Basis vorbei und kommen zur schönen, ruhigen Strandpromenade, bepflanzt mit verschiedenen bunten Blumen und Sträuchern. Auf der gegenüberliegenden Seite der Hafenbucht sehen wir große Containerschiffe, Kräne und Yachten. Einige sportliche Leute joggen oder gehen flotten Schrittes durch die windige Vorabendbrise.
Auf einer Bank genießen wir die Ruhe und das Treiben in der Bucht. Immer wieder landen Flugzeuge hinter den Wolkenkratzern.  


Beim Café Juan Valdez gibt es einen vorzüglichen Schokoladenkuchen, dazu einen Brownie-Eiskaffee. Echt erfrischend und lecker!
Über die Promenade geht es am Karibikstrand wieder zurück, vorbei an Wolkenkratzern und Hotels.
Bald haben wir wieder die Altstadt erreicht. In der Abendfrische lockt es viele Menschen auf die luftigen Plätze. Von der Stadtmauer hat man einen herrlichen Blick auf die untergehende Sonne.
Bevor es wieder Richtung Hotel geht, erleben wir vor dem Stadttor am Uhrenturm eine karibische Tanz- und Musikgruppe. Zu den rhythmischen Klängen der rassigen Musiker, die blau-farbige Kostüme tragen, tanzen Männer in weißen Hosen und Hemden und die Frauen in weißen Rüschen-Kleidern barfuß feurige Tänze.
Jetzt aber schnell zurück!!
Um 15:47 erreichte uns die Mail, „Morgen, Samstag, 14. Juli, 8:00 am Büro, zwecks Fahrt zum Hafen, Inspección antinarcoticos“ (Drogen-Inspektion).


Am nächsten Morgen, Samstag, 14. Juli, geht es dann endlich zur letzten Inspektion. Wie in den Tagen zuvor: Pass vorzeigen, Passierschein unterschreiben, Passierkarte umhängen, Röntgenkontrolle – wie im Flughafen, dann ab zum Fahrzeug. Wir warten und warten auf die Polizei, die die Drogenkontrolle durchführen soll. Diesmal aber sitzen wir in einem klimatisierten Container.

 

Geschlagene zwei Stunden später taucht ein erster Polizist auf. Man händigt uns die Schlüssel aus, dann raus in die Hitze… „Bitte alles auspacken!“ … „Wie bitte ??“ … „Alles auspacken! Das ist notwendig.“


Also ran an die Arbeit. Die Sonne knallt, es weht kein Lüftchen, es gibt keinen Schatten. Es ist Punkt 12 Uhr.
Großen Stauraum öffnen: Tisch und Stühle raus, Fahrräder raus, Werkzeug raus, Ersatzteile raus, 16 volle, schwere Kisten …


Metallklappen hinten öffnen: Kabeltrommeln, Wasserschläuche, Gasflaschen, … alles raus … Die Sonne knallt, es weht kein Lüftchen, es gibt keinen Schatten.


Nach einer knappen Stunde ist alles leergeräumt. Zwei Polizisten kommen und durchsuchen, was draußen aufgebaut ist. Sie machen dutzende Fotos. Dann geht es in den Innenraum, das Thermometer zeigt 38,4 Grad bei 82% Luftfeuchte. Jede Tür, jede Schublade, jede Klappe wird geöffnet, alle Inhalte werden fotografiert. Drogenhunde kommen (zum Glück) nicht zum Einsatz.


Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei. „Sie dürfen wieder einräumen.“ …
Um 14 Uhr ist alles wieder an Ort und Stelle. Ich habe in der Zeit 2 Liter Wasser getrunken und bin durchnass geschwitzt.
Um 14:30 stehe ich unter der Dusche.


In der Nacht zum Sonntag soll die Höegh Maputo kurz nach Mitternacht im Hafen von Cartagena anlegen. D.h. wir können endlich unseren Flug nach Veracruz und unser Hotel buchen. Da wir am Montag erst die Schiffspassage bezahlen können, buchen wir für Dienstag, den 17.Juli.


