Dienstag, 4. Januar 2016

Wir sind gut ins neue Jahr gekommen. Wir haben Silvester auf einem Campingplatz mit unseren Freunden gefeiert. Zusammen mit Schweizern, Franzosen, Engländern, weiteren Deutschen und der Familie der Campingplatzbesitzer haben wir an einer großen Tafel geschlemmt, geredet, gelacht und später auch getanzt.

 

Wir sind in Ushuaia viel gewandert, hinauf in Richtung Gletscher Glacier Martial auf 825 m durch Schnee und über Stock und Stein, mit herrlichem Blick auf die Bucht, den Beagle Kanal, die Stadt, den Hafen und die gegenüberliegenden z.T. noch mit Schnee bedeckten Berge.

 

Wir sind auch in den Wald gegangen und folgten dabei einem anscheinend schon lange nicht mehr benutzen gelb markierten Wanderweg. Es ging querfeldein zwischen, über und unter umgestürzten Bäumen, dickem Astgewirr. Immer wieder kam uns Schmelzwasser entgegen. Oft mussten wir die gelben Markierungen suchen und über Wurzeln, Moosflächen oder Reisig balancieren, um sumpfige Flächen zu überwinden. Es ging auf und ab, hin und her und irgendwann hatten wir es dann doch geschafft... ein abenteuerlicher Spaziergang mit vielen Panoramablicken.

Im Hafen gibt es ein ständiges Ein- und Auslaufen von Kreuzfahrtschiffen, die in Ushuaia Zwischenstation machen und dann in die Antarktis fahren.

 

Unseren Backofen hat Gaby schon häufiger benutzt. Es gab leckere Weihnachtskekse, einen Käsekuchen, den Weihnachtsbraten und schon mehrfach Gegrilltes.

 

Wir haben das Museo del Fin del Mundo besucht und uns über die Geschichte Feuerlands, über die Ureinwohner und deren Lebensweisen informiert.

Aber auch über das, was auf dem Meer geschehen ist. Wie z.B. Im Jahr 1520 erreichte Magellan Feuerland und gab der Insel ihren Namen "Tierra del Fuego", weil über die Insel verstreut die Lagerfeuer der Ureinwohner vom Wasser aus als erstes zu sehen waren.

 

Euch allen Gesundheit und Glück im neuen Jahr.

Samstag 23. Januar 2016
Seit gestern sind wir zurück aus der Antarktis. Elf unbeschreibliche Tage liegen hinter uns.


Es ist Dienstag  (12. Januar), es hat geschneit – im Hochsommer in Ushuaia, aber das ist keine Seltenheit. Wir packen unsere Sachen für die bevorstehende Reise auf den 6. Kontinent, in die Antarktis. Thermounterwäsche wird ebenso verstaut wie warme Socken, Mütze und Schal. Von der Buchungsagentur werden Thermohosen und Thermoanorak sowie dicke Handschuhe gestellt. Unseren LKW stellen wir auf einem Campingplatz sicher ab. Mit Rucksack, Taschen und Fotoausrüstung geht es um 16 Uhr per Taxi an den Hafen, wo unser Schiff, die Ortelius, auf uns wartet.

 

Nach einer kurzen Passkontrolle dürfen wir auf das Schiff: 4. Etage, Außenkabine mit 2 Bullaugen, großer Schrank, Schreibtisch mit gesicherten Schubladen, Badezimmer mit großer Dusche, alles super sauber.

 

Dann geht es Schlag auf Schlag:
17:45 Uhr Sicherheitsübung – Schwimmwesten, Rettungsbote
19:15 Uhr Welcome Cocktail
20:00 Uhr Welcome Dinner

 

Es ist 20:30 Uhr, wir legen ab, die Reise kann beginnen – schlappe 1000 km liegen vor uns.
Es geht 5 Stunden durch den Beagle Kanal und dann auf das offene Meer hinaus in die Drake Passage. Der Wind peitscht und die Wellen werden größer. Das Schiff wird ordentlich durchgeschaukelt.

 

Am nächsten Morgen (13. Januar) werden wir um 7:30 Uhr geweckt. Um 8.00 Uhr soll es Frühstück geben. Aber nur knapp 10 der 117 Passagiere tauchen auf, der Rest – immerhin mehr als 107 Passagiere,  auch wir – bleibt lieber im Bett und pflegt seine Seekrankheit. Wir haben viel zu spät unsere Tabletten eingenommen und das Cap Hoorn wurde wieder einmal unterschätzt … und das bei „nur“ Windstärke 8.
Das Schiff musste in der Nacht, wegen des Sturms und der hohen Wellen, die Geschwindigkeit reduzieren.
Alle Vorträge am Vormittag werden gestrichen, die Decks werden gesperrt, es darf keiner nach draußen.
Im Laufe des Nachmittags werden wieder verschiedene Vorträge angeboten, die aber nur spärlich besucht werden. Erst gegen Abend fangen die Tabletten so richtig an zu wirken und wir können gemeinsam zum Abendessen gehen.
Auch in dieser Nacht muss das Schiff wieder die Geschwindigkeit reduzieren.

 

Am Donnerstag (14. Januar) bläst noch immer ein heftiger Wind, die Wellen sind entsprechend und das Schiff lässt uns das nach wie vor spüren. Aber wir nehmen jetzt regelmäßig unsere Tabletten und kommen ganz gut mit den Gegebenheiten zurecht. Uns geht es so gut, dass wir beschließen an einem der nächsten Tage mit 28 Gleichgesinnten unter freiem Himmel in der Antarktis zu übernachten.
Wir besuchen alle Vorträge und holen unsere gefütterten und wasserdichten Stiefel ab. Wir lassen uns auch das wunderbare Essen schmecken.

 

Am Freitag  (15. Januar) haben wir mit 5 stündiger Verspätung die südlichen Shetland Inseln erreicht. Der Wind hat im Schutz der Inseln nachgelassen, wir sehen die ersten Eisberge …

 

Um 16 Uhr ist es dann soweit … das Schiff geht vor Anker, wir besteigen die Zodiac Schlauchboote und fahren Richtung Portal Point, das auf der antarktischen Halbinsel liegt. Wir machen zunächst eine Rundfahrt durch die vorgelagerten kleinen Felseninseln und die Eisberge.

 

Wir können es kaum fassen; da ärgert uns das Meer 2 volle Tage und dann das …
Der Himmel reist auf, die Sonne scheint – das Wetter ist herrlich – es weht nur noch ein laues Lüftchen.

 

Wir sehen interessante Eisformationen, verschiedene Robbenarten – Weddellrobben, Krabbenfresserrobben, die zum Teil auf Eischollen liegen und verschiedene Pinguinarten – Zügelpinguine und Eselspinguine. Zügel, weil unter dem Gesicht ein schwarzer Streifen - einem Zügel gleich - zu sehen ist; Esel, weil das Pinguingeschrei an das IA eines Esels erinnert.


Kurz vor 19 Uhr betreten wir dann zum ersten Mal antarktisches Festland – wir sind überwältigt …
und fasziniert von der eisigen Welt. Zufrieden fahren wir zurück zum Schiff.

 

Am Samstag  (16. Januar) durchfahren wir den Neumayer Kanal an 500 – 800 m hohen Felsen vorbei, die teilweise dick mit Eis zugedeckt sind. Dieser Kanal führt uns direkt zu Port Lockroy, das auf einer Insel liegt. Wir besuchen dort eine ehemalige englische Forschungsstation, die zur Zeit von vier jungen Frauen geleitet wird, die die Bedeutung des historischen Ortes den Touristen näher bringen. Hier ist auch eine große Kolonie von Eselspinguinen zu Hause.
Nach dem Mittagessen durchfahren wir den spektakulären Lemaire Kanal, der nicht nur bis zu 800 m hohe Felsen aufweist, sondern auch stellenweise nur 50 m breit ist. Das Ende des Kanals ist komplett mit einer riesigen Eisscholle versperrt. Wir werden an Deck gerufen, um unser Schiff als Eisbrecher zu erleben. Langsam bahnt sich die Ortelius ihren Weg. Die Pinguine, die auf der Eisplatte sind, flüchten und springen ins Wasser, das Eis bricht auseinander, nach gut 20 Minuten ist das Schauspiel zu Ende, wir haben die Eisfläche durchpflügt.
Wir steigen wieder in unsere Boote und besuchen bei herrlichem Sonnenschein auf Hovgaard Island am Port Charcot eine Pinguinkolonie.
Nach dem Abendessen werden 30 Camper wieder auf der Insel Hovgaard Island abgesetzt, um unter freiem Himmel in der Antarktis zu übernachten. Wir sind dabei … es ist 22 Uhr. Wir schaufeln unsere Schlafmulden und steigen in unsere Schlafsäcke.
Der Himmel hat sich wieder zugezogen, es weht ein leichter Wind. Es wird nicht dunkel. In der Nacht fängt es an zu schneien. Der Wind wird etwas stärker, aber in unseren Schlafsäcken ist es mollig warm. Gegen 5:30 Uhr lösen wir unser Nachtlager auf und werden wieder an Bord gebracht.
Ein einmaliges Erlebnis …

 

Am Sonntag (17. Januar) machen wir nach dem Frühstück eine Bootstour durch die grandiose Eisberglandschaft bei Yalour Island. In den unterschiedlichen von Wind und Wetter geformten Eisskulpturen sehen wir auch Sturmvögel, Kormorane, Adelie-Pinguine und Robben, die hier im ewigen Eis zu Hause sind.
Nachmittags fahren wir mit unseren Booten zu Petermann Island und sehen Eselspinguine mit ihren Jungen sowie Seeelefanten.

