Januar 2017

 

Die vier Monate sind schneller als erwartet verflogen. Verwandte und Freunde besucht … Besuche, Besuche und nochmals Besuche.  …

 

Wir sind wieder unterwegs.  Im Paraiso Suizo in Uruguay, östlich von Montevideo,  finden wir unser Fahrzeug natürlich fahrbereit und sogar frisch geputzt wieder.

 

Wir verlassen diesen tollen Platz und setzen unsere Reise in nordwestlicher Richtung fort. Wir geraten in ein Gewitter mit heftigem Regen und suchen bei der Estancia Finca Piedra Schutz. Man heißt uns willkommen und weist uns einen Stellplatz zu. Wir genießen am nächsten Mittag ein zünftiges Grillessen mit am offenen Kamin herrlich zubereitetem Fleisch.

Doch anschließend  werden wir gebeten zu zahlen und die Estancia zu verlassen, weil wir mit unserem großen Auto nicht die Gäste sind, die sie normalerweise zu beherbergen pflegen … weil gestern schlechtes Wetter war, hat man uns aufgenommen …

 

Wir finden in der Nähe von Paysandu durch Zufall eine Estancia, die, 13 km von der Hauptstraße entfernt, mitten im Grünen liegt. Auf der Estancia La Paz werden wir von Serafino herzlich empfangen und direkt gefragt, wie lange wir denn bleiben wollen. Hier sind auch Gäste wie wir wirklich willkommen …
Am nächsten Morgen wage ich mich dann doch zum ersten Mal auf einen Pferderücken. Gaby und ich sitzen auf. Unser Begleiter Gaucho Oscar reitet mit uns über Wiesen und Soja- und Pekanuss- Felder, vorbei an Rinderherden und Wasserlöchern – eine ganz neue Erfahrung, die Natur auf dem Rücken eines Pferdes zu genießen.

Fast 1 ½ Stunden hat das Pferd mich er/ge-tragen, ohne jeden Zwischenfall. Ich würde es jederzeit wieder tun …
Wir genießen die Zeit auf der Estancia am Pool und mit Spaziergängen.

 

In Dayman besuchen wir die heißesten Quellen von Uruguay. Eine schön angelegte Wasserlandschaft mit unterschiedlich heißen Becken. Die Erfrischung in dem teilweise bis 39 Grad warmen Wasser hält sich bei 35 Grad Außentemperatur in Grenzen, aber es gibt genügend schattige Plätze und wir faulenzen einen ganzen Tag.

 

Februar 2017


Wir verlassen Uruguay. Das Naturschutzgebiet Esteros del Iberá in Argentinien ist unser nächstes Ziel. Das Sumpfgebiet Iberá ist das zweitgrößte der Welt nach dem Pantanal in Brasilien.

 

Doch zuvor machen wir noch einen kurzen Abstecher nach Brasilien um Diesel zu tanken, der hier 42 Cent pro Liter billiger ist als in Uruguay – bei 500 Litern lohnt sich das wirklich.

 

Die Grenzübergänge Uruguay – Brasilien und Brasilien – Argentinien sind schnell passiert, das Auto können wir problemlos exportieren und wieder importieren. Keiner interessiert sich für unser Auto, d.h. der übliche, neugierige Blick ins Wageninnere entfällt – es ist zu warm …

 

In Mercedes, das Tor zum Sumpfgebiet Iberá, finden wir den Hinweis auf die Steingruppe Piedra Ita Pucu. Die wollen wir uns ansehen. Doch leider ist der einzige Weg (unica entrada) dorthin verschlossen; hier hat man schon lange keinen mehr durchgelassen.
Wir fahren zur gleichnamigen Estancia. Dort treffen wir auf Mutter und Tochter. Die Tochter steigt kurzerhand zu uns ins Auto und führt uns durch die Wiesen über Stock und Stein zu den rund 2 km entfernten Felsen. Weit und breit nur Wiesen und Felder und dann wie dahingestellt diese Steinformation. Beeindruckend.

 

Auf nach Iberá, 115 km Piste liegen vor uns. Wasserschweine und Hirsche begleiten uns. 5 Stunden später treffen wir bei der Lagune in Carlos Pellegrini ein. Eine Brücke führt uns über die Lagune in das Dorf. Carlos Pellegrini ist schachbrettartig durch Erdstraßen in Quadrate eingeteilt. Die Häuser, alle ebenerdig,  liegen versteckt hinter oder unter Bäumen. Wenn man in einer Straße steht, sieht man meist kein Haus sondern nur eine von Bäumen oder Sträuchern gesäumte Erdstraße. Kleine Geschäfte, nicht als solche zu erkennen, können erst durch Nachfragen gefunden werden.

 

Der Ranger – wir sind hier in einem Naturschutzgebiet – schlägt uns vor, die Einbuchtung vor der Stahlbrücke mitten in der Lagune als Stellplatz zu nutzen. Das lassen wir uns nicht zwei Mal sagen. Und schon ist dieser schöne Ort unser Platz. Herrlich kühl ist es hier auf dem Wasser; die wenigen Mücken werden von unseren Mückengittern ferngehalten.
Doch etwas trübt unseren Traumplatz. Die Stahlbrücke ist mit Holzplanken belegt und macht einen Höllenlärm, wenn ein Fahrzeug die Brücke überquert. In der Nacht werden wir mehrfach durch Fahrzeuge geweckt.

 

Am nächsten Morgen suchen wir deshalb den Campingplatz auf. Aber unser LKW passt von der Höhe her nicht durch das Tor. Der Platzwart schlägt uns einen Platz vor dem Eingangstor vor. Da der Campingplatz am Ende einer Sackgasse liegt, lassen wir uns auf seinen Vorschlag ein, zumal der Platz herrlich direkt an der Lagune liegt.

 

Wir bleiben 4 Nächte und genießen die Lagune, die Tiere, die Vögel, die Stille, die Sonnenuntergänge und das interessante Dorf.

 

Insbesondere im Grenzgebiet Argentinien – Paraguay sind von 1587 bis 1767 Jesuitensiedlungen entstanden, die zum Ziel hatten, die indigene Bevölkerung zu missionieren und nicht brutal zu unterwerfen oder auszurotten. Zur Blütezeit konnten durch die Jesuiten in 30 Siedlungen am Parana mehr als 150000 Guarani angesiedelt werden.
In 150 Jahren wurden mehr als 700000 Guarani getauft. Die Guarani betrieben Ackerbau und Viehzucht und wurden in Werkstätten in unterschiedlichen Handwerken unterwiesen. Sie beteiligten sich am Bau der Siedlungen und der kunstvoll verzierten Kirchen. In dieser Zeit entwickelte sich der Guarani-Barock, spanischer Barock mit indigenen Motiven.
Leider wurden die Jesuiten 1767 vertrieben, den Spaniern waren die Jesuiten zu mächtig geworden.
Der größte Teil der Siedlungen wurde zerstört. Ruinen und zum Teil rekonstruierte Gebäude lassen die Leistung der Jesuiten und ihrer missionierten Ureinwohner jedoch erahnen. Einige von ihnen sind zu Weltkulturerben ernannt worden.

 

Wir besuchen 3 Ruinensiedlungen in Argentinien und 3 in Paraguay. Alle Siedlungen sind nach gleichem Muster aufgebaut. Im Zentrum gibt es einen riesigen Platz an dessen Stirnseite eine gewaltige Kathedrale steht. Der Platz war eingesäumt von den Siedlungshäusern der Guarani. Mehr als 5000 Guarani konnten hier leben. Es gab einen Verwaltungstrakt, eine Bibliothek und ein Schulgebäude, einen großen Garten, einen Friedhof und einen Hof, um den herum sich die Werkstätten befanden.

 

In Argentinien liegen die Ruinen der Jesuitenmissionen Santa Ana und Loreto mitten im Urwald. Eine eigenartige Stimmung kommt auf, wenn man durch die Ruinen schlendert und versucht sich vorzustellen, wie es hier vor 400 Jahren ausgesehen hat.
In San Ignacio Mini sind einige Gebäudeteile rekonstruiert worden, so dass deren Größe leichter vorstellbar wird. Hier bewundern wir auch viele wundervolle Guarani-Barock-Elemente.

 

In Paraguay im kleinen Dorf Trinidad liegt die besterhaltene Jesuitenmission. Diese Ruinen stellen alles bisher Gesehene in den Schatten. Erst recht als wir abends eine atmosphärische Lichtshow mit Musik und Gesängen genießen können. 
Wir sind beeindruckt von der Idee und der Leistung der Jesuiten und traurig, dass dieses Vorhaben nach 150 Jahren wieder zerstört wurde, die Idee aber nie mehr richtig aufgegriffen wurde.

 

In Jesus de Tavarangüe sehen wir gut erhaltene Ruinen und zum Teil rekonstruierte Gebäude.

 

In San Cosme y Damián finden wir eine fast vollständig rekonstruierte Jesuitenmission vor. Der größte Teil der Kathedrale wird heute wieder genutzt, ebenso einige Klassenräume z.B. zur Vorbereitung auf die Kommunion. Hier in San Cosme und Damián war auch der Standort eines astronomischen Observatoriums.

 

Nach so vielen Besichtigungen und so viel Geschichte und Kultur haben wir uns eine Erholung verdient. Wir machen Rast auf dem Hasta la Pasta Gelände von Marion und René, in der Nähe von Altos. Ein Traumplatz voller schattiger Plätze, einem blitzsauberen Swimmingpool, ebenso sauberen sanitären Anlagen, einer Hühnerfarm mit 50 freilaufenden Hühnern und das Beste, eigene Nudeln und eine hervorragende Küche. Wir genießen das Essen, die Ruhe, die familiäre Atmosphäre, die drei  „S“ (sicher, sauber, schweizer Standard). Gaby bekommt aufgrund ihrer ausgezeichneten Mitarbeit bei der Nudelproduktion eine Urkunde, die sie als Pasta-Spezialistin betitelt.
Nach 6 entspannten Tagen sagen wir Danke und Adios und machen uns auf in den Chaco Paraguays.

 

Der Chaco ist eine riesige Ebene, die mehr als 60% der Fläche Paraguays umfasst, in der aber nur 3% der Bevölkerung leben. Die grüne Hölle besteht im Süden aus überschwemmten Savannen und im Norden aus dornigen Buschwäldern.
Im zentralen Chaco gibt es drei Kolonien von Mennoniten, die in drei Auswanderungswellen den Chaco besiedelt und kultiviert haben. 1927 wurde Menno mit dem Hauptort Loma Plata gegründet, 1930 Fernheim mit Filadelfia und 1947 Neuland mit Neu-Halbstadt.
Als Mennoniten bezeichnet man eine freie evangelische Glaubensgemeinschaft,  deren Grundprinzipien die Erwachsenentaufe, die Selbstverwaltung, die Ablehnung der Waffengewalt und des Schwureides sowie die Trennung von Kirche und Staat sind. Die Glaubensgemeinschaft entstand im 16. Jahrhundert zur Zeit der Reformation.
Die Mennoniten wurden immer wieder verfolgt und wanderten/flohen von der Schweiz über Holland und Preußen in die Ukraine und Sibirien bis sie schließlich über Kanada oder direkt aus Russland nach Paraguay kamen.
Der damals noch unerschlossene, wilde Chaco bot Siedlungsland, in einer von der Welt abgelegenen Gegend, und die paraguayische Regierung bot den Siedlern eine Heimat in der sie ihren Prinzipien gemäß leben konnten.
Heute leben im zentralen Chaco rund 15.000 Deutsch sprechende Mennoniten, 4.000 Spanisch und Guarani sprechende Paraguayer und 28.000 Menschen indigener Stämme mit neun verschiedenen Ethnien.
Die einzelnen Kolonien sind in eigenen Kooperativen organisiert, die sich um Viehzucht, Agrarwirtschaft, Milchproduktion und Handel kümmern.
Die Kolonien leisten finanzielle Unterstützung für die ASCIM (Asociacion de Servicios de Cooperacion Indigena Mennonita). Die ASCIM bietet Beratung und Unterstützung für die indigene Bevölkerung bezüglich Landbeschaffung, landwirtschaftlicher Produktion, Gesundheit und Schulung.

 

Die Dörfer, die zwischen 25 und 45 Kilometer auseinanderliegen sind durch Erdstraßen miteinander verbunden. In jedem der Dörfer gibt es Museen, die die Geschichte der jeweiligen Mennonitenkolonie eindrucksvoll beschreiben, wie unter welchen Strapazen dieses unwirtliche Land zum Teil unter Mithilfe der Ureinwohner kultiviert werden konnte.

 

In jedem der Dörfer werden wir freundlich in deutscher Sprache empfangen und man erklärt uns bereitwillig die Historie und beantwortet ausführlich und mit Interesse unsere vielen Fragen.
Ordnung und Sauberkeit lassen die deutschen Wurzeln nicht verleugnen.

 

März 2017

 

Wir fahren mitten in die Wildnis zur Estancia Loninga und tauchen 3 Tage in die Einsamkeit von Viehzüchtern ein. Barbara und Hans aus der Schweiz leben schon mehr als 20 Jahre in Paraguay und lieben ihren Beruf.  Sie zeigen uns ihr fast 500 ha großes Gelände, das sie mit nur einem Angestellten selbst bewirtschaften, und auf dem 450 Rinder für die Fleischproduktion gezüchtet und gehalten werden. Sie reiten fast täglich ihre Herden ab und schauen nach dem Rechten. Wir lernen viel über Viehzucht, Wassergewinnung und Bewässerung. Hier draußen ist jeder für sein Wasser selbst verantwortlich, das aus Regen- und Brunnenwasser besteht.
Hier gibt es reines Bio-Fleisch, das zu großen Teilen nach Russland exportiert wird.
Wir dürfen das Fleisch genießen, ebenso einen zünftigen Gemüseeintopf, beides natürlich draußen über Feuer oder Holzkohle zubereitet. Für das traditionelle kalte Mate Tee Getränk Tereré nehmen die beiden sich immer Zeit. Wir sitzen in lockerer Runde und diskutieren über Viehzucht und über Gott und die Welt.

 

Nach dieser eindrucksvollen und liebenswerten Begegnung suchen wir die Laguna Capitan auf, an der es viele Arten von Wasservögeln zu beobachten gibt.

 

Leider fängt es an zu regnen. Die Straße ist eine Lehmpiste, die schnell zur Schmierseifenbahn wird. Wir kriechen mit Allrad dahin. Und schon passiert es, die Straße ist nur leicht nach rechts geneigt, aber unser LKW, 10 t schwer, rutscht allmählich von der Piste. Trotz Allrad finden wir uns rechts von der Straße im Buschwerk im wasserdurchweichten Lehm wieder. Das Profil ist voller Lehm und greift nicht mehr. Wir sind manövrierunfähig.

Nach einer knappen Viertelstunde das erste und einzige Auto. Der Fahrer eines großen Toyota Landcruisers mit grobstolligen Reifen bietet seine Hilfe an. Er rutscht zwar auch von einer Straßenseite zur anderen, aber seine Reifen greifen hin und wieder. Gesagt, getan. Der Landcruiser wird vor unser Auto gebunden … der Fahrer gibt Gas … der Toyota tanzt hin und her … doch mit unserer Allrad-Unterstützung gelingt es, unseren LKW in die Straßenmitte zu bewegen.

Der Fahrer reicht uns seine Visitenkarte – ein Restaurant in unserem Zielort, leider noch gut 50 km aufgeweichte Lehmpiste entfernt. Aber wir wissen schon jetzt, wo wir am Abend essen werden.

Wir kriechen mit unserem LKW immer in Straßenmitte weiter. Es kommt uns kein Fahrzeug entgegen und überholt werden wir auch nicht. Es fühlt sich an … immer noch wie auf Schmierseife. Nach drei endlosen Stunden sind die 50 km geschafft, und wir haben endlich wieder festen Boden unter den Reifen.
Hier in Neuland suchen wir das Restaurant unseres „Retters“ auf, aber es ist geschlossen … Ruhetag.

Am nächsten Morgen werden wir vom Chef des Hotels Boqueron Hans Werner durch Neuland geführt. Er zeigt uns das Museum und alle städtischen Einrichtungen - Krankenhaus, Kirche, Friedhof, die Schulen und auch die Siedlung der Ureinwohner. Dabei erfahren wir viel über Geschichte und Hintergründe insbesondere wie schwer es ist, Nomaden an ein sesshaftes Leben heranzuführen. Sie werden nicht gezwungen, sondern sie wollen, sie wissen aber nicht wie. Ein Haus ist kein Zelt, Wohlstandsmüll ist kein biologischer Abfall und regelmäßiges Lernen ist genauso schwer, wie der richtige Umgang mit Geld.
Am Mittag kommen wir endlich zu unserem Essen im Restaurant unseres „Retters“… Büffet. Wir wählen bunten Salat, Nudeln, buntes Gemüse und Hähnchen Brust, dazu Ananassaft und Melonensaft. Und zum Nachtisch gibt es Kaffee/Tee und eine Erdbeer-Biskuitrolle, alles super lecker!
Jetzt aber auf zur Laguna Capitan, zu
den Schwärmen von Störchen und Reihern.

Die Lehmpiste dorthin ist gottseidank wieder angetrocknet und gut befahrbar, nur riesige Schlaglöcher müssen durchfahren oder im Zickzack umfahren werden.
Wir nähern uns der Lagune, in der Ferne sehen wir schon große Wasservögel. Wir kommen an einem Rinderzuchtbetrieb vorbei. Wir sehen einen großen Zuchtbullen, eng aneinander gepferchte kleine schwarz-weiße Kälbchen, viele junge Rinder und große Stallungen. Alles sieht professionell und fabrikmäßig aus.

Kurz darauf erreichen wir die Einfahrt zu einem wunderschön gepflegten Park. Wir sind die einzigen Gäste. Erst am Wochenende, so erklärt uns Willi der Verwalter, kommt eine größere Gruppe. Willi zeigt uns alles, was wir wissen müssen, und schon stehen wir unter schattigen Bäumen. Die Klimaanlage kümmert sich um die 35 Grad in der Kabine.

Wir duschen in den super sauberen Duschen und essen zu Abend. Draußen sind es immer noch 33 Grad und es herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit, wir lassen die Fenster zu und die Klimaanlage an.

Am nächsten Morgen entdeckt Gaby eine dicke Zecke hinten an ihrem Oberschenkel. Ich probiere sie unter Schwierigkeiten rauszuziehen. Die Zecke ist zwar bald getötet, aber ein Teil von ihr steckt noch drinnen. Willi beruhigt uns, „die haben wir oft hier“.

Sicher ist sicher. Nach dem Frühstück packen wir zusammen und fahren zum Krankenhaus nach Loma Plata. Auf die Unfallambulanz, schaut sich ein einheimischer (indigener) Doktor den Zeckenbiss an. Ein Dolmetscher übersetzt. „Ist halb so schlimm, wir benötigen ein Antibiotikum, Jod zum Reinigen und ein Mittel gegen evtl. Schmerzen.“ Sie tupfen mit Jod, lassen aber den Rest der Zecke stecken.

Ein Pfleger fragt uns, ob er uns das Krankenhaus zeigen darf. Wir willigen ein. Die Mennoniten sind sehr stolz auf das, was sie geschaffen haben. Ein modernes Krankenhaus auf dem neuesten Stand der Technik. Alles super sauber, freundlich und geschmackvoll eingerichtet. Der größte Teil der mehr als 40 Ärzte hat in Deutschland studiert. Der ältere Trakt des Krankenhauses wurde vor 40 Jahren errichtet, der neuere vor 10 Jahren dazu gebaut.

Vielen Dank für die Führung!

Wir genießen die Ruhe an der Lagune, die Temperaturen und die Schwüle lassen uns oft im klimatisierten Fahrzeug sitzen. Bei recht gutem Internet, ist das eine willkommene und gute Möglichkeit unsere Internetseite zu aktualisieren.

Nach zwei Tagen machen wir uns auf den Weg nach Rosaleda. Wir wollen mitten im tiefen Chaco eine Kolonie besuchen, die vor rund 20 Jahren von Schweizer Auswandern gegründet wurde. Anfangs wohnten etwa 80 Personen in Rosaleda, es gab auch eine Schule mit einem Schweizer Lehrer. Man wollte Selbstversorger werden und sich dadurch weiterentwickeln. Leider hat das raue, heiße und menschenfeindliche Klima viele wieder abwandern lassen.

Wir treffen Renato, der erst Ende 2015 aus der Schweiz hierhergekommen ist. Er hat ein großes Anwesen gekauft und will das etwas heruntergekommene Hotel auf dem Nachbargrundstück wieder vollständig sanieren. Vielleicht gibt das wieder neuen Aufschwung. Wir dürfen drei Tage auf seiner Ranch campieren. Er selbst erweist sich als zuvorkommender Gastgeber, der auch zu kochen versteht und uns herrlich verwöhnt. Wir wünschen ihm viel Erfolg, dass sich seine Träume erfüllen und Rosaleda wieder richtig erwacht.

Wir fahren noch weiter in den Norden des Gran Chaco, in den Parque Nacional Teniente Agripino Enciso. Doch zuvor müssen wieder 170 km Straßenmix bezwungen werden … schlammige Piste, trockene Piste, Teerstraße, neue hervorragende Teerstraße, alte mit tiefen Schlaglöchern und großen Sandflächen übersäte Teerstraße und übelste Piste … leider sind die schlechten Abschnitte in der Überzahl. Aber wir haben ja ein robustes Fahrzeug und bezwingen schließlich alle Herausforderungen.

Mitten im Nichts wurde 1980 hier der Nationalpark ausgewiesen. Er ist eine Ökoregion mit Landschaften, die typisch sind für den trockenen Chaco. Er hat eine Fläche von rd. 40.000 ha. Da es sehr trocken ist, findet man hier eine Vegetation aus dornigen und nahezu undurchdringlichen Buchwäldern, mit Kakteen und Quebracho-Bäumen, die es nur im Inneren Südamerikas gibt. Der Quebracho ist ein Hartholzbaum; interessant ist die Herleitung seines Namens: quebrar = brechen, hacha = Axt.

Die Landschaft des Nationalparks ist in Gefahr, weil die Viehproduktion immer mehr Flächen benötigt und der Jojobastrauch für die steigenden Ansprüche der Kosmetikindustrie ohne Nachhaltigkeit angebaut wird.
Wir dürfen kostenlos übernachten, Dusche und WC überzeugen uns nicht so sehr, wir nutzen unser eigenes Badezimmer.

Am nächsten Morgen führt uns einer der Ranger eine Stunde lang durch das Dickicht. Er erklärt uns Pflanzen und Bäume. Wir gehen auf dem Grenzpfad, wo sich 1932/33 Paraguay und Bolivien im Chaco-Krieg gegenüberstanden, viele Schützengräben und Höhlenverstecke sind noch zu sehen.
Wir folgen großen Tapir Spuren, sehen eine schwarz gelb gestreifte Schmetterlingsraupe und riesige Kakteen Büsche, aber Tiere bekommen wir nicht zu sehen.

Wir verabschieden uns artig und fahren Richtung bolivianische Grenze. Nach genau einem Monat verlassen wir Paraguay wieder. Highlights waren sicherlich die Jesuitenmissionen, der Chaco, insbesondere die Mennoniten Siedlungen und die Schweizer Emigranten von Hasta la Pasta, der Estancia Loninga und von Rosaleda. Die Paraguayer, mit denen wir Kontakt hatten, waren freundlich und hilfsbereit.

Am Zoll geht zunächst alles sehr zügig, Ausreisestempel, LKW exportieren - sprich Zollpapiere abgeben - Einreisestempel Bolivien – es ist 15:30 Uhr in Paraguay, in Bolivien erst 14:30 Uhr und der Zollbeamte noch in Mittagspause. Nach seiner Rückkehr, werden zuerst die wartenden LKW bedient, um 16:00 Uhr sind wir endlich an der Reihe. Nach einer neugierigen, aber nicht zu intensiven Inspektion unseres Wageninnern, können wir endlich um 16:20 Uhr in Bolivien einreisen.

Kurze Zeit später ein Militärposten. Die Importpapiere des Fahrzeugs werden kontrolliert, die Passdaten werden notiert ebenso das Nummernschild. Wir dürfen weiter.
Bis zur nächsten Polizeikontrolle … die Autopapiere werden kontrolliert, wir müssen umkehren und zum Office (zur Baracke) des Polizisten. Er stempelt unsere Pässe und will eine Spende, er spricht von Kollaboration, von freiwilliger Kollaboration. Wenn es ums Geld geht, verstehe ich nie etwas. Er versucht sein Bestes, aber ich verstehe ihn leider nicht… Er lässt uns weiterfahren.


Kurze Zeit später stehen wir an einer Mautstation, die natürlich nur bolivianisches Geld nimmt, was wir in Ermangelung einer Bank oder eines Geldautomaten noch nicht haben.
Ohne Bolivianos kein Durchkommen. „Wo kann ich den hier Geld bekommen?“ „Casa amarillo“, im gelben Haus hinten im Dorf kann man Geld wechseln. Wir kehren um und suchen das gelbe Haus. Ein normales Haus. Niemand zu sehen. Ich rufe „Hola, buenas tardes“. Da erscheint eine ältere Dame in Küchenschürze. 
„Puedo cambiar dinero aquí?“ (Kann ich hier Geld wechseln?) „Pero si Senor!“ (Aber ja mein Herr!)
Ich gebe ihr einen 50 Dollarschein. Ich bin skeptisch. Sie hält ihn gegen das Licht und verschwindet hinter einem Vorhang. Sie taucht wieder auf und reicht mir 340 Bolivianos...
Was für ein Kurs! Am Bankautomaten hätte ich 337 Bolivianos bekommen und vermutlich noch Gebühren bezahlt.
Zufrieden fahren wir zur Mautstelle und zahlen 2,68 Euro. Die Polizisten jenseits der Schranke erwarten uns schon. „Papiere bitte, Kabine öffnen.“
Sie schauen sich alles genau an und wollen ebenfalls eine Spende, sie sprechen auch wieder von Kollaboration. Leider verstehe ich sie nicht. Sie versuchen beide mir ihr Anliegen klar zu machen, aber ich es tut mir furchtbar leid, ich verstehe nichts …
Schließlich geben sie auf und lassen uns weiterfahren.
Mittlerweile ist es 17:50 Uhr. Noch 70 km bis zum nächst größeren Ort. Zum Glück gute Teerstraße … für 20 Minuten. Dann übelste Sand- und Schotterpiste mit riesigen Schlaglöchern. Es fängt an zu dämmern. Wir sollen und wollen doch nicht nachts fahren …

Es wird dunkel. Aber mit unseren 4 Strahlern haben wir alles mindestens 400 m vor uns voll im Blick.
18:48 Uhr wieder Teerstraße und um 19:30 stehen wir an einer Tankstelle in Villa Montes. Geschafft.

 

Gut geschlafen, trotz 24h Tankstelle. Wir wollen Bolivien und Argentinien nur durchfahren, um auf dem schnellsten Weg in die Atacama Wüste nach Chile zu kommen.
Knapp 100 km sind es bis zur argentinischen Grenze. Knapp 20 km vorher taucht ein Zollposten auf. Ich frage, ob man hier für Argentinien bereits ausstempeln müsse. Er winkt uns weiter, er meint, der Zoll komme noch. Wir erreichen den Grenzort Barrio Nuevo und folgen den Schildern „Argentinien“. Plötzlich fahren wir mitten durch einen Straßenmarkt. Die Straße wird immer enger. An einer kleinen Kreuzung frage ich einen Polizisten, der sich nicht wundert, dass wir mit unserem LKW mitten durch den Markt fahren, wo es denn nach Argentinien gehe. Er meint, „da vorne links.“ „Aber da stehen doch rote Pylone.“ „Ja, der Übergang ist ja auch gesperrt.“ „Wann wird er wieder geöffnet?“ „Er ist schon Wochen gesperrt, hier wird gestreikt.“
„Und wie komme ich nach Argentinien?“ „Über Bermejo.“ Da mischt sich ein deutschsprechender Bolivianer ein, „Sie müssen 20 km zurückfahren, bis zum Zollposten und dann links Richtung Bermejo abbiegen.“
Ach so, ich hatte am Zollposten gefragt und von dort hat man mich hierhergeschickt, um zu erfahren, dass der Übergang gesperrt ist… Na super.

Also wenden und zurück durch den Markt… Na nochmal super.
Gut eine Stunde später biegen wir am Zollhaus Richtung Bermejo ab. Auf unserem Navi erfahre ich, dass Bermejo 200 km entfernt ist. Na su….
Es geht in die Berge, in den Parque Nacional Tariquia. 15 Bolivianos (2,04 Euro) Parkeintrittsgebühren bezahlt und auf nach Bermejo. „Wie lange fährt man bis da?“ „Gut zwei Stunden mit einem PKW.“
Wir sind mit unserem LKW unterwegs, also vier Stunden.


Schon bald finden wir uns auf einer Schotterpiste wieder. Die Piste wird enger. LKWs kommen uns entgegen. Es geht in Serpentinen bergauf und wieder bergab. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit fällt auf unter 20 km/h. Ach ja, Bermejo war 200 km und vier Stunden entfernt!?
Wir durchfahren immer wieder kleine Bäche, Brücken gibt es hier keine. Wir passieren kleine Ansiedlungen oder einzelne, kleine, ärmliche Häuser / Verschläge.
Vier Stunden später stehen wir vor dem Schlagbaum einer Polizeikontrolle. Nichts rührt sich. Ich gehe in das Gebäude. Dort breitet der Polizist den Bußgeldkatalog aus: Fehlender Verbandskasten, 15 Euro! „Moment, ich habe einen Verbandskasten.“ Der Polizist begleitet mich nach draußen. „Hier ist der Verbandskasten.“

Wir sind wieder innen. Fehlendes Warndreieck, fehlender Feuerlöscher, fehlende Unterlegkeile jeweils 15 Euro. „Moment mal, ich habe alles dabei.“ Draußen zeige ich ihm das Gewünschte.
Dann spricht er – wieder in seinem Gebäude - von Spende und Kollaboration. Ich verstehe ihn leider nicht. Er öffnet seine Schreibtischschublade und zeigt auf die Geldscheine, die dort liegen. - Ja und, wie soll ich das verstehen? - Ich stelle mich dumm. Mit langer Miene geht er schließlich voraus, zieht die Schranke hoch und lässt uns fahren. Das Intermezzo hat uns 20 Minuten gekostet.


Gegen 17 Uhr – wir sind mittlerweile schon 6 ½ Stunden unterwegs und bis Bermejo sind es immer noch 105 km – erreichen wir Las Sidras, ein kleines Dörfchen mit Krankenstation. Das ist der erste Ort, der sich als Übernachtungsplatz eignen könnte. Wir fragen in der Krankenstation nach. Der freundliche Arzt / Pförtner bietet uns einen Platz direkt neben der Station an.
Hier gibt es drei Häuser, in zweien wird Ware angeboten. Hinter der Krankenstation gibt es weitere Häuser und sogar eine Schule. Wir kaufen frisches Brot und Kräcker.

 

In der Nacht Gewitter und Starkregen, wir stehen jetzt mitten im Morast, alles ist aufgeweicht.
Nach dem Frühstück hört es auf zu regnen. Schüler werden mit Bussen und PKWs zur Schule gebracht. So schlimm kann der Regen der Piste nicht zugesetzt haben. „Wie lange noch bis Bermejo?“ „Mit dem PKW zwei Stunden!“ – Das hatten wir vor 6 ½ Stunden Fahrt schon einmal …
Um 9:15 Uhr setzen wir uns in Bewegung, dank Allrad kommen wir gut aus dem Morast wieder auf die Piste. Alles steht voller Wasser, große Wasserfurchen durchziehen die Piste. Geröll ist stellenweise abgegangen. Ich muss einen größeren Stein aus dem Weg schaffen. Etliche Bachdurchquerungen haben wir schon gemeistert. An der nächsten Furt, die steil runter in den kleinen Bach und wieder steil hochgeht, bleiben wir hängen. Der LKW rutscht nach links von der Piste ab. Wir waren zu langsam.


Gut einen Kilometer zuvor sind wir durch einen kleinen Ort gekommen, in dem Baumaschinen zu sehen waren. Ich mache mich zu Fuß auf den Weg zurück. Ich finde den Baggerfahrer beim Mittagessen. Er hat gerade seinen Teller im wahrsten Sinne des Wortes vollgeschaufelt. Ich bitte ihn nach dem Essen, uns aus der misslichen Situation zu befreien. Also warten. Als ich zu unserem Fahrzeug zurückkomme, taucht nach kurzer Zeit ein LKW auf. Drei Männer springen auf die Straße, mit Schaufeln bewaffnet.


„Ist das ein 4 X 4? Der muss doch da rauskommen, die Achsen sind frei. Sollen wir fahren?“
„Moment meine Herren, ich hab’s eben versucht und es ging nicht, der LKW ist weiter nach links gerutscht! Ich kann’s ja noch mal versuchen.“ Ich steige ein, starte den Motor, gebe Gas und … unser LKW befreit sich von alleine.
Ich war gut eine Stunde zu Fuß unterwegs und in der Zwischenzeit ist der Dreck angetrocknet, das hat gereicht. Hände schütteln, abklatschen, gracias, adios.

 

Wir kommen durch ein grünes Tal. Doch wieder viele Bachdurchquerungen. Und dann ... eine neue, super breite Trasse, zwar noch nicht geteert aber hervorragend zu fahren. Es wird noch besser, um 15 Uhr sind wir wieder auf einer Teerstraße. Aber viel Geröll ist aufgrund des Starkregens abgegangen. Dicke Steine müssen umfahren werden, die Gräben links und rechts der Straße sind teils gar nicht mehr zu erkennen, alles zugeschüttet.