Es gibt keine Direktflüge, wir müssen zweimal umsteigen: 11:02 Cartagena – Bogota (Ankunft 12:32), 14:29 Bogota – Mexiko-Stadt (Ankunft 19:55), 21:30 Mexiko-Stadt – Veracruz (Ankunft 22:39).
Das Hotel liegt direkt an der Hafeneinfahrt.
Unsere Zeit in Südamerika neigt sich dem Ende. Wir haben uns bei unseren südamerikanischen Freunden in mehreren Sprachen bedankt:


„Liebe Freunde,
es wird nicht mehr lange dauern und wir werden Südamerika verlassen. Unser Fahrzeug steht bereits auf dem Hafengelände in Cartagena und wartet auf seine Abreise Richtung Veracruz, Mexiko.
Seit September 2015 sind wir jetzt schon unterwegs. Wir haben Südamerika in den gut 2 ½ Jahren liebgewonnen. Das liegt nicht zuletzt an den vielen tollen Menschen, denen wir begegnet sind und deren Gastfreundlichkeit wir genießen durften. Habt alle herzlichen Dank dafür.
Wir können gar nicht sagen, wo es uns am besten gefallen hat, denn jedes Land hatte seine Highlights.
Zweimal sind wir in dieser Zeit in Deutschland gewesen und haben unsere Familie und Freunde besucht.
Unsere Reise ist noch nicht zu Ende. Sie geht über Mittelamerika, den USA und Kanada weiter. Wir freuen uns auf neue Länder und neue Begegnungen.
Lieben Dank an alle, die uns den Aufenthalt in Südamerika so angenehm gestaltet haben.
Wir bleiben in Kontakt.
Liebe Grüße
Gaby & Manfred“


Am nächsten Tag, Sonntag 15. Juli, lassen wir uns mit einem offenen Touristenbus durch die Stadt fahren. Die Fahrkarte gilt für zwei Tage, für genau 48 Stunden, es gibt 14 Haltestellen, an denen man jederzeit ein- und aussteigen kann. Die Busse verkehren im 45 Minuten-Takt. Darin enthalten sind ein mehrsprachiger Audioführer und eine einstündige Führung durch die Altstadt mit einem Besuch des Smaragd-Museums.
Wirklich alles gut gemacht und sehr zu empfehlen. Wir erfahren viel Interessantes über die Geschichte Cartagenas.


Am Montag, 16. Juli, erhalten wir eine Kopie des Bill of Landing und werden endlich unsere Geldbündel los, obwohl das Schiff den Hafen noch nicht verlassen hat?!
Um 14:22 Uhr wird die Höegh Maputo schließlich den Hafen Cartagena Richtung Veracruz verlassen.
Wir lassen uns vom Touristenbus wieder informieren und steigen schließlich an der Festung San Felipe de Barajas aus. Sie wurde 1585 nach dem Überfall durch Sir Francis Drake erbaut. Ein elf Kilometer langer Schutzwall und die riesige Wehranlage San Filipe sollte die neue Kolonialhafenstadt, in der viel Gold und Silber gelagert wurde, vor Angriffen von Piraten und Freibeutern schützen. Der gewaltige Bau wurde regelmäßig erweitert und verstärkt und wurde so zur größten spanischen Festung in Amerika. Im 18. Jahrhundert waren es schließlich 29 Forts, die Cartagena vor Überfällen schützten.
Ein Labyrinth von Tunneln sorgte dafür, dass die Soldaten jederzeit überall auftauchen konnten, und dass sich eventuelle Eindringlinge darin verirren würden. Die Festung schützte die Stadt jahrhundertelang vor Angriffen. Wäre man nicht nachlässig geworden, hätte man 1697 die Überfälle der beiden Franzosen Jean-Bernard Louis de Saint-Jean und Jean-Baptiste du Casse ebenso abwehren können, wie 1741 Admiral Blas de Lezo, der mit 3.000 Mann und 3 Schiffen 18.000 Engländern mit 186 Schiffen eine der schlimmsten Niederlagen ihrer Geschichte zufügte.
Zwei Stunden durchstreifen wir die Festungsanlage und lassen uns interessante Geschichten von unserem Audioführer erzählen.


Am nächsten Tag, am Dienstag 17. Juli, verabschieden wir uns von unserer liebgewonnenen Stadt. Herzlichen Dank an Luis und sein Team für eine tadellose Unterstützung.
Kurz vor Mitternacht erreichen wir nach zwei Zwischenstopps unser Hotel in Veracruz am Hafen. In Mexiko-Stadt konnten wir problemlos in Mexiko einreisen. Sechs Monate Aufenthalt wurden uns ohne Probleme am Zoll in unseren Migrationsdokumenten abgestempelt.
Am Donnerstag soll die Höegh Maputo unseren LKW in den Hafen bringen. Wir haben Kontakt zu unserem Agenten Victor Lau in Veracruz aufgenommen, dem wir am Donnerstag unseren ersten Besuch abstatten. Hier gehen Papierkrieg und Kontrollen von Neuem los.