 

Am Montag (18. Januar) steht die zweite Landung auf dem Festland bei Neko Harbour an. Bei strahlendem Sonnenschein sehen wir Eselspinguine auf – besser in – ihrem Highway, beim morgendlichen Baden und mit ihren Jungen.
Am Nachmittag legen wir mit unseren Booten auf Danco Island an. Wir steigen auf den die Insel bestimmenden Berg und genießen einem 360 Grad Blick auf die schneebedeckten  Berge der umliegenden Inseln. Auch hier gibt es eine Kolonie von Eselspinguinen, von denen die meisten hoch oben auf dem Felsen ihr Zuhause haben. Sie müssen um Futter zu holen den langen bestimmt 400 m hohen Ab- und Anstieg über ihren Highway bewältigen.

 

Am Dienstag (19. Januar) treten wir unseren Rückweg an. Es geht wieder mit voller Kraft gen Norden. Aber wir haben noch ein interessantes  Ziel: Wir wollen in den aktiven Vulkan Deception Island hineinfahren und dort an Land gehen.
Die Einfahrt sieht zwar problemlos breit aus, aber aufgrund von Vulkangestein unterhalb der Wasseroberfläche ist genaues Navigieren erforderlich. Mahnend liegt das Wrack eines auf Grund gelaufenen Schiffes am Strand.
Unser 1. Offizier meistert die Einfahrt. Wir ankern in einer kleinen Bucht. Am Strand sehen wir kleine Nebelschwaden aufsteigen. Schwefelgeruch macht sich breit. Wir gehen an Land und können uns davon überzeugen, dass das Wasser, da wo die die Nebel aufsteigen, richtig heiß ist. Reste einer Trankocherei , die von 1910 bis 1931 betrieben wurde,  verrotten, eine britische Forschungsstation wurde 1967 bei einem Vulkanausbruch zerstört; ein ziemlich trostloser Anblick, aber alles steht unter Denkmalschutz.
Irgendwie schon ein komisches Gefühl, wir stehen auf Vulkanasche an einem Strand, der mitten in einem Vulkan liegt, um uns herum Schwefelgeruch und Nebelschwaden, der Vulkan ist tatsächlich aktiv …
Die Wassertemperatur außerhalb des Vulkankraters liegt bei + 2 Grad, die innerhalb bei + 4 Grad. Es besteht das Angebot hier im „warmen“ Wasser eine Art Polartaufe zu absolvieren, sprich: Badezeug an und hinein ins eiskalte Nass … Frotteehandtücher werden von der Crew gestellt. Knapp 30, darunter auch Gaby, nehmen dieses Angebot an.
Die Badenden werden nach dem Auftauchen direkt zum Schiff zurückgefahren … und dann ab unter die warme Dusche.
Unser letzter Ausgang liegt auf den südlichen Shetland Inseln bei Hannah Point. Auf dem Weg dorthin gibt es noch eine Überraschung, unser Schiff ändert den Kurs und verfolgt eine Gruppe von Orcas. Und tatsächlich kreuzen wir ihren Weg. 2 Gruppen von 5 oder 6 Orcas tummeln sich Meer.

Bei Hannah Point machen wir schließlich einen ausgedehnten Spaziergang im Gänsemarsch durch Pinguinkolonien und vorbei an kämpfenden Seeelefanten.
Etwas wehmütig steigen wir nach unserem letzten Ausflug in die Boote und kehren zu unsrem Schiff zurück.

 

Es stehen 2 Tage (20. und 21. Januar) Drake Passage auf dem Programm. Die Passage bietet, was sie verspricht: Wind und enormen Wellengang. Diesmal haben wir rechtzeitig unsere Pillen geschluckt. Die Rückfahrt macht nur noch wenigen zu schaffen.

 

Am Freitag  (22. Januar) erreichen wir um 1 Uhr nachts den Beagle Kanal; in gut 5 Stunden erreichen wir in ruhigem Fahrwasser Ushuaia. Nach einem letzten Frühstück geht’s wieder aufs Festland zurück. Elf unbeschreiblich schöne Tage liegen hinter uns.

Chile: Königspinguine

Die südlichste Stadt der Welt sowie die Antarktis und deren Tierwelt haben wir ausgiebig genossen, von nun an geht es gen Norden. Wir passieren ohne Probleme die argentinisch-chilenische Grenze - natürlich mit Aus- und Einführen eines Fahrzeuges auf Zeit.

 

Wir wollen eine kleine Kolonie von Königspinguinen besuchen, die sich auf einem Privatgelände niedergelassen hat. Bis zum Abend haben wir unser Ziel erreicht.

 

Schon in der Nacht hören wir sie schreien, die Königspinguine.

 

Der Ranger erzählt uns am nächsten Morgen, dass so gut wie alle 120 Pinguine hier sind. In der Bucht sind zur Zeit so viele Fische, dass die Königspinguine lieber hier bleiben und nicht ins Meer hinaus schwimmen um Fische zu fangen.

 

Richtig vornehm sehen sie aus, in ihrem grauen Frack mit gelb-orangem Schal. Sie sind größer als die Pinguine, die wir in der Antarktis gesehen haben.

 

Chile: Torres del Paine

Das Bergmassiv Torres der Paine erscheint ziemlich früh am Horizont, doch es dauert noch eine Weile, bis wir tatsächlich den Nationalpark erreicht haben. Hier heißt es jetzt Wanderschuhe schnüren und 5 Stunden bis zum Mirador/Aussichtspunkt wandern.

 

Es geht steil bergan. Einige Gauchos kommen mit Touristen hoch zu Ross und viel Gepäck vorbei. Viele junge Wanderer aus aller Herren Länder sind unterwegs, mit schwerem Rucksack, Schlafsack, Zelt, Isomatte und Kochgeschirr. Es gibt hier am Torres zwei Camps.

 

Wir werden immer wieder mit tollen Ausblicken belohnt. Das Wandern in der prallen Sonne ist anstrengend.

Nach knapp 2 Stunden erreichen wir das erste Camp an einem Fluss.

 

Auf einer Terrasse rasten viele Wanderer. Am Ufer spielen Kinder im Wasser und springen freudig über Steine und mancher Wanderer kühlt seine Füße im kühlen Nass. Nach einer 3/4 Stunde und gut gestärkt gehen wir weiter. Der Weg führt uns durch Schatten spendenden Südbuchenwald, es ist Mittagszeit und die Sonne ist sehr heiß.

 

Wir wandern weiter steil bergauf, aber jetzt größtenteils in praller Sonne über Geröll auf schmalen Graden.

Nach weiteren 2 Stunden erreichen wir das Basiscamp der Torres. Wir legen noch mal eine Pause ein, bevor wir den letzten Anstieg in Angriff nehmen. Der hat es in sich. Diese letzte Stunde ist echte Knochenarbeit. Steil bergan geht es über große Felsbrocken, ein Ende scheint nicht in Sicht und immer wieder müssen wir verschnaufen.

 

Ich komme an meine Grenzen, ich fühle mich schlapp und mir wird übel. Manfred sorgt sich und fragt, ob ich mich ausruhen möchte und er alleine weiter gehen soll. Aber ich bin jetzt schon fast oben und will hier nicht zurück bleiben. Wir sind hier nur einmal, ich will das schaffen. Irgendwie halte ich durch, ich muss zwar immer wieder stehen bleiben und mir ist spei übel, aber ich kämpfe. Das Torresmassiv wird jetzt sichtbar, Wahnsinn, toll, gleich sind wir oben. Manfred, ein Stück vor mir, sagt, komm hier her, du glaubst es nicht!

 

Und als wir oben ankommen .....sehen wir einen milchig türkisen Gletschersee zu Füßen der Torres! Wir sind überwältigt von diesem Anblick. Was die Natur alles so zustande bringt!! Mir ist fast zum Weinen zu mute, vor Freude, Erschöpfung und dass wir es geschafft haben. Wir drücken uns vor Glück!!

 

Februar 2016

Argentinien: Perito Moreno

Auf dem Weg Richtung Norden müssen wir wieder in Argentinien einreisen. Wir möchten einen der wenigen Gletscher besuchen, die nicht schrumpfen, sondern im Gegenteil immer weiter Eis produzieren - den Perito Moreno Gletscher. Dieser Gletscher schiebt sich täglich bis zu zwei Meter in den Largo Argentino und ist damit auch der schnellste Gletscher weltweit.

 

Wir sind früh unterwegs bei herrlichem Sonnenwetter. Von weitem ist bedrohliches Krachen und Knacken zu hören, das immer lauter wird je näher wir kommen. Unser Weg führt uns über Treppen und Wege aus Metallstegen, über unterschiedliche Plattformen auf unterschiedlichen Ebenen, die in den Wald gebaut wurden. Wir sehen immer mehr von der weißen Wand. Das Krachen gleicht hin und wieder einem Donnergrollen. Noch ein paar Treppen und dann sehen wir die gewaltige Eismasse in gebührendem Abstand (mindestens 100 m) vor uns: 60 Meter hoch und 5 Kilometer breit. Von den oberen Plattformen können wir kilometerweit dem Verlauf des 35 km langen Gletschers folgen.

 

Wir warten gespannt auf das Kalben des Gletschers. Es kracht, donnert und knackt an allen Ecken. Wir sehen Schiffe auf dem See, die den Passagieren eine andere Perspektive auf die Gletscherwand bieten.