Kurz darauf hat die Zivilisation uns wieder. Es gibt sogar Straßenmarkierungen. Wir fahren durch Bermejo und sind nach 7 Stunden um 16.15 Uhr am Ziel / Zoll.

Wir fassen zusammen: 13 ½ Stunden unterwegs, 1 ½ Stunde steckengeblieben, macht 12 Stunden für 200 km. Von wegen zwei Stunden und nach 6 ½ Stunden Fahrt immer noch zwei Stunden.

Unser Auto wird sehr gründlich kontrolliert – eigentlich das erste Mal. Auch unsere Stauräume werden inspiziert. Am Ende werden unsere Reifen für 20 Pesos (1,19 Euro) desinfiziert. Um 17.45 Uhr öffnet sich die Schranke. In Argentinien ist es jetzt schon 18.45 Uhr.

Breite Straße, breite Rasenflächen und viele Menschen am Straßenrand. Wir fahren bis Oran und finden eine große, saubere Tankstelle. Schöner Platz, im Restaurant kaufen wir zwei warme Empanadas mit Hähnchenfleisch und einen Kaffee für insgesamt 50 Pesos (2,97 Euro) und checken das Internet.

Am nächsten Tag erreichen wir Purmamarca. Das durch den „Berg der sieben Farben“ bekannt gewordene Dorf im Norden von Argentinien, ist von Ureinwohnern geprägt und würde eher nach Bolivien passen. Im Laufe von mehr als 500 Millionen Jahren haben geologische Prozesse verschiedene Farbschichten entstehen lassen, die insbesondere bei Sonnenlicht eine unglaubliche Stimmung schaffen.


Hier in Purmamarca treffen wir auf zwei Gleichgesinnte, die auch mit einem Mercedes LKW unterwegs sind und deren Kabine aus der gleichen Werkstatt stammt wie unsere. Wir werden mit Kirsten und Andreas aus Bayern die nächsten acht Wochen (Fr 17.3. – Di 16.5.) gemeinsam unterwegs sein.


Um nach Chile in die Atacama zu kommen müssen wir über die Anden, d.h. Pässe von mehr als 4000 m Höhe überqueren. Wir tasten uns langsam heran, riesige Kakteen stehen Spalier. Die Kakteen (Cordones) wachsen in Höhen bis zu 3.500 Metern, werden bis zu 12 m hoch und können 250 Jahre alt werden.
Unser erster Pass liegt bei Jujuy auf 4.170 m. Kurze Zeit später werden wir vom Weiß des großen Salzsees (Salinas Grandes) geblendet. Wir bewundern ein Restaurant, das samt Mobiliar aus Salzblöcken gebaut aber leider heute geschlossen ist. Wir erkunden den Salzsee bei herrlichem Sonnenschein.

 

Am Abend machen wir Rast in San Antonio de los Cobres auf 3.775 m. Wir sind mitten in den Anden, der Nevado de Acay mit seinen 5.716 m überragt die Stadt.

 

Wir besuchen am nächsten Morgen den Eisenbahnviadukt Viaducto Polvorilla auf 4.280 m und klettern auf die Passhöhe Alto Chorrillo auf 4.650 m. Unser LKW hält sich tapfer. Wir merken die dünnere Luft und atmen schneller. Vikunjas leben hier in größeren Herden.
Wir fahren durch die Steppe mit kleinen Sanddünen und Grasbüschen. Alpakas und vereinzelt Esel grasen hier. Es geht durch Berg und Tal und an Salzseen und Bergmassiven mit Vulkanen jenseits der 5.500 m vorbei. Die Eisenbahnschienen winden sich durch die Steppe und durch enge Schluchten.

Eine kleine Biologiestunde. Ein Guanako ist ein wildes Lama. Lama, Alpaka und Vikunja sind domestiziert. Ein Lama ist größer als ein Alpaka. Ein Alpaka hat das längste Fell und ist größer als ein Vikunja. Das Vikunja liefert die feinste Wolle und lebt in großen Höhen zwischen 3.700 m und 5.000 m.


Wir passieren problemlos am Paso Sico (4.082 m) die argentinische Grenze und übernachten auf der chilenischen Seite auf 3.890 m bei den Lagunen Miniques und Miscanti am Fuße der majestätischen und schneebedeckten Vulkane Miscanti (5.622 m) und Miniques (5.910 m). Strahlender Sonnenschein weckt uns am nächsten Morgen. Die Lagunen vor den schneebedeckten Vulkanen wirken fast schon kitschig. Nach einem ausgedehnten Spaziergang machen wir uns wieder auf den Weg.


Durch flache, trostlose, trockene Landschaft, durch das Herz der Atacama, erreichen wir die Laguna Chaxa, hier soll es Flamingos geben. Und tatsächlich nach dem Entrichten einer Eintrittsgebühr, dürfen wir uns der Lagune nähern und sehen fast schon unwirklich in der Wüste Wasser, und darin stolzierende Anden-Flamingos.


In der Oase San Pedro de Atacama (2.000 Einwohner und 50.000 Touristen pro Jahr) pulsiert das Leben, niedrige Häuser meist aus Lehm, enge Gassen, viele Boutiquen, Trekking Shops, Restaurants, Tour Veranstalter und natürlich auch viele Touristen.
Rund um San Pedro gibt es einiges zu sehen.
-    Das Tal des Mondes (Val de la Luna) im Westen von San Pedro.
     Eine Wüstenlandschaft mit atemberaubenden Formationen aus Stein, Sand und Salz: die Salzhöhle, der

     Mirador Achaches, die drei Marien (Tres Marias), Wir genießen den Ausblick von der Hauptdüne (Duna

     Major).
-    Das am höchsten gelegene Geysirfeld der Welt El Tatio.
     Es liegt 80 km nördlich auf 4.300 m Höhe. Die Rauchsäulen sollen bei Sonnenaufgang am

     spektakulärsten sein. Gegen 7:30 Uhr geht die Sonne auf. Für 80 km zum Teil Piste sind mehr als drei

     Stunden nötig. Also beschließen wir dem Geysirfeld entgegen zu fahren. Wir übernachten 35 km vorher

     auf exakt 4.014 m Höhe ohne Probleme. Um 5 Uhr fahren wir los und erreichen mit vielen

     Touristenkleinbussen die Felder noch vor Sonnenaufgang. Es hat gefroren hier oben und ein leichter

     Wind schneidet uns förmlich ins Gesicht, zudem verhüllt eine dichte Wolke das gesamte Feld. Es wird

     heller und der Nebel verschwindet langsam. Als die meisten Touristen gegen 9 Uhr mit ihren

     Kleinbussen wieder verschwunden sind, liegt stahlblauer Himmel über dem Geysirfeld, rund 40 Geysire,

     50 heiße Quellen und 60 Dampfaustrittsstellen (Fumarolen) auf mehr als drei Quadratkilometern Fläche

     dampfen vor sich hin… unbeschreiblich.

 

Unser nächstes Ziel ist die Wüstenstadt Antofagasta. Der Name Antofagasta stammt aus der Quechua Sprache und heißt so viel wie „Dorf am großen Salzsee“. Das „Dorf“ hat mittlerweile mehr als 300.000 Einwohner. Wir finden einen schön gelegenen Campingplatz mit Meeresblick. Wir sind die einzigen Gäste. Als erstes ist Großreinemachen und Wäschewaschen angesagt. Danach geht es in den riesigen Supermarkt; hier können wir unsere Vorräte wieder richtig auffüllen.

 

Wir besuchen im Süden, 65 km von Antofagasta entfernt, die Skulptur Mano del Desierto (die Hand der Wüste), die 1992 geschaffen wurde. Sie mahnt, mit den Umweltsünden aufzuhören, damit die Erde nicht überall zu einer Wüste wird.
Wieder zurück in Antofagasta melden wir uns in der Touristeninformation zu einem Besuch beim Observatorium Paranal an. Nach zwei Tagen erhalten wir per Mail grünes Licht für einen Besuch.

 

April 2017

 

In der Atacamawüste gibt es an einigen Stellen, trockene und außergewöhnlich ruhige Luftströmungen. Ein idealer Platz, um das Weltall zu beobachten. Auf dem Paranal, einem 2.660 m hohen Berg 120 km südlich von Antofagasta und 12 km vom Pazifik entfernt, liegt das Paranal-Observatorium, eine astronomische Beobachtungsstation. Das Observatorium wird von der Europäischen Südsternwarte (ESO) betrieben und ist Standort des Very Large Telescope (VLT).
Am Tag vor unserem Besuch fahren wir bis zum Fuße des Berges Paranal und übernachten auf 2.059 m Höhe.

Um 14 Uhr geht’s los. Wir sehen mit einer Handvoll anderen Gästen einen Film, der uns auf den Besuch einstimmt. Kein Teleskop in das man hineinschaut und Sterne beobachtet, sondern ein hochkomplizierter und komplexer Verbund von mehreren Teleskopen. Auf der ESO Webseite (www.eso.org) heißt es:
„Das Very Large Telescope (VLT) ist das Vorzeige-Observatorium der europäischen bodengebundenen Astronomie zu Beginn des dritten Jahrtausends und das höchstentwickelte optische Instrument der Welt. Es besteht aus vier Hauptteleskopen (engl. Unit Telescopes, kurz UTs) mit je 8,2 Metern Spiegeldurchmesser und vier beweglichen 1,8m-Hilfsteleskopen (engl. Auxiliary Telescopes, kurz ATs). Die Einzelteleskope können zu einem gigantischen Interferometer zusammengeschaltet werden, dem VLT-Interferometer (VLTI). Mit dem VLTI lassen sich am Himmel 25 Mal feinere Details auflösen als mit jedem einzelnen der Hauptteleskope. Dazu muss das Licht der Teleskope allerdings über ein komplexes unterirdisches Spiegelsystem so zusammengeführt werden, dass sich die Weglängen der einzelnen Lichtanteile über 100 Meter um nicht mehr als einen Tausendstel Millimeter unterscheiden. Doch die Präzision lohnt sich: mit dem VLTI lassen sich Aufnahmen mit einer Winkelauflösung von Tausendstel Bogensekunden erstellen. Das entspricht der Trennung der zwei Scheinwerfer eines Autos in der Entfernung des Mondes.
Die 8,2-Meter-Hauptteleskope können auch als Einzelteleskope genutzt werden. Jedes davon kann bei einer Belichtungszeit von einer Stunde Bilder von Himmelsobjekten dreißigster Größe aufnehmen – das sind Objekte, die vier Milliarden mal schwächer leuchten als alles, was das menschliche Auge noch ohne Hilfsmittel wahrnehmen kann.
Die Hauptteleskope tragen die Namen Antu, Kueyen, Melipal und Yepun – in der Sprache des Mapuche-Volkes sind das die Bezeichnungen für die Sonne, den Mond, das Sternbild Kreuz des Südens und die Venus als Abendstern.“

Wir fahren hinter unserem englisch sprechenden Guide im Gänsemarsch mit unseren eigenen Fahrzeugen auf das 2.635 m hohe Plateau zu den vier riesigen und vier kleineren Teleskopen. Mit weißen Schutzhelmen bewaffnet lauschen wir den Erläuterungen unseres Guides, ehe wir in das Großraumbüro der Zentrale gehen und die unzähligen Monitore sehen. Hier und in vielen Einzelbüros arbeiten Wissenschaftler an Projekten, die lange vorher eingereicht und von einem Gremium nach wissenschaftlicher Qualität und Dringlichkeit gewichtet werden.

Dann wird es spannend, wir betreten das Innere eines Teleskops und lassen uns die Bestandteile erklären. Ein Teleskop hat eine Grundfläche von 22 m × 10 m und eine Höhe von 20 m, bei einem beweglichen Gewicht von 430 Tonnen. Wir sehen nur Stahlgerüste, in denen Schränke mit Apparaturen angebracht sind. Dicke Kabelstränge und Rohre verbinden das Ganze.

"Die vier Hauptspiegel des VLT wurden zwischen 1991 und 1993 bei der Mainzer Spezialglasfirma Schott AG in einem eigens für dieses Projekt entwickelten Schleudergussverfahren hergestellt. Nach dem eigentlichen Guss und Erstarren der Glasmasse wurden die Spiegelrohlinge noch einmal thermisch nachbehandelt, wodurch sich das Glas in die Glaskeramik Zerodur umwandelt. Bei diesem Fertigungsschritt erhält das Material auch seine außergewöhnliche Eigenschaft der thermischen Null-Ausdehnung. Nach einer ersten Bearbeitung wurden die Spiegelträger per Schiff zur französischen Firma REOSC transportiert, wo die hochpräzise, zwei Jahre dauernde Oberflächenbearbeitung stattfand. Die endgültige Spiegeloberfläche hat eine Genauigkeit von 8,5 nm (λ/70 bei 600 nm)." (Wikipedia)

"Astronomische Spiegel können nur sehr eingeschränkt gereinigt werden, da fast alle Reinigungstechniken mikroskopische Oberflächenkratzer verursachen, die die Abbildungsqualität verschlechtern. Neben einer monatlichen Inspektion, bei der lockerer Schmutz vorsichtig abgetupft wird, werden die Spiegel des VLT daher alle ein bis zwei Jahre neu verspiegelt. Dazu wird die alte Spiegelschicht mit Lösungsmitteln entfernt und dann eine neue Spiegelschicht, normalerweise Aluminium, aufgedampft." (Wikipedia)

Die Dimension der Teleskope ist gewaltig, wir verharren noch eine Weile staunend, ehe wir wieder nach draußen geführt werden und die Helme abgeben, die Führung ist fast zu Ende.

Wir besuchen noch das 200 m tiefer gelegene ESO Hotel, die Residencia, in denen die Mitarbeiter und Wissenschaftler wohnen. Das futuristische Gebäude mit Kantine, Lounge, Swimmingpool, Fitnesscenter, Bibliothek und begrüntem, überdachtem Innenhof (zentraler Aufenthalts- und Erholungsbereich), wurde vom deutschen Architektenbüro Auer Weber Assoziierte GmbH geplant und 2002 fertiggestellt. Es diente 2008 als Kulisse für einige Szenen des Films James Bond 007: Ein Quantum Trost. Hier - mitten in der Wüste - lässt es sich wohl aushalten …

Drei Tage später verlassen wir die Atacama, wir kommen nach Iquique. Eine unserer Gel-Batterien hat fast den Geist aufgegeben, wir müssen uns neue besorgen. In Iquique werden wir tatsächlich fündig. Nicht genau das was wir hatten, wir kaufen ein asiatisches Fabrikat … Mal sehen wie lange wir davon haben, die alten haben immerhin fünf Jahre lang gehalten.

Das Aus- und Einbauen dauert ein paar Stunden, sie sind nicht direkt zugänglich und eine Batterie wiegt schlappe 67 kg.

Mit neuen Batterien machen wir uns auf den Weg Richtung Humberstone, wieder zurück in die Atacama.
Humberstone ist jetzt eine Geisterstadt, hier wurde 88 Jahre lang, von 1872 bis 1960, Salpeter abgebaut. Anfang der 1870er Jahre gehörte die Region noch zu Peru. Nach dem Salpeterkrieg zwischen Peru, Bolivien und Chile von 1879 bis 1884 wurde die Region Chile zuerkannt. Chile wurde das wichtigste Land weltweit, das über Salpeterminen verfügte, und kam zu beträchtlichem wirtschaftlichen Reichtum. Denn Salpeter war für die Herstellung von Dünger und Sprengstoff notwendig. Salpeter ist das Kaliumnitrat der Salpetersäure
•    und wird
     -  zur Haltbarmachung von Lebensmitteln (Pökelsalz, E 252)
     -  als Dünger
     -  in Zahnpasta für schmerzempfindliche Zähne verwendet.
•    Salpeter ist der Hauptbestandteil von Schwarzpulver.

 

In Humberstone lebten zur Blütezeit mehr als 3.500 Personen. Es gab nicht nur Unterkünfte für Arbeiter, sondern auch kulturelle Einrichtungen. Die Arbeiter sollten an das Werk gebunden werden. Und so baute man in der Salpeterstadt eine Kirche, ein Theater, ein Schwimmbad und Sportanlagen.


Mit der Entwicklung neuer Verfahren zur Salpetergewinnung und der Entdeckung des synthetischen Düngers zu Beginn des 20. Jahrhunderts (durch das Haber-Bosch-Verfahren) verlor der Salpeterabbau jedoch seine Bedeutung und Humberstone wurde 1960 verlassen. Seitdem rostet und verfällt die Stadt. Es macht trotzdem Spaß, das riesige Gelände zu durchstreifen – eine Art Freilichtmuseum.


In der Atacamawüste gibt es mehr als fünftausend Erdzeichnungen (Geoglyphen), die zwischen den Jahren 800 und 1.500 von mehreren aufeinanderfolgenden Kulturen geschaffen wurden. Der Riese von Atacama (El Gigante de Atacama) misst 86 m und ist die größte archäologische Darstellung eines Menschen weltweit.
Keine Menschenseele begegnet uns als wir uns auf den Weg zum Giganten machen. Ein ungeschütztes Scharrbild – rund 1.000 Jahre alt … Es ist schon spät. Wir übernachten unter Beobachtung des Giganten.


Über Chusmiza (3.348 m, heiße Quellen), Puchuldiza (4.230 m, Geysire), Isluga (4267 m, schöne, alte Kirche), dem Salar de Surire (4.245 m, Flamingos) und dem Dorf Guallatire (hier wird gerade vor einem Haus ein Osterlama geschlachtet) fahren wir in den äußersten Norden von Chile nach Putre. Ein sauberes Dorf auf 3.650 m Höhe, das in Sichtweite der Vulkane Ancoma (5.660 m) und Taapaca (5.860 m) liegt. Hier spannen wir über die Ostertage aus und werden Zeuge von chilenischen Osterfeierlichkeiten in der Osternacht.
Auf dem Dorfplatz vor der Kirche wird ein kleines Osterfeuer entzündet. Der Pastor segnet und zündet die Osterkerze an, an der wiederum die Gläubigen ihre Osterkerze entzünden. Es wird Litanei artig gebetet und gesungen, ehe die Prozession in die noch dunkle Kirche einzieht. Unter Gesang werden langsam alle Kerzen und Lampen in der Kirche angezündet. Jetzt erstrahlt die festlich mit Blumen und Girlanden geschmückte Kirche im Lampen-, Strahler- und Kerzenschein. Die Osternachtsmesse beginnt. Drei Pastöre gestalten die Messe, alle drei predigen. Zwischendurch stimmt die Gitarre immer wieder Gesangslieder an. Das ganze Dorf singt aus voller Brust und klatscht rhythmisch in die Hände.

Nach der Messe – es ist mittlerweile weit nach Mitternacht – zieht die Prozession unter Trommelschlägen von geschmücktem Haus zu geschmücktem Haus. Es wird eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken gereicht und es werden immer wieder die gleichen Lieder angestimmt. Die Trommelschläge und den Gesang der Prozession hören wir bis tief in die Nacht hinein.


In den Thermen von Jurasi (4.040 m) unweit von Putre genießen wir ein Schlammbad, ehe es weiter zum Lago Chungara geht. Der Lago Chungara ist einer der höchstgelegenen Seen der Welt (4.517 m) und liegt direkt zu Füßen des Vulkans Parinacota (6.348 m). Wir besuchen den gleichnamigen Ort Parinacota (4.400 m) mit seiner alten Kirche, die leider geschlossen ist.

 

Es geht weiter. Wir überqueren bei Tambo Quemado die bolivianische Grenze (4.660 m), aber erst nach einigem Hin und Her. Touristen mit eigenem Fahrzeug sind hier wohl nicht jeden Tag an der Grenze. Polizei: Ausreisestempel Chile, Einreisestempel Bolivien. Zoll: Auto abmelden Chile, Auto anmelden Bolivien: „Wo ist die Quittung für die Einfuhr Ihres Fahrzeuges?“ „Quittung?“ „Im Gebäude da drüben muss eine Gebühr entrichtet werden.“ „Aha“, zum ersten Mal wird für die Einfuhr eines Fahrzeuges eine Gebühr verlangt. Im Gebäude: „Solo efectivo“ (nur Bargeld), Bolivianisches Geld versteht sich. Also erst einmal Geld wechseln. Die Sonne ist längst untergegangen. Es ist eiskalt und zu allem Überfluss weht auch noch ein kräftiger Wind. „Wer wechselt abends um 21:00 Uhr noch Geld?“ „Im weißen Gebäude dahinten.“ Das Gebäude ist ein Wohnhaus und verschlossen. Nach mehrmaligem Fragen und Suchen landen wir schließlich in einem Geschäft, das Dollar mit gutem Kurs in Bolivianos tauscht. Zurück zum Gebäude, Gebühr entrichten (2,74 Euro!) – gegen Quittung versteht sich – und zurück zum Zoll. Quittung abgeben. Dann werden die Einfuhrpapiere ausgestellt und das Fahrzeug kurz – es ist richtig kalt – angeschaut, stimmt die Autonummer? Wir dürfen passieren – nach drei Stunden … endlich.


Am nächsten Morgen steht das Tanken an. In Bolivien nicht so einfach, wenn man den Touristenpreis (3,74 BOB für Einheimische, 8,65 BOB für Ausländer) nicht zahlen möchte.
„Was kostet der Liter Diesel?“ „8,65 Bolivianos pro Liter!“ „Und, wenn wir 700 Liter tanken?“ Wir sind ja mit zwei Fahrzeugen unterwegs. „8 BOB.“ „No, precio mas bajo. (Nein, einen niedrigeren Preis.)“. „7 BOB.“… Nach einigem Verhandeln landen wir schließlich bei 5 BOB … 349 Euro gespart.
Man muss wissen, dass nicht jeder Tankwart mit sich handeln lässt, die Tankwarte überwacht werden und empfindliche Strafen zahlen müssen, wenn sie erwischt werden. Aber 700 Liter sind natürlich ein gewichtiges Argument und bedeuten letztlich 120 Euro Verdienst für den Tankwart. Wir haben in den nächsten fünf Wochen nie mehr als 5,5 BOB für einen Liter Diesel bezahlt, mussten aber häufig einen willigen Tankwart suchen.
Mit gefüllten Tanks fahren wir in den Nationalpark Sajama. Der Sajama ist der höchste Berg Boliviens, ein Vulkan mit weißer Haube und einer Höhe von 6.542 m.
Wir fahren durch kleine Dörfer mit Lehmziegelhäusern, alten Kirchen und hunderten von Alpakas, viele mit kleinen, bunten Ohrschleifen aus Wolle geschmückt. In Papelpampa (4.214 m) wandern wir zu einer uralten Kirche mit separatem Glockenturm. Sie liegt herrlich auf einem Hügel. Im Westen blicken wir auf die Vulkane Parinacota (6.348 m) und Pomerape (6.282 m) und im Osten auf den Vulkan Sajama (6.542 m).

 

Der Eisenriegel der blauen Holzpforte der Kirche lässt sich öffnen. Im Altarbereich stehen vereinzelt Heiligenfiguren im Rundbogen, überall Wandmalereien, die teilweise schon abblättern, auf dem Altar stehen in Vasen ein paar alte Plastikblumen.
Draußen der Hinweis: Cero Quisiquisi sona de Quirquincho (Cerro Quisiquisi zona de Quirquincho = Hügel Quisiquisi Zone des Gürteltiers). Wir sehen hier trotzdem keine Gürteltiere.
Wir kaufen frisches Brot, Eier und Kekse im Dorf Sajama und fahren anschließend zu den Thermen Manasaya. Wir werden von einer Bolivianerin herzlich begrüßt. Sie zeigt uns die 400 m weit entfernten, neu errichteten Gebäude, ein kleines Hotel, ein kleines Restaurant und das fein gemauerte Thermalschwimmbecken. Alles einladend. Aber das Hotel ist leer und der Koch hat heute frei. Außerdem weht ein starker, kalter Wind, wir sind immerhin auf 4.300 m. Da es bereits 17:00 Uhr ist, übernachten wir an der Therme am Fuße des Sajama (6.542 m).

 

Am nächsten Tag zieht es uns weiter. In Curahuara besuchen wir eine der ältesten Kirchen Südamerikas, die "Sixtinische Kapelle des Altiplano", die auf das Jahr 1606 zurückgeht. Da das Klima der Region trocken und kühl ist, haben sich die Farben der Malereien in der Kirche über vier Jahrhunderte hinweg gut erhalten. Leider ist das Fotografieren in der Kapelle nicht gestattet.
Im Internet sind wir bei der Deutschen Botschaft La Paz fündig geworden: „Curahuara de Carangas ist von außen niedrig und bescheiden aus Lehmziegeln erbaut und mit einem Strohdach versehen. Der Innenraum überrascht durch einen der frühesten und vollständigsten Zyklen von Wandmalereien in Bolivien. Die Kirche wird daher auch als „Sixtinische Kapelle des Altiplano“ bezeichnet. Die Kanzel ist aus der Erbauungszeit, ebenso wie zwei Steinaltäre, die Deckenmalereien und die meisten Malereien im Altarraum. Die Sakristei, vielleicht einer der schönsten Räume Boliviens, soll ein Paradies darstellen mit Blumen, Vögeln und Engeln.
Wie andere Kirchen in Bolivien wurde Curahuara de Carangas von einheimischen Handwerkern und Künstlern erbaut. Interessant sind sie nicht nur, weil sie Ausdruck indigenen Kunstschaffens sind, sondern auch, weil ihr theologisches Programm Inhalte aus den alten indigenen Religionen aufnahm. So werden Paradiesgärten an die Wände gemalt, weil die Einheimischen sich das Paradies nicht in den Wolken vorstellten, sondern im grünen, blühenden Tiefland mit Obstbäumen und zwitschernden Vögeln. Engel werden zahlreich in ganzen Serien gemalt – sie werden gebraucht, um alte Götter zu symbolisieren oder um deren Funktionen und Machtzuschreibungen zu übernehmen. Der heilige Jakob, im Spanischen „Santiago“, übernimmt zusätzlich die Funktion des Donnergottes Illapa. Denn bei der Entscheidungsschlacht gegen die Inka in Cuzco, bei der die Spanier unter dem Schutz Santiagos angegriffen hatten, donnerte und blitzte es so sehr, dass bei den Inka die Legende entstand, Illapa sei in die Haut von Santiago geschlüpft – um auf Seiten der Spanier zu kämpfen. Die durch das Auswärtige Amt finanzierte Restaurierung der Außenwände und des Daches war notwendig geworden, weil beide baufällig und undicht geworden waren und daher Schäden für die einzigartigen Fresken drohten. Zusätzlich wurde eine moderne, die wertvollen Wandmalereien schonende Beleuchtungsanlage im Innenraum der Kirche und im Außenbereich unsichtbar für den Besucher installiert. Bei den Arbeiten am Hauptaltar wurde ein dahinter verborgenes Wandgemälde freigelegt, das nun nach seiner Restaurierung wieder für Besucher zugänglich ist.“ (© Deutsche Botschaft La Paz)


Im Dorf Lajma besuchen wir einen Wochenmarkt und füllen unsere Obstvorräte auf. Als wir zurückkommen, sehen wir, dass der Reifen hinten rechts Luft verloren hat. Hat sich einer einen Scherz erlaubt und das Ventil geöffnet oder verliert er wirklich Luft? Wir pumpen den Reifen wieder auf und beobachten ihn.
Wir erreichen Oruru (265.000 Einwohner, 3.735 m). Der Reifen hat wieder Luft verloren. Es nutzt nichts, Werkzeug auspacken und die 71,8 kg schweren Räder wechseln. Zum Glück sind wir mit zwei Fahrzeugen unterwegs. Andreas ist eine große Hilfe. Nach 3 Stunden steht der LKW wieder auf 4 voll mit Luft gefüllten Reifen und alles Werkzeug ist wieder an Ort und Stelle.
Am nächsten Tag finden wir in Challapata eine Reifenwerkstadt mit modernsten Gerätschaften, innerhalb ½ Stunde ist der Übertäter gefunden – ein langer Nagel –, ein Flicken aufgeklebt und vulkanisiert, knapp 10 Euro kostet die Aktion.
„Potosi (Quechua: Lärm) ist eine Stadt im südlichen Zentralbolivien. Sie ist die Hauptstadt des gleichnamigen Departamento Potosi und hat knapp 175.000 Einwohner. Sie liegt am Fuß des Berges Cerro Rico (Reicher Berg, 4.800 m), dessen Silberreichtum Potosi im frühen 17. Jahrhundert zu einer der größten Städte der Welt machte und von dessen Silber- und Zinnvorkommen die Stadt noch heute abhängig ist.
Potosí war jahrhundertelang ein Synonym für Reichtum. Im Spanischen gibt es immer noch die Redensart vale un Potosi für: „Es ist ein Vermögen wert“. ...
Nach 1800 erschöpfte sich das Silber allmählich, stattdessen wurde Zinn das Hauptprodukt. Dies führte zu einem langsamen wirtschaftlichen Niedergang, der so gut wie das ganze Land erfasste. Doch noch heute schürfen die Mineros, die Bergleute, unter haarsträubenden Sicherheits- und Umweltbedingungen Silber und Zinn in Genossenschaften.“ (Wikipedia)


Wir fahren wieder in die Einsamkeit nach Uyuni, an den Rand des Salar de Uyuni. Die größte Salzwüste der Welt liegt auf 3.650 m und umfasst eine Fläche von 160 km Länge und 135 km Breite. Sie entstand vor 10.000 Jahren als ein riesiger See austrocknete und die Salzkruste übrigblieb. Die Kruste ist bis zu 30 m dick und kann von LKW und Bussen befahren werden. Doch es gibt schlammige Uferzonen mit aggressivem Salzwasser.
Wir fahren nach Colchani, einem der Eingänge in den Salar, und sind maßlos enttäuscht.
Der Salzsee ist nicht schneeweiß und die Fahrspuren sind so tief mit schwarzem Salzmorast und Salzwasser gefüllt, dass für uns eine Fahrt über den Salar mit unseren Fahrzeugen nicht in Frage kommt. Wir werden stattdessen über eine Agentur einen Jeep mit Guide mieten.
Am nächsten Tag fahren wir mit Fausto unserem Guide gut 70 Kilometer in den See hinein über eine spiegelglatte, grellweiße Oberfläche. Unter stahlblauem Himmel hat sich unsere anfängliche Enttäuschung in „Hurra wir sind auf dem Salar Uyuni!“ schnell gewandelt. Bald haben wir die Kakteeninsel erreicht. Auf der Isla Incahuasi (dem Haus des Inka) stehen meterhohe und teilweise mehr als 1.200 Jahre alte Säulenkakteen. Wir erkunden in einem langen Spaziergang die Insel.
Dann fährt Fausto mit uns wieder in den See hinaus zum Punkt der Nationen. Hier gibt es ein Salzhotel mit Möbeln und Figuren aus Salz, auf einem Salzplateau steht ein buntes in der Sonne leuchtendes Fahnenmeer mit Flaggen aller Herren Länder. Etwas abseits eine Dakar Figur in Erinnerung an die Dakar Rallyes von 2015 und 2016. Gegen Abend sind wir wieder zurück in Uyuni. Der Tag auf dem Salar war wunderschön und unvergesslich.

Unser Stellplatz ist in der Nähe des Friedhofs der Eisenbahnen, nachmittags ist das Licht besonders schön.

Am nächsten Tag heißt es Vorräte auffüllen, denn in den nächsten zehn Tagen sind wir weit ab von großen Einkaufsläden. Unser Ziel ist die Lagunenroute in Südbolivien.

Die Wege dort sind eine Herausforderung für Mensch und Material. Piste halt … mit Steinen, Staub und Sand. Wir fahren immer auf einer Höhe zwischen 4.000 m und 4.924 m. Es ist trocken und die Luft ist dünn. Die Nächte sind immer eiskalt und sternenklar. Tagsüber stahlblauer Himmel, brennende Sonne, aber es weht ein kalter oft sogar starker Wind. Die Gegend ist baumlos und hier ist es so gut wie menschenleer.

Warum begeben wir uns in diese unwirtliche Gegend? Zehn Tage lang Lagunen und schneebedeckte Berge?
Wir starten in Sichtweite des aktiven Vulkans Ollangüe (5.870 m), der immer eine Rauchfahne trägt. Unsere erste Lagune, die Laguna Canape, ist ein wahres Highlight. Wasser vor Bergkulisse, breiter weißer Salzstrand und … Flamingos im Wasser.

1 ½ Stunden später die nächste Laguna, Hedionda (stinkende Lagune). Die Berge noch näher, noch mehr Salzflächen und wieder Flamingos. Wir können uns nicht satt sehen. Laguna Chiar Khota, keine Flamingos. Laguna Honda, keine Flamingos, aber traumhaft gelegen. Hier übernachten wir.

Am nächsten Tag rot bunte Berge und den Arbol de piedra (Baum aus Stein). Die Natur hat durch Windschliff (Korrasion oder Windabrasion) ein interessantes Gebilde geschaffen, das an einen Baum erinnert.

Dann trauen wir unseren Augen nicht, vor uns ein roter See, die Laguna Colorada (4.278 m, rote Lagune). Sie ist 60 qkm groß und im Durchschnitt nur 50 cm tief. Der See hat seinen Namen aufgrund seiner auffälligen roten Färbung, die von der vorherrschenden Algenart und vom hohen Mineralstoffgehalt seines Wassers hervorgerufen wird. Hier gib es Tausende von Flamingos.