Am Mittwoch 18. Juli erkunden wir nach einem reichhaltigen Frühstücksbuffet die moderne Hafenpromenade und die Altstadt und sind auch hier überrascht. Viele alte Gebäude in hervorragend restauriertem Zustand, ehemaliger Bahnhof, altes Postgebäude, die Kathedrale, das Rathaus, saubere Plätze mit alten, schattenspendenden Bäumen. Aber auch viele alte Gebäude, die leider verfallen.
Auch in Veracruz ist es heiß und schwül.


Am nächsten Tag, Donnerstag 19. Juli, holt uns Victor von unserem Hotel ab. Unsere französischen Leidensgenossen sind wieder mit von der Party.
Victor hat so gut wie alles vorbereitet. Er hat unsere Unterlagen per Mail von Luis aus Cartagena bekommen und sich sofort an die Arbeit gemacht. Eines der wichtigsten Dokumente für Mexiko ist die Bestätigung, ein Wohnmobil zu fahren, das nur zu diesem Zweck gebaut wurde, ein Pickup mit abnehmbarer Kabine hat da keine Chance.
Wir müssen entsprechende Bilder beilegen, die Schlafgelegenheit, Küche und Bad zeigen, natürlich auch belegen, dass das Fahrzeug ein Wohnmobil im mexikanischen Sinne ist, also keine abnehmbare Wohnkabine hat. Mit einer solchen Bestätigung darf man 10 Jahre in Mexiko aus- und einreisen, ohne muss man nach 6 Monaten das Land verlassen.


Das Bill of Landing muss von der Reederei unterzeichnet werden, die Importpapiere müssen zusammengestellt werden, alle Dokumente müssen schriftlich beantragt werden. Victor war fleißig, wir müssen nur noch unterschreiben, bestimmt ein halbes Dutzend Mal.


Für das Bill of Landing fahren wir in das Büro der Reederei. Da Victor hier aus- und eingeht, bekommt er die Stempel ohne viel Aufhebens. Mit den abgestempelten und unterschriebenen Dokumenten geht es zur Banjercito, der Nationalbank von Mexiko. Hier wird die befristete Fahrzeugimportgenehmigung beantragt und in der Regel für 6 Monate oder 10 Jahre genehmigt.


Die Dame hinter dem Schalter ist neu. Touristenfahrzeuge hat sie bisher noch nicht bearbeitet, dementsprechend zieht sich die Prozedur in die Länge. Sage und schreibe 2 ½ Stunden verbringen wir in der Bank, die mittlerweile schon geschlossen wird, während wir noch auf unsere Genehmigung warten. Allein das Bezahlen dauert ein halbe Stunde, weil andere Sachbearbeiterinnen mit ihrem System kämpfen, das unsere deutschen Pass„nummern“ (C7ZKH…) nicht verstehen will.
Um 16:15 Uhr halten wir alle unsere Fahrzeugimportgenehmigung für 10 Jahre in der Hand.
Ein Teil der Genehmigung muss innen auf der Windschutzscheibe befestigt werden, so dass Verkehrsbrücken das Fahrzeug identifizieren können.
Der erste, aber wichtigste Schritt ist getan, wir haben die Erlaubnis für die Einfuhr des Fahrzeuges und das für 10 Jahre.


Morgen, Freitag 20. Juli, soll die Inspektion sein. Wenn der Termin feststeht, schreibt Victor eine Mail. Am Freitagmorgen um 8:53 Uhr „Inspektion um 11:30“. Um 9:12 Uhr „Der Zoll hat gerade 4 Uhr heute Nachmittag bestätigt, ich hole Euch um 3:45 ab.“
Um ¼ vor 4 steht Victor bereit. Wir fahren zum Hafen. Pass vorzeigen, Passierschein unterschreiben, Passierkarte umhängen, Röntgenkontrolle – wie in Cartagena, dann ab zum Fahrzeug.
Breite mehrspurige Straßen, Kreisverkehre … dann sehe ich unseren LKW von weitem – er ist tatsächlich angekommen …
Ein Schlagbaum wird geöffnet, wir dürfen auf den Vorplatz einfahren. Hinter einem Zaun stehen Dutzende Fahrzeuge unter anderem auch unsere drei.