 

Hin und wieder fallen kleine Eisstücke in den See. Da wir mehr als 100 Meter von der Kante entfernt sind, hören wir das Krachen erst, wenn sich das Eis schon in Bewegung gesetzt hat. Unsere Augen gleiten aufmerksam über die Gletscherkante, um eine Bewegung vor dem Knacken erkennen zu können.

 

Und dann endlich passiert es, unter dem Raunen der Zuschauer löst sich ein großer Eisbrocken. Dann setzt verzögert das Knacken und Krachen ein. Unter lautem Getöse stürzt das Eis in den See begleitet von einer riesigen Fontäne und einer enorm großen Welle. Jetzt wird verständlich, warum die Schiffe einen so großen Abstand zur Eiswand halten. Die Passagiere werden dennoch kräftig durchgeschüttelt.

 

Jetzt kracht es an einer anderen Stelle. So geht es den ganzen Tag, mal größere, mal kleinere Brocken fallen unter entsprechendem Getöse in den See. Wir können uns gar nicht satt sehen, aber gegen Abend wird es kühler und um 20 Uhr wird der Nationalpark geschlossen.

 

Argentinien: Fitz Roy

El Chaltén ist eines der Topziele für Wanderer in Patagonien. Die schneebedeckten Gipfel des Fitz-Roy-Massivs mit dem 3441 m hohen Cerro Fitz Roy liegen in einer atemberaubenden Berglandschaft. Das wollen wir uns anschauen.

 

Wir benötigen fast zwei Stunden mit unserem Auto, um vom ersten Auftauchen der Bergkette tatsächlich in den Ort zu gelangen. Es hat Tage zuvor geregnet, doch jetzt sind der Berg und seine Kollegen hinter leichten Wolken gut zu erkennen, ein imposantes Bergmassiv!

 

Der Aufstieg, immerhin 10,2 km, ist in zwei Etappen eingeteilt, die erste wird als mittelschwer und die zweite als schwer eingestuft.

 

Bei strahlend blauem Himmel machen wir uns am nächsten Tag früh auf den Weg. Für Gaby steht fest, dass sie die zweite Etappe wegen ihrer lädierten Knie nicht mitmacht.

 

Der Ranger am Eingang des Einstiegs macht uns eindringlich auf die letzten zwei schwierigen Kilometer aufmerksam und bestätigt damit Gabys Entschluss.

 

Es geht direkt steil los, aber es ist ja noch früh und wir fühlen uns voller Elan. Die Luft ist frisch und klar, die Sonne scheint und der Weg wird immer angenehmer. Es geht fast nur durch schattige Wälder, Berg auf und Berg ab, mit schönen Ausblicken auf einen hellgrün schimmernden Fluss oder auf sanfte hohe Hügel, schneebedeckte Berge, vorbei an Felsbrocken oder erfrischenden Bergbächen mit klarem Wasser. Es duftet nach Kräutern, Beeren, Erde und Holz. Das Wandern ist beschwingt, macht Spaß und man atmet freier in der morgendlichen Frische. Unser Ziel Fitz Roy und die anderen zum Teil mit Schnee bedeckten Berge wirken besonders klar, weil sie jetzt von der Sonne angestrahlt werden. Der blaue Himmel dahinter wirkt fast schon kitschig. 10 km müssen wir wandern und jeden km, den wir geschafft haben, bestätigt ein Schild.

 

Es geht auch durch ganz enge Pfade, vorbei an Moosteppichen, bemoosten Steinen und verwunschenen Plätzen mit Baumresten, die aussehen wie Fabelwesen. Nach drei Stunden haben wir "Kilometer 8", unser erstes Ziel, erreicht.

 

Wir gehen aus dem Schatten des Waldes über einen Bach und sehen vor uns erhaben und mächtig Fitz Roy und die anderen Berge. Auf einem kleinen Felsbrocken im Schatten machen wir eine Rast. Vor uns blicken wir auf einen Gebirgsbach, darüber ein Steg über den Manfred alleine geht, um die letzten Kilometer ohne mich zur Laguna los Tres hinauf zu steigen. Noch zwei Fotos, tschüss, und pass auf dich auf!!

 

Ich mache Fotos von Bachlauf und schattigen Plätzen und genieße Bergluft und Ruhe.

 

Die beiden letzten Kilometer sind wirklich anstrengend. Der Weg wird immer steiler, die Baumgrenze ist bald erreicht, kein Schatten. In der prallen Sonne muss ich Geröllpassagen und größere Felsbrocken überwinden. Nach knapp einer Stunde habe ich es endlich geschafft. Aber die Strapaze hat sich gelohnt, der Blick auf das Bergmassiv vor strahlend blauem Himmel und auf den davor liegenden milchig blauen Gletschersee ist überwältigend.

 

Ich genieße den phantastischen Ausblick. Nach einer kurzen Stärkung klettere ich wieder hinunter.

 

Unten angekommen erzähle ich Gaby wie anstrengend Auf- und Abstieg waren und zeige ihr die beeindruckenden Fotos.

 

Auf unserem Rückweg machen wir eine ausgiebige Rast am Lago Capri. Im kalten Gletscherwasser erfrischen wir unsere Füße und genießen dabei einen schönen Ausblick auf das Fitz Roy Bergmassiv. Herrlich! Auf einem Felsen sitzen und die Füße ins klare, kalte Wasser strecken ... anschließend sind sie samtweich.

 

Erholt und gestärkt wandern wir weiter und erreichen nach insgesamt gut zehn Stunden wieder unser Auto.

 

Argentinien: Cueva de las Manos

Auf dem Weg wieder zurück nach Chile - denn wir wollen auf die Carretera Austral - machen wir einen Abstecher zur Cueva de las Manos. Neben den berühmten Handabdrücken gibt es auch viele Symbolmalereien.

 

Die Führung beginnt und wir hören gespannt unserer Führerin zu. Wir gehen an den Felsen vorbei und bewundern die vielen Malereien aus verschiedenen Epochen. Von 9000-5000 vor Christi gab es nur statische Abbildungen, Hände und Guanakos. Ab 4500 vor Christi kamen Jagdszenen hinzu, auch trächtige Guanakos wurden abgebildet. Ab 1500 vor Christi wurden Symbole wie Kreis, Mond und Spirale sowie Kriechtiere und Menschen in Aktion, z.B. beim Tanzen abgebildet. Außerdem mystische Symbole für spirituelle Anlässe.

 

Mit Tierdärmen oder Tieradern und Fellhaar wurde gemalt, das heißt in die Adern oder Därme wurden Pflanzenfarben eingefüllt und mit einer besonderen Spritztechnik, indem die Farben mit dem Mund durch die Därme und Adern über die Hände, die als Schablone dienten, geblasen wurden. Alle anderen Symbole wurden mit Fellhaar aufgepinselt, alles mit Pflanzenfarben. Wir sind erstaunt über diese große Vielfalt und wie gut, trotz mancherlei Vandalismus, hier alles noch erhalten ist.

 

Chile: Carretera Austral, Capilla de Marmol

Die Carretera Austral ist mehr als 1200 km lang und verbindet seit den 1980er Jahren abgelegene Dörfer und Weiler mit dem Rest des Landes. Sie ist die Fortsetzung der Panamericana und größtenteils eine Schotter- bzw. Erdpiste. Gigantische Bergmassive und Fjordlandschaften hatten lange Zeit eine durchgehende Straße durch diese landschaftlich reizvolle Gegend verhindert. Noch immer gibt es riesige Baustellen, weil enge Passagen jetzt verbreitert werden.

 

An der Carretera Austral liegt der sogenannte Marmortempel (Capilla de Marmol) im Lago General Carrera. Wir fahren mit einem Boot zu den herrlichen Höhlen.

 

März 2016

 

Chile: Vulkan Villarica

Wir nähern uns dem Vulkangebiet Chiles. Unser erster Vulkan ist der Villarica am gleichnamigen See. Wir finden in Pucon direkt am Hafen einen ruhigen Stellplatz. Jetzt spielt uns der Zufall in die Karten.

 

Wir gehen am Sonntagabend gegen 20:30 Uhr (!) - hier in Chile gibt es kein Ladenschlussgesetz - in einen von mehreren großen Supermärkten und kaufen u.a. zwei 5 Literflaschen Wasser ohne Kohlensäure. Prompt werden wir auf Deutsch angesprochen: In Pucon kauft man kein Trinkwasser, hier gibt es nachweislich aufgrund des Vulkangesteins das beste Trinkwasser der Welt. Unser Lehrmeister Rudi stellt sich als bayrischer Wanderführer vor, der seit mehr als 20 Jahren Touristen Pucon zeigt, wie es keiner kennt.

 

Noch ehe wir verstehen, was hier eigentlich passiert, sind wir für morgen zu einer 4 stündigen Wanderung in die Welt des Vulkans Villarica eingeladen. Wir wandern am Fuße des rauchenden Vulkans und erleben Urwald mit über hundert Jahre alten Bäumen, aber auch riesige Flächen, wo die Lava große Teile des Waldes vernichtet hat.

 

Das eigentliche Problem bei einem Vulkanausbruch ist hier weniger die Lava erklärt uns Rudi, sondern das geschmolzene Wasser von Schnee und Gletschereis.  Dann können Bäche schnell auf 20, 50 oder mehr Meter Höhe ansteigen und zu reißenden Flüssen werden, die alles mitnehmen. Im Winter ist das Risiko noch viel höher, da meterhoher Schnee hinzukommt. Der Villarica ist immerhin 2840 Meter hoch.