An einem seiner Ufer sehen wir große weiße hügelige Flächen – Boraxfelder. Borax ist ein in der Natur selten vorkommendes Mineral. Borax wird vielseitig verwendet, als Zusatz für Glasuren in der Keramikherstellung, ebenso in Düngemitteln und Zement oder in Waschpulver, Seife und als Bleichmittel.

Wir suchen einen windstillen Stellplatz und verbringen hier die Nacht. Am nächsten Tag verlassen wir erst nach Mittag diesen faszinierenden Platz.

 

Mai 2017

 

Heute geht es hoch hinaus, unser GPS zeigt 4.924 m. Der Montblanc in den Alpen misst gerade mal 4.810 m. Von Weitem sehen wir leicht rauchende Stellen, wir nähern uns dem Geysirfeld Sol de Manana (4.850 m, Morgensonne). Unglaubliche Farben, große Löcher, rauchende Geysire, blubbernde, brodelnde Schlammbecken mit gräulichem Gebräu, wie in einer Hexenküche.

Am nächsten Morgen sind wir vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Es dampft und zischt gewaltig. Aber es ist bitterkalt und es weht ein schneidender Wind. Im Fahrerhaus messen wir -9 Grad, in der Kabine immerhin +11 Grad. Unsere Heizung schafft problemlos die 20 Grad und wir können gemütlich frühstücken.

Wir passieren die Laguna Chalviri mit den Termas de Polques. Nicht gerade einladend, aber auch niemand vor Ort. Wir fahren weiter durch die Dali Wüste, von beige bis dunkelbraun schattierte Berge, und an den Dali Felsen vorbei, rund ein Dutzend Felsen im Wüstensand.

Dann erreichen wir im äußersten Südwesten von Bolivien die Laguna Blanca (weiße Lagune), deren Farbe durch die Einschwemmung von Mineralen entsteht. Eine andere Mineralienzusammensetzung färbt die benachbarte Laguna Verde (grüne Lagune) grün ist aber auch verantwortlich dafür, dass es in der Laguna Verde keine Flamingos gibt. Wir sehen am nächsten Morgen, wie sich die Laguna Verde innerhalb von zwanzig Minuten grün färbt – ein wunderschönes Schauspiel. In unmittelbarer Nähe die inaktiven Vulkane Licancabur (5.920 m) und Juriques (5.704 m).

So viele Highlights hatten wir auf der Lagunenroute gar nicht erwartet. Jeden Tag eine neue Überraschung; jede Lagune hatte was Besonderes, rot, weiß, grün, viele Flamingos; der Geysir de Manana, es brodelt dort wie in einer Hexenküche; die wechselnden Farben der Berge, die unterschiedlichen Wüstenarten – Steine, Staub und Sand und das alles in einer Höhe von mehr als 4.000 m unter einem unglaublich blauen Himmel … fast schon kitschig und zu schön um wahr zu sein.


Es geht wieder nordwärts. Vorbei an weiteren Lagunen, an der „Laguna Hedionda 2“ faszinieren uns grasende Vikunjas und natürlich wieder Flamingos.
Es gibt tatsächlich zwei „stinkende Lagunen“ mit identischem Namen. Sie liegen 162 km voneinander entfernt. Der intensive Schwefelgeruch hat bei der Namensgebung Pate gestanden.

An einer Steigung, es geht wieder über 4.500 m mitten im Nirgendwo, will unser Auto plötzlich nicht mehr. Keine Leistung, der Motor stirbt plötzlich ab. Wir lassen uns zurückrollen und halten an einem halbwegs ebenen Platz neben dem pistenähnlichen Weg.
Motor geht aus, wir sind in der Wüste, viel Staub, viel Sand … erster Gedanke Luftfilter zu. Luftfilter ausbauen und mit Pressluft auspusten. Wir haben eine Druckluftbremse und theoretisch bis zu 8 Bar Druck an Bord, aber durch das Rückwärtsrollen und ständige Bremsen weht nur noch ein laues Lüftchen. Zum Glück sind wir immer noch mit zwei Fahrzeugen unterwegs. Andreas hilft mit seiner Luft aus. Wieder einbauen, starten … geht nicht.
Zweiter Gedanke kein Diesel. Aber der Tank ist halb voll, d.h. 350 Liter müssten eigentlich reichen. Wenn kein Diesel ankommt, muss was verstopft sein. Wir haben einen Separfilter, einen Vorfilter, der Schmutz und Wasser aufhalten soll. Also Separfilter wechseln. Ausbauen – der ist ganz schön schmutzig –, neuen einbauen, starten … geht immer noch nicht.
Es gibt noch einen weiteren Filter, den eigentlichen Dieselfilter. Vielleicht ist doch nicht alles vom Separfilter zurückgehalten worden, er war ja auch schon ziemlich verschmutzt. Also Fahrerhaus ausräumen, Fahrerhaus kippen und Dieselfilter wechseln. Ausbauen – der sieht gar nicht so verschmutzt aus –, neuen einbauen, Pumpen bis wieder Diesel aus der Pumpe spritzt. Starten … unser LKW springt an und schnurrt wie ein Kätzchen … naja was man bei einem Diesel so Schnurren nennt … geschafft!
Andreas war auch hier wieder eine große Hilfe. Herzlichen Dank.

 

Am nächsten Morgen erreichen wir das verlassene Dorf San Antonio de Lipez (4.260 m), hier wurde in der Nähe während der Kolonialzeit Silber abgebaut, und das Dorf beherbergte bis zu 1.200 Einwohner. Zu dem Warum das Dorf verlassen wurde, gibt es zahlreiche Geschichten, in denen der Teufel und auch Geister eine Rolle spielen – nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass 80 % der Bevölkerung Quechua-Indianer sind. Das neue San Antonio de Lipez (4.678 m, 268 Einwohner) wurde 13 km entfernt neu aufgebaut.
Wir fahren durch den neuen Ort und plötzlich gibt es einen heftigen Schlag – wir haben eine Querrinne mit unserem 10 Tonner überfahren und diese ist zu einer „etwas“ größeren Querrinne geworden. Drei junge Burschen eilen entgegen und geben zu verstehen, dass wir hier nicht weiterfahren dürfen, weiter vorne sei eine noch größere Querrinne. Also zurück … aber das geht nicht mehr, die Rinne hinter uns ist zu groß geworden. Die Rinne ist ein Schacht, in den die Bewohner ein Rohr verlegt haben. Der Aushub liegt am Straßenrand. Leider fehlt jeglicher Hinweis auf eine Baustelle – von Verkehrsschild erst gar nicht sprechen.
Ehe wir uns umsehen taucht ein Einheimischer mit Schubkarre und Kreuzhacke auf. Wir holen unsere Schaufeln, und so wird in internationaler Zusammenarbeit der Aushub fast vollständig in die Rinne versenkt. Wir bedanken uns mit einem kleinen Obolus bei unserem freundlichen Helfer. Wir können rückwärts die zugeschüttete Rinne passieren und die Parallelstraße zur Ortsdurchfahrt nutzen.
Wir fahren durch eine abwechslungsreiche, aber auch herausfordernde Bergwelt, bergauf und bergab, durch Schluchten, Bäche und über Pässe an die 4.900 m. Wege, die gerademal so breit sind wie unsere Fahrzeuge, aber anschließend schmäler, weil unter der Last unserer 10 Tonner, das Ein oder Andere abgebröckelt ist. Steine müssen aus dem Weg geräumt werden, der hintere Unterfahrschutz muss hochgebunden werden.
Kurz vor Viluyo Punku fahren wir auf den Fluss Viluyo zu und stehen plötzlich vor einer metertiefen Stufe. Sie ist felsig und lässt sich nicht abtragen. Hier geht’s nicht weiter.
160 km wieder zurück über eine Piste, die wir mit unseren schweren Fahrzeugen so zugerichtet haben? Wir glauben nicht, sie ein zweites Mal zu schaffen.
Wir suchen nach Alternativen, denn am gegenüberliegenden Ufer sind Fahrspuren zu erkennen. Es gibt weiter oben auf unserer Seite eine Rampe zum Uferbereich, die aus Gestrüpp-, Stein- und Sandflächen besteht. Wir inspizieren die Stelle und fragen uns, ob wir da mit unseren „Leichtgewichten“ eine Chance haben.

Wir sehen Spuren von festgefahrenen Fahrzeugen, aber auch eine Möglichkeit, durch den Fluss über Sandbänke das andere Ufer zu erreichen. Die schwierigste Passage wird wohl die Sandfläche sein. Wir diskutieren und kommen zu dem Schluss es mit einem Fahrzeug zu probieren.
Das scheint sicherer als die Rückfahrt über die 160 km lange, halsbrecherische Bergstraße mit ihren Auswaschungen, die wir mit unseren Fahrzeugen noch verschlimmert haben.

Unsere Begleiter tasten sich vor. Die Rampe ist kein Problem, die nächsten 50 m auch nicht. Bis zum Flussbett sind es noch 150 m. Aber dann … plötzlich sinkt das Fahrzeug bis an die Achsen ein. Hier geht‘s wohl auch nicht …


Unter der trockenen Oberfläche ist eine weiche Masse, die das schwere Fahrzeug einsinken lässt.
Schaufeln raus und die Räder freischaufeln, so tief, dass die Sandbleche drunter geschoben werden können. Alle Vier arbeiten auf 3915 m Höhe bis die Luft wegbleibt und eine Verschnaufpause eingelegt werden muss.
Nach 1 ½ Stunden liegen die Sandbleche in den ausgegrabenen Fahrspuren. Ich hole unseren LKW und taste mich vorsichtig vor. Rampe runter und weitere 40 m, das reicht um unsere Abschleppgurte zu befestigen. Die Motoren werden gestartet und die Geländegänge eingelegt. Ein kurzes Rucken und die Fahrzeuge setzen sich langsam in Bewegung. Die Sandbleche scheppern und nach 10 Sekunden steht der festgefahrene LKW wieder auf festem Untergrund. Geschafft.

Wir fahren zurück auf die Bergstraße, säubern unsere Gerätschaften und finden in unmittelbarer Nähe einen halbwegs ebenen Stellplatz für die Nacht.

Unten am Fluss treffen wir auf Einheimische, die uns erklären, dass wir hier mit unseren LKWs keine Chance haben – wie wahr –, wohl aber fünf Kilometer weiter zurück. Dort gibt es an der Betonfurt einen Zugang zum Fluss, den man bis hierher durchfahren kann.

Das wollen wir uns am nächsten Morgen ansehen.

Zum Sonnenuntergang holen wir Tisch und Stühle heraus, trinken zusammen Kaffee und Tee und lassen unsere Aktion noch einmal Revue passieren. Zufrieden gehen wir in unsere Autos.

Am nächsten Morgen geht es in die entgegengesetzte Richtung. An der besagten Betonfurt führt eine schmale Fahrspur hinunter zum Fluss. Wir tasten uns langsam vor, es hat gefroren, das Flussbett ist fest. Das Eis kracht … ohne Probleme bewältigen wir die fünf Kilometer  lange Flussdurchfahrt und stehen ½ Stunde später auf dem rettenden Ufer.

Der „Ortsvorsteher“ in feiner Uniform und mit Orden geschmückt empfängt uns im nahe gelegenen Dorf Viluyo Punku. Er stellt sich vor und erwähnt als erstes, dass ein Foto Geld kostet. Wir zahlen grundsätzlich nichts an bettelnde Leute und außerdem verstehen wir kein Spanisch 😊. Wir fahren weiter ins Dorf.

Im Dorfladen gibt es kein Brot, dafür aber Kräcker, Säfte, Süßes und Nudeln. „Zwei mal Nudeln bitte.“

Die nächsten 100 km führen uns über einen 4.357 m hohen Pass vorbei an atemberaubenden Felsformationen (Tal der Inka voller Felsen wie Orgelpfeifen; Felsen, die aussehen wie eine mittelalterliche Stadt mit Stadtmauer, Kathedrale und langer Häuserfront; eine weinrote Felsenkette) durch Schluchten und Täler.

Kurz vor Tupiza (2.850 m) stellen wir fest, dass wir jetzt hinten links zu wenig Luft haben. Schon wieder ein Platter. Zum Glück ist die Stadt nicht mehr weit. Aufpumpen und weiter geht’s.

Die Straße wird besser, zunächst Pflastersteine und dann wieder richtiger Asphalt. Wir finden schnell eine Autoreifenwerkstatt, die Gomeria Tip-Top. Keine technischen Geräte, nur Hammer und Meißel – aber einen Schlagschrauber. Die Reparaturen finden halb auf der Straße statt.

Gerade werden die Reifen an einem Bus gewechselt. Wir sind als nächstes dran. Die Reifenreparatur beim Bus dauert länger, es wird dunkel. „Keine Sorge, sie sind gleich dran“.
Und tatsächlich ein Wagenheber wird herbeigeschleppt, der LKW aufgebockt. Die Schrauben mit dem Schlagschrauber – Marke Vorkriegsmodell – gelöst. Das Rad vor den LKW gewuchtet und mit Wasser übergossen, um das Loch zu finden. Bläschen steigen auf, das Loch wird mit einem Eisenstift markiert, der Stift wird reingesteckt. Der Monteur entnimmt das Ventil, die Luft entweicht unter lautem Zischen. Mit schwerem Hammer schlägt er den Reifen gezielt vom Felgenrand, ohne die Felge zu treffen – er versteht sein Handwerk. Mit Montiereisen wuchtet er den Reifen über den Felgenrand und entfernt einen Nagel aus dem Innern. Aus einem Schlauch schneidet er einen Flicken, raut den Reifen innen auf und bepinselt die Stelle mit Gummilösung. Es ist mittlerweile stockdunkel, sein Kollege beleuchtet die Arbeitsstelle mit dem Licht seines Handys …

Er legt den Flicken auf und schlägt ihn mit einem kleineren Hammer fest. Mit Montiereisen wuchtet er den Reifen wieder über den Felgenrand. Die letzten Zentimeter schafft er mit gezielten Sprüngen. „Wieviel Luft?“ „7,5 Bar.“ Er sucht in seiner „Werkstatt“ nach einem vernünftigen Adapter und als wir aushelfen wollen, hat er den Reifen bereits auf 5 Bar aufgeblasen. Sein Kompressor schafft unter ständigem Getöse schließlich 7,2 Bar. Wir sind zufrieden. Er schraubt das Rad wieder an und entfernt Bock und Wagenheber. 1 ½ Stunde rummalochen mit einem 72 kg schweren Rad – macht 50 Bolivianos (6,87 Euro). Er ist fast schon beleidigt als ich ihm 10 weitere Bolivianos gebe (1,37 Euro Trinkgeld) – nimmt aber die 10 Bolivianos dann doch und bedankt sich überschwänglich.

Am nächsten Morgen haben wir um 8 Uhr einen Termin bei der naheliegenden Lavado de coches (Autowäscherei). Unser Auto hat eine intensive Wäsche nötig.

Mit drei Personen stürzen sie sich auf unsere Fahrzeuge. Mit einem Kärcher wird vorgesprüht und eingeweicht. Mit einem dicken Schwamm an einem langen Stock wird das Fahrzeug eingeseift. Die Räder werden extra mit Bürste gereinigt. Nach dem erneuten Abspritzen wird das Fahrzeug trockengewischt. 80 Bolivianos – 10,67 Euro …
Zwei Tage später sind wir in Sucre, der Hauptstadt Boliviens; La Paz ist der Regierungssitz aber Sucre die konstitutionelle Hauptstadt.

Stadtbesichtigung Sucre … Zuerst schauen wir uns die schöne Klosterkirche San Felipe de Neri an. Prächtiger Innenhof, goldverzierter Altar und goldverzierte Kanzel. Dann dürfen wir in den Glockenturm und nach draußen, von wo aus wir einen atemberaubenden Blick über die roten Ziegeldächer von Sucre bis hin zu den Bergen haben.
Gleich nebenan die Kirche Nuestra Señora de La Merced mit noch aufwendigerem Altar und noch aufwendigerer Kanzel. Diesmal kommen wir über die Empore aufs Dach. Es ist zwar windig, aber der Ausblick faszinierend.
Wir kommen an einer Bäckerei vorbei, der Kuchen im Fenster lacht uns an. Schon sitzen wir innen und lassen uns herrlichen Schokokuchen schmecken. Zwei Häuser weiter ein Pralinenladen, eine dunkle Bitter-Praline und eine Mandel-Bitter-Praline lassen wir auf unsere Zunge zergehen.

Im Pariser Viertel entdecken wir einen kleinen Eiffel-Turm hinter einer Plane, Eiffel hat hier tatsächlich Spuren hinterlassen. Abends gehen wir ins Kulturzentrum Origenes (Espacio Cultural Origenes). Dort wird eine Show angeboten mit Tänzen aus ganz Bolivien. Wir sind gespannt, was uns erwartet.

Die Show beginnt. Wir werden durch ganz Bolivien geführt mit Folkloretänzen, Varietétänzen und Karnevalstänzen. Wir werden nicht enttäuscht. Im Gegenteil wir sind überrascht von der Qualität der Tänzer und der Kostüme. Die jungen Tänzerinnen tragen die typische Tracht, Lagenröcke, Blusen und Melonenhüte, bunt mit viel Glitzer, aber nicht kitschig. Alle haben sie lange, schwarze Zöpfe, die sich beim Tanz rhythmisch bewegen. Die Männer tragen helle Hosen, einen Poncho und einen Hut.
Dann Tänze wie im Varieté – sehr gut aufeinander abgestimmte Kostüme: Frauen mädchenhaft im Matrosenlook gekleidet, die Männer dazu weiße Hosen, bunte Hemden und Hüte.
Bei den Karnevalstänzen tragen die Männer schwere Samt- oder Seidenanzüge, bestickt mit Brokat und Perlen. Dazu entweder riesige Masken oder Perücken. Die Tänzerinnen tragen leuchtend rote Rüschenkleider und farblich passende Haarblumen.

Die Tänze sind leidenschaftlich, dynamisch, mal voller Kraft mal gefühlvoll bei eindrucksvoller Musik. Einfach phantastisch. Zwischendurch sehen wir in Filmausschnitten und tollen Bildern Landschaften, Pflanzen, Tiere und Menschen – sehr gut gemacht – eine tolle Werbung für das Land Bolivien.

Nach zwei Stunden ist leider alles vorbei. Es gibt besonders viel Applaus und dann werden wir von den Tänzerinnen und Tänzern zum Tanz aufgefordert.

Ein überraschend kurzweiliger Abend.

Am nächsten Tag füllen wir unsere Vorräte auf und fahren nach La Paz, die Stadt, die mitten in den Anden zwischen 3.200 m bis 4.100 m liegt.

Als erstes besuchen wir die Kirche San Francisco aus dem Jahre 1549. Schon von außen eine eindrucksvolle Kirche, aber von innen noch spektakulärer mit prunkvollen goldenen Altären und Heiligenfiguren mit majestätischem Hauptaltar.

Wir genießen atemberaubende Ausblicke von „oben“ auf die Stadt und aus den (von einer österreichischen Firma gebauten) Seilbahnen, die seit Mitte 2014 die einzelnen Stadtbezirke miteinander verbinden und das größte städtische Seilbahnnetz der Welt bilden. Zurzeit sind vier Linien in Betrieb, weitere sollen folgen.

Die Plaza Murillo ist der Mittelpunkt der Stadt und wird vom Präsidentenpalast und von der Kathedrale Nuestra Señora de La Paz beherrscht. Zum Teil wunderschön restaurierte Kolonialbauten bestimmen an vielen Stellen das Bild der Altstadt.

Wir werden Zeuge eines Umzuges, mit farbenfrohen Kostümen und lauter Musik. Wir müssen natürlich auch den Hexenmarkt besuchen. Hier wird magischer Zauber für alle Gelegenheiten angeboten, allerlei pflanzliche Tinkturen, die Glück in Gesundheit, Liebe oder Geldangelegenheiten versprechen. Oder aber getrocknete Lama Embryos, die nach altem Brauch in das Fundament eines Hauses eingegraben werden und Glück bringen sollen.

Wir möchten in die Yungas (die Täler), in die dampfenden, subtropischen Regenwaldtäler, die weniger als 80 km von La Paz entfernt sind.

Eine berüchtigte Straße, die in den 30er Jahren gebaut wurde, führt von 4.700 m auf 1.100 m Höhe, mit unzähligen Haarnadelkurven und vielen engen Passagen, immer ganz dicht am Abgrund und das ohne Leitplanken. Die zweispurige Straße war bis 2007 die einzige Verbindung in die Yungas. Sie war stellenweise nur knapp drei Meter breit und galt als die gefährlichste Straße der Welt. Sie trägt den Beinamen „Camino de la Muerte“ (Todesstraße).

Auf dieser Strecke herrscht Linksverkehr, damit der Fahrer bergauf links so nahe wie möglich an die Felsen heranfahren kann. Der Fahrer bergab darf rechts so nahe wie möglich an die Böschung heranfahren.

Wir wollen am nächsten Morgen früh mit unseren LKWs die nicht geteerte Todesstraße von unten nach oben bezwingen, also so nahe wie möglich an den Felsen bleiben und uns die Böschung bei Gegenverkehr ersparen. Wir fahren deshalb die neue geteerte Straße hinunter und übernachten in Yolosa, wo der Einstieg in die Todesstraße liegt.

Punkt 8:30 Uhr fahren wir los. Es geht durch tropischen Wald zunächst relativ steil hoch, dann mit herrlichen Ausblicken stetig aber gemäßigt höher. Es duftet wunderbar nach Erde. Eine interessante Strecke mit herrlicher Natur aber steilen Böschungen, teilweise mehr als 500 m tief – meist ohne Leitplanken! Kleine, aber kräftige Wasserfälle machen uns hin und wieder richtig nass, weil wir darunter durchfahren müssen. Es gibt zwei, drei brenzlige, weil enge Stellen, jedoch so gut wie keinen Gegenverkehr. Nach knapp drei Stunden haben wir die kritischen Passagen hinter uns gelassen.

Fazit: Todesstraße ja, aber nur, wenn man an die Jahre vor 2007 denkt – einzige Verbindung, Schwerlastverkehr in beide Richtungen – eigentlich kaum vorstellbar.

Bei Gegenverkehr ist das heute mit Sicherheit auch problematisch, denn die Straße ist nicht breiter geworden. Wir hatten Glück, dass wir so gut wie keinen Gegenverkehr hatten. Wir sind heil wieder zurück in La Paz. Nach einem gemeinsamen Abendessen trennen sich unsere Wege. Andreas muss in Deutschland nach dem Rechten sehen, weil es Probleme mit Mietern zu klären gibt. Wir waren acht Wochen gemeinsam unterwegs. Es war leichter Stellplätze zu finden und ein entspannteres Fahren, weil man wusste, da ist noch jemand auf den man sich verlassen kann.

Am nächsten Tag fahren wir alleine nach Tiwanaku (Tiahuanaco, 4.000 m). Hier existierte die erste Hochkultur Südamerikas gleichen Namens von 1500 v. Chr. bis 1200 n. Chr. Die bekannteste Sehenswürdigkeit ist das Sonnentor. Es ist etwa 3 m hoch und 3,75 m breit und wurde aus einem einzigen Andesitblock (Andesit ist ein vulkanisches Gestein) herausgehauen.

Von hier ist es nicht mehr weit bis zum Titicacasee. Der Titicacasee liegt auf 3.810 m Höhe und ist 190 km lang und 60 km breit. 40% gehören davon zu Bolivien, 60% zu Peru. Er gilt als der höchste, schiffbare See der Welt.

Wir fahren in San Pedro de Tiquina auf eine kleine wacklige Fähre, die gerade mal Platz für zwei Fahrzeuge hat. Es ist windig auf dem Titicacasee und unser Boot schaukelt kräftig. Aber nach einer knappen halben Stunde erreichen wir das Ufer der Halbinsel Copacabana auf der auch der Grenzübergang nach Peru liegt.

Doch zuvor fahren wir noch über einen 4.261 m hohen Pass zum gleichnamigen Küstenort Copacabana. Copacabana ist der bedeutendste Wallfahrtsort Boliviens, aber auch wegen seiner Lage und seiner touristischen Infrastruktur bei Touristen beliebt. 1575 wurde von einem Indio eine ein Meter große Madonna aus dunklem Holz geschnitzt und mit einer goldenen Krone versehen. Ihr werden zahlreiche Wunder und Heilungen zugeschrieben. Die Basilika, in der sie aufbewahrt wird, wurde erst 1820 im maurischen Stil erbaut.

Nach einem ausgiebigen Strand- und Stadtspaziergang wird das restliche Gemüse gekocht, werden Äpfel ge
dünstet, alle Eier hart gekocht und Mandarinen ausgepresst. Morgen geht es über die Grenze nach Peru und da dürfen diese Lebensmittel nicht unbehandelt eingeführt werden.

Die Zollformalitäten sind schnell erledigt, wir erhalten sogar für 180 Tage eine Aufenthaltsgenehmigung für Peru. Unser Auto darf jedoch nur 90 Tage bleiben. Diese Logik verstehe wer will und ist abhängig von der jeweiligen Laune der Zollbeamten.

Wir fahren auf direktem Weg nach Puno und buchen für morgen eine 2-Insel-Tour, Isla de Uros und Isla de Taquile. Die Hälfte der Uros lebt noch auf mehr als drei Dutzend „schwimmenden Inseln“, die aus getrockneten Totora-Schilf hergestellt sind. Totora-Schilf dient auch als Rohstoff für Schilfboote, Hütten und Möbel. Die Inseln sind vom Hafen Puno per Boot zu erreichen und rund fünf Kilometer entfernt.

Nach einer kurzen Bootsfahrt landen wir auf den ersten Inseln. Wir werden von den Bewohnern mit Gesang begrüßt. Die ersten Schritte sind gewöhnungsbedürftig, weil der schwimmende Inselboden leicht nachgibt.
Wir sehen ringsum knallbunt gekleidete Uros die vor ihren Hütten aus Schilfgeflecht stehen, wir sehen auch Tische und Sonnenschirme aus Schilf aber auch Solarpanele.

Unser Guide erklärt uns: „Lange Zeit wurde mit Feuer gewärmt und gekocht. Feuer spendete auch Licht. Leider passierten in der letzten Zeit zu viele Feuerunfälle, so dass es jetzt Solarstrom gibt. Es gibt 90 Plattformen auf rund 40 Inseln. Auf einer Plattform leben bis zu fünf Familien. Insgesamt leben noch 2000 Aymara sprechende Insulaner auf diesen schwimmenden Inseln. Die Durchschnittstemperatur des Wassers liegt bei neun Grad, der See liegt auf einer Höhe von 3.810 m. Einmal in der Woche fahren die Uros zum Markt nach Puno, verkaufen dort ihre schönen kunstvollen Handarbeiten und kaufen frische Waren ein. Der Aufbau einer solchen Plattform dauert ein Jahr, sie besteht aus 20 - 50 cm dickem, Torf ähnlichem, schwimmendem Wurzelwerk. Darauf werden mehrere Schichten Schilf recht winklig zueinander gelegt, maximal fünf bis sechs. Eine solche Plattformen hat eine Lebensdauer von 20 - 25 Jahren. Die Uros bauen auf diesen Plattformen ihre Hütten und das benötigte Mobiliar aus Schilf.

Ein Uro zeigt uns, wie er mit Hilfe einer Kordel, an der ein Stein befestigt ist, die Tiefe des Wassers bestimmt. Sie liegt hier an dieser Stelle bei 16 Metern. Die Frauen haben in der Zwischenzeit ihre Handarbeiten ausgebreitet und warten auf Kundschaft.

Wir steigen in unser Boot und fahren zur 40 km entfernten Insel Taquile. Taquile ist eine feste Insel, 5,5 km lang und 1,6 km breit und bis zu 240 m hoch. Hier leben rund 1.800 Einwohner, die alle die Inka-Sprache Quechua sprechen. Die Insel versorgt sich durch Fischfang und Feldwirtschaft in Terrassenform, mittlerweile ist auch der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle geworden.

Wir klettern am Steg über weitere Touristenboote an Land. Wir wandern steil bergauf gute 30 Minuten bis in das „Zentrum“. Junge Frauen, Kinder und Männer in bunter Tracht, sogar einige Schafe begleiten uns nach oben zum Dorfplatz. Immer wieder genießen wir schöne Panoramablicke auf den Titicacasee und auf die terrassenförmigen Felder der Insulaner.

Ein alter Herr sitzt auf einem Stein und strickt aus festem, bunten Garn einen Gürtel, er trägt keine Brille. Wir erfahren, wenn die Männer noch nicht verheiratet sind, tragen sie ein weißes Hemd und eine weiß rote Mütze, sind sie verheiratet tragen sie ein rotes Hemd und eine rote Mütze. Geht es sonntags zur Kirche wird es noch festlicher mit breiter Schärpe um die Schulter und mit einem bunten Spazierstab.

Wir sind auf dem großen, alten Platz angekommen. Hier gibt es das Gemeindehaus, die Kirche, die ist heute geöffnet ist, weil Sonntag ist. Eine kleine festlich geschmückte Kirche. Zwei kleine Plätze mit atemberaubenden Blick auf den Titicacasee und auf die in Terrassen angelegten Felder und Gärten.

Ein Restaurant mit genügend Platz zum Verweilen, und immer wieder kommen kleine Mädchen, die uns ihre selbstgeknüpften Freundschaftsbänder verkaufen möchten. Sie tragen bunte Röcke, braune Strümpfe oder sind barfuß, weiße Blusen und schwarze Käppchen mit bunten Quasten, genauso wie die erwachsenen Frauen. Ist eine Frau verheiratet, sind die Quasten klein und rot. Zur Sonntagsmesse und zu Festlichkeiten tragen die Frauen besondere bunte Röcke mit bis zu acht Unterröcken.

Auf dem Platz gibt es noch zwei Verkaufsräume mit schönen selbstgemachtem Handarbeiten; Mützen, Hüte, Sonnenhüte, Kappen, Stirnbänder, Handschuhe mit und ohne Finger, Bänder, breite Schärpen, Gürtel und Schals. Alles hochwertige Arbeiten mit farblich abgestimmten Mustern.

Wir schwimmen im Touristenstrom zu einem Restaurant mit Blick auf den Titicacasee. An langen Tafeln mit schönen Tüchern im Inka-Stil gedeckt, serviert man uns unser Essen: Vorweg eine köstliche Gemüsesuppe fein geschnittenen Zwiebeln, Tomaten und Kräutern in Tonschalen. Als Hauptgericht Omelette mit Gemüse und Reis oder Regenbogenforelle mit Reis, dazu Tomaten, Möhren und grüne Bohnen, Wasser oder Cola. Alles sehr lecker.
Alex, unser Guide, stellt uns die Gastfamilie vor, und preist ihre handwerklichen Fähigkeiten an.
Dann wird noch Mandoline gespielt und mehrere Paare tanzen dazu. Zum Abschluss bekommen wir noch alle eine Tasse frischen Kräutertee.

Wir verabschieden uns und wandern den schönen Wanderweg entlang mit herrlichen Ausblicken auf den Titicacasee, vorbei an Frauen und Kindern, die am Wegesrand ihre Handarbeiten anbieten oder an alte Leute die spindeln oder stricken.
Wir erreichen unser Boot und legen ab Richtung Puno, mit vielen herrlichen Eindrücken.

Unser nächstes Ziel sind die Grabtürme von Sillustani. Sillustani ist eine Grabstätte und liegt auf der Halbinsel Umayo im gleichnamigen See (3.897 m). Sie besteht aus rund einem Dutzend zum Teil eingestürzter Chullpas (Grabtürme).

Hier bestatteten ab 1000 v. Chr. die Colla nur Personen mit hohem sozialen Status. Im 15. Jhrh. n. Chr. eroberten die Inka dieses Gebiet und übernahmen diesen Brauch. Die von den Inka errichteten Türme sind leicht zu erkennen, exakt behauene große Steinblöcke im Gegensatz zu den eher rustikal und mit kleinen Steinen errichteten Türmen der Colla. Leider haben Grabräuber, aber vermutlich auch Blitzschläge viele Türme beschädigt. Der höchste Turm (ein Grabturm der Inka) misst zwölf Meter.

Wir verlassen diesen geheimnisvollen Ort und klettern über einen 4.515 m Pass. Wir kommen nach Arequipa (2.335 m), der Hauptstadt der gleichnamigen Region. Arequipa ist die wichtigste Stadt im Süden Perus, hat 850.000 Einwohner, und das Stadtzentrum wurde im Jahr 2000 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Wir machen uns auf, diese wunderschöne Stadt zu erobern. Wir kommen an aufwendig restaurierten Häusern im Kolonialstil vorbei und erreichen bald den schönsten Platz Perus, wenn nicht sogar Südamerikas, die Plaza de Armas. Die Plaza ist kunstvoll mit Palmen und anderen Bäumen, mit Blumen und Sträuchern dekoriert und besitzt einen großen Brunnen.

Die Kathedrale von Arequipa nimmt eine Seite der Plaza ein. Ihr Bau wurde 1629 begonnen, 1844 nach einem Brand wiederaufgebaut. Nur wenige Jahre später 1868 wurde sie durch ein Erdbeben schwer beschädigt. 2001 stürzte bei einem weiteren Erdbeben ein Glockenturm herab, er wurde 2004 wiederaufgebaut. Die Kathedrale von Arequipa ist eine der weniger als 100 Kirchen weltweit, denen es erlaubt ist, die Flagge des Vatikans zu hissen.