Wir müssen unsere Uhren ausziehen, damit wir die parkenden Fahrzeuge nicht verkratzen!!


Ein Beamter kommt auf mich zu und bittet mich, mein Fahrzeug neben die beiden anderen zu stellen, sie hätten es nicht geschafft den Wagen zu starten. Nanu? Ist vielleicht was kaputt gegangen?


Wir gehen durch die Pforte hinten zu unseren Fahrzeugen. Rein äußerlich alles unversehrt. Ich öffne die Fahrertür und setze mich ans Steuer. Ein Beamter steht neben mir. Ich schaue mir an, was passiert, als ich den Zündschlüssel einstecke, die Armaturenlampen gehen an. Dann sehe ich das Problem, ein Gang ist eingelegt. Ich kupple aus, betätige den Startknopf und schon startet der Motor.

 

Der Beamte draußen schaut mich verwundert an. Ich sage, dass hier Informationen ausliegen, in denen steht, wie das Fahrzeug gestartet wird. Diese lagen auf dem Beifahrersitz und auf dem Boden, sie hatten sie übersehen …


Nach 10 Minuten ist der LKW fahrbereit, ich setze ihn neben die beiden anderen Wohnmobile.
Wir verlassen wieder den Innenraum und warten draußen auf dem Vorplatz auf die Drogenkontrolle.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, nach gut 40 Minuten, kommen 2 Zollbeamte in Zivil angefahren.

 

Sie gehen mit uns zu den Fahrzeugen. Diesmal muss nicht alles ausgeräumt werden, aber alle Stauräume müssen geöffnet und mehrere Teile ausgeladen werden. Es wird wieder alles fotografiert. Auch im Innenraum werden alle Fächer und Klappen geöffnet und Teile ausgeräumt und fotografiert. Die beiden Boxen auf dem Dach müssen ebenfalls geöffnet werden. Der Beamte begleitet mich und fotografiert die Inhalte. Dann heißt es auf den Drogenhund warten.

 

Nach einer viertel Stunde erscheint ein weiterer Zollbeamter mit einem deutschen Schäferhund. Der Schäferhund schnüffelt an den ausgeladenen Gegenständen und an den geöffneten Klappen. Alles wird wieder fotografiert. Dann geht es ins Wageninnere über Tisch und Bänke und Bett. Ohne anzuschlagen verlässt der Hund schließlich alle Fahrzeuge. Die Drogenkontrolle ist zu Ende. Alles wieder einpacken und ab nach Hause ins Hotel. Es ist mittlerweile 19 Uhr.


Um 20:00 will Victor mit dem Zoll sprechen und erfahren, ob wir am Samstag, d.h. schon morgen, unsere Fahrzeuge aus dem Hafengelände abholen können. Alle Bilder werden übrigens zur Zollbehörde nach Mexiko-Stadt geschickt. Dort wird dann in der Regel grünes Licht für die Hafenausfahrt gegeben.
Um 20:13 Uhr erfahren wir von Victor, dass wir bis Montag warten müssen.

Am Montagmorgen, 23. Juli, 8:25 Uhr eine E-Mail: „Zoll erteilt Genehmigung für 1 Uhr heute Nachmittag. Bitte seid rechtzeitig am Büro.“
11:10 Uhr eine weitere Mail: „Ich habe gerade einen Anruf vom Zoll bekommen, sie bitten uns, alle Lebensmittel und Getränke aus den Fahrzeugen zu entfernen, damit sie uns die Erlaubnis geben können.“


Ich fahre mit dem Taxi zu Victors Büro. Wir fahren gemeinsam zum Hafen. Das, was an Lebensmitteln fotografiert wurde, muss vernichtet werden: Reis, Nudeln, Mehl, Tee, Kaffee, Gewürze, Nüsse, Öle, Milch einfach alles.