 

Am nächsten Tag möchte uns Rudi für weitere Stunden mit der "Fenstertour" überraschen. Wir sehen Bäume, die mehr als 1000 Jahre alt sind und erleben überwältigende Panoramablicke.  Aber auch tiefe Schluchten, die das zu Tal schießende Wasser gegraben hat.

 

Beim dritten Tourangebot können wir auch nicht Nein sagen: 'Die Wasserfälle rund um den Vulkan'. Atemberaubende Erlebnisse erwarten uns. Ein versteckter Wasserfall in einer Schlucht mitten im Urwald, rund herum Farne und andere Pflanzen in verschiedenen Grüntönen. Das Ganze wirkt verzaubert und mystisch. Dann kommen wir zu einer Stromschnelle mit herrlichem Blick auf den Vulkan. Unser nächster Wasserfall liegt wieder versteckt und muss über Stock und Stein erst einmal erwandert werden. Auch hier wieder ein herrliches Naturschauspiel.

 

Zu guter Letzt werden wir Zeuge wie sich durch die Kraft des Wassers in den letzten Jahren ein Loch im Felsen gebildet hat, durch das das Wasser jetzt hindurch schießt.

 

Drei wundervolle Tage gehen leider viel zu schnell zu Ende.

 

Es bleiben unvergessliche Eindrücke und tiefe Einblicke in die Vulkanwelt rund um Pucon. Danke Rudi!

 

Chile: Chiloé, eine Insel mit eigenem Charakter

In Südamerika ist Chiloé nach Feuerland die zweitgrößte Insel. Mancherorts scheint die Zeit stillzustehen. Weit weg von der Hauptstadt Santiago hat sich manches anders oder auch weniger schnell entwickelt. So gibt es hier mehr als 150 Holzkirchen, von denen 14 als UNESCO Weltkulturerbe eingestuft wurden. Berühmt sind auch die Palafitos genannten Uferhäuser auf Stelzen.

 

Vieles ist noch sehr ursprünglich und um Jahrzehnte zurück, aber sehr liebenswert. Wir können uns vor Apfelgeschenken kaum retten. Hier ist Herbst, Erntezeit, und alle Bäume sind voller Früchte. Brombeeren gibt es hier auch tonnenweise. Wir haben schon ganz dunkelrote Finger, Lippen und Zungen. Bienenhonig wird in Kilodosen angeboten. Mehrere davon haben den Besitzer gewechselt.

 

Herrliche, einsame Stellplätze direkt am Meer oder an Flussmündungen laden uns zum Verweilen ein. Da das Wetter sich oft von der besten Seite zeigt, können wir hier wunderbar wandern, faulenzen und entspannen.

 

Es gibt noch riesige zusammenhängende Urwaldflächen vor allem im Westen und Süden der Insel, die aber leider in Gefahr sind. In den letzten Jahren wurde viel gerodet, überall sieht man Rauchfahnen und Feuer - eindeutige Zeichen der Waldrodung.

 

Wer hier Land besitzt kann eigentlich damit machen, was er will - es gibt (noch) keinen ernsthaften Umweltschutz.

 

Vereinzelt versuchen Initiativen, Gelände aufzukaufen, um so den Wald zu schützen und zu erhalten. An einigen Stellen wird auch wieder aufgeforstet, aber 1000 Jahre alten Wald kann man nicht durch schnellwachsende Eukalyptuswälder ersetzen.

 

April 2016

Vulkan Osorno

Wieder zurück auf dem Festland, zieht es uns zum Vulkan Osorno. Doch bevor wir den Bilderbuchvulkan so richtig zu Gesicht bekommen, müssen wir ein mächtiges Gewitter mit stundenlangem Starkregen über uns ergehen lassen.

 

Der Ranger rät uns ab Richtung Vulkan zu fahren, da man nicht weiß, welchen Weg die Wassermassen nehmen und es sein kann, dass Straßen verschüttet und unpassierbar werden. Wir sind zuversichtlich und finden in gebührendem Abstand vor einem Restaurant einen sicheren Stellplatz.

 

Nachdem wir dort richtig gut gegessen haben, verzichtet der Besitzer sogar auf die vorher angekündigte Standgebühr.

 

Am nächsten Morgen trauen wir unseren Augen nicht, das Gewitter hat sich verzogen, der Himmel ist aufgerissen und die Sonne strahlt. Wir machen uns auf den Weg. Unterwegs sehen wir, was das Wasser angerichtet hat, aber die Straße ist gut passierbar.

 

Der Vulkan zeigt seine weiße Haube und wir finden am nahegelegenen See einen herrlichen Platz mit Blick auf den Osorno und weiteren Vulkanen.

 

Chile Pazifikküste

Wir wollen nicht über die autobahnähnliche Ruta 5 sur nach Norden Richtung Santiago, sondern gemütlich bummeln, wir sind ja schließlich in Urlaub. Deshalb suchen wir den Weg Richtung Pazifikküste. Wir landen in Pucatrihue und finden auf einem Hügel einen herrlichen Stellplatz, der uns so gut gefällt, dass wir zwei Tage hier mit Spazierengehen verbringen.

 

In Valdivia, einer hübschen Hafenstadt, lädt uns der gut sortierte Markt ein, unsere Obst- und Gemüsevorräte noch einmal kräftig aufzustocken.

 

Wir durchwandern einen kleinen Urwald im Naturschutzgebiet "Monumento Natural Contulmo". Es ist zwar fast wolkenlos, aber im Wald ist es dunkel und kalt. Der Wald ist sich selbst überlassen, nur der Rundweg wird freigehalten. Wir sehen keine Tiere, hören aber interessante und ungewohnte Vogelstimmen.

 

In der namensgebenden Stadt Contulmo, einem kleinen Ort 15 km im Landesinneren gelegen, sehen wir Straßen, die mit chilenischen und deutschen Flaggen im Wechsel geschmückt sind und finden auch bald die Auflösung auf einem großen Plakat: "132. Fest der Kolonisten".

 

Wir stoßen durch Zufall auf einen Ratsherrn, der uns erklärt, dass sehr viele Familien in der 3. oder 4. Generation deutscher Abstammung sind, dass aber keiner mehr der deutschen Sprache mächtig ist. Schade, wir hätten uns gerne noch einmal richtig in Deutsch mit Einheimischen unterhalten.

 

Wieder an der Küste durchstreifen wir die wilden Strände und genießen herrliche Sonnenuntergänge.

 

DIe Wasserfälle vom Laja wollen wir uns als nächstes ansehen. Also ab ins Landesinnere. Dabei fällt auf, dass die Feldarbeit in vielen Orten noch ohne Maschinen verrichtet wird.

 

Die Wasserfälle beeindrucken, nicht weniger die Steinskulpturen, die man auf dem Weg dorthin nicht übersehen kann.

 

Es ist Winter, vielerorts wird mit Holz geheizt, die Sägewerke haben jetzt Hochbetrieb.

 

Zurück an die Küste. Herrliche Stellplätze, menschenleere Strände, interessante Küstenformationen und ein fast wolkenloser Himmel laden zu ausgiebigen Spaziergängen ein.

 

In Curanipe erinnert ein Mahnmal an die Opfer des Erdbebens und des daraus folgenden Tsunamis vom 27. Februar 2010.

 

Es sieht jetzt alles sehr friedlich und idyllisch aus.

 

Santiago

Santiago, die Hauptstadt Chiles, ist eines unserer Etappenziele. Wir finden relativ leicht einen sicheren Stellplatz mit anderen Weltenbummlern - US-Amerikaner, Franzosen und einem Schweizer Pärchen - am Parque Metropolitano.

 

Am nächsten Abend treffen wir unsere chilenischen Freunde, die wir im Februar auf der Carretera Austral getroffen haben. Sie landen uns zu sich nach Hause ein. Wir dürfen fast 14 Tage lang ihre Gäste sein.

 

Sie zeigen uns Santiago und die nähere Umgebung. Wir besuchen den Gran Torre Santiago, den höchsten Turm Südamerikas, 300 m hoch und 2013 eröffnet, mit seiner Einkaufsmall und den besten Hotels. Wir besteigen den 880m hohen Cerro San Cristobal, die Sonne geht langsam unter und wir bestaunen Santiago bei Nacht im Lichtermeer.

 

Wir genießen unseren ersten Mote con Huesillos, ein erfrischendes, alkoholfreies Getränk aus Weizengraupen mit in Wasser, Zimtstangen und Vollrohrzucker eingelegten Pfirsichen. Dieses Getränk haben die Chilenen von den Ureinwohnern übernommen, es wird fast an jeder Straßenecke angeboten.

 

Wir machen eine Stadtrundfahrt, sehen Regierungsgebäude, die Kathedrale, alte Kolonialbauten wie die alte Post oder das Nationalmuseum, das Denkmal von Salvador Allende sowie die schicke Fußgängerzone und das Studentenviertel.

 

Wir fahren nach Pomaire, ein Dorf in dem Kunsthandwerk aller Art angeboten wird, nach Valparaiso, der bunten Stadt am Pazifik und beenden unseren Ausflug mit einem Picknick am Strand von Vina del Mar.

 

Danke für die wunderbare Zeit.

 

 

Mai 2016

Die Osterinsel

Mit dem neuen, vollbesetzten Boeing 787-9 Dreamliner geht es am Samstag (9. Mai) von Santiago 3800 km gen Westen. Unser Ziel ist Rapa Nui, die Osterinsel. Nach 5 1/2 Stunden landen wir in der Hauptstadt Hanga Roa. Der Flug war abgesehen von ein paar Rüttlern angenehm. Die Uhr wird um 2 Stunden zurückgestellt, es ist jetzt 13 Uhr.