Zweistöckige Arkadenhäuser bestimmen die anderen Seiten der Plaza. Hotels, Restaurants, Banken und Souvenirshops haben sich regelrecht in den Gängen versteckt, es dominiert die Architektur. Direkt nebenan liegt die barocke Kirche „Iglesia de la Compania“. Die Fassade zeigt eine Vermischung aus indigenen und spanisch-katholischen Barock-Elementen.

In den Säulengängen des Kreuzgangs des dazugehörigen Klosters gibt es heute Geschäfte mit traditioneller peruanischer Handwerkskunst, insbesondere hochwertige Alpaka Handarbeiten, eine herrliche Bilderausstellung, ein Restaurant, eine Eisdiele und ein Café.

Danach gehen wir noch zum Museo Santuarios Andinos. Dort sehen wir einen Film über die Inka und speziell über die Tragödie der Juanita. Immer wieder opferten die Inka (ihre) Kinder, um die Vulkangötter günstig zu stimmen. Die Kinder, im besonderen Fall Juanita, mussten mit dem Häuptling und den musizierenden Bergleitern, auf den 6.288 m hohen Ampato klettern.

Sie trugen nur Sandalen und waren mit Decken bekleidet. Man gab ihnen Kokablätter und Schnaps zu trinken. Oben auf mehr als 6.000 m angekommen, wurden die völlig erschöpften und betrunkenen Kinder hingelegt und zugedeckt. Man legte noch Trinkgefäße und Spielzeug bei. So sind sie dann erfroren…

1995 brach der Nachbarvulkan Sabancaya (5.976 m) aus und stieß heiße Vulkanasche auf den Ampato. Die Eisdecke des Ampato schmolz an einigen Stellen und ließ so auch die Mumie der Juanita abrutschen.

Viele der Fundstücke und auch Juanita sind ausgestellt. Sie liegt in einem gut gekühlten Schrank hinter Glas. Wir sind sehr berührt.

Am nächsten Tag besuchen wir ein Patrizierhaus der Kolonialzeit, das Casa del Moral (Haus des Maulbeerbaums). Es wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts erbaut und dient heute als Museum. Es ist das best erhaltene Kolonialhaus der Stadt und nach dem mehr als 200 Jahre alten Maulbeerbaum, der in einem Innenhof steht, benannt. Es ist komplett mit Originalmöbeln eingerichtet und beherbergt auch Wechselausstellungen einheimischer Künstler.

Aber auch dem Monasterio De Santa Catalina statten wir einen Besuch ab. Das Kloster wurde 1579 erbaut und „gilt als eines der wichtigsten religiösen Bauwerke aus der Kolonialzeit. Viele der reichen spanischen Familien gaben ihre zweite Tochter für „Gott und Himmelreich“ ins Kloster. Für das Kloster Santa Catalina ummauerte man kurzerhand einen 20.426 qm großen Teil der Stadt und begründete damit eine autarke Siedlung. Bis zu 150 Nonnen sollen hier zusammen mit ihren Bediensteten in strenger Klausur gelebt haben. Doch es gab Ausnahmen: Die französische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Flora Tristan besuchte im Jahre 1834 das Kloster und schildert in ihrem Reisebericht ausführlich die Lebensart der Nonnen. Flora Tristan zufolge lebten sie weit ungezwungener, als ihre strenge Regel es hätte erwarten lassen. Alle vier Jahre wurden acht Novizinnen aufgenommen, die eine Mitgift von mindestens 1.000 Goldpesos zum Unterhalt des Klosters erbringen mussten. Erst nach einer Reform 1871 nahm das Kloster auch Novizinnen ohne Mitgift auf. Trotz dieser ersten Liberalisierung dauerte es bis 1970, bis das Kloster auf Initiative der verbliebenen Nonnen renoviert wurde und seine Geheimnisse der Öffentlichkeit zugänglich machte: Englische Teppiche, spanische Seidenvorhänge, flämische Spitzentücher, gepolsterte Stühle, Damast, feines Porzellan und Silber gehörten zur „Ausstattung“. Man fand eine autarke Stadt inmitten Arequipas vor, in der die Zeit 1579 stehen geblieben zu sein schien, sieht man einmal von den Zerstörungen durch die Erdbeben ab.“ (Wikipedia)

Die Stadt in der Stadt zeigt exzellente Beispiele für die Vermischung von spanischen und indigenen Elementen.

Wir genießen interessante Blicke auf die frühe sakrale Architektur und Malerei, auf das Mobiliar und den damaligen Lebensstil. Wir schlendern durch ein andalusisch wirkendes Gassengewirr, das uns zu Kreuzgängen, Zellen, Küchen, Wäschereien und Schulzimmern führt. Und zum Schluss bestaunen wir die hinter Glas stehende, über 100 Kilo schwere, goldene, üppig verzierte und mit Edelsteinen besetzte Monstranz.

Arequipa war eine Reise wert, wir sind einmal mehr überrascht. In der Nähe von Arequipa gibt es den zweittiefsten Canyon der Welt – das Colca-Tal.
Planet Wissen äußert sich folgendermaßen: „Beeindruckend tief ist auch der Colca Canyon in Peru. Zwischen 1.200 und 3.200 Meter geht es hier abwärts, je nachdem ob man von seinem Talrand oder einer Bergspitze am Talrand misst. Dieser Canyon galt lange als der tiefste Canyon der Erde. Diesen Rang scheint ihm das Tal des Kali Gandaki in Nepal nun streitig zu machen. Die Schlucht des Kali Gandaki ist … ca. 2000 Meter tiefer als der Colca Canyon.“

Da wollen wir hin, zumal das Tal nur knapp 100 km nördlich von Arequipa liegt. Außerdem befindet sich dort das Kreuz des Kondors (Cruz del Condor, 3.800 m). Hier sollen zwischen acht und zehn Uhr morgens die Könige der Lüfte, die Kondore, mit bis zu drei Meter Flügelspannweite am Canyonrand kreisen.

Doch zunächst geht es wieder hoch hinaus, Passhöhen von 4.764 m und 4.881 m müssen wir meistern. Wir übernachten problemlos in Chivay, dem Tor zum Colca-Tal, auf 3.626 m.

Die Fahrt am nächsten Morgen durch die Schlucht ist einfach super und abwechslungsreich. Die schroffen Berge immer vor Augen, überall an den Hängen und im Tal Inka Felder, d.h. in Terrassen angelegte Felder; tief in der Schlucht der Rio Colca. Und überall kleine hübsche Dörfer, mit schönen Plätzen und bunt bemalten Indianer Figuren.

Mittlerweile sind wir auf einer Schotterpiste unterwegs. Stopp – Eintritt für den Colca Nationalpark – zwei Personen 140 Sol – sehr teuer, immerhin fast 40 Euro. Aber dafür bekommen wir richtig noble Eintrittskarten mit goldener Aufschrift, goldenem Kondor und goldenen Engelsfiguren zum Abstempeln, sowie einen Plan aus Glanzpapier.

Wir kommen zum Cruz del Condor, wir stehen am windigen Canyonrand mit berauschendem Blick in die mehr als 1000 Meter tiefe Schlucht und auf die imposanten Berge, der Himmel über uns ist stahlblau – über uns und unter uns schweben sie – die Andenkondore. Wir genießen die Flugkünstler, die scheinbar ohne jeden Flügelschlag dahinschweben.

Wir fahren weiter durch das Colca-Tal Richtung Westen. Fast alle Besucher verlassen das Tal auf dem Weg Richtung Osten, so wie sie gekommen sind.

Es geht bergauf und bergab durch die Berge, die erste Passhöhe erreichen wir bei 4.187 m. Von Schotter- über Dreck- und Sandpiste bis Wellblechpiste, alles ist dabei. Ab und zu sehen wir Vikunja-Herden. Einsamkeit, keine Hütten, geschweige denn Dörfer, nur tiefes, kahles Tal, durch das sich ein trockenes Flussbett schlängelt. Nach der nächsten Passhöhe 4.253 m geht es wieder hinunter. Wir sehen ein paar Kühe, unweit der Straße eine Hand voll Zelte, dann Steinmauern mit Dächern aus Planen.

Nach vier Stunden begegnet uns das erste Fahrzeug. Wieder eine einsame Behausung. Am Straßenrand sitzen zwei Männer an einem gemauerten Stall und auf der Straße eine gemischte, große Ziegen- und Schafherde.

Eine Art Rebhuhn huscht ins Gebüsch. In unmittelbarer Nähe am Straßenrand eine kleine Hütte überdacht mit Gras und Reisig. Ein Bauer wartet bei seinen drei Milchkannen. Etwas weiter steht noch eine Milchkanne, die abgeholt werden muss.

Jetzt fahren wir durch eine Mondlandschaft, schroffe Berge und Hügel, dürrer ausgetrockneter Grasflaum und nur vereinzelt Kakteen. Endlich wieder mehr grünes Buschwerk, besonders üppig im trockenen Flussbett. Unten im Tal scheint es an einigen Stellen Wasser zu geben. Wir sehen sogar blühende Büsche. Es geht wieder bergauf und alles ist wieder trocken und öde – Wüstensand.

Müll am Straßenrand, die Sonne geht gerade unter. Der Himmel färbt sich rot. Im Bau befindliche Wohnhütten in großen Abständen. In einer steht ein Einheimischer in der Tür. Dann sogar eine Schranke inmitten der unfertigen Wohnhütten. Auf der gegenüber liegenden Seite können wir große, lange Gebäude erkennen. Sie sehen aus wie Viehställe, nicht gemauert, Holzgerüste mit Folie umwickelt und Wellblechdächer. Kurze Zeit später erreichen wir La Colina, endlich einen Ort an einer Teerstraße.

Am nächsten Morgen besuchen wir Toro Muerto (637 m). Verstreut auf einer Fläche von 5.000 qm liegen mehr als 6.000 Petroglyphen (Stein- / Felszeichnungen). Das sind Gravuren, die die Wari und später auch die Inka mit ihren Opfergaben und Ritualen in die Blöcke aus vulkanischem Tuffstein kratzten oder schlugen. Das Areal ist nicht eingezäunt und wir sind, neben einem Archäologenpaar aus Kolumbien, die einzigen Besucher.

Es ist ein Meer von unzähligen Steinblöcken. Nur wenige davon, aber immerhin mehr als 6.000, sind mit Zeichnungen versehen und nummeriert. Diese Steinblöcke gilt es zu finden. Es macht Spaß zwischen den Felsen herumzuklettern, um immer wieder neue Zeichnungen zu entdecken. Auf dem weitläufigen und stellenweise steilen und sandigen Gelände finden wir Zeichnungen von Priestern, Tänzern, Vögeln, Lamas, Füchsen, Reptilien und Fröschen, aber auch geometrische Figuren. Nach mehr als vier Stunden, haben wir alle wichtigen Steinblöcke gefunden und machen uns auf den Weg Richtung Küste.

Unser erstes Ziel ist Puerto Inca. In einer kleinen Bucht mit heftiger Brandung steht eine Hotelanlage mit Ferienhäusern und Blick auf den wilden Pazifik. Wir sehen vier große strohbedeckte Sonnenschirme mit Steintisch und Steinhocker, einen großen Spielplatz, ein Volleyballnetz, einen Swimmingpool und … keine Menschenseele.

Dahinter in den Felsen liegen die Ruinen des Inka Hafens. Hier legten vor 500 und mehr Jahren die Fischer mit ihren Booten an. Dann wurden die Fische per Stafettenläufer innerhalb von 24 Stunden nach Cusco gebracht. Eine unglaubliche Leistung, wenn man bedenkt, dass Cusco in den Anden auf 3.500 m und knapp 400 km (Luftlinie) entfernt liegt.

 

Juni 2017

 

Wir fahren weiter auf der Panamericana, die jetzt eine richtige Wüstenstraße ist, rechte Seite Sand und Dünen, linke Seite der Pazifik, Sandstrand, Verwehungen bis auf die Straße, ein Bagger macht gerade alles wieder frei. Und hier und da sieht man am Strand bewohnte Holzhütten.

Wir kommen durch eine Oase. Am Straßenrand werden Oliven und Olivenöl angeboten. Die Straße führt vom Pazifik weg ins Landesinnere. Die Gegend gleicht jetzt einer Mondlandschaft. Dann biegen wir auf eine Piste ab. Wir wollen zum Wüstenfriedhof Chauchilla aus der Vor-Inkazeit. Es ist der einzige archäologische Ort in Peru, an dem Jahrhunderte alte Mumien in ihren Originalgräbern zu sehen sind.

Leider wurde der Friedhof viele Jahre lang von Grabräubern heimgesucht. Zurück blieben zerstörte und ausgeraubte Gräber und die Mumien. Wir sehen in den weit auseinanderliegenden Gräbern Mumien mit langen Haaren, die in Decken und Kleiderfetzen eingewickelt sind. Aber auch Grabbeigaben, alte Töpfereien und Menschenknochen, die man verstreut in der Wüste gefunden hat.

Wir kommen nach Nazca, nicht gerade eine saubere Stadt. Nachdem wir an zwei Aussichtspunkten so gut wie nichts von den berühmten Nazca-Linien gesehen haben, beschließen wir, einen Rundflug zu buchen.
Doch zuerst besuchen wir das Maria Reiche Museum. Maria Reiche (1903 - 1998) war eine deutsche Mathematikerin. Sie traf 1939 auf den US-amerikanischen Wissenschaftler Paul Kosok, der sie bat, einige Messungen in Nazca durchzuführen. Ab 1946 begann sie alleine dort zu arbeiten. Sie entdeckte und vermaß etwa 50 Figuren und an die 1000 Linien in der Wüste rund um Nazca.
1994 wurde ihre erfolgreiche Arbeit zum UNESCO Naturerbe ernannt und ihr zu Ehren das Maria Reiche Museum gegründet.
Teile ihrer Hütte, in der sie mehr als 25 Jahre ohne Wasser und Strom gelebt hatte, sind im Museum zu sehen. Ihr Wohnraum wurde nachgebaut und enthält neben ihrem Mobiliar ihre Pläne, Berechnungen und Bilder. Im Museumsbereich steht auch ihr alter Bulli. Maria Reiche wurde 1998 auf dem Museumsgelände beigesetzt.
„Die Nazca-Linien bestehen aus bis zu 20 km langen Linien, Dreiecken und trapezförmigen Flächen sowie Figuren mit einer Größe von zehn bis mehreren hundert Metern, z. B. Abbilder von Menschen, Affen, Vögeln und Walen. Oft sind die Figur bildenden Linien nur wenige Zentimeter tief. Durch die enorme Größe sind sie nur aus großer Entfernung zu erkennen, von den Hügeln in der Umgebung oder aus Flugzeugen. … Entstanden sind die Bilder durch Entfernung der oberen Gesteinsschicht, die von Wüstenlack überzogen ist (negatives Relief). Dieser Wüstenlack besteht aus einem rostroten Gemisch aus Eisen- und Manganoxiden. Dadurch kommt das hellere Sedimentgemisch zum Vorschein und bildet … Linien.“ (Wikipedia)
Die ältesten Figuren stammen aus der Zeit zwischen 800 v. Chr. bis 200 v. Chr.
Wir fahren zum Flughafen und treffen an einem Souvenirstand zufällig auf einen Piloten, der uns einen Flug mit dem Flugzeug seines Vaters anbietet. Er besitzt hier die einzige Maschine, die ihr Fahrwerk einziehen kann und keine Stützen unter den Flügeln hat.
Wir schauen uns weiter um und werden von Tour Anbietern förmlich überrannt. Jeder hat das beste Flugzeug, aber die Preise sind deutlich höher als direkt beim Piloten.
Unser Pilot zeigt uns das Flugzeug seines Vaters, wir sind überzeugt und schlagen ein. Wir werden gewogen, unsere Daten werden aufgenommen und wir bezahlen. Am nächsten Morgen um acht sollen wir vor Ort sein, die Startzeit ist wetterabhängig.
Anderntags werden wir noch von einem jungen amerikanischen Pärchen begleitet. Sie haben über ihr Hotel gebucht und exakt das Doppelte bezahlt. Der Himmel ist strahlend blau.
Vater und Sohn bitten uns in ihre sechssitzige Maschine. Wir schnallen uns an und bekommen Kopfhörer aufgesetzt. Und schon hoppeln wir auf die Startbahn. Wir gewinnen schnell an Höhe und fünf Minuten später sehen wir die ersten Nazca-Bilder. Wir schwenken stark nach rechts, unter uns sehen wir Linien und Rechtecke. Dann stark nach links, damit die andere Seite die Linien und Rechtecke ebenfalls gut sehen kann.
Dann nach rechts – der Astronaut, und wieder nach links für die links sitzenden Passagiere. Dann wieder nach rechts – der Affe, und wieder nach links. Wieder nach rechts – der Hund, wieder nach links. Nach rechts – der Kolibri, nach links … „Wieviele Bilder sehen wir noch?“ Nach rechts – die Spinne, nach links. Nach rechts – der Kondor, nach links … „Die Frage war ernst gemeint!“ Nach rechts – der Reiher, nach links … „Es geht nicht mehr! Wir müssen uns gleich über…“. „Wir sind auf dem Rückweg. Noch ein Bild und zum Abschluss die Aquädukte von Cantalloc.“
Nach rechts – der Baum und die Hände, nach links. Dann geht es endlich geradeaus nach acht Minuten die Aquädukte aus der Luft.
Fünf Minuten später haben wir wieder festen Boden unter den Füßen … endlich!
Der Flug war überwältigend. Nur aus der Luft kann man die mehr als 2.000 Jahre alten Zeichnungen richtig erkennen. Es gibt mehr als zwei Dutzend Erklärungsversuche, warum vor so langer Zeit diese riesigen Bilder geschaffen wurden. Und, wie es möglich war, so exakt zu arbeiten?
Das stetige rechts, links in schneller Folge war für uns alle mehr als gewöhnungsbedürftig. Aber … wir würden es jederzeit wieder tun.
Die Nazca haben noch weiters geschaffen. In Cahuachi, unweit der Stadt Nazca, befindet sich ein ehemaliges Kultzentrum der indigenen Nazca-Kultur.
„In den Jahren 1984 bis 1998 wurden unter der Leitung des Italieners Giuseppe Orefici … eingehende Ausgrabungen auf diesem Ruinengelände vorgenommen und die Besiedlung teilweise rekonstruiert.
Das Areal umfasst eine Fläche von etwa 24 Quadratkilometern und enthält sechs aus luftgetrockneten Ziegeln errichtete Stufenpyramiden, von welchen die größte eine Höhe von rund 30 Metern aufweist. Neben den Pyramiden befinden sich noch rund 40 weitere Gebäudestrukturen in Cahuachi. Es handelt sich um eine der größten Zeremonialstätten, die aus der präkolumbischen Zeit bekannt sind.“ (Wikipedia)
Auf unserem Weg nach Lima besuchen wir die Halbinsel Paracas. Ein Wüstenparadies mit vielen Wasservögeln, insbesondere Flamingos, Pelikane und Pinguine. Am Aussichtspunkt Kathedrale können wir nur noch die Überreste des einstigen Wahrzeichens sehen. 2007 ließ ein Erdbeben den größten Teil der Felsformation „Kathedrale“ ins Meer stürzen.

„In Tambo Colorado spazieren wir durch eine alte Inka-Siedlung. Tambo Colorado … ist eine ehemalige Inka-Siedlung (um 1450 n. Chr.) ... Die gut erhaltene Ruine befindet sich am rechten Ufer des „Pisco River Valley“ und wurde an einem Hügel gebaut. Obwohl es sich um ein kleines Gelände handelt, zählen die Überreste Tambo Colorados zu den besten ganz Perus. Wie bei den Inkas üblich, sind die Lehmziegel-Gebäude meist rot und gelb angemalt und mit vielen Trapezformen konstruiert.“ (Wikipedia)
Wir kommen nach Lima, der Hauptstadt Perus. Sie ist nach Sao Paulo und Bogota mit knapp 7 Mio. Einwohnern die drittgrößte Stadt Südamerikas.
Im Club Germania finden wir als Deutsche einen geschützten, sicheren und sogar kostenlosen Übernachtungsplatz.
Mit dem Bus fahren wir für umgerechnet 82 Cent (Fahrpreis für zwei Personen) in das eine Stunde entfernte Stadtzentrum. Die Altstadt wurde 1991 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Wir werden während der Fahrt bestens unterhalten. Zum einen durch den Gehilfen des Busfahrers. Er schreit sich die Seele aus dem Leib, um den Insassen und den Wartenden draußen zu erklären, wo wir gerade sind und wo der Bus denn hinfahren wird. Dabei steht er meistens auf dem Trittbrett oder hängt sich wagemutig aus dem Fenster der ersten Sitzreihe. Nebenbei kassiert er das Fahrgeld. Zum anderen durch den Busfahrer. Der Bus prescht los. Der Busfahrer gibt Vollgas, überholt alles, was vor ihm fährt und drängt sich von der dritten Überholspur wieder an den Fahrbahnrand zur nächsten Haltestelle. Im letzten Moment werden mit brachialer Gewalt die Bremsen bemüht. Es gibt nur Vollgas oder brutales Bremsen. Er ist bestimmt ein ehemaliger Formel 1 Rennfahrer.
Aber der Unterhaltung noch nicht genug. Eine Eisverkäuferin geht durch den Bus und preist ihr Eis an. Es folgt ein Süßigkeiten- und ein Chips-Verkäufer und noch eine Eisverkäuferin. Und noch eine Süßwarenverkäuferin.
Nun kommt ein ganz bunter Vogel. Er postiert, besser er klemmt sich vorne im Gang fest und redet wie ein Wasserfall durch sein Mikrophon. Er strahlt wie ein Honigkuchenpferd und will irgendwelche Zeitschriften verkaufen – keiner beachtet ihn, obwohl er einen Ausweis umhängen hat. Als er aussteigt hat er sogar eine Zeitschrift verkauft. Schon kommt wieder ein Süßigkeiten-Verkäufer. Nach einer Stunde ist das Schauspiel leider vorbei – wir sind im Zentrum angekommen.

Wir stehen im Parque de la Muralla und schauen auf die Reste der Staumauer und auf Häuserruinen aus dem 17. Jahrhundert. Dann gehen wir zur Plaza de Armas, dem zentralen Platz der Stadt. Wir sind überwältigt von der Kathedrale und dem Regierungsgebäude. Hier gibt es ein riesiges Polizeiaufgebot und salutierende Soldaten. Die Plaza de Armas ist ein wunderschöner Platz mit herrlicher Parkanlage und verzierten Laternen. Drei Jugendliche interviewen uns. Sie stellen uns allerlei Fragen. Sie filmen uns dabei, schießen noch ein Selfie und zeigen uns, wo wir peruanisch essen können und wo die Fußgängerzone ist.

Wir gehen in die Iglesia Santo Domingo, eine wunderschöne Kirche mit tollen Gemälden bis in die Kuppel, bunt gekleidete und bunt bemalte große Heiligenfiguren, eine goldene Kanzel und genauso prunkvolle Seitenkapellen.

Nach langem Suchen finden wir ein gemütliches, einheimisches Restaurant. Hühnersuppe mit Kartoffeln und Nudeln, dazu einen schokoladigen Schwarztee und Pollo Saltado: Reis mit Hähnchenstücken, Fritten und buntes Gemüse vor allem Zwiebelstücke. Wir bezahlen insgesamt 9,85 Euro … lecker!!

Wir schlendern noch durch das alte Lima und suchen dann unseren Bus. Wer jetzt meint die Hinfahrt sei was Besonderes gewesen, der irrt. Schreier und Rennfahrer sind wieder mit von der Partie. Auf geht’s in voller Fahrt durch das Straßengewirr von Lima.

Einer will Süßigkeiten verkaufen, ein anderer, ein junger Bursche bettelt, holt eine Tüte Bounty hervor und will die Schokostücke einzeln verkaufen. Dann erleben wir zwei Musiker, einer mit Rasseln, der andere mit einer Trommel, dazu wird gesungen … richtig gut.

Später steigt eine Frau mit Mikrophon ein und predigt über Jesus. Die nächsten Musiker steigen ein und trommeln und singen was das Zeug hält … nicht so gut. Viel zu schnell geht die Raserei zu Ende.

Am nächsten Morgen lassen wir uns wieder in die Stadt fahren. Ein Musiker mit Gitarre steigt ein und singt aus voller Brust gegen das kreischende Radio an. Immer wieder steigen vorne Verkäufer ein, bieten Eis, Süßigkeiten oder Chips an und steigen hinten wieder aus.
Da kommt ein Fahrgast mit Transistorradio und nimmt mit seiner lauten Reggae Musik den Dreikampf gegen Gitarre und Radio auf. Als Gitarre und Radio wieder aussteigen, müssen wir ebenfalls aussteigen, wir sind wieder im Zentrum.
Wir schauen uns das Schoko Museum an, und informieren uns über die Anbaugebiete der Kakaobohnen. Wir probieren Kakaoschalentee und Kakaoschalen Crisp mit Schokostückchen, lecker die kaufen wir.

Wir kommen gerade zur richtigen Zeit. Vor dem Präsidentenpalast wird die Wachablösung mit Musikkorps und Dutzenden von schnieken Soldaten zeremoniert. Eine tolle Show. Schicke schwarzrote Uniformen und flotte südamerikanische Musik.
Dann schauen wir uns weitere Kirchen Limas an: Santa Rosa, Las Nazarenas, Nuestra Senora de la Merced und San Pedro. Nachdem unser Heiligenschein immer größer wird, treten wir den Heimweg an.

Um 16 Uhr sitzen wir im richtigen Bus, und sofort steigt der erste Keksverkäufer ein und wieder aus.
Dann kommt ein Bonbonverkäufer, eine Waffelverkäuferin rein und raus.
Und dann zwei Musiker, mit Panflöte, Mandoline und Gesang – richtig traditionell und sehr schön.

Wir haben für den Moment genug von Lima, von Kirchen und vom Busfahren. Wir fahren zum Oldtimermuseum Nicolini.

Senor Jorge Nicolini, ein „armer“ Nudelfabrikant aus Italien, sammelt seit 1962 Oldtimer und leistet sich eine eigene Werkstatt mit Mitarbeitern, die tagtäglich Oldtimer auf Vordermann bringen. Mittlerweile kümmern sich 10 Mitarbeiter um seine Autosammlung. Sogar eine eigene Galvanik hat sich Nicolini einrichten lassen, verchromt wird selbst, damit all seine Fahrzeuge im richtigen Glanz erscheinen. Er arbeitet nur mit Originalersatzteilen, auf die er unter Umständen monatelang warten muss.

Seit 2002 Jahren werden die alten und klassischen Fahrzeuge im Nicolini Auto Museum ausgestellt. Mittlerweile ist seine Sammlung auf 120 Exemplare angestiegen und es werden immer noch mehr. Alle Fahrzeuge sind fahrbereit und in einem perfekten Zustand.

Die Fahrzeuge wurden interessanterweise bis auf wenige Ausnahmen in Peru erworben. Jorge Nicoline nennt drei Fahrzeuge sein Eigen, die einzigartig auf der Welt sind, d.h. diese Fahrzeuge gibt es nur noch in seinem Museum – fahrbereit und in perfektem Zustand – unter anderem ein Wanderer von 1915 und ein Stutz von 1928.

Zwei weitere Fahrzeuge könnten ebenfalls einzigartig sein, aber ihm fehlt noch die letzte Bestätigung und das entscheidende Zertifikat.

Wir werden von einem Mitarbeiter, der jedes Fahrzeug in- und auswendig kennt, durch die spektakuläre Sammlung geführt – einfach unbeschreiblich.

Perus alte Kulturen sind vielfältig. Wir besuchen die Pyramide Huaca Pucllana. Eine Pyramide, die von der Lima-Kultur – eine indigene Zivilisation – um 500 n. Chr. erbaut wurde. Sie war wichtiger Treffpunkt für rituelle und politische Aktivitäten. Die Pyramide wurde aus Lehmziegeln gebaut. Die scheinbar willkürlichen gestapelten Ziegel bilden interessante Muster. Von oben erkennt man im Umfeld Mauern und Räume aus demselben Material.

Uns zieht es weiter. Wir möchten nach Caral, das lange als die älteste bekannte Stadtsiedlung auf dem amerikanischen Kontinent galt. Seit 2009 ist Caral auch Weltkulturerbe. Das Alter von Caral und seiner Kultur wurde anhand von Schilfsäcken mit der Radiokohlenstoffmethode auf ca. 4.500 Jahre datiert.

Eine junge Peruanerin führt uns über das riesige Ausgrabungsgelände. Sechs Pyramiden, Grundrisse von Wohnhäusern, Feuerkultstelle mit Ventilation, Amphitheater, ein großes kreisförmiges Becken für die Reinigung der Füße. Die größte Pyramide diente der Verwaltung, von dort konnte man auch das ganze Dorf überblicken.

Wir bedanken uns für die Führung, schauen uns die Informationen auf den Wandtafeln und das gut gelungene Museum mit den prähistorischen Fundstücken an. Einfach toll.

Im sogenannten Sechin-Komplex findet man „die ersten Großbauten des südamerikanischen Kontinents. Die … Lehmziegelanlage reicht 900 Jahre weiter in die Vergangenheit zurück als die berühmte peruanische Kultstätte Caral, die bislang mit ihrer Errichtung um 2.500 vor Christus als die älteste Stadt Südamerikas gehandelt wurde (bild der wissenschaft 3/2006, „Streit um Amerikas erste Hochkultur“). Der „Vorgängerbau“ entstand nach den C14-Daten eindeutig zwischen 3.400 und 3.200 vor Christus. Da steckte das ägyptische Pharaonenreich noch in den Anfängen, und von den Weltwunder-Pyramiden war weit und breit nichts zu sehen.“ (bild der wissenschaft, 5/2007, „Die ältesten Monumentalbauten der neuen Welt“)

Also nichts wie hin. Wir erreichen 200 km nördlich von Caral im Casma-Tal die Ausgrabungsstätte Sechin und das Museum Max Uhle. Wir schließen uns einer amerikanischen Gruppe an, ein Archäologieprofessor mit seinen Studenten, die auf einer Bildungsreise durch Peru sind.

Auf den Außenmauern der Tempelanlage Cerro Sechin sehen wir brutale in Stein gemeißelte Bildnisse, blutrünstige Krieger mit Waffen, enthauptete Opfer und abgerissene Körperteile. Über ihre Bedeutung wird noch gerätselt. Ist dies die Dokumentation einer gewonnenen Schlacht? Sind es Menschenopfer(-gaben) für die Götter? Gab es einen blutigen Aufstand?

In der Tempelanlage finden wir viele unterteilte Becken, deren Zweck bis heute noch nicht geklärt wurde. Kämpfe gab es hier wohl keine, weil man weder Menschenknochen noch Kriegswaffen gefunden hat.

Das Uhle-Museum mit Schaubildern und großen und kleinen Fundstücken rundet alles ab.

„Förmlich eingekesselt zwischen dem Ozean und den Anden liegt das Casma-Tal in der Region Ancash im Norden Perus. Knapp 300 Kilometer von der peruanischen Hauptstadt Lima entfernt bieten sich optimale Bedingungen für Siedlungen: auf der einen Seite die fischreichen Gründe des Meeres, auf der anderen Seite fruchtbare Hochlandebenen und das tropische Tiefland.
Perfekte Bedingungen für die Einwohner dieser Region und so ist es nicht verwunderlich, dass es hier im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. zu einer Bevölkerungsexplosion kam. Im Casma-Tal finden sich noch heute die Überreste von über 50 monolithischen Bauten, die zwar für das ungeübte Auge aussehen wie Lehmhügel, aber für Archäologen eine immense Bedeutung tragen.“ (http://peru-spezialisten.com/)

Es treibt uns weiter. Wir kommen zu der Ausgrabungsstätte Huacas de Moche. Mond- und Sonnen-Tempel einer Kultur, die sich um 1.000 v. Chr. entwickelte. Zuerst gehen wir in das Museum und betrachten die prachtvollen Keramiken, in vielerlei Formen mit interessanten Mustern in Naturfarben, ob Figuren, Schmuck, Masken, Trinkgefäße, Gebrauchsgegenstände oder Grabbeigaben. Alles tadelloses, hochwertiges und künstlerisches Handwerk und so gut wie unbeschädigt.

In einem Film sehen wir nachgestellt, wie der Tempel Huasca de la Luna vergrößert wird, in dem der alte zugeschüttet und ein neuer größerer darauf aufgebaut wird. Jeder neue Herrscher hat es sich nicht nehmen lassen, einen größeren Tempel zu bauen.

Die Führerin Itaca leitet uns durch den über mehrere Stufen/Etagen angelegten 5. Luna Tempel. Sie zeigt uns Reliefs, plastisch modelliert und mit Naturfarben bemalt. Wir sehen den Opferbereich mit Altären für 15- bis 25-jährige männliche Opfer. Im Tempel befanden sich einst Gräber, die aber leider von Grabräubern geplündert wurden. Jede Pyramidenstufe ist mit sich wiederholenden Motiven verziert, modelliert und bemalt.

Der zweite große Tempel, der Verwaltungstempel Huasca del Sol, ist noch nicht ganz freigelegt … aus Geldmangel. Dieser Tempel war ursprünglich noch viel größer. Grabräuber haben den Fluss mitten durch den Tempel umgeleitet, um den Tempel zu öffnen, auszuspülen und auszuplündern. Dabei wurden leider Teile des Tempels unwiederbringlich weggespült.

Wir bedanken uns für die Führung, tragen uns ins Gästebuch ein und fahren weiter in die nahegelegene Stadt Trujillo (710.000 Einwohner).