 

Von dieser Aktion werden wieder Bilder gemacht und nach Mexiko-Stadt geschickt. Dort wird dann über die Ausfahrtserlaubnis entschieden. Victor ist geschockt, so etwas hat er noch nie erlebt. Er sagt, „wir haben keine Chance, das muss alles raus. Seit kurzem gibt es eine neue Regierung und die Gesetze, Regeln werden anders ausgelegt. Man will keine Fehler machen, schießt aber hin und wieder über das Ziel hinaus, wie hier in diesem Fall.“


Zähneknirschend landet alles ausgeschüttet in einer großen Plastiktüte. Fotos beweisen, was vernichtet wurde, die leeren Gefäße werden ebenfalls abgelichtet.
Nach 15 Minuten sind mindestens 150 Euro auf dem Müll gelandet. Wir verabschieden uns artig und verlassen den Hafen. Wir warten auf ein Signal aus Mexiko-Stadt.


Ich fahre zurück ins Hotel. Um 13:30 Uhr sind wir alle gestärkt und sitzen wieder vereint in Victors Büro. Er hat einen Anruf bekommen, dass die Genehmigung für die Ausfahrt erteilt wurde. Er fährt zum Zoll, um die Genehmigung zu holen. Es vergehen Minuten und Stunden. Dann erfahren wir, wenn wir um 18 Uhr nicht unser Auto aus dem Zollbereich geholt haben, können wir erst morgen rausfahren …


Um 17:10 Uhr, also nach fast 4 Stunden setzen wir uns gemeinsam Richtung Hafen in Bewegung. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Im Nu sind wir wieder auf dem Vorplatz. Dann heißt es aber, wir müssen auf Fahrer warten, denn wir dürfen die Fahrzeuge nicht aus dem Zollbereich herausfahren …


Kurze Zeit später taucht ein Fahrer auf. Er sieht mein Fahrzeug und winkt ab. Eine kurze Diskussion und der Zoll entscheidet, wir dürfen unsere Fahrzeuge selber aus dem Zollbereich befreien.
Überglücklich starten wir unsere Fahrzeuge. Punkt 17:50 Uhr verlassen wir den Zollbereich und reihen uns in die lange Schlage der LKWs, die den Hafen verlassen wollen.


Um 19:35 Uhr stehe ich an der Hafenpforte. Die Papiere werden kontrolliert … es dauert … ganze 8 Minuten, dann schaltet die Ampel auf Grün und die Schranke geht auf …  Geschafft!


Auch hier gilt es danke zu sagen an Victor und seine Mannschaft für die professionelle Unterstützung.


Wir dürfen unser Auto direkt vor dem Hotel abstellen.
Am nächsten Tag fahren wir einkaufen und auf den nächsten Campingplatz direkt am Golf von Mexiko, in der Nähe von Anton Lizardo.
Das Fahrzeug am Donnerstag 12. Juli in den Hafen von Cartagena gefahren und am Montag 23. Juli im Hafen von Veracruz abgeholt. Die eigentliche Überfahrt hat nur gut 3 ½ Tage gedauert …
4 Tage Papierkram und Warten in Cartagena und 4 Tage Papierkram und Warten in Veracruz.
Unter dem Strich sind wir aber alle zufrieden, dass unsere Fahrzeuge die Schiffspassage ohne Schaden überstanden haben.


Etwas hätten wir fast vergessen. Am vorletzten Tag in Kolumbien am 10. Juli gab unser Ladegerät den Geist auf. D.h. wir können nicht mehr mit 110 Volt Landstrom laden. Wir standen 3 Tage im Schatten auf einem Hotelplatz in Cartagena, als plötzlich die Klimaanlage wegen zu geringem Batteriestrom ausfiel. Grund war, dass das Ladegerät seit 3 Stunden nicht mehr geladen und die Klimaanlage die Batterie leer gesogen hatte.
Die Experten in Deutschland bescheinigen dem Gerät: „Der Lader ist ziemlich sicher defekt. Sie brauchen einen neuen.“
Wir bestellen am Freitag 27. Juli, das Nachfolgegerät. Am Montag erhalten wir die Versandbestätigung: „Folgende Sendung hat soeben unser Haus verlassen.“
Am Donnerstag wird das Ladegerät an unsere Hoteladresse ausgeliefert. Am Nachmittag kann ich es einbauen. Die Batterien können wieder über 100 Volt Landstrom geladen werden. Die Klimaanlage läuft jetzt auch im Stand wieder.
Vielen Dank an die Firma philippi, für ihre unkomplizierte und entgegenkommende Hilfe.