 

Wir sind in einer anderen, in einer subtropischen Welt. Was für ein Gefühl: Ein warmer, erdiger Duft dringt in unsere Nase, es ist ein bisschen schwül, aber dennoch wohltuend warm, die Sonne scheint, der Himmel ist blau und im Gegensatz zu Santiago ist die Luft frisch. Die Palmen bewegen sich im Wind.

 

Ein Schild mit unserem Namen wird in die Höhe gehalten, man erwartet uns. Eine Blütenkette als Willkommensgruß wird uns umgehängt, die Koffer werden verstaut und es geht Richtung Appartement, aber nicht ohne vorher die wichtigsten Punkte der Stadt gezeigt zu haben: die (Mini-)Supermärkte, die Autovermieter und Kari Kari, die beste Tanzshow des Dorfes, sorry der Hauptstadt. Unser Zuhause für die nächsten Tage liegt im Südwesten der Insel, etwa 500 m von der Küste entfernt.

 

Unsere Anlage empfängt uns mit einem exotischen Garten, mit Bananenstauden, verschiedenen Palmen und unterschiedlich bunten Hibiskussträuchern. Von den 10 Appartements sind nur 2 belegt. Es ist Nebensaison.

 

Nachdem wir uns eingerichtet haben, gehen wir in die gut 1 km entfernte Hauptstraße. Wir wollen Fahrräder mieten und so die Insel erkunden. Wir bestellen Fahrräder und sitzen letztendlich doch in einem Mietwagen. Die Insel ist mit 24 km x 13 km und mit bis zu 507 m hohen Bergen doch etwas zu groß und anstrengend. Außerdem kann es windig werden und regnen. Wir sind ja schließlich aus Zucker, oder?

 

Im Nu ist die Insel im Überblick erkundet - in den Norden nach Anakena, dem Hauptstrand mit Palmenhain, in den Osten bis nach Tongariki und wieder in den Süden zu unserem Appartement, wie gut, dass wir ein Auto haben ...

 

Überall stehen oder liegen sie herum, die Maoi, die Steinfiguren aus Vulkangestein. Es gibt ja genügend davon hier - von dem Gestein - denn ungefähr 70 Vulkane, zum Glück alle schon erloschen, sind über die Insel verstreut.

 

Von den Steinfiguren existierten über 1000, über 800 sind katalogisiert. Bis heute ist umstritten, wen sie darstellen sollen und wann genau sie errichtet wurden. Sie sollen nicht älter als 1500 Jahre sein, sind bis zu 10 m hoch und wiegen bis zu 80 Tonnen.

 

Überall laufen sie herum, die ausgewilderten Pferde, die zu Dutzenden ständig die Straßen überqueren und zu einer regelrechten Plage geworden sind. Vorsicht ist geboten.

 

Das alles werden wir uns in den nächsten Tagen in Ruhe anschauen. Wir haben insgesamt 5 volle Tage Zeit.

 

Wir gehen in einen der Minimärkte und kaufen Wasser, Obst, Käse, Butter und Brot. Wir sind in einem Appartement, d.h. wir müssen / dürfen uns selbst versorgen, Frühstück ist allerdings inbegriffen.

 

Die Preise haben sich gewaschen, 6 Liter Wasser für 6 Euro - auf dem Festland bezahlen wir dafür gerade mal etwas mehr als einen Euro. Aber die Waren müssen ja schließlich 4000 km transportiert werden. Wir kommen ins Gespräch und erfahren: „Jetzt ist es angenehm und ruhig, im Sommer gibt es viel zu viele Touristen.“

 

Am Sonntagmorgen (8. Mai) liegt Dunst über der Insel, der sich aber schnell mit der aufsteigenden Sonne auflöst. Nach einem reichhaltigen Frühstück mit Müsli, Joghurt und Früchten fahren wir an den Anakena Strand. Alles scheint menschenleer, außer uns sind vielleicht 10 Personen unterwegs.

 

In Anakena angekommen beeindruckt uns der Kokospalmenhain, wir sehen Hütten, in denen man essen und (Cocktails) trinken kann. Vor den Hütten stehen geschnitzte Holzfiguren und bunte Hibiskussträucher in unterschiedlichen Blütenfarben.

 

Vor anderen Hütten werden Souvenirs für den Verkauf ausgebreitet. Ein Weg führt an den Hütten vorbei durch den Palmenhain zum Strand. Von weitem sehen wir die Maoi.

 

Ehrfürchtig nähern wir uns den gewaltigen Steinfiguren, die hier zu siebt auf einem Steinpodest stehen und dem Meer den Rücken zukehren. Sie sehen schon sonderbar aus mit ihren großen Köpfen, langen Ohren, breiten, spitzen Nasen, tiefen Augenhöhlen und überdimensionalen Hüten.

 

Der Sandstrand ist weiß und feinkörnig, das Wasser herrlich klar und mit 22 Grad angenehm. Eine Handvoll Palmen macht die Idylle perfekt.

 

Nach einer Erfrischung im türkisblauen Pazifik genießen wir am Strand unter einer Palme die Sonne, den Blick aufs Meer und auf die Maoi. Herrlich.

 

Anschließend erkunden wir die hügelige Umgebung und finden weitere Maoi sowie Fundamente von alten Behausungen. Die Sonne geht langsam unter, wir fahren zu unserem Appartement zurück.

 

Montag 9. Mai

In Ahu Tongariki, im Osten der Insel, sind 15 Maoi-Figuren zu bestaunen. Sie stehen wieder in einer Reihe eng neben einander auf einem Steinpodest mit dem Rücken zum Meer, nur einer ist "behütet". Wir wandern zum nahegelegenen, grün bewachsenen Vulkan Rano Raraku. Hier sind weit verstreut viele Maoi anzutreffen, wir schauen uns alle an. Einige stehen gerade, andere schief und die restlichen sind auf den Kopf gefallen. Weiter oben im Berg finden wir die Fabrik, den Steinbruch, aus dem die Maoi herausgemeißelt wurden. Der größte jemals gehauene Maoi liegt noch unvollendet im Steinbruch, er ist 21 m lang und geschätzte 150 Tonnen schwer.

 

Dienstag 10. Mai

Die Sonne steht günstig am Morgen, so dass wir beschließen, die Maoi an der Westküste zu besuchen. In Tahai stehen unmittelbar nebeneinander sehr unterschiedliche Exemplare. Einzelne Figuren, eine ziemlich verwittert, die andere mit Hut und weißen Augen sowie eine Gruppe von 5 Maoi.

 

In Ahu Akivi treffen wir eine 7er Gruppe von Maoi an.

 

Wir beschließen den Tag mit einer Wanderung an der noch nicht ganz erschlossenen Nordwestküste. Wir finden eine düstere Höhle mit Altar, in die wir uns trauen hineinzuklettern. Wir finden mehrere umgestürzte Maoi und riesige Steinhaufen mit Fundamenten.

 

Wir haben heute Abend noch einen Termin, die Kari Kari Show. Eine Tanzshow zu polynesischen Rhythmen mit eindrucksvollen Kostümen und Gesängen.

 

Es geht Schlag auf Schlag: 9 Musiker mit Trommeln und verschiedenen Saiteninstrumenten: Gitarre, Ukulele, ... unterstützen mit intensiver rhythmischer oder auch gefühlsbetonter Musik die verschiedenen Tänze der rund 20 Akteure: Männer beim Kriegstanz in Kriegsbemalung, Frauen in weißen Federkostümen beim graziösen Tanz, dann das ganze Ensemble in farbenfrohen Kostümen beim temperamentvollen Finale, alles begleitet mit eindringlichen und mitreißenden Gesängen in der alten Landessprache.

 

Mittwoch 11. Mai

Heute haben wir uns eine längere Wanderung zum Vulkankrater Rano Kao vorgenommen, der im Südwesten der Insel liegt. Wir wandern durch Eukalyptus- und Palmenwälder mit vielen Bananenstauden und herrlichen Ausblicken auf die Insel.

 

Der Blick in den mit Wasser und grüner Vegetation gefüllten 700 m breiten Krater ist überwältigend.

 

Wir beschließen den herrlichen Wandertag mit einem leckeren Fischgericht auf der Strandterrasse eines feinen Restaurants mit schönem Blick auf den Pazifik.

 

Am Donnerstagmorgen (12. Mai) fahren wir wieder zu unserem Lieblingsplatz auf der Insel, zum Strand Anakena. Wir gehen noch einmal ins Wasser und faulenzen im Sand.

 

Am Nachmittag fahren wir zum Ausgrabungsgebiet Papa Vaka und sehen neben vielen Fundamenten in Lavastein eingravierte Szenen rund um die Fischerei.

 

Am Freitag (13. Mai), unserem letzten Tag, müssen wir uns von der Insel verabschieden. Es fällt uns nicht ganz so schwer, weil es in Strömen regnet, so stark, dass der Flug um 4 Stunden verschoben wird. Nach langer Nacht landen wir um 3:30 Uhr in Santiago. Ein unvergesslicher Aufenthalt auf Rapa Nui ist leider zu Ende.

Andenpass 3200 m

Es hat in den letzten Tagen geregnet und in den Anden geschneit. Der Pass war stundenweise gesperrt und darf nur mit Schneeketten befahren werden. Wir haben keine Ketten, doch dank unserer chilenischen Freunde ist schnell eine Adresse ausfindig gemacht, wo es unsere Größe geben soll. Und tatsächlich, die Ketten sind vorrätig und passen.