Wir kommen gerade rechtzeitig zum Ende der Vorbereitungen zur Fronleichnamsfeier. Rund um die Plaza de Armas sind bunte Blumenbögen gespannt. Darunter liegen religiöse Motive, bunt gemalt oder aus frischen Blüten und Blütenblättern angelegt. Ein herrliches Bild.

Auf einer großen Bühne neben der Kathedrale ist ein prunkvoller Altar aufgebaut. Eine Band und ein Chor, in schwarz-weiß gekleidet, spielen und singen festliche Lieder, aber in flottem Rhythmus. Riesige Boxen übertragen die Musik unüberhörbar.

Mehrere 1000 Menschen festlich gekleidet sind auf dem Platz versammelt, singen und jubeln. Immer wieder kommen uniformierte Schulklassen und stellen sich rund um den Platz auf. Messdiener bringen Kerzen zum Altar.

Nach Abschluss der hl. Messe und der gesamten Veranstaltung gibt es ein brillantes Feuerwerk.

Am nächsten Tag fahren wir nach Chan Chan. „Chan Chan war die Hauptstadt des präkolumbischen Chimú-Reiches ... Sie entstand etwa um 1.300 und erstreckt sich noch heute über eine Fläche von 28 km². Sie war wahrscheinlich die größte Stadt der damaligen Zeit auf dem südamerikanischen Kontinent und eine der größten der Welt, die aus Lehm errichtet wurde. Zu ihrer Blütezeit beherbergte die Stadt etwa 60.000 Einwohner und hatte ein ansehnliches Vermögen an Gold, Silber und keramischen Kunstgegenständen angehäuft.
Chan Chan konnte von den Inkas mit militärischer Gewalt nicht besiegt werden. Deshalb leiteten die Angreifer den durch die Oase fließenden Fluss um, so dass die Einnahme der Stadt durch die bald eintretende Wasserknappheit möglich wurde.
Nach der Eroberung durch die Inkas verlor die Stadt ihre Bedeutung. Die Stadt wurde nicht von ihnen zerstört, weil sie mehr Wert auf Expansion als auf Reichtum legten. Das änderte sich aber schlagartig, als die Spanier das Inkareich eroberten. Von der gesamten Chimú-Kultur blieb nicht mehr viel übrig. Heute sind nur mehr riesige Flächen von Lehmbauten in mehr oder weniger schlechtem Zustand und einige Festsäle vorhanden.“ (Wikipedia)

Leider hat der Regen im letzten Jahr (01/2017) den Lehmbauten so zugesetzt, dass nur noch die Hälfte der Gebäude besucht werden können. Zum Schutz vor weiteren Regenfällen wurden hässliche Wellblechdächer installiert, die die Schönheit der Anlage zerstören. Alle Gebäude sind aus Lehm errichtet mit einer ganz anderen Technik, ohne Farben, „nur“ geschnitzte Figuren und Ornamente aus Lehm.

Wir fahren weiter nach Lambayeque.

„Er hat nicht einmal einen Namen. Denn das Volk im Norden Perus, dessen höchster Priester-Herrscher er war, besaß keine Schrift. Deshalb ist nicht überliefert, wie er hieß, muss die Umschreibung "Fürst von Sipán" aushelfen. Aber durch ihn, durch sein Grab, weiß man inzwischen sehr viel mehr über sein Volk, die Moche. … Sein Grab fand man - in der Archäologie nicht selten - 1987 durch die Festnahme von Raubgräbern, die unweit des Dorfes Sipán im Lambayeque-Tal eine der monumentalen Lehmziegelpyramiden, die Reste eines Moche-Heiligtums, zu durchwühlen begonnen hatten. … da die Funde bei Sipán ungewöhnlich reich waren und damit in der benachbarten Siedlung eine Art "Goldrausch" auslösten, kam es bei der Teilung zum Streit, so dass schließlich die Polizei davon erfuhr und eingriff. Sie konnte im Haus eines der Beteiligten noch 33 Stücke beschlagnahmen. Anderes war bereits außer Landes gebracht und nach Nordamerika verkauft worden. Doch da in den USA 1990 ein Gesetz verabschiedet worden war, wonach kein Eigentum an geschmuggelten archäologischen Funden erworben werden kann, gelangten nach und nach weitere Stücke aus Sipán zurück nach Peru. Doch die eigentliche Sensation gelang den Archäologen des Museums Brüning, die in Lambayeque die Sicherungsgrabung durchführten. Sie stießen auf das erste unversehrte Fürstengrab aus dem 2./3. Jahrhundert n. Chr. - ein herausragendes Zeugnis der Andenkultur vor dem ebenso überragenden wie kurzlebigen Imperium der Inka (1467-1532). Der "Señor von Sipán" wird deshalb auch als der "Tutanchamun Perus" bezeichnet. … Bei den Ausgrabungen stieß man zuerst auf das Skelett eines "Wächters", der auf dem mit Balken abgedeckten Grab lag. Der Fürst, wahrscheinlich zwischen 35 und 40 Jahre alt, war nicht mit einem Sarg beerdigt, sondern in ein vorbereitetes Grab gelegt worden. Neben und auf ihm lagen Waffen, Schmuckstücke und Insignien, die ihn als politischen Herrscher wie als höchsten Priester auswiesen. Mit ihm wurden drei junge Frauen, drei Männer und ein Junge bestattet. Außerdem fand man in Beigabendepots 1137 keramische Gefäße. (DIE WELT, Dem Streit der Grabräuber folgte die Sensation, 28.12.2000)

Wir besuchen das Museum des Herrschers von Sipan, das 2002 eröffnet wurde. Hier werden der einzigartige Goldschmuck und andere Kunsthandarbeiten, die bei den archäologischen Ausgrabungen gefunden wurden, ausgestellt.
Die Architektur des Museums lehnt sich an die Form der abgeschnittenen Pyramiden der Moche Kultur an. Es ist im Innern relativ dunkel und so aufgebaut, dass man sich von oben langsam in das Innere der Pyramide vorwagt, so wie die Archäologen die Gräber entdeckt haben. Unten findet man dann das überreiche Grab des Herrschers von Sipan.
Nach dem beeindruckenden Museum fahren wir zum Ausgrabungsgelände. In den offenen Gräbern wird über mehrere Ebenen durch original getreue Nachbildungen die Zeit der Ausgrabung wieder lebendig.
Das war ein runder und schöner Abschluss.

 

Über Lobitos erreichen wir Zorritos. Auf dem Campingplatz Swiss Wassi bei Jacques und Melba gönnen wir unserem Auto für zwei Monate eine Ruhepause. Von Tumbes über Lima und Madrid fliegen wir für zwei Monate in die Heimat zur Familie und zu Freunden.

September 2017

 

Wie im Fluge sind die zwei Monate vergangen. Wir sind wieder wohlbehalten in Tumbes gelandet. Jacques, der Hüter unseres Autos in unserer Abwesenheit, holt uns am Flughafen ab. Es hat sich nichts verändert. Dasselbe schöne Wetter, die Palmen am Strand und unser Auto mittendrin.
Diese Idylle in Zorritos genießen wir noch drei Wochen. Wir spazieren oft am Strand entlang bis zum Fischerhafen von Acapulco.
Wir freunden uns richtig mit Jacques und Melba an. Wir kochen zusammen und schauen Urlaubsbilder auf einer riesigen Leinwand.
Wir diskutieren mit Jacques und Melba über unsere weiteren Ziele in Peru. So beschließen wir in einer kleinen Rundfahrt, eine Expedition in den Amazonas Regenwald zu unternehmen und natürlich Cuzco, die Hauptstadt des Inka-Reiches zu besuchen.
Gesagt getan. Wir machen uns auf den Weg Richtung Amazonas. An einem schönen Straßenstand kaufen wir Äpfel, Bananen, Zitronen, Mandarinen, Feigen und Granatäpfel für wenig Geld.
In Cocachimba legen wir eine Pause ein, denn von dort aus kann man die Wasserfälle „Catarata de Gocta“ besuchen.

Wir marschieren steil bergauf und steil bergab, hin und wieder auch über Stufen, über große und kleine. Es geht durch dichten Dschungel, dann an Strohhütten vorbei. In einer werden frisch gepresste Säfte und Kaffee angeboten, andernorts geraspeltes Zuckerrohr oder Postkarten, die auf ihre große Reise warten. Wir gehen über mehrere Brücken, sogar über eine Hängebrücke. Schöne bunte Schmetterlinge begleiten uns. Dann endlich nach zwei Stunden zeigt sich zum ersten Mal der herrliche Wasserfall.  Das Wasser stürzt tosend 740 m in die Tiefe.

Wir gehen bis ganz unten, dorthin wo das Wasser in ein natürliches Becken fällt. Die Wassertemperatur beträgt nur 15 Grad. Aber auch bei diesen Temperaturen springen einige Mutige ins kühle Nass. Es ist ganz schön kalt und frisch hier. Der Wind treibt uns Wassertropfen ins Gesicht. Wir gehen wieder ein Stück höher und genießen unser Picknick bei toller Aussicht auf den Wasserfall.

Gestärkt treten wir den Rückmarsch an. Wir fahren weiter. Es geht wieder hinauf in die Berge, Passhöhe 2.280 m. In einem größeren Bergdorf, in Luya, fragen wir die Polizei nach einem Stellplatz. Sie weist uns einen Platz direkt am Dorfplatz zu. Auf die Frage, wo denn eine Bank sei, bittet Sie uns einzusteigen. Sie fährt uns zur Bank und wieder zu unserem Stellplatz zurück. Die Polizei, dein Freund, dein Helfer.

Wir gehen noch eine Runde und kommen an einem Zirkuszelt vorbei. Erst später am Abend werden wir Zirkusatmosphäre mit Musik, Moderation, Ausrufen des Staunens und viel Applaus zu hören bekommen. In der Halle nebenan gibt es ein Fest mit vielen Kindern und Müttern. Die große Eingangstür ist mit Hunderten von dicken Luftballons geschmückt, schwarz, rot, gelb. Eher Zufall, denn beim Nachfragen erfahren wir, dass das nichts mit Deutschland zu tun hat.

Am nächsten Tag besuchen wir die Sarkophage von Karajia.  Hier sind in einer Felswand auf halber Höhe mehrere Sarkophage zu sehen. In dieser Begräbnisstätte wurden vermutlich Fürsten der Chachapoya bestattet. Die Chachapoya Kultur ist eine weitere der vielen Kulturen in Peru, deren Zeugnisse zumeist auch UNESCO Weltkulturerbe sind.

 

Wer Peru hört, denkt meist an die Inka und an den Machu Picchu, die vor 500 Jahren ihre Blütezeit hatten, bevor die Spanier das Inka-Reich eroberten. Dabei hat es in Peru bereits vor mehr als 7.000 Jahren erste Siedlungen gegeben: Sechin, Caral, Paracas, Nazca, Moche, Tiwanaku, Chimu, Chachapoya sind Kulturen, die wir besucht haben / besuchen durften. Es gibt aber noch eine Reihe weiterer Kulturen (Chavín, Recuay, Huari, …). Sie alle haben sich gegenseitig beeinflusst oder aufeinander aufgebaut.


Das bedeutendste Bauwerk der Chachapoya ist Kuelap, eine ehemalige Festung auf 3.000 m Höhe.
Wir wandern auf gut gepflasterten Wegen hinauf zur Ruinenstadt. Immer wieder halten wir an und genießen die herrliche Aussicht auf die terrassierten Felder, auf die hohen Berge und auf die unter uns liegenden Wolkenfelder.
Die Festung steht auf einem Bergrücken und konnte auf drei Ebenen bis zu 3.000 Menschen beherbergen. Sie ist ein Bollwerk und mit bis zu 21 Meter hohen Mauern gesichert. Wir schauen uns den beeindruckenden Ort mit seinen phantastischen Aussichten auf die umgebende Landschaft an. Wir sind neben ein paar Lamas die einzigen Besucher.
Es gab damals nur drei extrem schmale Eingänge, durch die, aus strategischen Gründen, immer nur eine Person gelangen konnte. Die Eingangstüren sind heute für die Besucher etwas breiter, aber man muss anschließend immer noch durch eine enge, steile Gasse um in das Innere der Festungsanlage zu gelangen. D.h. selbst, wenn es früher jemand geschafft hätte, durch eine Pforte zu kommen, hätte er kaum eine Chance ins Innere vorzudringen, von den Mauern der Gasse aus hätte man den Eindringling schnell überwältigen können. Interessant ist,  dass alle Gebäude der Chachapoya rund waren. Es gibt in der Festung nur ein viereckiges Gebäude, das man den Inka zuspricht.


Weiter geht es in Richtung Yurimaguas, zwei Tagen lang stetig bergab. Die Vegetation ändert sich, wir kommen dem Regenwald immer näher. In Yurimaguas enden schließlich die Straßen. Weiter nach Osten kommt man nur noch per Flugzeug oder Schiff.
„Yurimaguas liegt auf einer Höhe von rund 150 m am linken Ufer des Río Huallaga, einem schiffbaren Quellfluss des Amazonas .... Im Westen der Stadt beginnt ein hügeliges, von Farmen geprägtes Gebiet, das durch Reste von tropischem Wald durchsetzt ist. Die Cordillera Oriental mit Höhen bis ca. 2000 m liegt als letzter Ausläufer der Anden in Form eines lang gestreckten Bergrückens ca. 70 km südwestlich der Stadt. Im Osten von Yurimaguas, am rechten Ufer des Río Huallaga, beginnt das eigentliche Tiefland des Amazonasbeckens.“ (Wikipedia)


Iquitos, die größte Stadt im peruanischen Regenwald (400.000 Einwohner), ist unser Ziel und mit unserem Auto nur per Lastschiff zu erreichen. Wir kommen zum Hafen und werden von den Agenten der unterschiedlichen Reedereien förmlich umgerannt. Jacques unser Freund vom Campingplatz hatte uns gewarnt, „lasst Euch nicht von lockenden Preisen blenden, geht zu den blau weißen Fähren von Eduardo, da könnt ihr nichts falsch machen.“
Wir lassen uns nicht aufhalten und bahnen uns unseren Weg in Richtung der blau weißen Flotte. Wir treffen auf Manuel, der für Eduardo zuständig ist. Wir verhandeln wie auf einem orientalischen Basar – wie im Hafen von Yurimaguas. Wir werden auf unseren Wunsch sogar zum Kapitän geführt. Es geht um den Transport des LKW, um die Verpflegung für die nächsten drei Tage und um die Planken, die verlegt werden müssen, damit unser „Kleiner“ auf die Fähre fahren kann.
Schließlich werden wir handelseinig. Die Planken scheinen uns zwar zu teuer, weil in einem Reiseführer von 70 Soles die Rede ist und Manuel 200 haben will. Aber die 70 waren für einen Pickup, also maximal 3 ,5 Tonnen. Wir wiegen das Dreifache. „Für die Planken am Zielort gibt es nicht schon wieder Verhandlungen, oder?“ „Nein, das ist der Komplettpreis.“ Gegen 17 Uhr soll es losgehen.
Während der Verhandlungen laufen – ja tatsächlich laufen – an die zehn Männer ständig hin und her und transportieren Waren säckeweise in den Bauch der Fähre. Bei 30 Grad im nicht vorhandenen Schatten und 85 % Luftfeuchte werden auch die gut 12 m langen Planken von vier „Kleiderschränken“ herangeschleppt. Alle 20 Meter ist eine Pause nötig. Schließlich sind die Planken angelegt und mit Paletten unterlegt.
Ich setze mich ans Steuer und fahre gezielt auf die Planken zu. Sie sind gerade mal 1 ½ mal so breit wie unsere Räder. Aber dank der professionellen Einweisung steht der LKW bald auf der Fähre. „Bitte wenden, der LKW soll hier vorne links hin.“ Die Fähre ist nicht die breiteste, aber mithilfe der Einweiser ist auch das bald geschafft.
Die Männer laufen immer noch. Ständig fahren neue beladene LKW vor, die entladen werden müssen. „Heute wird das nichts mehr, wir laufen morgen um 9 Uhr aus!“
Wir schauen uns auf der Fähre um. Unten über die gesamte Länge der Fähre Laderaum. Dann zwei Decks mit Hängematten, Schwimmwesten und einer riesigen Ladung Eier. Kleine Kabinen mit lediglich einem oder zwei Etagenbetten, klein und eng. Genügend Duschen – mit Flusswasser – und Toiletten.
Wir kaufen für 6,50 Euro eine Hängematte, hängen sie zu den anderen, probieren sie aus und machen es uns dann in unserem Auto bequem. Draußen wird im wahrsten Sinne des Wortes laufend weiter geschleppt.
Wir schlafen nur kurz, denn ab 4 Uhr wird wieder geladen, gebrüllt und gelacht. Die laut heulenden Motoren der Transport LKW stimmen mit ein. Schätzungsweise 150 Personen sind auf der Fähre/dem Lastschiff. Wir sind übrigens das einzige Fahrzeug.
Ab 6 Uhr ist Essensverteilung. Man begibt sich mit Essnapf zur Ausgabestelle – es gibt Suppe mit Klößchen und dazu Brötchen – es schmeckt richtig gut.
Mal gespannt was es heute Mittag gibt und wann wir ablegen.
Endlich … es ist soweit. Wir haben 11.40 Uhr und legen ab. Ein tolles Gefühl, wir sind auf dem Huallaga, einem Quellfluss des Amazonas! In drei Tagen und 750 km sind wir in Iquitos.

Zu essen gibt es jetzt nichts, erst wieder um 16.30 Uhr. Ein freundliches Paar aus Iquitos bietet uns hart gekochte Eier, Reis und Hähnchen an. Wie nett. Gracias!! Obendrein gibt es noch interessante Tipps für Iquitos.

Punkt 16.30 Uhr gibt es Abendessen: Reis, zartes Rindfleisch, Kartoffeln mit Soße, dazu Möhren und Porree. Lecker!

Um 23.45 Uhr legen wir zum ersten Mal an, Lagunas, Aufenthalt ½ Stunde. 3.25 Uhr zweiter Stopp, Nucuray, Aufenthalt 1 Stunde und 5 Minuten. Wir sind mittlerweile auf dem Maranon – einer der beiden großen Quellflüsse des Amazonas. Hier in Nucuray werden mehrere Hundert grüne Bananenstauden eingeladen – direkt hinter / an unserem LKW.

4.40 Uhr 6 Minuten Aufenthalt in Nuevo Union, 5.45 Uhr 11 Minuten in Monterico.

So geht es die ganze Fahrt über – immer wieder – mal mehr mal weniger – mal länger mal kürzer – anlegen, aussteigen, einsteigen, abladen, aufladen, kramen, ablegen und die Ladung für den nächsten Ort zurechtstellen. Insgesamt zählen wir 14 Stopps.

6.40 Uhr der nächste Stopp. Von weitem sehen wir eine Holzhütte mit Stroh gedeckt. Einladend sieht sie aus. Ein Tresen, Holzhocker, Gläser, Getränke, Strohhalme und ein Lautsprecher – eine Dschungelbar. Es riecht nach Erde. Viele Menschen warten am Ufer darauf, dass wir anlegen. Es wird wieder aus- und eingeladen. Frauen mit Eimern und Schüsseln auf dem Kopf eilen an Bord und bieten ihre zubereiteten Speisen an.

Als wir 11 Minuten später wieder ablegen, klingt die exotische Musik einer Frau aus dem Lautsprecher der Dschungelbar, zart und leise wie meditative Folkloremusik. Lange noch wird die beruhigende Stimme vom Wind über das Wasser verzerrt zu uns herübergetragen und verleiht dem Ort etwas Geheimnisvolles.

Um 12.30 Uhr gehen wir mit unseren blauen Zetteln zur Essensausgabe, es gibt Nudeln, Reis, Bohnen und Tomatensoße. Lecker!

In Nauta, unserem letzten Stopp vor Iquitos, liegen wir länger als 2 Stunden an, von 1 Uhr nachts bis 3.10 Uhr.

Nach gut 10 Kilometern haben wir eines unserer Ziele erreicht: Wir fahren auf dem Amazonas … dort wo Maranon und Ucayali zusammenfließen.

Artur, ein Crewmitglied, fragt uns, ob wir für Iquitos schon eine Tour gebucht hätten. „Nein, haben wir nicht.“ Er reicht uns sein Handy, Gerson von der Curuhuinsi Lodge meldet sich. Wenn wir möchten, könnte er uns am Hafen abholen und mit uns über alles Weitere reden. Wir möchten.

Dann spricht uns Yuyu, ein Passagier aus Iquitos an, ob wir schon eine Amazonastour gebucht hätten. „Nein, haben wir nicht.“ „Luis mein Freund ist ein indigener Tourguide und spricht mehrere Sprachen, unter anderem auch deutsch. Ich kann ihm Eure Telefonnummer per SMS übermitteln. Er wird sich dann bei Euch melden.“ Zwei Alternativen zu haben ist bestimmt nicht verkehrt und eine Fahrt in den Dschungel steht sowieso auf unserer Wunschliste.

Zehn Minuten später klingelt unser Telefon: „Luis hier. Ihr möchtet in den Dschungel? Ich kann Euch am Hafen abholen und dann können wir über alles reden.“ Abgemacht.

Gegen 11:00 Uhr haben wir den Hafen Iquitos erreicht. Aber wir sind noch nicht am Ziel – jetzt beginnt erst einmal die Suche nach einem Anlegeplatz.

Wir steuern eine Stelle an, an der eigentlich kein Platz ist. Vorsichtig stupsen wir ein rechts von uns anliegendes Schiff an … es trifft Metall auf Metall … es gibt einen dumpfen Schlag … das angestupste Schiff weicht ein paar Zentimeter zur Seite … wir quetschen uns, unter lautem Kratzen in die zu schmale Lücke … sie wird nicht breiter … wir müssen aufgeben.

Wieder zurück in Flussmitte fahren wir rund einen Kilometer zurück und versuchen unser Glück erneut. Vorsichtig stupsen wir ein links von uns anliegendes Schiff an … es trifft Metall auf Metall … es gibt einen dumpfen Schlag … das angestupste Schiff weicht ein paar Zentimeter zur Seite … wir quetschen uns, unter lautem Kratzen in die zu schmale Lücke … sie wird breiter, weil links von dem angestupsten Schiff kleinere Schiffe liegen … mit entsprechendem Schub wird die Lücke keilförmig größer … jetzt können wir mit Leichtigkeit auch das rechts von uns liegende kleine Schiff etwas zur Seite bemühen … krach, ächz, kratz … wir stehen vorne am Ufer.

Die Plankencrew rückt an – „Wir haben mit Yurimaguas telefoniert. 200 Soles für das Anbringen der Planken!“ – „Moment mal, in Yurimaguas war ein Komplettpreis ausgemacht!“ – „Ohne 200 Soles keine Planken!“ Es hilft kein Diskutieren – wir müssen die 200 Soles bezahlen.

Dann geht alles ziemlich schnell. Die Planken werden herbeigeschleppt und unterlegt. Ich ziele auf die Planken zu und schon stehen wir auf festem Grund.

„Hallo, ich bin Luis!“ ruft ein stämmiger, indigener Mitvierziger mit einem Lachen auf seinem runden Gesicht. „Herzlich willkommen in Iquitos.“

„Schön, dass Du gekommen bist, Luis. Wir treffen auch noch Gerson. Dann besprechen wir, wie es weitergehen soll. Unser Plan ist, eine mehrtägige Dschungeltour zu buchen und dann mit einem der Henry Lastschiffe flussaufwärts nach Pucallpa zu fahren, denn wir wollen anschließend nach Cuzco.“

Von Gerson weit und breit keine Spur. „Luis, Gerson scheint nicht zu kommen, wir können, wenn Du möchtest.“ – Wer zu spät kommt …

„Fahrt hinter mir her, wir fahren zuerst zu Puerto Henry.“ Beim Verlassen des Hafens eine Schranke – „Stopp 30 Soles“ – „Wir haben gerade 200 Soles bezahlt.“ – „Die 30 Soles sind die Hafengebühr, die muss jeder zahlen!“ Wir schauen Luis an, er nickt zustimmend. Wir bezahlen und fahren hinter dem Tuk-Tuk von Luis zum Puerto Henry.

Wir gehen in die Pförtnerloge und berichten von unserem Plan: „Nach einer Dschungeltour möchten wir mit einem Frachtschiff der Henry Flotte nach Pucallpa.“ Luis diskutiert und ehe wir richtig verstanden haben, worüber sie diskutieren, sagt er: „Ihr könnt Euren LKW auf dem eingezäunten und bewachten Gelände dort drüben so lange stehen lassen, bis Ihr weiterfahrt – kostet nichts.“
Wir fahren zu unserem Stellplatz, José der Wächter weist uns ein; ein großer sauberer, betonierter Platz, der zur Hälfte überdacht ist. Untergestellt sind ein paar Baumaschinen und Baumaterial. Im freien Teil sind riesige Container gestapelt, daneben wirkt unser LKW wie ein Spielzeugauto. Das Gelände ist mit einem drei Meter hohen Zaun eingezäunt, am Eingang sitzt eine bewaffnete 24 Stunden Wache. Außerdem gibt es noch zwei geflieste, saubere Toiletten mit Dusche und Strom, den wir auch kostenlos nutzen dürfen.

Das ist ja ein Volltreffer!

Luis grinst und zeigt uns vorne am Ufer Verladestation und Frachtschiffe. Die Schiffe sind alle zwei Nummern größer als unsere Eduardo-Fähre. Verladestation – hier wird nicht mit Planken gearbeitet, sondern mit Kränen, d.h. unser LKW wird per Kran an Deck eines Frachtschiffes gehievt. Der eine Kran schafft 50 Tonnen, der andere 165 Tonnen, da dürften die Kräne mit unsern 10 Tonnen wohl keine Probleme bekommen. Sieht alles sehr professionell aus.

Wir gehen ins Büro der Reederei und buchen: Transport unseres LKW nach Pucallpa – sechs Tage, Verpflegung für sechs Tage, ohne Kabine. Das Ein- und Ausschiffen des LKW ist im Preis inbegriffen, es gibt keine zusätzlichen Kosten in den jeweiligen Häfen. Der Abfahrtstermin ist flexibel.

Wir steigen in das Tuk-Tuk und Luis fährt mit uns zur Bank und anschließend zu seinem Büro. Er stellt uns die unterschiedlichen Möglichkeiten einer Amazonastour vor: exklusive Lodge oder Basis-Lodge in der Umgebung von Iquitos oder in der Umgebung von Nauta, jeweils mit Tagesauflügen. Die Umgebung von Iquitos buchen die meisten Touristen, in Nauta und Umgebung gibt es nur wenige Touristen. Oder eine Expedition ab Nauta ohne festen Standort, immer weiter in den Dschungel hinein und jeden Abend bei einer anderen einheimischen Familie oder unter freiem Himmel übernachten.

Wir müssen nicht lange überlegen, wir buchen letzteres, eine fünftägige Amazonasexpedition.

Morgen möchte Luis mit uns an den Strand und übermorgen soll es dann losgehen. Wir gehen gemeinsam essen, anschließend bringt uns Luis zum Hafen zurück.

Oktober 2017

 

Pünktlich um 9 Uhr, wie verabredet ist Luis am nächsten Morgen vor Ort. Ein PKW wartet mit seinem Sohn Gabriel und vier weiteren jungen Burschen, die Freunde von Gabriel.

Wir fahren zuerst zum Sonntagsmarkt in den Stadtteil Belen. Wildes Markttreiben, wir schlängeln uns durch das Menschengewusel, Händler preisen an den dichtgedrängten Marktständen brüllend ihre Waren an. Hier findet man alles: Fleisch, Geflügel, Fisch, Alligator Schwänze, Schildkröten Eier, Schildkröten Köpfe, gegrillte Maden, Bananenkugeln, Heilkräuter, Schamanische Heilwuzeln, Getränke, Gewürze, Kleidung, Körbe, Haushaltswaren, Schmuck, Nippes, Jaguarfelle, Werkzeug und viele Essensstände.

Luis kauft für die Bootsfahrt ein paar Knabbersachen. Dann ab zum Hafen. Ein Boot mit Fahrer wird gechartert, wir steigen ein und los geht’s.

Unsere Bootstour führt uns in einen Seitenarm, auf den Rio Nanay. Wir fahren vorbei an kleinen Ortschaften, an belebten Stränden, an Hausbooten, an Plattformen, die in den Fluss gezogen werden und Speisen und Getränke anbieten. Ganz Iquitos scheint unterwegs zu sein.

An einem Traumstrand legen wir an. Holztisch und Holzstühle unter einem Palmdach laden uns zum Verweilen ein. Wir essen Fisch, köstlich mit Kräutern gegrillt, dazu Bananenknödel und eine pikante Sauce. Lecker! Der Chef kommt zu uns und freut sich, dass wir seine Gäste sind. Sein kleiner Sohn zeigt uns voller Stolz seine Angel, mit der er unseren Fisch gefangen hat.

Ein ausgiebiges Bad im Rio Nanay, einem Nebenfluss des Amazonas (!), rundet diesen schönen Ausflug ab. Dann geht es zurück zu unserem Auto.

Am nächsten Morgen holt uns Luis pünktlich um 10 Uhr mit vollgepacktem Wagen ab. Er wird begleitet von Christian und Saulo, zwei Freunde seines Sohnes Gabriel. Gabriel hat leider kein frei bekommen und muss zur Schule gehen. Christian ist häufig mit Luis unterwegs, da seine Eltern oft für längere Zeit im Regenwald arbeiten. Saulos Eltern sind beide schon tot. Er wohnt bei einer Tante, aber Luis, ist so etwas wie sein Ersatzvater.

Eingeborene sollen einen siebten Sinn haben. Sie können z.B. schon bei einer Entfernung von einem Kilometer gefährliche Schlangen wittern. Das ist bestimmt ein gutes Omen für unsere abenteuerliche Expedition, denn Luis ist vom Stamm der Achuar und Jivaro und Saulo gehört den Bora an.

Auf dem Weg zum Hafen von Nauta, immerhin gut 100 Kilometer, halten wir des Öfteren an. Luis lädt noch Gummistiefel und nagelneue Matratzen ein, und holt aus seinem Garten frisches Obst und Gemüse. Außerdem ist es heiß und wir haben immer Durst.

Es gibt gekühlten und frisch gepressten Fruchtsaft, den wir aber vorsichtshalber nicht trinken, weil er mit Wasser verdünnt ist. So kauft Luis beim nächsten Stopp eine frisch aufgeschlagene eisgekühlte Kokosnuss und leicht gesüßtes, knuspriges Gebäck, Eiweiß-Schaumringe.

Kurz bevor wir Nauta erreichen, fällt mir mit Schrecken ein, dass ich die Hauptsicherung in unserem Auto abgestellt habe. D.h. unser gut gefüllter Kühlschrank ist vom Abtauen bedroht. Also nichts wie zurück. Ein Sammeltaxi ist abfahrbereit, ich darf den letzten freien Platz einnehmen. Exakt 106 Kilometer hin und wieder zurück. Alles klappt wie am Schnürchen. Der Kühlschrank kühlt wieder.

Wir (Gaby) erreichen derweil den Hafen von Nauta. Viele kleine bunte Marktstände säumen den Uferrand, überall werden Getränke und Essen aller Art angeboten.

Über eine Miniplattform mit Zapfsäulen erreichen wir ein langes schmales Boot, mit einem mit Palmzweigen gedeckten Dach – „unser zu Hause“ für die nächsten fünf Tage. José, der Bootsführer, auch ein junger Bursche und ein Indigener, begrüßt uns. Wir räumen alles Gepäck unter das Palmdach.

Während Luis mit einem dicken Einkaufszettel und den Jungs loszieht, warte ich (Gaby) mit José im Boot und beobachte das Treiben am Ufer. Neben uns liegt ein langes Boot, teilweise mit einer Plane bespannt. Der hintere Teil ist vollgepackt mit Stauden von grünen Kochbananen, die verkauft werden sollen. Vorne im Boot kochen zwei indigene Frauen und spülen anschließend, wie alle hier, im Amazonas. Ihre Männer sitzen außerhalb des Bootes auf dem Boden mit Gepäck. Sie sehen in ihren Sommerklamotten aus wie viele hier. Die Frauen tragen indioblaue Wickelröcke und pinkfarbene Blusen mit vielen bunten Ketten.

Knapp vier Stunden später bin ich (Manfred) wieder zurück. Alles Gepäck ist in der Zwischenzeit verladen.

Eine Styropor Kiste – unser Kühlschrank für die nächsten 5 Tage – mit Eisblöcken und Frischfleisch, außerdem Reis, Getränke, vor allem Trinkwasser, Tee, Kaffee für die Dame an Bord, Brot Gemüse, Salat …

Wir essen Loane, ein in Palmblättern gebündeltes Reisgericht mit Oliven, einem hart gekochten Ei und Hähnchenfleisch. Es wird am Tag vorher nach dem Zubereiten gekocht, über Nacht ruhen gelassen und am nächsten Tag nochmals gekocht, köstlich.

Wir fahren los in einen herrlichen Sonnenuntergang hinein. Wir genießen die friedliche Abendstimmung, vorbei an Palmenhainen, an Zuckerohrfeldern und üppigem Grün, aber auch an jede Menge Treibholz – Dschungel eben.

Wir steuern auf einen Seitenarm zu und biegen in den Rio Yarapa ein. Bald erreichen wir das Ufer der Yarapa Lodge, unser erster Stopp. Wir nehmen unser Gepäck mit und gehen zu der auf Stelzen stehenden Lodge, typisch für hier … Hütten mit Palmdach.