 

Wir erklimmen die Passstraße und passieren nach unzähligen Serpentinen die Zollstationen von Chile und Argentinien. Die Straßen sind geräumt, am Rand liegt hoher Schnee. Unsere Ketten brauchen wir nicht. In 3174 m übernachten wir im argentinischen Las Cuevas vor einem Restaurant. Die Nacht wird kalt und es schneit.

 

Am nächsten Morgen liegt nur wenig Schnee und die Andengipfel sind immer noch in Wolken gehüllt, so dass wir den Aconcagua, den mit 6982 m höchsten Gipfel der Anden, nicht sehen können.

 

Wir fahren zur Puente del Inca. Sie ist keine Konstruktion von Menschenhand, sondern die Natur hat durch Erosion diesen Felsbogen geschaffen, der sich in einer Höhe von 2700 m über den Rio Mendoza spannt. Genau an dieser Stelle entspringt eine heiße, schwefelhaltige Quelle, die für die orange gelbe Färbung verantwortlich ist. Weil man glaubt, dass die Inkas bis hierher vorgedrungen sind, hat man ihr diesen Namen gegeben. Das hier gebaute Thermalbad, wurde in den 50er Jahren durch einen Erdrutsch verschüttet und ist nicht wieder aufgebaut worden.

 

Je weiter wir ins Tal kommen, desto besser wird das Wetter, bis schließlich die Sonne vom blauen Himmel scheint. Interessante Felsformationen in allen Farben begleiten uns.

 

Am nächsten Tag besuchen wir bei Regenwetter Mendoza und machen einen kurzen Spaziergang durch die Stadt.

 

Monasterio Cristo Orante

Durch Zufall finden wir in den Unterlagen, die wir im Touristenbüro in Mendoza bekommen, einen Hinweis auf ein Weingut im Südwesten in der Nähe von Tupungato, das wollen wir besuchen. Mendoza ist die Hauptstadt der gleichnamigen argentinischen Provinz und der Mittelpunkt des argentinischen Weinbaus.

 

In unmittelbarer Nähe befindet sich auch ein Kloster. Mal sehen, wie spät es heute Abend wird, vielleicht kann man dort einen ruhigen Übernachtungsplatz finden.

 

Wir fragen im Kloster nach ... und bleiben 14 Tage. Aber alles der Reihe nach.

 

Wir fahren eine unbefestigte Straße in Richtung der Anden und biegen in eine zum Kloster führende Allee ein. Nach rund einem Kilometer erreichen wir einen großen Platz, auf dem wir unser Auto abstellen. Das Kloster liegt versteckt hinter vielen Bäumen.

 

Im Klosterladen erklärt uns eine Helferin, dass im Kloster drei Mönche leben und dass sie selber auf der Krankenstube mit einer Kollegin eine ältere Dame pflegt, deren Wunsch es ist im Kloster zu sterben.

 

Dann steht plötzlich Pater Diego vor uns, ein freundlicher, sympathischer Mönch Anfang 40. Er spricht uns in Englisch und Niederländisch an und heißt uns herzlich willkommen, ein Übernachtungsplatz ist kein Problem.

 

Wir fühlen uns direkt wohl. Im unteren Bereich wird gerade mit fleißigen Helfern um und in der Klosterkirche gearbeitet. Die künstlerisch wertvollen, nicht kitschigen, sondern liebevoll gemalten Ikonen und Fresken hat alle Pater Oscar geschaffen. Im hinteren noch abgehangen Teil der Kirche, zeigt uns Pater Diego ein wunderschönes Wandbild, das die heilige Familie im Stall zu Bethlehem zeigt.

 

Alles wird hier in Teamwork erstellt, die brillanten natürlichen Farben hat Pater Diego gemischt und beim Anmalen wurde Pater Oscar sogar von Kindern unterstützt. Hinter dem Altar hoch oben bewundern wir die in Schwarz skizzierten Entwürfe von Pater Oscar. Direkt über dem Altar hat er in schwindeliger Höhe ein Jesus Gesicht in die Kuppel gemalt.

 

Pater Matthias, der Jüngste, kümmert sich um die Säulen der Kirche, verschiedene Sandschichten in grau-beige Tönen hat er mit einer bestimmten Technik aufgetragen. Alle Materialien, die sie hier verarbeiten, sind aus der Gegend.

 

Neben der Kirche liegt die Krankenstube. In einem weiteren Gebäude, können Gäste untergebracht werden. Im Sommer werden hier bis zu 40 Personen, oft auch viele Jugendliche mit Zelten beherbergt. Dazu gehört nicht nur ein Frühstück mit leckerem Honig von den eigenen Bienenvölkern, sondern auch zum Feiern am Abend köstlicher Rotwein von eigenen Weinreben oder selbstgemachter Lemoncello, ein feiner Zitronenlikör.

 

Eine große Klosterküche mit großem Gasherd und dazu dementsprechend riesige Kochtöpfe und Wasserkessel. Die Küche ist auch Pater Matthias' Reich, hier werden im Klosterbereich geerntete Pilze (Maronenröhrlinge) getrocknet, selbstgepflückte Mandeln und Wallnüsse geknackt, verpackt oder in guter weißer oder Vollmilch Schokolade weiterverarbeitet. Unter anderem werden auch getrocknete Pflaumen, die mit einer Art Milchcreme gefüllt sind, mit Vollmilchschokolade überzogen.

 

Alles wird im schön dekorierten Klosterladen verkauft. Und wohl bemerkt, hier stehen immer alle Türen offen, der Schlüssel steckt - Vertrauen einfach Vertrauen. Im Laden gibt es außerdem selbstaufgefädelte Rosenkränze aus Holzperlen, Bücher, CDs, selbstgezogene Kerzen, Lavendelsäckchen, Gläser als Öllicht gedacht mit verschiedenen Duftölen, und den Klosterwein. Sogar das Etikett, zwei Mönche tragen gemeinsam eine große Weintraube, hat Pater Oscar entworfen und gemalt. Auch alle anderen Artikel, wie der goldene Honig, tragen ein eigenes, selbstentworfenes Etikett.

 

Gegenüber der Klosterküche befindet sich das Atelier. Hier werden die Heiligenfiguren, Bilder, Medaillons und Kreuze, die aus Kunststein gegossen werden, von Pater Oscar und einer helfenden Malerin künstlerisch bemalt. Unter anderem eine Gaucho Figur, es handelt sich hierbei um José Brochero einem Gachopriester, der im 19. Jahrhundert mit seinem Maultier durch die Lande zog, um seine weitverstreuten Gläubigen die Sakramente zu spenden. Dieses Jahr am 16. Oktober wird er von Papst Franziskus heiliggesprochen.

 

Pater Oscar gibt hier auch Seminare in Malen und Gestalten. Desweiteren verrichten alle drei Sozialarbeit, sie sprechen mit Menschen, die Probleme haben, sie kümmern sich um Drogenabhängige und um die Krankenversorgung.

 

Durch Weinberge kommt man in den oberen Bereich der Klosteranlage, nur die Klosterkapelle ist für Besucher zugänglich. Die kleine Kapelle ist geschmückt mit wunderschönen Ikonen, auch die hat Pater Oscar mit künstlerischer Hand in warmen Farben gemalt. Hier gehen wir immer in die Morgen- und Abendmesse.

 

Wir genießen die Ruhe und das Klosterleben für mehrere Tage. Wir gehen spazieren mit Blick auf die zum Greifen nahen schneebedeckten Anden, mit dem alles überragenden Vulkan Tupungato, 6550 m. Wir stehen vor Sonnenaufgang auf und genießen die aufgehende Sonne und das Farbenspiel in den Anden.

 

Gaby backt Vollkornbrot und Käsekuchen. Die Patres freuen sich so sehr darüber, dass sie direkt fragen, ob sie irgendwann auch mal für sie kochen wolle.

 

Ja das macht sie gerne. Die große Klosterküche wartet auf uns und wir kochen für 7 Personen. Am Tag zuvor haben wir eingekauft, jetzt geht es los. Kartoffel, Äpfel, Möhren und Apfelsinen werden geschält, Mandeln gehackt und geröstet und Walnüsse gehackt. Hähnchenschenkel, Apfelkartoffelgratin, Broccoli mit gerösteten und gehackten Mandeln und gebräunter Butter, Möhrensalat mit gehackten Walnüssen und Klosterhonig werden im und auf dem großen Klosterherd zubereitet. Zum Nachtisch gibt es Apfelsinensalat mit gehackten Walnüssen und aufgeschlagener Sahne.

 

Wir sehen ein Strahlen auf den Gesichtern der Patres als wir die duftenden Speisen auftragen und wir alle gemeinsam am Tisch sitzen, beten und das gute Essen genießen. Wir alle sind glücklich und zufrieden. Es hat wunderbar geschmeckt.

 

Pater Diego kommt eines Tages mit einem großen Karton voller Mandeln, wir fragen ob diese geknackt werden müssen und wir das  übernehmen sollen?  "Ja ehrlich gesagt, auf diese Frage habe ich gehofft," antwortet er.

 

Wir hämmern und pulen zwei Tage lang Mandelkerne, die auch sofort sortiert werden, .... die guten ins Töpfchen, ...

 

Am ersten Tag sind wir abends durchfroren. Am zweiten Tag ziehen wir uns wärmer an, setzen den großen Wasserkessel auf und trinken heißen Tee. Dann wird es warm in der großen Küche.

 

Am späten Nachmittag ist der riesige Karton voller Schalen und unzählige Mandelkerne liegen geknackt in einer großen Suppenschüssel.

 

Zum Abschluss backt Gaby zwei Bleche Pizza für die Patres, die inzwischen unsere Freunde geworden sind.

 

Am nächsten Tag kommen wir nicht so leicht von der Stelle. Das Auto steht fast 14 Tage, es hat mehrmals gefroren und leider waren nicht alle Verbraucher von der Starterbatterie getrennt. Beim Starten gibt es ein kurzes Geräusch, aber dann geht nichts mehr, die Batterien sind zu schwach. Der herbeigeholte klostereigene Traktor hat nur eine 12 Volt Batterie. Dann wird eine Ladegerät geholt, das sich zum Glück auf 24 Volt einstellen lässt. Angeklemmt, gestartet und der Motor läuft wieder.

 

Dann heißt es Abschied nehmen.

 

Eigentlich wollten wir ja nur eine Nacht hier bleiben. Dann wollten wir nach einer Woche los, aber Pater Diego meinte, "ihr seid doch gerade erst angekommen." Das stimmte, also blieben wir noch.

Dann wollten wir am Sonntag nach der Messe fahren. "Nein" sagte Pater Diego mit einem Schmunzeln auf den Lippen, "sonntags reist man nicht ab. Warum reist ihr nicht am Mittwoch ab?" Ja warum eigentlich nicht? Und heute ist Mittwoch.

 

Wir schießen noch ein paar Fotos und sagen Adios, wir umarmen uns und verlassen diese stille Klosteroase.

 

Wir fahren wieder langsam zurück in die hektische und laute Normalität.

 

 

Juni 2016

Canon del Atuel

Von San Rafael aus fahren wir durch das Tal des Rio Diamante bis zum gleichnamigen Stausee durch eine eindrucksvolle Berglandschaft.

 

Am nächsten Morgen scheint die Sonne vom strahlend blauen Himmel. Wir wollen durch den Canon del Atuel fahren, eine 50 km lange Schlucht, die stellenweise 300 m tief und nur 20 m breit ist. Doch so ohne weiteres lässt man uns nicht hinein. Eine Straßensperre macht auf eine kaputte Brücke aufmerksam. Wir mit unseren 10 Tonnen, werden da wohl kaum rüber kommen.

 

Wir halten einen kleinen Touristenbus an und fragen, ob wir mit unserem Großen da durchkommen. „Keine Chance“ gibt uns der Fahrer zu verstehen. Die Bilder im Prospekt des Canons sind aber so vielversprechend, dass wir zumindest bis zur Brücke wollen. Wir erkundigen uns im nahegelegenen Ort bei der Polizei, ob an der Brücke so viel Platz ist, dass wir wenden können? „Ja, wenden ist dort kein Problem.“

 

Also nichts wie hinein ins Tal, aber die Straße verspricht nichts Gutes. Wir nehmen vorsichtig die Serpentinen und stehen nach genau 6,9 km vor der Brücke. an der genügend Platz zum Wenden vorhanden ist. Aber warum wenden? Die Brücke ist eine stabile Betonkonstruktion, die gut und gerne auch 20 und mehr Tonnen vertragen kann. Es gibt keinen Warnhinweis. Wir schauen uns die Brücke genauer an und können nichts Verdächtiges finden. Wir halten ein entgegenkommendes Fahrzeug an und fragen nach Problemen auf der Strecke, und ob wir mit unserem LKW da durchkommen. „Aber klar, es gibt auf der Strecke nirgendwo eine Brücke mit Problemen.“

 

Wir genießen anschließend eine zweistündige Fahrt durch die beeindruckende Canon-Landschaft. Ein Glück, dass wir so hartnäckig waren ...

 

Uruguay

Unser nächstes, großes Etappenziel sind die Iguazu Wasserfälle. Wollen wir dort auf dem schnellsten Weg hin? Eigentlich nicht. Wir haben von Uruguay im letzten Jahr so wenig gesehen, dass wir einen Umweg über Uruguay einplanen könnten.

 

Gesagt, getan! Sechs Tage später überqueren wir den Rio Uruguay. Am Rio de la Plata entlang fahren wir nach Punta del Este, im Sommer die Touristenhochburg Uruguays, wir haben aber jetzt tiefsten uruguayischen Winter, mit Temperaturen um die plus 15 Grad.

 

Punta del Este, im äußersten Südosten von Uruguay, präsentiert sich als moderner, freundlicher Badeort mit schöner Promenade, und zu dieser Jahreszeit mit nur wenigen Touristen. Bei strahlendem Sonnenschein besuchen wir die Strandpromenade und das neue Wahrzeichen der Stadt, La Mano. Wir lassen uns in einem Strandrestaurant ein schönes rosafarbenes Stück Lachs und ein saftiges Rumpsteak schmecken.

 

Wir fahren weiter die Atlantikküste hoch, bei super Wetter und schönen Stellplätzen direkt am Meer meist in Leuchtturmnähe. Wir besuchen den wunderschön angelegten und ungewöhnlich sauberen Parque Nacional de Santa Teresa, zu dem auch eine erstklassig restaurierte Festung aus dem Jahre 1762 gehört.

 

In Barra del Chuy nutzen wir ein Kuriosum. Wir dürfen mit unserem LKW die Grenze zu Brasilien ohne Formalitäten passieren. "In einer Stunde sind wir zurück!" genügt dem Zollbeamten. Wir fahren an den menschenleeren, brasilianischen Strand, wir machen ein Foto vom Leuchtturm, sind am südlichsten Punkt Brasiliens und dann wie versprochen wieder zurück auf uruguayischem Boden.

 

Unser Weg führt uns nach Melo, von dort wollen wir weiter Richtung Westen nach Salto zu den Termas de Dayman. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt ...

 

Den westlichen Kurs schon eingeschlagen, kommen wir am alten Bahnhofsgelände von Melo vorbei. Hier stehen ungewöhnlich viele Oldtimer, die wir uns anschauen wollen. Sofort werden wir umlagert, „woher“, „wohin“, „was macht ihr gerade hier“ und … ehe wir uns versehen haben, stehen wir auch schon mitten auf dem Ausstellungsgelände, "damit Euch die Besucher auch richtig fotografieren können".

 

Einer der Organisatoren chauffiert uns zum Mittagessen in die Stadt. Als wir zurückkommen ist unser Auto derart zugeparkt, dass an Weiterfahren nicht zu denken ist. Volkswagen, DKW und amerikanische Oldtimer, überwiegend Chevrolet und Ford, sind am meisten vertreten. Abends sitzen wir in froher Runde bei Livemusik, Wein und Tafelwasser.

 

Am nächsten Morgen lernen wir ein Ehepaar aus Santa Cruz kennen. Sie sind deutschstämmig in der dritten Generation und sprechen Deutsch. Sie laden uns ein, die "deutsche" Stadt Santa Cruz in Brasilien zu besuchen. Dort würden viele Einwohner Deutsch sprechen und jährlich würde dort das drittgrößte Oktoberfest der Welt veranstaltet - nach München und Blumenau, ebenfalls Brasilen.

 

Wir müssen nicht lange überlegen und sagen „ja, das machen wir.“ Nach regnerischer Nacht machen wir uns auf den Weg.

 

Brasilien -1

Am Grenzübergang Uruguay - Basilien in Acegua müssen wir eine Zwangspause einlegen. Wir sind zwar aus Uruguay ausgereist inklusive LKW, und in unseren Reisepässen gibt es auch schon den Einreisestempel für Brasilien, aber für unseren LKW können die Zollpapiere nicht erstellt werden, weil das Internet bei dem schlechten Wetter nicht funktioniert. Wir dürfen auf dem Zollgelände übernachten. Es dauert schließlich anderntags bis kurz vor 14 Uhr, bis der Zollbeamte die Zollpapiere dem Internet entlockt hat.

 

In Bage gibt es die erste größere Tankstelle. Hier in Brasilien ist der Sprit billiger als in Chile, Argentinien und Uruguay. Wir bezahlen umgerechnet 85 Cent für den Liter Diesel. Da es anfängt zu dämmern, erkundigen wir uns nach einem Übernachtungsplatz. Der Parkplatz eines nahegelegenen Hotels wird uns empfohlen.

 

Beim Losfahren hält uns ein junger Mann an. "Ich habe für euch einen sicheren Stellplatz auf einem Fabrikgelände." Wir zögern noch, da kommt der Tankwart auf uns zu und meint, dass das in Ordnung geht.

 

Wir folgen dem jungen Mann und biegen nach zwei Kilometern auf das große, saubere Gelände von Ricardo P. Zago - Landwirtschaft und Viehzucht - ein. Es stellt sich heraus, dass der junge Mann der Juniorchef der Firma ist. Ricardo der Senior, heißt uns willkommen, zeigt uns einen Aufenthaltsraum und Duschen. „Ihr könnt so lange bleiben wie Ihr wollt,“ und zündet das Kaminfeuer an.

 

Am Abend sitzen wir in großer Familienrunde und genießen ein warmes Abendessen, mit - wie es sich für einen Landwirtschaftsbetrieb, der Fleisch nach Europa exportiert, gehört - tollem, saftigem Fleisch.