Wir begrüßen die Gastgeber, die sofort den Generator anwerfen – hier gibt es keinen Strom aus der Steckdose, den muss man selber mit einem laut brummenden Generator erzeugen.

Die Zimmer werden in Ordnung gebracht, ehe uns Luis unser Zimmer zeigt: Drei Bettgestelle aus Holz, auf zweien stehen die Matratzen senkrecht, unser Bett ist mit schöner Bettwäsche frisch bezogen und unter einem Moskitonetz versteckt. Wir können bis in die Kuppel des Palmdachs schauen – nach oben hin ist alles offen und frei. Im Raum dahinter befindet sich das Badezimmer – ein richtiges WC und eine Dusche – mit Blick durch das Moskitonetz auf Garten und Hühnerhaus, dahinter grüner, dichter Regenwald.

Vor dem Haus gibt es eine große Camu-Camu-Plantage, eine stachelbeerähnliche, vitaminreiche Frucht, aus der erfrischender Saft gewonnen werden kann. Auch Gurken, Mais und Erdnüsse werden hier angebaut, sie können vier Monate, während der Regenzeit, im Wasser stehen und überleben.

Luis hat Wasser und unsere Lebensmittel aus dem Boot mitgebracht. Er bittet die Gastgeberin damit unser Abendessen zu kochen. José, unser Mann am Motor, bereitet den Salat zu.

Es gibt frittiertes Maniok, Reis, Hähnchen, Kartoffeln, Möhrengemüse, grünen Salat mit Tomaten und Coconasaft (Saft der Amazonastomate), eisgekühlt mit gutem Trinkwasser – das können wir auch trinken. Top Essen! Gute Nacht!

Frisch geduscht kriechen wir vorsichtig unter das Moskitonetz und schlüpfen in unsere dünnen Seidenschlafsäcke. Taschenlampe aus, Generator aus, es ist stockdunkel und still. Jetzt schlafen.

Doch was ist jetzt, es piepst, es tippelt und es raschelt an unserer Plastiktasche und an unseren Rucksäcken.

Wir hören Mäuse piepsen, größere Tiere tippeln und ein großes Tier, denn es schüttelt sein Fell. Und diese Geräusche begleiten uns die ganze Nacht hindurch, der Atem bleibt uns fast stehen, wir kuscheln zusammen und fragen uns, ob wir richtig gewählt haben. Um 4 Uhr ist der Spuk vorbei, als der rettende Hahn kräht.

Von Luis erfahren wir später, dass Spinnen, Mäuse und marderähnliche Tiere nachts immer unterwegs sind. Manchmal sogar Honigbären, sie alle seien aber harmlos und suchten in den Hütten nur was zu fressen. Jetzt wissen wir zwar Bescheid, aber gewöhnungsbedürftig ist das Ganze schon – nicht jammern, schließlich sind wir ja durch ein Moskitonetz geschützt. Die Hinterlassenschaften der nächtlichen Besucher sind nicht zu übersehen.

Um 5.45 Uhr fahren wir mit unserem Boot in die Morgendämmerung. Es geht in einen Seitenarm in den Rio Cumaceba. Die ersten Sonnenstrahlen verwandeln den aufwachenden Regenwald in ein sanftes Licht und wir gleiten dahin. Aber umgestürzte Bäume und jede Menge Geäst müssen wir immer wieder umfahren.

Unser erstes Frühstück, kleine, gelbe, köstliche Bananen aus Luis Garten. Die sind richtig lecker!

Luis macht irgendwelche komischen Geräusche, wir halten an, schauen in den Regenwald in die Baumkronen – Wollaffen! Luis lockt weiter – in Windeseile springen die kleinen Äffchen von Ast zu Ast und in unser Boot. Sie greifen nach den geschälten Bananen in unseren Händen und lassen es sich schmecken. Sie sind gar nicht scheu, springen im Boot herum und schnüffeln besonders an einer Brottüte. Sekunden später sind alle wieder im Baum verschwunden.

Weiter geht es. In einem Strauch sichten wir ein Totenkopfäffchen, im Geäst eines in den Fluss gestürzten Baumes sehen wir einen Sperber und einen Eisvogel, der auf einen springenden Fisch wartet.

Wir genießen die Frische des Fahrwindes und, wenn der Motor ausgestellt ist, das lautlose Treiben auf dem schmalen Fluss am noch jungen Morgen. Saftiges dichtes Dschungelgrün und alte Bäume halten sich mit ihren starken Wurzeln noch im Uferlehmboden fest – noch, denn die nächste Regenzeit kommt bestimmt, dann werden sie wohl auch umstürzen. Die Bäume spiegeln sich im braun grünen Flusswasser.

Zurück in der Lodge frühstücken wir gebratene Bananen mit Spiegelei, frischen Papaya aus Luis Garten, Marmeladen Toast und Kaffee oder Nelken-Zimt Tee.

Kurz vor 10 Uhr fahren wir mit unserem Pamacari-Boot weiter. Alle Boote, die mit einem Palmdach gedeckt sind, nennt man hier so. Frisch geschnitten und noch grün werden die Palmwedel, auf das Holzgerüst des Daches eingeflochten. Für ein Dach braucht man einen Tag. Nach drei Tagen ist das Palmdach getrocknet und widerstandsfähig gegen Regen, Sturm und dient als Schatten spendender Sonnenschutz. Damit es noch länger hält, wird es oft zusätzlich mit einer Folie bespannt.

Ein Leguan rettet sich ans Ufer. Zwischendurch trinken wir erfrischende Reismilch nicht zu süß, doch die Anderen lieben die Süße, und so löffelt jeder noch Zucker hinzu.

José zieht mit einer Machete am Lehmufer los um Palmholz zu finden. Leider gibts hier keins. Mit leeren Händen kommt er zurück. Wir stechen wieder in den Fluss.

Wir lassen die bezaubernde Landschaft an uns vorbeiziehen. Luis, Christian und Saulo bereiten einen köstlichen Kartoffelsalat unter anderem mit Pampelmuse, Zwiebeln, Salz und Pfeffer zu. Dazu gibt es den am Morgen frisch in Paniermehl gebratenen, jetzt kalten Fisch. Es schmeckt vorzüglich.

Luis, Saulo und José (auch von einem Indianerstamm), wittern in der Ferne eine Anakonda, die aber (gottseidank) wieder verschwindet.

Dann findet Christian im Treibholz ein Stechpaddel, er freut sich und schnitzt mit unserm Bootsküchenmesser solange daran herum, bis eine Stelle abbricht. Doch er erkennt aus dem Reststück sofort ein Gewehr und schnitzt emsig weiter.

Am Ufer zeigt uns Luis einen Tigerreiher. Für unseren Salat heute Abend benötigen wir noch Palmherzen. José und Christian ziehen noch einmal los. Wir hören wie sie mit der Machete schlagen und schon rutscht ein großer Ast die Anhöhe herunter bis zu unserm Boot.

Stolz kommen sie mit dem oberen Teil des Palmastes an. Luis und Saulo lachen: „Was ist das denn? Das ist viel zu trocken. Den richtigen und saftigen Teil findet ihr 1 1/2 m unter dem Blätteransatz.“

Dann schlagen sie das richtige Stück Palmholz. Luis schlägt anschließend das Kernstück heraus. Wieder auf dem Boot schält Saulo die Rinde ab. Und aus dem Innern kosten wir von dem frischen Palmherz, (-Mark oder -Fasern).

Wir gleiten mit dem Boot am Ufer des Regenwalds vorbei und sehen eine etwas andere Lodge. Mehrere Rundhütten, die um Baumstämme gebaut sind. Mormonen aus den USA haben diese interessanten Baumhäuser für viel Geld gebaut.

Wir möchten Amazonasdelphine sehen. Wir fahren zurück Richtung Amazonas. Luis hat mit Delphinen kommuniziert. Er weiß, wo sie sich befinden und flötet immer wieder. Wir sind wohl noch eine 1/2 Std von ihnen entfernt. Es kommt ein Gewitter auf. Wir bleiben stehen und sehen in der Ferne die Delphine. Boote tauchen auf und vertreiben mit ihrem Motorlärm die Delphine. Es hellt sich wieder auf.

Weiter gehts. Bereits im Amazonas fahren wir an eine Sandbank heran. Zwei junge Führer sind mit ihrem Boot und einem Touristenpaar unterwegs.

Ihr Boot steht am Strand. Die beiden Touristen waten alleine langsam zu Fuß über die Sandbank. Sie haben keine Schwimmwesten an. Luis meint: „Das ist gefährlich. Erstens, weil sie keine Westen tragen und zweitens, weil sie so langsam gehen. Dann könnte sich ein Stachelrochen, der im Sand eingebuddelt ist, erschrecken und zustechen.“

Das Wasser wird tiefer, die Touristen kommen in eine Strömung und müssen schwimmen. Dann kommt Hektik auf. Der junge Mann bekommt Panik, ringt nach Luft und kann nicht mehr schwimmen. José lenkt sofort unser Boot in seine Richtung und wir kommen ihnen zur Hilfe. Luis stellt die jungen Führer später wegen ihrer Unachtsamkeit zur Rede (keine Westen, langsames Gehen). Was wäre passiert, wenn wir nicht vor Ort gewesen wären …

Das Unwetter zieht vorbei und wir sehen zwei Regengenbögen. Das Wasser beruhigt sich und ist wieder spiegelglatt. Luis ruft die Delphine erneut und die rosa Delphine kommen tatsächlich näher. Doch ein Motorboot kommt, sie ziehen sich wieder zurück. So geht das ein paar Mal.

Wir treten den Weg zurück zur Lodge an. Wir dösen in den Hängematten, die im Speiseraum hinter schützenden Moskitonetzen hängen. Eine Wohltat.

Zum Abendessen gibt es Reis mit gebratenem Fleisch, Tomaten und Zwiebeln und dazu den Salat mit Palmherzen. Rezept: Man nehme den geschälten Palmstock, breche und zerfasere ihn, hole die weißen Fasern / das Mark heraus, schneide alles in schmale Streifen, und richte es auf einem Teller an, würze es mit Zitronensaft, Pfeffer und Salz und verziere es mit Tomatenscheiben. Dazu gibt es eisgekühlten Zitronen-Pampelmusen-Saft. Alles köstlich!

Wir werden von lautem Affengebrüll geweckt und hören noch andere fremde Geräusche aus dem Regenwald. Die Nacht war ruhig, nur ein paarmal Mäusequieken, sonst nichts. Da es bei uns ja nichts zu fressen gibt, waren wir wohl für alle Beteiligten der vorletzten Nacht uninteressant.

Früh morgens waren schon die ersten Bootsmotoren zu hören. Die Gastgeber leben hier mit ihrem noch jungen Sohn, ihrer erwachsenen Tochter, deren Mann und deren zwei Monate alten Tochter.

Der Sohn und die Nachbarskinder werden früh mit dem Boot Richtung Schule gebracht. Von dort aus müssen sie dann noch eine 1/2 Std. zu Fuß laufen. Auch hier trägt man Schuluniform. Die Mädchen dunkelblaue Trägerröcke, weiße Blusen, weiße Söckchen, saubere Schuhe und eine Schleife die den Pferdeschwanz hält. Die Jungen tragen kurze dunkelblaue Hosen, weiße kurzärmlige Hemden, eine ordentliche Frisur, weiße Socken und saubere Schuhe.

Wir frühstücken gebratene Bananen mit Rührei, das Luis in der Küche zubereitet und auf einem Gasherd gebraten hat.  In der Küche steht ein Tisch, an dem der Gastgeber Carlos gerade einen gebratenen Schlammfisch isst – ein schwarzer kleiner Wels, der sich in den Uferschlamm eingräbt.

Die Gastgeberin Noemie bereitet auf der Feuerstelle mitten im Raum schon unser Mittagessen vor, das wir mitnehmen und später unterwegs zu uns nehmen werden. Eine Küche wie aus alten Zeiten, einfache Holzbank, ein Stuhl, ein Schrank mit Moskitonetz, ein Gasherd, eine Feuerstelle. Es gibt zwei Türen und kein Fenster, da die Küchenwände nur 1,50 Meter hoch sind – die Küche ist somit rundherum offen, die Zimmerdecke ist das mindestens fünf Meter hohe Palmdach, das auf Pfählen befestigt ist.

Eine Tür führt nach außen zum Spültisch mit Blick auf den Dschungel. In der Küche an der Wand und auch im Speiseraum entdecken wir eine pelzige Tarantel. Giftig ist sie nicht, aber beim Berühren brennt die Haut stark und schmerzt bis zu drei Tage.

Nach dem Frühstück sitzen wir noch lange am Tisch und reden. Luis sagt: „Es ist traurig, dass so viele junge Leute in die großen Städte und insbesondere nach Lima abwandern. Die Regenwaldkultur ist so vom Aussterben bedroht. Ich kenne zwar in Europa viele Interessierte, die ‚zurück zur Natur‘ wollen, aber ob die sie wirklich retten können, ist mehr als fraglich.“

Noemie zeigt uns kleine Korbarbeiten von sich und ihrer Tochter. Wir kaufen ein kleines buntes Körbchen, das sich problemlos verstauen lässt. Zum Abschied ein Foto mit Noemie, Violetta und dem Baby Nela – Adios und Gracias!

Wir packen unsere sieben Sachen und gehen zurück auf unser Boot. Doch zuerst müssen wir noch Benzin besorgen, denn unser Reservekanister ist in der Nacht leer geworden – da hat wohl jemand dringend Nachschub gebraucht. Das passiert halt, genau wie eine unserer neuen Taschenlampen, die am ersten Tag stibitzt worden ist.

Während der Fahrt gibt es saftige Mangos und Orangen. Dann schüttet es wie aus Kübeln und die Regenschutzplanen links und rechts werden runter gerollt. Wind kommt auf, die Wellen werden stärker. Kurz darauf hat sich aber alles wieder beruhigt.

Wir queren erneut den Amazonas und beobachten rosa Flussdelphine, die sich wieder schnell entfernen. Silber glitzernde Fische springen ständig kurz aus dem Wasser, aber für ein vernünftiges Foto reicht es leider nicht.

Dann wird es unheimlich. Unser Boot fängt an sich zu drehen. Wir denken uns zunächst nichts dabei und glauben, dass unser Steuermann dafür verantwortlich ist. Wir drehen uns immer schneller. Luis, Saulo und José, unsere Eigeborenen, sind besorgt: „Hier stimmt was nicht, wir müssen weg hier!“ Christian steht die Angst im Gesicht. Wir sind wohl unbemerkt in eine Art Strudel geraten. José gibt Vollgas und – wir kommen wieder frei. Wir sind jetzt auch mehr als irritiert.

Luis klärt uns auf. „Hier wo sich Maranon und Ucayali treffen und der Amazonas beginnt, kann es gefährlich werden. Denn hier fließen zwei strömungsstarke Flüsse zusammen. Die dabei entstehenden Strömungen sind unberechenbar, insbesondere, wenn dazu noch Windböen aufkommen.“

Die Sandbank von gestern ist verschwunden ebenso der riesige Baum, der gestern noch in der Mitte des Flusses zu sehen war. Der Amazonas ist hier gut 1,5 km breit und mehr als 50 m tief.

Es existieren viele „beruhigende“ Geschichten, dass ganze Schiffe samt Ladung verschwunden sind, dass auch die Anakonda hier ihr Unwesen treibt, dass sie für Sandbänke, die entstehen und verschwinden, verantwortlich sein kann und, dass man deshalb insbesondere nachts diese Stelle tunlichst meiden sollte.

Wir fahren weiter und legen am Ufer des Ortes Puritania an. Saulo und Christian gehen ins Dorf und kaufen Kekse und Plastikteller, auf denen unser Mittagessen serviert wird: Reis, gekochtes Hähnchen, heute Morgen zubereitet und gekocht von Noemie, und dazu Tomatenscheiben mit Marinade.

Wenig später biegen wir rechts in den Rio Yanayacu ein. Er ist sehr schmal, wir bleiben kurz mit unserem langen Boot hängen, doch im zweiten Anlauf kommen wir durch die enge Kurve. Hoch in einem Baum springt gerade ein Totenkopfäffchen. Ein Adler zieht seine Runden. Etwas weiter im Regenwald versteckt entdecken wir ein Holzhaus auf Stelzen. Mutter und Kind stehen auf dem Balkon, der Mann am Ufer bei ihrem Boot. Alle drei schauen uns nach. Auf trocknen Ästen sitzen mehrere Kormorane.

Wir erreichen ein verlassenes Haus. Es gehört einem Freund von Luis, hier sollten wir eigentlich übernachten. Wir fahren 500 m zurück in den Ort San Juan und legen dort an. Musik tönt uns entgegen.

Luis klettert den Hang hinauf und fragt nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Schon beim ersten Haus sind wir herzlich willkommen. Dabei erfährt er, dass sein Freund im letzten Jahr verstorben ist.

Eine junge Familie (Kelly, Carlos und Carlos Junior) erwartet uns. Wir klettern über eine Holztreppe in das Holzhaus, das auf Stelzen steht. Wir staunen nicht schlecht. Auf einem großen, modernen Flachbildschirm läuft der Film Ben Hur. Die von weitem gehörte Musik ist die Filmmusik, die aus den überdimensionalen Boxen dröhnt – wie sind die nur hierher transportiert worden? Die Lautstärke ist notwendig, da im Hintergrund der Kompressor unüberhörbar für Strom sorgt.

Der große Vorraum ist nur rechts vom Eingang „möbliert“. Eine einfache Holzbank an der Wand gegenüber dem Eingang. Mitten im Raum ein Holztisch und knallblaue Plastikstühle, an der Wand rechts ein Holztisch und ein Regal für die Video- und Soundanlage. Die linke Seite des Raumes ist komplett leer. Gegenüber dem Eingang, links neben der Holzbank ein Fenster. Dahinter ist ein kleiner Kiosk versteckt. Links neben der Soundanlage der Eingang zur Küche und zum Schlafzimmer.

Wir sitzen in heimeliger Fernsehrunde. Dann bereitet Kelly aus unseren Zutaten das Essen zu, und wir schlagen im leeren, linken Teil des Raumes unser Nachtlager auf. Die neuen Matratzen werden ausgerollt, mit Laken frisch bezogen, und neue Moskitonetze werden darüber gespannt.

Ein blauer Plastiktisch, passend zu den Stühlen wird herbeigeschafft. Wir essen Reis, gebratene Bananen mit Rührei. Während wir essen, kommen Dorfbewohner und kaufen im Kiosk ein.

Nach dem Essen brechen wir auf zu unserer Nachttour. Im Halbdunkel sehen wir verschiedene Vögel. Es ist Vollmond. Wir fahren den schmalen Fluss hinauf, er ist bedeckt mit einem grünen Pflanzenteppich, der immer dichter wird. Die Schraube des Motors muss Schwerstarbeit leisten. Ein paar Mal muss José die Schraube von den Schlingen befreien.

Links und rechts hohe Bäume, wir gleiten leise durch das Grün. Vollmond, es duftet betörend nach exotischen Blumen. Wie im Traum, himmlisch!

Es gibt einen kurzen Ruck – das Boot steht – wir stecken fest. Wir haben uns im Pflanzenteppich festgefahren. Wir schaukeln das Boot hin und her, versuchen mit Stöcken uns vorwärts oder rückwärts wegzudrücken oder freizustechen - es geht nichts mehr!

Es ist jetzt stockdunkel, der Mond hat sich hinter einer Wolke versteckt. Oben auf dem Ufer sehen wir die Lichter eines Hauses.

Im Schein unserer Taschenlampen bemerken wir, wie allerlei Getiers aus dem grünen Teppich unser Boot erobert, Kakerlaken, Käfer, kleine und große Spinnen. Vom himmlischen Traum zum Alptraum!

Wir hören gut 100 Meter hinter uns ein Boot – und dann lautes Motorquälen – sie haben sich ebenfalls festgefahren. Sie sind aber näher am Ufer, so gelingt es ihnen auszusteigen. Sie klettern hoch zum beleuchteten Haus.

Wir orgeln, drücken, schieben, wackeln – befördern unsere ungebetenen Gäste wieder von Bord oder ermorden sie einfach, aber es werden immer mehr. Dann mit vereinten Kräften alles gleichzeitig: drücken, schaukeln, freistechen und tatsächlich, langsam Stück für Stück können wir das Boot befreien. Mittlerweile sind fast zwei Stunden vergangen. Saulo setzt sich vorne aufs Boot und lotst, mit einer Taschenlampe bewaffnet, José durch die engen Passagen. Wir kümmern uns um unsere Gäste. Jetzt werden es immer weniger …

Im Ufergrün versteckt, entdecken wir zwei leuchtende Augen – beim Heranfahren erkennen wir ein Kaiman Baby. Bald haben wir unsren sicheren Hafen erreicht. Wir waren knapp vier Stunden unterwegs. Punkt Mitternacht liegen wir glücklich und zufrieden unter unseren Moskitonetzen.

Um 6.30 Uhr beginnen wir unseren Morgen mit einer frühen Bootstour durch die Morgenstimmung. Es ist feucht und neblig. Vorbei an den Ufern des Dschungels. Wir sehen viele Vögel, unter anderen einen Tigerreiher. Fischer holen gerade Fische aus ihren aufgestellten Netzen. Vorsichtig fahren wir heran und sehen Hunderte von Schlammfischen. Immer wieder ertönt der Ruf der Trompeter-Vögel, sie sind so groß wie Truthühner und rufen wie Affen. Wir halten an und beobachten Totenkopfäffchen und Kapuzineraffen, die sich von Baum zu Baum schwingen. In der Ferne hören wir Brüllaffen. Auf dem Fluss schwimmen Teppiche von grünen Wasserrosen (auch Muschelblumen oder Wassersalat genannt). Ein leckeres Fressen für Wasserschildkröten.

Langsam tuckern wir zurück zu unserer Unterkunft und frühstücken gebratene Bananen mit Zwiebelreis und Spiegelei, Kaffee und Tee. Es ist schon gewöhnungsbedürftig bereits morgens mit Gebratenem „verwöhnt“ zu werden, aber gebratene Bananen schmecken einfach köstlich.

Wir schenken Kelly zum Abschied ein Stück Seife. Sie hat für uns schon das Mittagessen gekocht. Ihr Mann Carlos ist bereits unterwegs. Er arbeitet in einer großen Lodge. Gracias und Adios!

Da wir uns gestern Abend festgefahren haben, müssen wir einen anderen kleinen Nebenfluss erkunden. Wir fahren wieder zurück zum Amazonas. Luis lockt die Delphine, die auch tatsächlich näherkommen und Kunststücke vorführen. Wir sehen die rosafarbenen, aber auch drei graue Delphine, die synchron aus dem Wasser springen und, eine Pirouette drehend, wieder eintauchen. Leider zu schnell für ein Foto. Luis meint, so etwas machen Delphine nur, wenn sie glücklich und zufrieden sind und sich wohl fühlen.

Wir biegen in den Rio Tapirillo ein. Hier beginnt der hohe Regenwald. D.h. weil hier die Ufer höher sind, werden sie in der Regenzeit nicht überschwemmt. Das wiederum heißt, dass
hier andere Pflanzen wie z.B. Wassermelonen, Reis, Bohnen und Erdnüsse gut gedeihen und das ganze Jahr über angebaut und geerntet werden kann.

Ein Problem jedoch ist, dass in der Regenzeit die Seitenarme nicht passierbar sind, weil umgestürzte Bäume nur in der Trockenzeit unterfahren werden können.

Wir fahren weiter hinein, Vater und Sohn begegnen uns in einem Ruderboot. Silberreiher stehen im seichten Wasser und warten auf den nächsten Fisch. Eine junge Mutter mit ihrem Kind und einer gefüllten Plastiktüte möchte ans andere Ufer, dort wo ihr Einbaum festgezurrt ist. Gerne helfen wir.

Der Rio Tapirillo wird immer enger und undurchdringlicher. Ein umgekippter Baum hängt vor uns teilweise im Wasser. Einen seiner Äste halten die Jungen zwar hoch, doch nicht hoch genug, der Ast beschädigt unser Palmdach. Wir fahren noch ein Stück weiter, dann ist aber endgültig Schluss. Umgestürzte Bäume und Astwerk machen ein Weiterfahren unmöglich.
Auch hier müssen wir aufgeben – wie gestern Abend. So ist das bei einer Expedition, man weiß nie, was einen erwartet.

In einem nahen Seitenarm sehen wir eine Frau mit ihren Kindern und einem Schwein am Ufer stehen.
Luis redet mit ihr. Sie bestätigt, dass der Fluss dieses Jahr ab hier unpassierbar ist. Also wieder umkehren und zurück. Zwei Tukane fliegen gerade weg. Die Sonne steht schon tief und taucht alles in ein goldenes Licht. Wir gleiten dahin, die Bäume spiegeln sich im fast glatten Wasser.

Nochmals muss Benzin besorgt werden. Es dämmert schon, als wir am Ufer anlegen, José und Saulo gehen mutig mit ihren Taschenlampen in den dunkel werdenden Ort Benzin holen. Wir warten. „Passt auf Schlangen auf!“ ruft Luis ihnen nach. Zwei Halbindianer schaffen das schon. Nach geraumer Zeit sind sie gottseidank wieder heil zurück – mit gefülltem Kanister.

In der Dunkelheit kommen wir in Puerto Prado an. Ein Reservat indigener Einheimischer. Wir klettern gut 50 Meter über eine Holztreppe hinauf auf einen großen Platz. Der Vollmond meint es gut mit uns. Hier oben stehen hohe, alte Bäume und darunter leere Verkaufsstände. Hier verkaufen die Einheimischen tagsüber ihr Kunsthandwerk.

Am Ende des Platzes erkennen wir eine Brücke und ein Schild: Willkommen. Einheimische Gemeinschaft (Comunidad nativa) Puerto Prado. Mal gespannt wo wir diesmal übernachten.

Luis zeigt uns stolz eine kleine, offene Rundhütte: „Hier werden wir übernachten.“ „Wie offen? Hier draußen im Freien?“ Luis sieht unsere Verwunderung und meint: „Wir können auch versuchen, was im Dorf zu finden.“ Wir schauen uns kurz an und sagen dann: „Nein wir bleiben hier. Wir vertrauen Dir!“ Gesagt getan. Alles wird aufgebaut, Matratzen, Laken, Moskitonetze drüber, Räucherspiralen – gegen Mosquitos – davor, fertig.

José und Saulo fahren noch einmal mit dem Boot hinaus. Nach gut einer Stunde sind sie wieder zurück. Es gibt gebratenen Reis, Fritten und knusprig gebratenes Hähnchen. Nein, was leben wir gesund. So viel Fleisch essen wir sonst nicht einmal in einem Monat. Oh je! Aber Reis ist doch gesund, oder?

Dann verrät uns Luis, er hätte es mit der Verpflegung nur gut mit uns gemeint. Er selber ernähre sich sonst hauptsächlich von Früchten, Joghurt und rohem Gemüse. – Gute Nacht!

Was für ein spannendes, schönes Gefühl, unter freiem Himmel und frischester Luft zu schlafen.
In der Nacht kommt ein Sturm auf. Es windet stark, die Palmen rauschen laut und kleine Früchte fallen zu Boden. Es blitzt sogar und regnet ein wenig. Um 6.40 Uhr werden wir wach, wir haben gut geschlafen.

Wir packen alles zusammen und beladen das Boot. José hat auch diese Nacht, wie alle Nächte im Boot übernachtet.

Heute ist unser letzter Tag. Zum Frühstücken fahren wir nach Nauta und gehen direkt durch den Markt – was für eine Lautstärke, das sind wir gar nicht mehr gewohnt. Wir frühstücken in einem Restaurant – typisch peruanisch – gebratene Bananen, Reis und Tortillas, Rührei mit Gemüsestückchen.

Die ganze Zeit werden wir unterhalten. Draußen preist monoton, aber mit richtig lauter Stimme, ein Mann seine bunten Shorts und T-Shirts an. Zum Abschluss noch einen frischen, eisgekühlten Fruchtsaft und dann zurück ins Boot.

Es geht wieder auf den Amazonas. Vor uns sehen wir in der Ferne viele eigentümliche gelb orangefarbene schwimmende floßähnliche Bötchen. Als wir näher kommen können wir unseren Augen nicht trauen: Auf einem kurzen Holzfloß sitzen auf abgesägten Plastikstühlen in zwei Reihen vier Personen in grellorangen Schwimmwesten und bunten Kappen mit Stechpaddeln bewaffnet und paddeln was das Zeug hält. Jedes Floß hat eine Nummer und eine Nationalflagge.

Luis erzählt uns: „Seit 1999 findet vor Iquitos das Amazonas-Floßrennen statt. Zuerst war es nur eine eintägige Veranstaltung. Im Jahr 2006 wurde das Rennen auf 190 km ausgedehnt. Die Teilnehmer starten in der Nähe von Nauta – dort, wo Maranon und Ucayali zusammenfließen und der Amazonas beginnt – und paddeln bis Iquitos. Die Schnellsten schaffen das in drei Tagen. Übernachtet wird in Lodges. Marineboote begleiten die rund 50 Teilnehmer.

Es ist das längste Floßrennen der Welt und steht im Guinness Buch der Rekorde. Die Teilnehmer kommen unter anderem aus Deutschland, Australien, Belgien, dem Iran, Irland, Kanada, Schottland, den USA, Mexiko, Neuseeland, Frankreich, den Niederlanden, Peru, Großbritannien, Südafrika, England, Costa Rica und der Schweiz.“

Wir biegen in den Ucayali ein und ½ Stunde später legen wir am Dorf Puerto Miguel an. Früher brauchte man 30 Minuten, um ins Dorf zu gelangen. Jetzt schaffen wir das in fünf Minuten. Der Ucayali holt sich Jahr zu Jahr zur Regenzeit immer mehr Land. Vor drei Jahren hat man das Dorf hier aufgegeben und am gegenüber liegenden Ufer wieder neu aufgebaut. Nur noch wenige Holzhäuser sind bewohnt. Wir suchen eine der letzten hier noch lebenden Familien auf. Ein Ehepaar kümmert sich um Braunkehl-Faultiere. Diese Tiere leben zwar im Regenwald, kommen aber täglich ins Haus, um Papyrusblätter, ihre Leibspeise, zu fressen.

Wir werden von Gustavo und Leidy freundlich empfangen. Die beiden Tierfreunde flechten fleißig aus buntem Bast Schildkröten, Schmetterlinge, Spinnen und vieles mehr. Leider gibt es zurzeit keine geflochtenen Faultiere.

Gustavo klettert auf den Dachboden. Wir sehen jetzt, dass ein Faultier oben im Dach hängt. Er nimmt es zu sich und kommt vorsichtig wieder hinunter. Und schon haben wir das Faultier Pablo auf unserem Arm. Was für ein schöner Moment, es ist so groß wie ein Baby. Pablo ist drei Jahre alt. Faultiere können 15 Jahre alt werden. Das Gesicht sieht aus wie von einer Schildkröte, schwarze Stupsnase und Augen die von einer Art heller Brille umrahmt ist. Er schmiegt sich liebevoll an uns.

Gustavo bringt noch ein zweites Faultier und hängt es an eine Holzstange. Im Zeitlupentempo klettert es los. Es gibt noch eine Faultier Mutter mit einem Baby, doch die ist heute Vormittag schon in den Regenwald zurückgegangen.

Wir hängen Pablo vorsichtig an eine Holzstange. Gustavo gibt ihm aus einem großen Sack frische Papyrusblätter und im Zeitlupentempo fängt der kleine Kerl an zu fressen. Wir verabschieden uns und sind dankbar für das besondere Erlebnis.

Auf dem Weg zurück bis zum Boot durch das alte Dorf und durch Reisfelder erzählt uns Luis, dass tief im Regenwald noch eine andere Art von Faultieren lebt. Diese Tiere sind viel größer, haben ein langes Fell und eines der Tiere ist ein Albino (vollkommen weiß). Doch man bekommt sie nur selten zu sehen.

Erst seit rund 40 Jahren sind die Einheimischen bereit sich auf Touristen einzulassen. Wieder im Boot erzählt Luis, dass als er 1978 zum ersten Mal eine Touristengruppe ins Dorf führte, die Einheimischen in den Regenwald geflüchtet sind, aus panischer Angst vor Fremden. Nur eine kleine Gruppe blieb zurück, sie hatten genug mit ihrem Zuckerrohrschnaps zu tun.

Luis und auch die Touristen haben
dann vorsichtig mit den Zurückgebliebenen gesprochen. Daraufhin haben die lustigen Gesellen die Einheimischen aus dem Regenwald wieder zurückgeholt, alles sei in Ordnung und die Fremdlinge nicht böse.

Wir fahren langsam wieder zurück nach Nauta. Ein letztes Foto von der liebgewonnenen Amazonasfamilie und dann ab nach Iquitos. José kümmert sich derweil um das Boot – unser Zuhause auf dem Amazonas.

Beim Abschlussessen in Iquitos lassen wir noch einmal alles Revue passieren. Und so gehen fünf wundervolle, beeindruckende, abenteuerliche und vor allem spannende Expeditionstage zu Ende, an die wir uns immer wieder gerne erinnern werden. Danke an die Jungs und an Luis!

Wir sind wieder zurück im Puerto Henry. Unser Fahrzeug steht wohlbehalten an seinem Platz. Drei Tage später fährt das große Frachtschiff Henry 2 nach Pucallpa. Wir machen den Abfahrtstermin fest.

Wir nutzen die Zeit, Iquitos näher kennenzulernen und unsere Vorräte für die kommende Schifffahrt aufzufüllen. Am Tag der Abfahrt erfahren wir, „heute Nachmittag gegen 5:00 Uhr findet die Verladung des LKW statt.“

Wir sind rechtzeitig vor Ort. Auf meine Fragen, wie der LKW denn für den Krantransport vorbereitet wird, gibt es keine genauen Antworten.

Gegen 18 Uhr werden zwei Eisenträger herbeigeschafft und vor und hinter den LKW abgelegt. Der Kran (Raupenkran TEREX HC 165, Traglast 165 t, Auslegerlänge 88 m) dreht sich zu uns und lässt 4 Stahlseile herunter. Sie werden an den Stahlträgern befestigt. „Wie soll das bitte gehen? Wie und wo sollen die Stahlträger am LKW befestigt werden?“

„Wir überlegen nur.“ Der Lademeister und zwei weitere Hafenarbeiter gestikulieren und diskutieren angeregt. Der Kranführer kommt hinzu. Sie gehen mehrmals um den LKW, schauen vorne, schauen hinten und unter den LKW. Fragen wie stabil die Stauboxen, die Tanks und die Wohnkabine sind. Nach einer viertel Stunde geht einer der Arbeiter fort und kommt mit Gurten wieder. Im Nu sind vier Gurte herbeigeschafft.

Sie legen eine Schlaufe unterhalb der Achse um jeden Reifen und befestigen das Ende an den Stahlseilen des Krans. Kanthölzer werden als Abstandshalter zur Karosserie und zur Wohnkabine unter die Gurte auf die Reifenflanken geklemmt. Vorsichtig zieht der Kran die Stahlseile stramm. Sieht gut aus. Die Gurte hängen frei. „Bitte einsteigen!“ „Wie bitte?“ „Ja, bitte einsteigen!“ Der Lademeister sieht mich fragend an …

Ja, wenn es denn sein muss. Es ist mittlerweile 18:32 Uhr und dunkel geworden. Ich setzte mich ans Steuer und warte was passiert. Der Lademeister hebt den Daumen in meine Richtung. Ich erwidere mit „Daumen hoch“. Der Lademeister gibt dem Kranführer ein Zeichen. Langsam, kaum spürbar erhebt sich der LKW. Ich schwebe … Immer höher … Der Kran dreht uns vorsichtig Richtung Frachtschiff, das unterhalb der Verladestelle liegt. Knapp 50 Meter schweben wir, während sich der LKW langsam nach links dreht. Dann hängen wir rund 10 Meter über dem Schiff. Langsam geht es wieder abwärts. Die Arbeiter drücken den noch schwebenden LKW in die richtige Position. Dann setzen wir spürbar auf dem Deck des Schiffes auf. Geschafft!

Ganze vier Minuten, vom Einsteigen bis zum Aussteigen, hat der Flug gedauert.

Das Frachtschiff wird noch bis 24:00 beladen. Punkt 0:22 Uhr legen wir ab. Der Kapitän muss noch zum Hafenmeister die Frachtpapiere abstempeln lassen. Dazu muss das Schiff ans andere Ende des Hafens fahren. Diese Prozedur ist nach einer knappen Stunde erledigt. Dann geht es endlich los Richtung Pucallpa. Gut neuen Stunden später verlassen wir endgültig den Amazonas und biegen stromaufwärts in den Ucayali ein.

Nach sechs Tagen werden wir in Pucallpa ankommen. Eine Reise über einen der beiden großen Quellflüsse des Amazonas mitten durch den Dschungel. Dieses Mal zählen wir 45 Stopps mit anlegen, aussteigen, einsteigen, abladen, aufladen, kramen und ablegen.

Kurz vor 3 Uhr morgens erreichen wir Pucallpa. Es vergehen fast fünf Stunden, ehe der Hafen erwacht. Um 8 Uhr frage ich den Kranführer, wie denn unser LKW von Bord kommt. „Wir arbeiten hier mit einer Rampe.“
Kurz darauf hievt der Kran die tonnenschwere Rampe auf den Bug des Frachtschiffes. Problemlos kann ich auf die Rampe fahren. Ich halte an, um mir die Stufe vor der Rampe anzuschauen. „Hier kann ich unmöglich runterfahren, die Stufe ist viel zu hoch.“ „Keine Sorge, die Rampe wird hinten angehoben, dann können Sie fahren.“
Die Stahlseile werden hinten an der Rampe befestigt. Die Rampe wird vorsichtig angehoben. Holzbretter werden vorne vorgelegt. Ich kann problemlos die Rampe verlassen.
Ein kurzer Dankesgruß an den Kranführer und wir können ohne Rampengebühr und ohne Hafengebühr den Hafen von Pucallpa verlassen. Alles wieder sehr professionell.


In Pucallpa finden wir einen schönen Stellplatz. Nach zwei Nächten verabschieden wir uns und machen uns auf den 1.500 km langen Weg nach Cuzco quer durch die Anden.
Die Straßen sind super bis schrecklich. Alle Arten von Straßenoberfläche dürfen wir fahren: geteert, gepflastert, betoniert, Naturstraße, Schotterstraße, alle mit z.T. abenteuerlichen Schlaglöchern. Wir müssen mehrmals über mehr als 4.000 m hohe Pässe. Die Straßen sind teilweiße dramatisch eng, ohne Leitplanken, aber dafür links direkt am Felsen vorbei und rechts tlw. 500 m und mehr tiefer Abgrund. Für Leitplanken ist an diesen Stellen einfach kein Platz …


Spannend wird es, wenn uns ein Fahrzeug entgegenkommt. Wir mit unserem LKW haben aber ziemlich gute Karten, denn der Kleinere fährt zurück. Nur einmal mussten wir einem größeren LKW ausweichen ... Ruhigbleiben – Rückfahrkamera an … und langsam rückwärtssetzen bis eine geeignete Stelle gefunden ist.
Nach sieben langen Tagen, anfangs noch durch Dschungel, dann durch die Anden, durch Täler und über Pässe, erreichen wir Cuzco. Alles gespickt mit vielen Baustellen.


Cuzco, die ehemalige Hauptstadt des Inka-Reiches, liegt auf 3.400 m und hat 350.000 Einwohner. Hoch oben über der Stadt auf 3.585 m finden wir einen sicheren Stellplatz. Hier treffen sich Touristen aus der ganzen Welt. Wir kommen mit Amerikanern, Australiern, Franzosen, Schweizern und auch Deutschen ins Gespräch.
Wir rufen Hermogenes an. Luis hat mit seinem Freund in Cuzco Kontakt aufgenommen und uns angekündigt. Wir verabreden uns für den nächsten Tag und besprechen dann alles für unsere Tour zum Machu Picchu, eine Ruinenstadt der Inka mitten in einem schwer zugänglichen Gebiet der Anden auf 2.430 m. Machu Picchu wurde erst 1911 wiederentdeckt.
Wir sind überwältigt von der Stadt Cuzco. Von den Gebäuden, den Plätzen und den sauberen gepflasterten Straßen.
Wir treffen uns mit Hermogenes und buchen eine 3-tägige Tour mit Verpflegung und zwei Übernachtungen im 225 km entfernten Aquas Calientes, dem Dorf zu Füßen des Machu Picchu – Luftlinie sind es nur 75 km.
Am nächsten Morgen starten wir mit Samuel und seinem Kleinbus um 8:00 Uhr mit zehn weiteren Touristen Richtung Aquas Calientes. Wir dürfen wieder einen Pass von 4.316 m überqueren.
Es gibt drei ausgedehnte Pausen und u.a. in Santa Teresa ein leckeres Mittagessen. Um 14:30 Uhr, also nach 6 ½ Stunden, kommen wir in Hidro Electrica an. Von hier aus gibt es zwei Möglichkeiten nach Aguas Calientes zu kommen: Mit dem Zug oder zu Fuß der Bahnlinie entlang. Wir gehen natürlich zu Fuß – 12 km und mit jede Menge Gepäck – bergauf, bergab durch Regenwald und vorbei an kleinen Rastplätzen, die Einheimische hier eingerichtet haben.
Nach 2 ½ Stunden erreichen wir ziemlich geschafft Aguas Calientes. Ein gemütliches Zimmer lässt uns alle Strapazen vergessen. Wir essen zu Abend und treffen Horge, unseren Guide für die morgige Tour auf den Machu Picchu.
Nach dem Frühstück am nächsten Morgen nehmen wir einen Bus zum Machu Picchu. Wir holpern gut zwanzig Minuten durch enge Serpentinen steil bergauf. Vor dem Eingangstor treffen wir Horge und 18 weitere Touristen, die alle der Gruppe Pedro zugeordnet wurden. Die Pedro Gruppe wird in eine spanisch und eine englisch sprechende Gruppe aufgeteilt. Mit sechs deutschen und zwei Engländern und natürlich Horge besuchen wir die mysteriöse Inka-Stadt, tief versteckt im Andendschungel.
Der Wettergott meint es gut mit uns. Meist liegt der Machu Picchu im Nebel. Jetzt ist es klar und hin und wieder kommt sogar die Sonne zum Vorschein. Beeindruckend sind die Lage des Dorfes, das bis zu 1.000 Personen beherbergen und versorgen konnte, und die Präzision der gehauenen Felsblöcke. Rund 3.000 Steinstufen verbinden mehr als 200 Steinbauten, die auf Terrassen angeordnet sind. Die Wasserversorgung durch eine externe Quelle funktioniert bis auf den heutigen Tag. Nach drei Stunden verlassen wir den faszinierend magischen Ort.


Mit dem Bus fahren wir zurück in den Ort Aguas Calientes. Wir bewundern einen neu eingerichteten Rundweg. Einheimische Künstler aus Machu Picchu und Cuzco haben erstaunliche Steinskulpturen geschaffen. Meist historische Motive wurden kunstvoll in Stein gemeißelt – beeindruckend.


Wieder zurück in Cuzco treffen wir zufällig an der Kirche Santo Domingo einen älteren Peruaner, der uns fragt, ob wir die Bedeutung der Coricancha kennen. Kennen wir nicht. Er bietet sich an, uns morgen in die Kirche Santo Domingo zu begleiten, die im 17. Jahrhundert auf den Ruinen der Coricancha – die Spanier und später ein Erdbeben zerstörten – errichtet wurde. Mauerreste würden im Innern noch existieren. Wir erfahren, dass er Geschichtslehrer und Mitarbeiter des Inka-Museums ist und sich natürlich mit der Geschichte der Inka bestens auskennt.


Wir verabreden uns für den nächsten Tag. Bernardino erklärt uns mit Begeisterung, dass Coricancha der wichtigste Tempel und der heiligste Ort der Inka war, ein astrologisches Zentrum mit Sonnen- und Mondkalender. Er erklärt uns den Sonnenkalender der Inka an der noch vorhandenen Wand mit Fenstern, durch die die Sonne einfiel, und den Nischen in der gegenüberliegenden Wand, auf die das Sonnenlicht fiel. Der Inka-Kalender bestand aus 18 Monaten mit jeweils 20 Tagen und 5 zusätzlichen Feiertagen. Neujahr war am 25. Juni (nach der Sonnenwende am 21. Juni wurde bis zum 24. gefeiert). Das 1. Halbjahr endete am 21. Dezember. Das 2. Halbjahr begann am 23. Dezember. Am 22. wurde zu Ehren der Sonnenwende gefeiert.
Die Inka fanden heraus, dass Cuzco nicht im Zentrum der Welt (auf dem Äquator lag) lag und haben deshalb in Ecuador (in Ingapirca) ein weiters astronomisches Zentrum gebaut.
Er zeigt uns an den Mauerresten die präzise aus einem Felsen gemeißelten Steinblöcke, manche mit mehr als 30 Ecken und Kanten. Nach zwei Stunden ist die Geschichtsstunde leider schon zu Ende, Bernardino muss zu einem weiteren Termin. Das war unglaublich interessant und Bernardino ist ein fesselnder und begeisternder Lehrer, der stolz auf die Leistung der Inka ist.


Am nächsten Tag bestaunen wir die Mauern der Festung Saqsayhuaman oberhalb von Cuzco und den herrlichen Ausblick. Da Cuzco die Inka-Hauptstadt war, gibt es in der näheren Umgebung weitere interessante gut erhaltene Ruinen.
In Q’endo finden wir eine kleine Stätte, die in und auf natürlichen Felsformationen gebaut wurde. In Puca Pucara eine weitere Festung mit tollem Ausblick. In Tambomachay eine beeindruckende Badeanlage mit den typisch markanten Bausteinen.
In Pikillaqta klettern wir durch ein Wari-Dorf, das von 500 bis 1.100 n. Chr. bewohnt war.
In Tipon sehen wir eine ausgetüftelte Bewässerungsanlage der Inka, die über mehrere Terrassen bis heute eindrucksvoll funktioniert.
Wir besuchen die Tierauffangstation Ccochahuasi. Hier werden Tiere wieder gesundgepflegt, die von Wildern gejagt und verletzt wurden. Wir sehen Vikunjas, Alpakas und Lamas, einen Brillenbären und Kondore sowie viele weitere Vögel.
Wir haben immer noch nicht genug von den Inka und wollen uns als nächstes das Valle Sagrado de los Incas (das heilige Tal der Inka) ansehen. Es befindet sich nördlich von Cuzco.


November 2017

 

Die Inka haben das Tal des Rio Urubamba landwirtschaftlich intensiv genutzt, weil es hier die fruchtbarste Erde von ganz Peru gibt. Die Siedlungen der Inka wurden nur in den Bergen und nicht im Tal errichtet, damit die heilige Erde ausschließlich für die Landwirtschaft genutzt werden konnte.
Wir kommen nach Pisac, das Tor in das heilige Tal. Von weitem schon sehen wir hoch oben auf dem Berg die Inka-Ruinen. Die perfekt gehauenen und geschliffenen Steine beeindrucken immer wieder. Auch wenn die Steine hier nicht die Größe der Steine von Machu Picchu haben. Wir genießen einen herrlichen Panoramablick auf das Städtchen Pisac, auf die perfekt erhaltenen weitläufigen Inka-Terrassen, die immer noch dem Ackerbau dienen, und in das heilige Tal.


Es gibt viele Orte in der näheren Umgebung von Cuzco, an denen man über die technischen Errungenschaften der Inka in der Landwirtschaft mehr als staunen kann (Terrassenfelder, Bewässerungssysteme). Einer der interessantesten Orte liegt unweit des Dorfes Moray. In Trichterform, oder einem Amphitheater ähnlich, sind Terrassenfelder angelegt, die mehr als 100 m im Durchmesser und gut 70 m tief sind. Es wird vermutet, dass es sich um eine Art Versuchslabor der Inka handelte, die herausfinden wollten, auf welcher Stufe / Höhe, in welchem Mikro-Klima, welches Getreide am besten gedeiht. Je tiefer man in den Trichter hinunter steigt, desto wärmer wird es. Wirklich beeindruckend.


Nicht weniger spektakulär sind die Salinen von Maras. Auf steilen Terrassen befinden sich tausende kleine Salzbecken, in denen Salz gewonnen wird. Das weiße Gold der Inka hat zwar längst seinen Stellenwert verloren, aber die Anlage ist atemberaubend. In der Sonne glänzen die Becken von grell weiß bis beige braun. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

 

Weiter geht es nach Ollantaytambo. Hier liegt eine in einem Felshang gebaute Stadt der Inka, deren Gebäude, Terrassen, Treppen und Gassen noch im Originalzustand sind. Aufgrund seiner dicken Mauern wirkt die Stadt wie eine monumentale Festung. Die Stadt ist durch die Anlage der Treppen und Gassen in quadratische Blöcke eingeteilt. Immer wieder beeindrucken uns die exakt gehauenen und geschliffenen und wie Puzzlesteine zusammengesetzten Felsbrocken. Wir genießen die herrlichen Panoramablicke auf die Berge und auf den Ort Ollantaytambo. Im unteren Teil besichtigen wir die Bäder der Inka mit ihren immer noch funktionierenden Wasserläufen.


Unsere letzte Inka-Stätte, die wir besuchen wollen, ist Chinchero. In Chinchero auf 3.760 Meter lebte einst der amtierende Inka in seinem Sommerpalast. Die Spanier haben den Palast leider abgerissen und an seine Stelle eine Kirche gebaut. Bis auf Grundmauern ist nicht mehr viel zu sehen. Das interessante an diesem kleinen Ort sind die Atmosphäre, die engen Gassen, der Ausblick auf die weiten Terrassenfelder und das herrliche Bergpanorama.
Inka-gesättigt machen wir uns auf den Weg durch die Anden zurück Richtung Pazifik. Um Peru haben wir uns jetzt genügend gekümmert, es wird Zeit ein anderes Land zu erkunden. Wir wollen nach Ecuador, dem Land, dem der Äquator seinen Namen gab. Aber zuvor haben wir uns nochmal eine richtige Erholung verdient. Was passt da besser als der Palmenstrand in Zorritos bei Melba und Jacques, der sowieso auf unserer Strecke liegt.
Bis dahin müssen wie aber noch 2.300 km bewältigen. Mitten in den Anden in Tamburco müssen wir eine halbtägige Zwangspause einlegen. Die Durchgangsstraße ist für ein Bergrennen komplett gesperrt. Wir werden an eine Tankstelle geleitet, an der wir bis zum Ende des Rennens warten dürfen. Das Warten ist aber kurzweilig, weil hier immer wieder laut röhrende Tourenwagen einen Tankstopp einlegen.

Als dann gegen Mittag das Rennen beendet ist, bricht das Chaos aus. Die Fahrzeuge in den langen Staus auf beiden Seiten der Stadt wollen alle weiterfahren, in der Stadt kommt dann der Verkehr zum Erliegen. Erst 1 ½ Stunden später hat die Polizei das Knäuel entwirrt und wir können unsere Fahrt fortsetzen.
Sieben Tage später und um weitere 4.000er Passhöhen reicher erreichen wir unseren Traumplatz in Zorritos.

 

Wir berichten von unseren Erlebnissen und zeigen Fotos bei leckerem Maracujakuchen. In den nächsten Tagen wird gewaschen und geputzt. Die Wassertanks müssen gründlich gereinigt werden, dazu muss unser Stauraum komplett ausgeräumt werden. Nachmittags spazieren wir meist am Wasser entlang. Abends sind wir oft bei Melba und Jacques, schauen Filme, hören Musik oder unterhalten uns über Gott und die Welt. Wir gehen sogar eines Abends/Nachts zu viert in die Disco. Sehr laute Musik und ansonsten nur Teenager und Twens. Aber wir Alten haben Spaß und erst nach Mitternacht finden wir den Weg „nach Hause“ zurück. Eine schöne und erholsame Zeit. Aber nach elf Tagen zieht es uns wieder weiter.

 

Die Zollformalitäten für Ecuador sind schnell erledigt. Wir kommen ins Bananenland, links und rechts der Panamericana kilometerlange Bananenplantagen. Wir biegen rechts ab ins Landesinnere, die Straße ist schmäler und wieder überall Bananen. Dazwischen tauchen vereinzelt Kakaobäume auf. Es geht durch Dörfer und dschungelähnliche Wälder. In den Dörfern, fast vor jedem Haus, Obststände mit Bananenstauden, die an Kordeln hängen, außerdem Apfelsinen und Mangos. Es geht wieder hinauf in die Anden. Cuenca, 350.000 Einwohner, 2.500 m hoch ist unser Ziel. Vorbei an einer riesigen Staumauer und durch viele Baustellen. Wir kommen immer höher. Es wird trockener und dann öde Andenwelt. Wir erreichen einen Pass auf 2.766 m Höhe. Die Frauen tragen hier oben bunt bestickte lange Röcke. Jetzt sieht es aus wie in der Schweiz, sogar Kuhherden gibt es hier, jedoch nur in schwarz-weiß und weder Almhütten noch Kuhglocken.
Wir fahren wieder in ein Tal. Plötzlich vor uns eine Polizeikontrolle. Der Fahrer schnallt sich noch schnell an, die Beifahrerin schafft es nicht mehr rechtzeitig. „Fahrzeugpapiere bitte und 50 Dollar Strafe, die Beifahrerin ist nicht angeschnallt.“
Die Beifahrerin ist eigentlich immer angeschnallt, der Fahrer fast nie …


Brav angeschnallt fahren wir weiter und finden in Cuenca einen ruhigen und bewachten Stellplatz vor einem Verwaltungsgebäude. Cuenca ist eine tolle Kolonialstadt und wird vom Rio Tomebamba durchflossen. Der wichtigste Platz der Stadt ist die Plaza Abdón Calderón. Hier befinden sich die alte Kathedrale (La Catedral Vieja von 1557) und die neue Kathedrale (La Catedral Nueva), in der bis zu 10 000 Gläubige Platz finden.
Die Altstadt ist seit 1999 Weltkulturerbe der UNESCO. Cuenca ist die Hauptstadt des Panamahutes, der zwar seit 1630 in Ecuador hergestellt wird, aber über Panama in die ganze Welt verschifft wurde und daher den falschen Namen trägt. Die Ecuadorianer sind deshalb mehr als traurig und nennen den Hut einfach nur „Sombrero de Paja Toquilla“ (Hut aus Toquilla Stroh).


Im „Museo de Sombrero de Paja Toquilla“ lassen wir uns die Arbeitsschritte der „Panamahut“-Herstellung zeigen. Wir besuchen am nächsten Morgen das Pumapungo Museum, ein modernes Museum. Im Erdgeschoss Aquarelle von Städten aus Europa und Südamerika. In der ersten Etage im Foyer Figuren einer landestypischen Musikkapelle, mit Instrumenten. Im Ausstellungsaum die Geschichte des Schokoladenanbaus in Ecuador. In der oberen Etage die Geschichte der Indios in Bild und lebensechten Figuren dargestellt, in ihren Behausungen, beim Handwerk, aufwendig gearbeiteter Schmuck, Stoffe, Tücher, Keramiken und das zugehörige Werkzeug. In einem dunkleren Bereich ein Rundgang durch den Dschungel, wie lebt(e) man im Regenwald. Auch hier Schrifttafeln, Bilder und Schaukästen, sogar einige Schrumpfköpfe sind zu sehen.
Im Untergeschoss eine Ausstellung und ein Film über die Geschichte des Geldes in Ecuador. Na klar, das darf nicht fehlen, weil das Museum von der Banco Central del Ecuador gesponsert wird. Alles sehr geschmackvoll aufbereitet und informativ und obendrein auch noch kostenlos … der Bank sei Dank.


Es fängt an zu regnen. Wir suchen Unterschlupf und finden zufällig ein kleines Restaurant in dem gerade ein Thanksgiving Lunch serviert wird. Zwei Plätze sind noch frei. Wir wollten eigentlich eine Pizza essen – und jetzt dann eben ein Festtagsmenü. Wir finden auf der Empore den noch freien festlich gedeckten Tisch. Von unten hören wir mit kräftiger, gefühlvoller Stimme eine Amerikanerin mit Broadwaymelodien. Eine wunderbare, wohlklingende Untermalung.
Natürlich gibt es Truthahn. Doch zunächst wird Ananassaft, Rotwein und ein gemischter Salat gereicht – grüne Blätter, Tomaten, Zwiebeln, Schafskäse, schwarze Oliven und Mandeln. Dann gibt es Truthahn mit Süßkartoffelpüree, Kartoffelpüree, knackigem Gemüse – Broccoli, Gurken, Blumenkohl und grünem Spargel – und in einer Schüssel geröstetes Brot mit Zwiebeln, Staudensellerie und Käse überbacken. Dazu zwei verschiedene Saucen: eine Beerensauce und eine klassische würzige Sauce aus dem Bratensaft. Als Dessert gibt es ein Stück Apfelkuchen mit Kiwischeiben und Mangoscheiben garniert mit Vanilleeis und Schokoladensauce. Ein wunderbares Essen mit schöner Live Musik … herrlich!


Es hat aufgehört zu regnen, ein Verdauungsspaziergang ist jetzt genau das Richtige. Wir gehen zur Inka-Ruine Pumapungo. Auch hier sehen wir die typischen Inka-Mauern. Wir genießen den herrlichen Blick auf den wunderschönen Park mit großem Gemüsegarten in verschiedenen Beeten wie gestochen angelegt. Wir schlendern vorbei an vielen Heilpflanzen, unterschiedlichen Kakteen, bunten Blumen und jungen Obstbäumen. An einem kleinen See kann man verträumt unter Bäumen sitzen ...


Wir gehen noch zum Kunsthandwerkermarkt, schön geflochtene Korbwaren, Holzlöffel und Schüsseln, sowie andere Haushaltswaren, viele kitschige Andenken und genauso kitschige Weihnachtsfiguren.
Im Innenhof eines Kolonialgebäudes ein Verkaufsmarkt. Laute Musik soll die Besucher anlocken. Bei uns hat es funktioniert ... Wir bummeln herum, es gibt Schmuck, Geldbörsen, Kosmetik, Unterwäsche, T-Shirts, Weihnachtsschmuck, Vieles zu essen, Indio Handarbeiten, wie Ponchos, Mützen, Schals und Pullover, und einen Weinstand. Plötzlich Böllerschüsse. Über dem Park Abdon Calderon ein brillantes Feuerwerk. Und so geht ein herrlicher Tag zu Ende.


Die Inka habe auch in Ecuador neben Pumapungo weitere Spuren hinterlassen. Die wichtigste Inka-Stätte Ecuadors liegt in Ingapirca. Dort haben die Inka ein weiters astronomisches Zentrum gebaut, nachdem sie festgestellt hatten, dass Cuzco nicht im Zentrum der Welt (auf dem Äquator) lag.
Doch zunächst mussten die Inka die Kanari unterwerfen, denn Ingapirca oder Hatun Kanar war die Hauptstadt der Kanari und auch eine Kultstätte. Das gelang nicht auf kriegerische Weise, sondern erst als ein Inka-Fürst eine Kanari-Fürstin heiratete.
Die Inka zerstörten die Kanari Kultstätte nicht, sondern nutzen sie gemeinsam mit ihnen und bauten sie weiter aus. Aufgrund der unterschiedlichen Baustile lassen sich die einzelnen Bausubstanzen gut auseinanderhalten.


Die Historie, die Häuser, die Straßen, die Bäder für zeremonielle Zwecke, die Versammlungsplätze, die landwirtschaftlich genutzten Terrassen, die Getreidespeicher, und zu guter Letzt der Sonnentempel – der einzige nördlich von Cuzco – werden uns von Manuel, unserem Guide, überzeugend und enthusiastisch präsentiert.


Wir fahren weiter durch die Anden Richtung Chimborazo. Der Chimborazo ist ein seit rd. 500 Jahren nicht mehr aktiver Vulkan und mit 6.310 m der höchste Berg Ecuadors.
Etwas Kurioses/ Interessantes am Rande. Die Erde ist ja bekanntlich eher ein Ellipsoid als eine Kugel, d.h. der Äquatorumfang ist größer als der Polumfang. Der Unterschied beträgt etwa 21 km. Das hat zur Folge, dass man am Äquator näher an der Sonne ist als an den Polen oder weiter vom Erdmittelpunkt entfernt ist als auf den Polen. Das wiederum bedeutet, dass der höchste Punkt der Erde – der Punkt, der der Sonne am nächsten ist – nicht der Mount Everest mit seinen 8.848 m ist, sondern der
Chimborazo, der in Ecuador nahe am Äquator liegt. Nirgendwo sonst auf der Erde ist man der Sonne so nah wie auf dem Chimborazo. Der Unterschied zwischen beiden Bergen – bezogen auf den Abstand zur Sonne – beträgt nach neuesten Berechnungen mehr als 2 Kilometer.
Wir wollen der Sonne so nah wie möglich kommen und übernachten zunächst am Chimborazo Besucherzentrum auf 4.383 m. Wir sehen von hier den Gipfel des Chimborazo, von der Sonne angestrahlt. Herrlich!
Am nächsten Morgen starten wir um 8:00 Uhr und fahren hoch zum Monument von Simon Bolivar auf 4.845 m. Ab hier geht es nur noch zu Fuß weiter. Wir klettern bis zum Refugio Wymper auf 5.042 m, den Gipfel des Chimborazo immer vor Augen.
Bis zur Laguna Cocha ist es jetzt auch nicht mehr so weit. Wir klettern weiter. Um 11:30 Uhr erreichen wir auf 5.100 m die Laguna Cocha …
und sind jetzt der Sonne näher als wenn wir den Mount Everest bestiegen hätten. Der Gipefel des
Chimborazo ist zwar noch 1.210 m höher, aber der Unterschied – wie wir eben gelesen haben – beträgt ja mehr als 2 km. Demnach sind wir 800 m näher an der Sonne als der Gipfel des Mount Everest.
Doch dann zieht es sich immer mehr zu und vom Chimborazo ist nichts mehr zu sehen. Wir klettern langsam zurück zum Refugio Wymper und beobachten einen Andenfuchs, der auf der Suche nach Essbarem ist.
Als wir wieder am Monument von Simon Bolivar sind, beginnt es zu regnen und leicht zu schneien. Im dichten Nebel und bei leichtem Schneeregen fahren wir zurück zum Besucherzentrum. Hier unten kein Nebel und kein Schnee, aber heftiger Regen.
Über eine Schotterpiste fahren wir – der Regen hat mittlerweile der Sonne Platz gemacht – ganz nahe am aktiven Vulkan Tungurahua (5.023 m, letzter Ausbruch 2014) vorbei. Leider können wir ihn von der Piste aus nicht sehen. Wir sind aber auch nicht sonderlich erpicht darauf uns näher heranzuwagen.
Anfang 2016 hat der Berg geglüht ist aber nicht ausgebrochen. Er ist ein ständiges Sicherheitsrisiko. Da es schon spät ist, suchen wir in Banos einen Übernachtungsplatz.
Leider regnet es am nächsten Morgen und die Wolken hängen tief, d.h. aus anderer Perspektive haben wir auch keine Chance den Tungurahua mit seiner Rauchfahne zu sehen.
Also weiter zum nächsten Vulkan – dem Cotopaxi. Er ist mit 5.897 m der zweithöchste Berg Ecuadors und ein aktiver Vulkan (letzte Eruption im August 2015).
Bei bedecktem Himmel erreichen wir den Eingang zum Nationalpark Cotopaxi. Wir lassen uns registrieren und können einfahren. Eine super asphaltierte Straße sogar mit Straßenmarkierung für Fahrräder. Aber leider nicht für lange. Übelste Piste. Tiefe Schlaglöcher, viele unangenehme Bodenwellen, wir müssen Slalom fahren.
Das Wetter wird immer besser. Wir sehen den Gipfel des Cotopaxi im Sonnenschein. Nach 14 km haben wir den letzt möglichen Parkplatz auf 4.650 m erreicht. Die letzten 500 m waren nur mit Allrad zu bezwingen. Tiefe Furchen sind aber für unsere großen Reifen nicht wirklich ein Problem.
Wir stehen am Fuße des Cotopaxi genießen die Sicht auf den schneebedeckten Berg und das tolle Panorama mit dem ebenfalls schneebedeckten Vulkan Antisana 5.753 m und dem Vulkan Ruminahui 4.630 m hoch.
Nach einem leckeren Abendessen schauen wir aus dem Fenster in die Dunkelheit, auf den Cotopaxi, auf kleine Wolkenfelder, die immer wieder vorbeiziehen und weit in der Ferne auf das Lichtermeer von Quito …
Als der Wind zum Sturm wird und wir mitten in den Wolken stehen, beschließen wir wieder hinunterzufahren. Auf 3.878 m finden wir einen windschattigen Übernachtungsplatz.

 

Am nächsten Morgen wandern wir um die nahegelegene Laguna Limpiopungo.
Eine Stunde lang durch herrliche Natur mit vielen Blumen und einigen Wasservögeln. Es weht ein starker Wind und es ist kalt. Über schmale Wege geht es bergauf und bergab, über Holzstege und an Schutzhütten vorbei.
Beim Besucherzentrum gibt es ein kleines Museum mit interessanten Informationen über alle Vulkane hier im Nationalpark. Ein gar nicht scheuer Andenfuchs kreuzt unseren Weg. Wir übernachten am Eingang des Nationalparks und fahren am nächsten Morgen in die Hauptstadt Quito.
Wir haben uns einen Parkplatz in der Nähe des Flughafens ausgesucht. Hier lassen wir unser Auto stehen und fliegen für 15 Tage auf die Galapagos Inseln.

Dezember 2017

 

Die Galapagos-Inseln liegen 1000 km vor der südamerikanischen Küste im Pazifik und gehören zu Ecuador. Die mehr als 100 Inseln – nur 13 Inseln sind größer als 10 qkm – sind durch vulkanische Aktivität entstanden. Lediglich fünf Inseln sind bewohnt. Galapagos ist seit 1959 Nationalpark und seit 1979 Weltnaturerbe der UNESCO. Der Nationalpark umfasst 97 % der Landfläche.
Durch seine Jahrmillionen andauernde Isolation ist das Ökosystem auf dem Archipel für Einflüsse von außen äußerst fragil und enorm anfällig. Aus diesem Grund unterliegt das Betreten der Inseln und das Befahren der Gewässer strengen Regeln.
Auf den Galapagos-Inseln gibt es endemische Tier- und Pflanzenarten, d.h. diese Tiere und Pflanzen sind sonst nirgendwo auf der Welt zu finden. Das besondere an den Tieren ist, dass sie keine natürlichen Feinde und auch keine Scheu vor Menschen haben.


Wir buchen eine 15-tägige Kreuzfahrt mit der Yacht Angelito. Von Quito aus fliegen wir über Guayaquil zu den Galapagos-Inseln und landen nach gut drei Stunden auf der Insel Baltra, auf dem ersten umweltfreundlichen Flughafen der Welt.

 

Der Flughafen Baltra wird ausschließlich mit Strom aus Sonnen- und Windkraft versorgt.  Das Frischwasser liefert eine eigene Meerwasserentsalzungsanlage. 2015 wurde der Flughafen vom “U.S. Green Building Council“ mit der Goldmedaille für nachhaltiges Bauen ausgezeichnet. Der „Grüne Gebäude-Rat“ der Vereinigten Staaten hat ein Gebäudebewertungssystem entwickelt und ist weltweit führend im Energie- und Umweltdesign.


Unsere Reiseleiterin und Nationalparkführerin Maja holt uns ab. Mit einem Bus fahren wir zum Hafen. Neben weiteren Schiffen liegt auch die Angelito vor Anker. Acht weitere Gäste steigen mit uns in die beiden wartenden Zodiac Boote, stabile Schlauchboote mit Motor, die uns zur Yacht bringen.
Wir beziehen auf dem Hauptdeck unsere Kabine mit Doppelbett, Fenster, Klimaanlage und einem kleinen, komfortablen, sauberen Badezimmer mit Dusche. Auf den Betten thronen aus Badehandtüchern geformte Seelöwen.

Auf dem Oberdeck befindet sich das Restaurant, die Küche, die Brücke und die Kabine des Kapitäns. Ganz oben ist das Sonnendeck mit Liegestühlen, wo wir uns, wenn Zeit bleibt, aufhalten können. Das ist zwar verführerisch, bei leichter Meeresbrise in der Sonne zu liegen, aber auch gefährlich. Hier gibt es in einer Ecke Leinen, auf denen im Wind Wäsche schnell trocknen kann. Doch sie muss mit vielen Klammern richtig fest fixiert werden, damit sie nicht wegfliegt.

Am ersten Tag haben wir schon unseren ersten Landgang. Bei einem Landgang ziehen wir unsere Schwimmwesten an und fahren mit zwei Zodiacs zu einer Insel und haben entweder eine trockene oder eine nasse Landung. Also entweder gehen wir barfuß durch die Brandung oder mit Wanderschuhen auf eine Felstreppe.

Abends findet immer ein Meeting statt, eine Vorschau auf den nächsten Tag. Es gibt auch schonmal einen Film zu sehen, oder es werden Geschichten erzählt über Charles Darwin, dem britischen Naturforscher, der hier im 19. Jahrhundert lebte.
Über die Kölner Familie Wittmer, die in den 30iger Jahren auf die Galapagos-Inseln ausgewandert ist.
Oder über die Familie Peter und Rosemarie Grant, die die Darwin Finken in einer Langzeitstudie 28 Jahre beobachtet und untersucht haben. Sogar ihre Kinder waren immer dabei und haben Finken gezählt und registriert.
Oder über Doktor Ritter, einem Zahnarzt aus Berlin, der als „Vegetarier" an einer Fleischvergiftung gestorben ist. Mit dabei war seine Geliebte Dore Strauch.
Oder über die Baronin Wagner mit ihren zwei Geliebten und einem Bediensteten, die hier gestrandet sind, und noch vieles mehr.

Unser erster Landgang führt uns nach Las Bachas auf die Insel Santa Cruz. Am Nachmittag steigen wir barfuß bei strahlendem Sonnenschein aus dem Schlauchboot und fühlen den feinporigen Korallensandstrand unter den Füßen – glasklares Wasser und blauer Himmel.

Wir sehen viele auffällig rote Klippenkrabben und die ersten schwarzen Meeresleguane, die viel kleiner sind als wir sie uns vorgestellt haben. Sie liegen im Sand und sonnen sich, nachdem sie im Meer Meeresalgen gefressen haben. Die schwarze Farbe der Leguane dient in erster Linie dazu, den erkalteten Körper, wenn sie aus dem 28 Grad „kalten“ Meer zurückkommen, schnell wieder durch die Sonne auf ihre Körpertemperatur von 42 Grad aufzuwärmen. Sie liegen dann über-, neben- und untereinander.

Die Männchen verteidigen ihren Harem, indem sie Nebenbuhler mit weit geöffnetem Maul und   zitterndem Kopf drohen, Geräusche können sie nicht machen.

Wir gehen weiter und sehen am Strand größere Sandkulen, die Nistplätze für Meeresschildkröten. Ein Seelöwe hatte es sich in einer Kuhle bequem gemacht und sonnt sich. Im Januar/Februar kommen die Schildkröten 3 - 4 mal an den Strand im Abstand von 2 - 3 Wochen und legen dann 30 - 120 Eier in eine Sandgrube. Nach 40 - 70 Tagen fangen die Minischildkröten an zu schlüpfen, aber nur eine von Tausend überlebt. Die anderen sind Teil der Nahrungskette und werden von Vögeln und Leguanen gefressen.

Zurück auf der Angelito wartet ein Snack auf uns. Diese Überraschung, immer anders gestaltet, wartet jedes Mal auf uns, wenn wir von einer Besichtigung zurückkommen. Es gibt dann frische Früchte, einen kühlen Saft und immer wieder verschiedene Snacks, wie kleine Wurst- oder Fleisch- Sandwiches, Empanadas, Bananenküchlein usw. Ab und zu sind sie dekoriert mit Meerestieren aus Früchten oder Gemüse geschnitzt.

Wir genießen einen schönen Sonnenuntergang an Deck. Um 19 Uhr ist dann das Kapitäns-Dinner. Der Tisch für das Abendessen ist schon festlich gedeckt und Omar, unser Stuart im festlichen Dress, übereicht uns nach dem Läuten der Glocke einen Begrüßungscocktail, ein alkoholfreies Getränk oder einen Caipirinha.

Die Tür geht auf und die ganze Crew schreitet ein in strahlend weißen Uniformen. Der Kapitän hält eine Begrüßungsrede, wir stellen uns kurz vor und stoßen an. Nach dem köstlichen Abendessen erklärt Maja, was wir am nächsten Tag besichtigen werden, anschließend fallen wir glücklich und müde in unsere Kojen.

Am nächsten Morgen landen wir nach dem Frühstück um 7:00 Uhr auf der kleinen Insel Mosquera und besuchen eine Seelöwenkolonie mit vielen kleinen, oft nur ein paar Tage alten Jungen.

Um 10:00 Uhr dann unser erstes Schnorchelabenteuer. Unsere Ausrüstung haben wir gestern bereits ausgesucht: Neoprenanzug, Taucherbrille, Schnorchel und Flossen – alles wird im mit Kabinennummer versehenen, schwarzen Netzbeutel aufbewahrt.

Wir fahren mit unseren Booten in ein geschütztes Gebiet. Die Brille wird mit Spülmittel gegen Beschlagen präpariert und die großen Flossen werden angezogen. Dann heißt es aussteigen.

Wir gleiten ins Wasser – wir sind die einzigen Anfänger. Wir nehmen einen Rettungsring zur Hilfe und unter Anleitung von Maja gelingen die ersten Atemversuche – langsam durch den Mund ein- und ausatmen – immer schön gleichmäßig atmen.

Und schon sehen wir die ersten bunten Fischschwärme. Fantastisch, was sich unter Wasser so alles tummelt – und … langsam durch den Mund ein- und ausatmen – immer schön gleichmäßig atmen.

Schnorcheln steht zweimal am Tag auf dem Programm. Von Mal zu Mal wird das Schnorcheln besser, irgendwann dann auch ohne Schwimmreifen. Es ist herrlich, beim Tauchen in einem bunten Fischschwarm zu schwimmen oder den Panzer oder die Flosse einer mit uns tauchenden Wasserschildkröte zu berühren. Aber auch Seelöwen tauchen unter oder neben uns auf, Pinguine schießen an uns vorbei. Und sobald einer von unserer Gruppe irgendetwas besonderes sieht, schwimmen wir alle hin.

Wir sehen Galapagos Haie und Weißspitzen-Riffhaie. Aber keine Sorge, die sind nicht gefährlich und die Reiseleiter sind immer dabei und wissen genau, wo nicht getaucht werden sollte.

Wir beobachten Rochen, Stachelrochen, große Mantras, auch gepunktete Adlerrochen, die unter uns schwimmen oder sich in Felsspalten verstecken oder halb auf dem Meeresgrund im Sand verbuddelt liegen. Wir sehen Moränen tief auf dem Meeresgrund zwischen Felsen, die ständig ihre Mäuler aufreißen, Skorpionfische, die sich auf dem Grund halb im Sand verstecken. Einmal taucht ein Crewmitglied auf den Meeresgrund und holt eine rot gepunktete, große Schneckenmuschel (große Fechterschnecke oder Riesen-Flügelschnecke) hoch. Ihr fleischiger Körper drückt sich immer mehr aus ihrem Haus und schnell bringt unser Taucher sie wieder zurück in ihre Heimat auf den Meeresboden.

Seegurken krümmen sich tief unten auf dem Meeresgrund, wir entdecken eine Seeschlange, eine Seekugel, Seesterne in allen Größen und Farben. Wir schwimmen vorbei an bunten Korallen, an Meeresalgen, die nicht nur Futter für Meeresleguane sind. Ein silberner Trompetenfisch kreuzt unseren Weg und immer wieder bunt schillernde Fischschwärme, gestreifte kleine und große oder türkis-farbene Fische, schwarz-weiß gepunktete oder bunt gemusterte Fische, Kugelfische, einfach alles ist zu sehen.

Diese Schnorchelgänge sind immer spannend bei sich ständig änderndem Meeresgetier an den unterschiedlichen Orten.

Immer wenn wir vom Schnorchelgang zurück auf die Angelito kommen, werden wir von Manuel, unserm Koch, gut warm abgeduscht. Omar wartet mit frischen, sauberen, großen Frotteehandtüchern auf uns, und dann gibt es eine heiße Schokolade oder ein anderes heißes Getränk.

Abends schwimmen auch schonmal Haie um unser Boot. Die richtig gefährlichen Haie sind im offenen Meer, also keine Gefahr für uns. An einem Abend macht es sich ein Seelöwe auf der Angelito hinten auf dem Anlegeplatz gemütlich und schläft ein. Doch beim Ablegen, wird er gebeten, die Angelito wieder zu verlassen.

Wir besuchen auf Santa Cruz das Hochland (bis 864 m) mit Lava Plateau und besichtigten eine Farm von Riesenschildkröten, die sich mehrere Stunden am Tag zum Abkühlen und Relaxen in kleinen Schlammgruben tief in den Schlamm wühlen.

Wir bewundern in der Charles Darwin Forschungsstation ein riesiges Wal-Skelett. Ein geologischer Höhepunkt ist die Wanderung durch einen Lavatunnel. Es geht teils auf allen Vieren oder auf dem Bauch über ein Brett durch einen Lavaspalt. Entstanden ist dieser Tunnel durch die glühende Lava, die hier durchgeschossen ist, dabei haben sich Gase entwickelt, die den Tunnel haben entstehen lassen.
Auf Isabela besichtigen wir das alte Städtchen Puerto Villamil und machen einen Ausflug in die Urbina Bay. Mit dem Boot geht es in die Elizabeth Bay in einen Mangroven Wald. Dort erleben wir eine Theatervorführung. Unser Begleiter stellt den Motor ab und wir treiben leise durchs grünliche Meereswasser. Meeresschildkröten schwimmen an unserem Boot vorbei, zeigen ab und zu ihren Panzer oder strecken kurz ihren Kopf an die Wasseroberfläche. Andauernd stürzen sich Pelikane Kopf über ins Wasser um Fische zu erbeuten. Kleine Galapagos Pinguine tauchen in Windeseile auf und ab. Auf dem Grund schwimmen Stachelrochen, wir sehen einen Aal und sogar eine seltene gold-gelbglänzende Schildkröte. In einer kleinen, seitlichen Mangroven-Bucht liegen versteckt auf umgestürzten Baumstämmen zwei Seelöwen und schlummern. Maja unsere Reiseleiterin meint, dass sie eine solche Anzahl von verschiedenen Tieren mit so einer Aktivität in ihren fast 30 Jahren noch nie erlebt hat.

In Punta Moreno erreichen wir ein großes Lavafeld und gehen über verschiedene Lavastrukturen, die sich durch die unterschiedliche Fließgeschwindigkeit des Lavas gebildet haben. Wir können die Strukturen nicht nur sehen, sondern unter unseren Schuhen auch spüren. Wir sehen Lavakakteen, kleine grüne Farnpflänzchen und sogar eine Edelweißpflanze. In Felsspalten sehen wir die ersten Bewohner einer Lavainsel, kleine Spinnen in ihrem zarten Spinnengewebe. An Wasserstellen finden wir Mangrovenbäume, blühende Margaritenbüsche und den giftigen Apfelbaum. Auf einigen Wasserstellen ziehen sogar Moorhühner und Bahamaenten ihre Runden. In einem kleinen Meerwassersee, der bei Flut mit dem Ozean verbunden ist, schwimmen Meeresschildkröten und sogar ein Weißspitzen-Riffhai.

Auf Floreana leben nach wie vor die Nachfahren der Wittmers aus Köln. Wir genießen tolle Aussichten von Punta Cormorant und von der Corona del Diabolo (Teufelskrone) auf die Klippen aus Vulkangestein, auf die starke Brandung, auf das blaue Meer und auf die schaukelnden, wartenden Schiffe.

In der Postoffice Bay, finden wir einen Briefkasten - eine Tonne, die Walfänger bereits im 17. Jahrhundert auf Stelzen aufgestellt haben. Von hier wurde Post kostenlos verschickt. Kam ein Schiff zu den Galapagos-Inseln, so schaute ein jeder Seefahrer, ob er Briefe mitnehmen konnte. Wenn er Post für Floreana oder andere Galapagos-Inseln hatte, legte er diese in die Tonne. So hat sich diese Tradition bis zur heutigen Zeit erhalten, sie wird jetzt von den Touristen genutzt. Wir finden rund 50 Briefe, die in die ganze Welt verschickt werden sollen.

Von Santa Cruz aus geht es nach Daphne Mayor. Wir schippern langsam um die kleine Insel und besichtigen sie vom Deck aus. Das ist die Insel, auf der Rosmarie und Peter Grant mit ihren Kindern lebten. Sie haben hier mehrmals im Jahr in einer Langzeitstudie Finken beobachtet. Schwer vorzustellen, dass auf dieser Insel - ein Vulkankrater – fast kahl, wenig Bäume, einige Kakteen, die Grants gelebt haben. In einer Felsnische soll, laut Maja, die erste Wohnung der Grants gewesen sein.

So geht unsere erste Woche zu Ende.

In Baltra verlassen uns die Passagiere der ersten Woche. Auch Maja, unsere lieb gewonnene, erstklassige Reiseleiterin, verlässt uns. Nur Yoni, ein 25-jähriger Schwede, bleibt mit uns an Bord.

Jetzt steht gründliches Reinemachen auf der Angelito an. Es geht Hand in Hand, die Crew ist ein eingespieltes Team, eine richtige Familie. Wir drei ziehen uns aufs Sonnendeck zurück.

Gegen Mittag treffen der neue Reiseleiter Efrain und sechs neue Gäste ein.

Wir schippern nach North Seymour eine winzige Nachbarinsel von Baltra. Auf dieser Insel sehen wir die goldfarbenen Landleguane. Gut getarnt auf goldgelbem Sandfelsen liegen sie in der warmen Sonne. Jede Insel ist anders. Anderes Gestein, andere Lavastrukturen, andere Vegetation. Viele Inselbewohner haben sich dementsprechend eine Tarnfarbe zugelegt.

Wir sehen, Fregattvögel, die schwarzen eleganten Seevögel mit ihren geschwungenen Flügeln und ihrem Hakenschnabel, der ihnen hilft, anderen Seevögeln deren Fischfang zu stibitzen.

Überall auf der Insel sehen wir ihre Nistplätze, ihre kleinen Jungen sehen aus wie weiße Wattebälle mit ihrem weichen Flaum. Bei den älteren Jungen wechselt das Federkleid bereits von weiß zu schwarz. Die paarungswilligen Männchen blasen ihren roten Kehlsack gewaltig auf, um den Weibchen zu imponieren. Im jungen Alter haben die Fregattvögel einen rot-braunen Kopf, ehe sie ganz schwarz werden.

Wir folgen Efrain im Gänsemarsch. Nicht vorlaufen und nicht zurückbleiben, eines der vielen Gebote, die eingehalten werden müssen, damit die seltenen Tierarten und die Flora nicht gefährdet oder gestört werden. Nur auf den abgezäunten Wegen gehen, um nicht unvorsichtigerweise in eine Nistkuhle zu treten. Und immer mindestens zwei Meter Abstand zu allen Inselbewohnern halten.

Wittert z. B. eine Mutter die vom Fischen zurückkommt bei ihrem wartenden, kleinen Seelöwenbaby menschlichen Geruch, so ist sie irritiert und verlässt ihr Baby. Alle Tiere leben friedlich nebeneinander und kennen keinen Fluchtinstinkt hier auf den Galapagos. Da schleichen Leguane zwischen schlafenden Seelöwen oder rote Klippenkrabben klettern im Zeitlupentempo über ein Gewusel sich sonnender, aneinander geschmiegter Meeresleguane.

Wir bewegen uns durch farbenprächtige weite Flächen, durch leuchtend rote Korallen-Gewächse, die sich mit bräunlichen und grünen Blumenkissen abwechselten. Ein Goldwaldsänger versteckt sich in einem Kaktusfeigenstrauch. Die Kaktusfeigensträucher hier auf den Galapagos, haben feine nicht starre Stacheln, so dass sich die Tiere nicht verletzen, wenn sie sich die Feigen holen.

Lavaeidechsen und Grashüpfer huschen bzw. springen durch einen Finger ähnlichen Lavakaktus.
Seelöwen ruhen sich im warmen Sand aus ,und ein Seelöwenbaby zieht alle Blicke auf sich.

Schon vor der Geburt legt das Seelöwen-Weibchen sich abseits von der Kolonie. Kommt es zu einer Totgeburt, ist der Fregattvogel zur Stelle. Das Seelöwenbaby hat es von Anfang an schwer an seine Milch zu kommen, weil die Milchdrüsen unter einer dicken Fettschicht liegen. Das Kleine muss ganz feste saugen und mit seiner kleinen Schnauze in die Brustwarzen stupsen, um die Milchproduktion zu stimulieren.
Die kleinen Mädchen bekommen ca. ein halbes Jahr lang Muttermilch und gehen dann alleine zum Fischen ins Meer. Doch die Jungs lieben das Hotel Mama, sind faul und sagen sich, warum selbst fischen, saugen ist doch viel einfacher. Sogar wenn ein neues Geschwisterchen angekommen ist, kann es passieren, dass der Bruder so dominant ist, dass er dem Geschwisterchen die Milch wegtrinkt. Das Baby wird dann verdursten.

Wir legen an einer anderen Stelle in North Seymour mit unserm Schlauchboot zum Landgang an, weißer Korallenstrand. Und schon berühren unsere Füße den schneeweißen Sand und das kristallklare Wasser gleitet zwischen unsere Zehen.

Am Strand sehen wir viele Seevögel und Seelöwenkolonien. Babys liegen auf warmen Lavasteinen und warten auf ihre Mütter, die beim Fischen sind. Es geht weiter durch roten Sand und über scharfe Lavasteine. Wir sehen viele sich sonnende Meeresleguane. Auf einem Felsen steht ein grauer, langbeiniger Vogel mit weißen Tupfen und gelben Augen, ein gelb gekrönter Nachtreiher. Eine helle Lavaeidechse liegt fast unauffällig auf einem Stein.

Von hier hat man einen herrlichen Blick auf die kleine Felsformation Chinese Hat. Wie das Wort schon sagt, wie ein Chinesenhut sieht sie aus!

Wieder zurück an Bord eine Pause mit Snacks und Saft, wie so oft schon und immer wieder eine liebe Überraschung.

Dann fährt die Angelito weiter zur kleinen Insel Bartolome, trocken rötlicher Strand, erstarrte Lavamasse mit rötlichem Sand vermischt.
Über Holzstege gelangen wir immer wieder zu tollen Ausblicken über die Weite einer Kraterlandschaft. In der Ferne sieht man Pelikane und Seelöwen am Strand oder im Felsen.
Am Leuchtturm eröffnet sich ein fantastischer Blick auf eine Kraterbucht, in der tobende Wellen peitschen, daneben eine Landzunge mit feiner Sandbucht, dahinter scharfkantige Lavafelsen.

Vom Boot aus sehen wir auf den Kraterfelsen die Galapagos Pinguine. Über das offene Meer geht es dann zu unserem nordwestlichsten Punkt zur Insel Genovesa. Landgang zur Darwin Bay und zu den Kolonien und Nestern der Nazca- und Blaufuß-Tölpel. In den Mangrovenbäumen nisteten die Rotfuß-Tölpel, sie sind weiß und ihre Jungen haben zarte braune Feldern.

Wir sehen Galapagos-Tauben und Gabelschwanzmöwen. Auf braunen sandigen Wegen gehen wir an Vulkangestein vorbei. In seiner Mitte hat sich ein Becken mit kristallklarem Meereswasser gebildet. Bei Flut werden Fische hineingeschwemmt.

Mittlerweile wird aus unserem Sandweg ein Weg aus scharfkantigem Lavasteinen. Vorsicht ist geboten. In der Ferne sehen wir die weiß-silbern schimmernden Palo Santo Bäume.

Ein herrlicher Panoramablick über den bis zum Horizont türkisfarbenen Pazifik. In Vulkanfelsen nisten Seevögel oder faulenzen Seelöwen. Ein zweites Kraterbecken, das mit grünem Meereswasser gefüllt und von Mangroven Bäumen eingerahmt ist.

Schnell aber vorsichtig geht es dann zurück, denn die Flut kommt schneller als wir dachten und fängt an, unseren Sandweg zu überfluten. Dabei werden zwei kleine Stachelrochen eingeflutet.
Wieder am Strand sehen wir ein Walskelett, wunderschöne Korallen und unterschiedlich bunte Muscheln.

Der nächste Landgang auf Genovesa sind der Prince Philip‘s Steps. Zu Ehren des englischen Prinzen so genannt, weil er die Galapagos 1965 und 1981 besucht hat. Wir erklimmen die steile Steintreppe, die uns sofort in einen Palo Santo Wald führt. Alles in Silber gehüllt. Unscheinbar erkennen wir erste, zarte, kleine, grüne Vorboten in den Ästen der Palo Santos Bäume, die von Januar bis Mai, während der Regenzeit, so wie alle Inseln auf den Galapagos in vollem Grün stehen.

Überall nisten oder schnäbeln Nazca-Tölpel. Junge Nazca-Tölpel versuchen ihre ersten Flugstunden. Stundenlang könnten wir hier verweilen und beobachten. Doch unser nächstes Ziel wartet schon auf uns.

Über Nacht geht es mit der Angelito zur Insel Santiago. Landgang am Puerto Egas. Seinen Namen verdankt der Hafen Dario Egas, dem Besitzer eines Salzbergwerks auf der Insel, der 1960 versucht hatte hier Salz abzubauen. Übrig geblieben sind die alten Gemäuer oberhalb des schwarzen Lavastrandes.

Es geht vorbei an Palo Santo Bäumen durch einen warmen Lavasandweg zu Seelöwen-Kolonien. Mütter versorgen ihren Nachwuchs. Babys planschen im Meer oder verstecken sich zwischen den glatten Lavasteinen. Auf einer Lavaklippe sitzt majestätisch ein Galapagos Bussard. In einer Lavagrotte bewundern wir eine Seebären-Familie. Im Gegensatz zur ihren Artgenossen, den Seelöwen, haben die Seebären einen massiveren Nacken. Die Schnauze ist runder und nicht so langgezogen wie bei den Seelöwen.

Vor uns Lavagestein, in dem ein rundes tiefes Loch zu sehen ist. Es ist gerade Flut, so dass das  tonnenähnliche Loch von unten mit schäumender Gischt gefüllt wird, die bei steigender Flut wie eine Fontäne hinausschießt – „Darwins Toilette".

Wir manövrieren weiter zur kleinen Insel Rabida. Eine Trauminsel in Rot. Weicher, warmer, roter Sandstrand. Welch ein Kontrast zu den silberfarbigen Palo Santo Bäumen.

In den roten Felsen liegen Seelöwen und wir sehen wunderschöne farbige Eidechsen.
Seevögel nisten in den Klippen. Ein herrlicher Blick auf weitere Inseln im türkisfarbenen Meer.

Wir steuern wieder die Insel Santa Cruz an.

(Gaby) Weil das Meer so stürmisch ist, packe ich mich warm ein und lege mich oben auf das Sonnendeck auf eine Liege. In unserer Kabine halte ich das Geschaukel nicht aus, vorsichtig ausgedrückt.

Die frische Seeluft um die Nase und die Sicht auf den Horizont sind jetzt genau richtig. Die Sonne ist gerade untergegangen, als wir langsam in den Hafen von Puerto Ayora einfahren. Ein tolles Gefühl hier oben ganz alleine zu stehen. Das Lichtermeer, das ich schon aus der Ferne näherkommen sah, wird immer deutlicher. Im Gegensatz zu letzter Woche liegen hier jetzt viele Schiffe vor Anker.

Am nächsten Tag fahren wir mit einem kleinen Bus zum Darwin Center. Ein schön gepflegter Weg führt durch den Darwin Park. Mitten auf dem Weg liegen schlafende Landleguane oder kleine Lavaechsen.

Wir genießen die herrlich angelegten Gärten, bunte Blumenkissen, gelbe Parkinsonia Sträucher (Jerusalemsdorn) und vieles mehr. Im Darwin Center sehen wir in einem großen Gehege Riesenschildkröten. Doch da heute ein Schmuddel-Wetter ist, zeigen sie sich nur vereinzelt. Eine Riesenschildkröte sitzt versteckt in ihrem Haus in einem Felsen. Nur ihre Augen sind zu sehen.

In einem gut klimatisierten abgedunkelten Museumsraum sehen wir „Lonesome George“, eine präparierte Riesenschildkröte. George starb 2012, er war der letzte Vertreter der Unterart „Pinta-Riesenschildkröte“. Er wurde in den USA einbalsamiert und 2017 auf die Galapagos zurückgebracht. Lonesome George wurde ca. 100 Jahre alt und wog etwa 90 kg.

Im Darwin Museum lesen wir viel Interessantes über Forscher, Fossilien, Muscheln, über die Unterschiede im Lavagestein und über die verschiedenen Sandarten der Galapagos-Inseln. Mitten im Raum ein gut erhaltenes Skelett von einem Wal.

Noch ein Bummel durch Puerto Ayora und wieder zurück zum Steg. Im Wasser, direkt am Ufer ein großer, türkisfarbener Karibikfisch und ein kleiner Hai. Ein Leguan sonnt sich am Ufer, ein Pelikan hockt auf einem Holzgeländer. Eine Seelöwen-Mutter springt in ein Schlauchbot und macht es sich dort gemütlich, während ihr Baby am Ufer ruht.

Unser Schlauchboot muss an einer anderen Anlegestelle anfahren, weil drei Seelöwen unseren Steg versperren.

In der Nacht schaukeln wir nach Espanola, unser süd-östlichster Punkt unserer Galapagos Tour.

Landgang Espanola: Garden Bay, herrlich weißer Sandstrand, kristallklares Wasser, Seelöwen tummeln sich am Strand, Meeresleguane und Lavaeidechsen sonnen sich auf warmen Lavasteinen.

Die Meeresleguane hier auf Espanola sind etwas größer und rötlich gefleckt. Finken und der Goldwaldsänger hüpfen durch trockenes Gestrüpp. Sndstrand und dahinter Palo Santo Wald und trockenes Inselland.
Hier in dieser wunderbaren Bucht haben wir dann auch einen Schnorchelgang, traumhaft.

Nachmittags Landgang am Punta Suarez. Wir beobachten Seelöwen-Kolonien, fantastische Meeresleguane, grün-rot und schwarz gefleckt, so färben sie sich zur Paarungszeit, zu tausenden sind sie über die Insel verstreut.

Üppige Vegetation, Nazca-Tölpel brüten und Blaufuß-Tölpel tauchen. Von den Lavaklippen aus sehen wir die wunderbaren Albatrosse, die eigentlich zu dieser Jahreszeit schon längst weg sein müssten. In diesem Jahr ist alles etwas später, wir haben also Glück. Wir sehen die weißen Tropikvögel mit ihren zwei zarten nach oben gebogenen Schweif-Federn, oder andere Seevögel wie Nazca-Tölpel, wie sie sich zum Fischen in die Fluten stürzen oder hoch am blauen Himmel ihre Kreise ziehen. Da kommt es dann auch manchmal vor, dass der diebische Fregattvogel dem Tropikvogel probiert, seinen Fisch abzujagen.

Albatrosse sitzen im Nest bei ihren Jungen. Dann dürfen wir die Albatrosse beim Paartanz beobachten. Das Paar steht sich gegenüber. Zuerst schnäbeln sie eine ganze Zeit miteinander, dann bewegen sie ihren langen Hals rechts links aneinander vorbei und wippen dabei abwechselnd auf den Füßen hin und her und bewegen dabei auch noch ihr Hinterteil. Das Tolle ist, sie versprechen sich so für einander. Im nächsten Jahr kommen sie dann hier auf die Insel Espanola zurück und gründen eine Familie. Ist das nicht romantisch?

Einen Lavareiher und einen Galapagos Bussard sehen wir in der Ferne beim Blick über Lavaklippen, wo die schäumende Gicht gegen die Felsen tobt. Eine Spottdrossel zwitschert in einem Palo Santo Baum, ihrem Lied hört eine Lavaechse auf einem Stein liegend zu.
Zwei Seelöwen-Bullen streiten sich heftig um ein Weibchen. Ein Lava Austernfischer steht halb im Wasser. War das wieder ein Tag!

In dieser Nacht fahren wir zur Insel Santa Fe. Landgang auf der Insel mit weißen Sandstrand. Die Seelöwen mit ihren Jungen haben wir schon vor dem Frühstück von der Angelito aus brüllen hören.
In der Ferne ein junger Galapagos Bussard, Vegetation wie wir sie schon kennen. Doch das besondere auf der Insel Santa Fe sind die riesigen Kakteen Bäume mit richtig dicken Stämmen und uralt. Was die schon alles erlebt haben …

Einige Galapagos-Tauben picken auf trocken sandigen Boden. Auch nur auf Santa Fe zu sehen sind die hellen honig-farbenen Landleguane, sie haben im Gegensatz zu ihren Artgenossen ein länglicheres Maul. Eine Seltenheit, wunderschön sind diese Leguane und nur schwer können wir die Insel Santa Fe wieder verlassen.

Wir fahren weiter zur kleinen Insel South Plaza. Dort dann der Landgang. Der Weg führt uns über ein sandiges Lavastein-Korallen-Gemisch. Die Korallen sind weiß und glänzen in der Sonne wie poliert.
Es begrüßen uns viele Seelöwen und unzählig viele beige-farbene Landleguane. Vorbei wieder an riesigen Kaktusbäumen und an den Nistplätzen der Landleguane.

Auf unserem langen Spaziergang über die Insel leuchten überall rote Pflanzenkissen. Sesuvium werden sie genannt. Sie sehen aus wie rote Korallen, dahinter hebt sich der blaue Himmel und das türkisfarbene Meer besonders gut ab. Ein atemberaubender Blick über das tosende Meer, das an die Vulkanklippen klatscht. Fregattvögel probieren den Tropikvögeln wieder ihren Fisch zu entreißen.

Eine tolle Geschichte: Hoch über den Klippen schlafen auf einem Plateau Seelöwen-Männchen. Sie entziehen sich hier für zwei Wochen ihrem Harem, um Energie zu tanken für die nächsten Liebesspiele.

Zum Schluss beobachten wir noch drei Seelöwen-Babys, die auf dem Steg spielen. Das war leider unser letzter Landgang.

Wieder ein herrliches Kapitäns-Abschiedsdinner mit der ganzen Crew in weißer Uniform, Abschiedsrede, Cocktails. Das köstliche Essen lässt uns nochmal richtig schwärmen.

Am nächsten Morgen geht es um 6 Uhr mit den Zodiacs in die Black Turtle Cove.

Auf dem Meer sehen wir ein Schildkrötenpaar beim Liebesspiel. Zwei weitere Männchen tauchen auf und wollen eingreifen. Wir kommen zum Mangrovenwald, das Wasser schimmert grün. Ein Fischreiher sitzt auf einem Felsen und spiegelt sich im Wasser. Wir sehen Schildkröten, gepunktete Adlerrochen, sowie große und kleine Haie, die an uns vorbeiziehen. Auf dem Rückweg zur Angelito sehen wir, dass das Liebespaar immer noch seine Runden zieht.

Wir frühstücken, während unser Schiff uns wieder zurück nach Baltra fährt. Punkt 7:45 Uhr verlassen wir unser „Traumschiff“. Es geht zum Flughafen und dann wieder zurück nach Quito. Danke an alle Beteiligten, an die nimmermüden Reiseleiter und an die hilfsbereite und zuvorkommende Crew. 15 beeindruckende und unvergessliche Tage gehen leider viel zu schnell zu Ende.

Unter den nachhaltigen Eindrücken von Galapagos lassen wir das Jahr 2017 ausklingen. Wir feiern Weihnachten und begrüßen das neue Jahr mit lieben Einheimischen und gutem Essen.