 

Am nächsten Morgen geht es direkt weiter Richtung Santa Cruz, 310 km liegen vor uns. Wir finden das Appartement unserer brasilianischen Bekannten. Schnell haben wir einen sicheren Stellplatz mitten auf dem großen, bewachten Oktoberfestgelände. Unser Bekannter war schon zweimal Präsident des Oktoberfestes und kennt die "ganze" Stadt.

 

Wir bleiben 14 Tage und erleben eine wunderbare, intensive Zeit mit unseren neuen brasilianischen Freunden.

 

Unser Freund organisiert als erstes einen Besuch in der deutschen Schule Colegio Maua Santa Cruz do Sul. Der Direktor nimmt sich zwei Stunden Zeit für uns. Nach einem interessanten Kennenlern-Gespräch, zeigt er uns die äußerst gut organisierte Schule, in der fast 900 Schüler zwischen 3 und 17 Jahren, auf Basis der drei Säulen Wissen, Musik und Sport, lernen und betreut werden.

 

Wir besuchen den Deutsch Leistungskurs, stellen unsere bisherige Reise vor und stehen den Schülern noch für ein paar neugierige Fragen zur Verfügung. Heute ist Junifest. Die Allerkleinsten und ihre Lehrerinnen haben sich in der Tradition der armen Bauern verkleidet und tanzen und singen.

 

 

Juli 2016

 

Brasilien -2

Wir sind zweimal im Radio zu hören und werden daraufhin spontan von einem Restaurantbesitzer zum Fischessen eigeladen. Die Tageszeitung interviewt uns, und bringt am nächsten Tag einen großen Bericht mit Bildern.

 

Wir fahren zu den typisch deutschen Städten Teutonia und Westfalia mit Fachwerkhäusern. Wir besuchen einen deutschen Abend, der einmal im Monat in der Universität stattfindet, um die deutsche Sprache zu pflegen. Heute stehen deutsche Volkslieder auf dem Programm.

 

Zwei Tage später sind wir Gast beim Junifest des deutschen Kulturvereins. Hier sind wieder viele als arme Bauern verkleidet. Es werden alte Tischkegelspiele gespielt, es wird gegrillt, gelacht und gesungen. Im Raum hängen die Wappen aller deutschen Bundesländer.

 

Wir besuchen einen Musterbauernhof, der ökologisch arbeitet, sich selbst versorgt und Tabakplantagen bewirtschaftet. Die jungen Tabakpflanzen werden jetzt zur "Winterzeit" in Kästen gezogen, kommen dann in ein Wasserbeet und im Frühjahr aufs Feld.

 

Wir verleben einen wunderbaren Tag am Rio Pardo im "Wasserhaus" unserer Freunde mit zünftigem Churrasco (Grillfest).

 

Am 5. Juli erleben wir ein besonderes Spektakel. Im Park vor der wunderschönen Kathedrale von Santa Cruz ist eine große Bühne aufgebaut. Singende, tanzende und musizierende Gruppen, Groß und Klein treten in traditionellen Kostümen auf. Die Universität präsentiert alle erdenklichen Sportarten. Santa Cruz do Sul erwartet das Olympische Feuer. Fritz und Frieda, die Wahrzeichen des Oktoberfestes, kommen ebenso wie die diesjährige Oktoberfest-Königin mit ihren beiden Prinzessinnen.

 

Unter großem Jubel wird die olympische Fackel auf die Bühne getragen. Der Moderator des Teams Rio 2016 gibt alles, der Bürgermeister spricht ein paar Worte. Der Fackelträger präsentiert die umjubelte, olympische Flamme in alle Richtungen, ehe sie wieder in einer Laterne verschwindet und weitergetragen wird. Zehn Minuten später ist der ganze Spuk vorbei.

 

Wir machen einen Dreitagesausflug nach Porto Alegre, Gramado und Canela. In Porto Alegre sehen wir das WM Station von 2014, wo die deutsche Nationalmannschaft ihre Vorrundenspiele bestritten hat. Gramado liegt 800 m hoch in den bewaldeten Bergen, ist eine pikfein herausgeputzte Touristenstadt und hat nichts Brasilianisches. Nicht weniger als 20 Schokoladenfabriken sind hier zu Hause. Wir haben natürlich auch eine besichtigt, hmmm ...

 

In Mini Mundo, einer Miniaturstadt, gibt es Nachbildungen aus Brasilien und Deutschland: Holstentor, Neuschwanstein, Freiburg, ...

 

In Canela besichtigen wir ein Museum mit Kaffeestube: ein Wohnhaus einer deutschen Kolonisten-Familie aus dem 19 Jahrhundert, noch komplett eingerichtet. Im Café gibt es fantastischen Apfelstrudel und leckeren Apfeltee. Anschließend geht es in den Parque Aldeia do Imigrante. Hier taucht man in die 1850er Jahre ein. Ein Freilichtmuseum mit eingerichteten alten Häusern, einer Kirche, Schule und Schmiede.

 

Zum Abschluss geht es nach Bento Goncalves zu einer historischen Eisenbahn und einer Weinprobe im Casa Valduga von Weinbergen umgeben.

 

Auf ein baldiges Wiedersehn und danke für 14 unvergessliche Tage.

 

Iguazu / Iguacu Wasserfälle

Wir wollen die Wasserfälle zuerst von argentinischer Seite aus anschauen, dann von der brasilianischen Seite und danach weiter Richtung Pantanal fahren.

 

Die brasilianisch-argentinische Grenze passieren wir problemlos. Wir übernachten in Puerto Iguazu und sind morgens um 9 Uhr an den Wasserfällen.

 

Das Wetter ist nicht das beste, aber es regnet nicht als wir die Eintrittskarten und die Parkplatzgebühr bezahlt haben und uns Richtung Bahnhof in Bewegung setzen.

 

Es gibt drei Wege, über die man die Wasserfälle auf unterschiedlichen Ebenen erreichen kann, den Paseo Garganta del Diablo, den Paseo Superior und den Paseo Inferior. Auf einer Länge von 2, 7 Kilometern stürzen mehr als 270 Wasserfälle in die Tiefe.

 

Die Garganta del Diablo, die Teufelsschlucht, die 5 km vom Eingang entfernt liegt, ist heute aufgrund der eingeweichten Erde nur mit einem kleinen Zug erreichbar. Hier werden wir beginnen. Trotz der relativ frühen Zeit müssen wir auf den zweiten Zug warten. Wir fahren durch den Regenwald. Mehr als 2000 Pflanzenarten meist Farne, Palmen und Schlingpflanzen, sowie 400 Vogelarten, Insekten und Reptilien soll es hier geben, u.a. auch Nasenbären und Affen.

 

Je näher wir herankommen, desto deutlicher hören wir die Wassermassen. Wir sehen zunächst nur einen See - gestautes Wasser - mit kleinen Felsinseln und Sträuchern. Wir befinden uns oben auf dem Wasserfall und gehen über Stege auf die Abbruchkannte zu.

 

Ein unbeschreibliches Getöse macht sich breit, man kann sich zur Verständigung nur noch schreiend unterhalten. Gewaltige Gischt- und Nebelschwaden liegen über der Schlucht. Dann haben wir es geschafft, wir stehen an der Kante und schauen den hinabstürzenden Wassermassen nach.

 

Es lässt sich kaum in Worte fassen, mit welcher Gewalt und mit welchem Getöse das Wasser hier mehr als 70 Meter in die Tiefe stürzt.

 

Wir sind überwältigt, schießen Fotos, stehen einfach nur da und genießen das Naturwunder. Menschen aus aller Welt freuen sich mit uns.

 

Nach zwei Stunden wandern wir über den Paseo Superior. Immer wieder herrliche Ausblicke auf die gewaltigen Wasserfälle, die in mehreren Stufen in die Tiefe stürzen. Dazwischen üppige, subtropische Vegetation, riesige Farne und Palmen.

 

Auf dem unteren Paseo Inferior tun sich weitere Perspektiven auf. Gischt von allen Seiten, man hat das Gefühl sich mitten in den Wasserfällen zu bewegen. Jetzt werden wir richtig nass.

 

Nach 8 Stunden verlassen wir den Parque Nacional Iguazu und sind tief beindruckt von dem, was wir heute erlebt haben.

 

Am nächsten Morgen sind wir früh auf den Beinen. Wir wollen auf die brasilianische Seite, d.h. zunächst zum Grenzübergang, aus Argentinien ausreisen und in Brasilien einreisen. Das Internet funktioniert, und in einer rekordverdächtigen halben Stunde haben wir alle Formalitäten erledigt.

 

Kurze Zeit später sitzen wir mit gelösten Eintrittskarten im Bus Richtung Mirador Garganta do Diabo. Hier im brasilianischen Teil ist man weiter von den Wasserfällen entfernt und genießt eher einen Gesamtblick, während man in Argentinien eher das Gefühl hat, sich in den Wasserfällen zu bewegen.

 

Die Sonne scheint als wir den Bus verlassen und den ersten Blick auf die Wasserfälle mit Regenbogen bewundern. Wir  gehen über Steinwege und -treppen und nähern uns so der Teufelsschlucht. Immer wieder öffnet sich der Regenwald und wir können atemberaubende Blicke auf die im Sonnenlicht strahlenden Wasserfälle genießen, die tosend hinabstürzen. Wir können uns nicht sattsehen und legen immer wieder kleine Pausen zum Verweilen ein.

 

Wie müssen jetzt unser Regenzeug anziehen, denn es geht über einen Steg in die Mitte des Iguacu.  Es windet gewaltig. Wir werden von der starken Gischt durch und durch nass, der Wind peitscht die Nässe ins Gesicht.

 

Wir stehen genau unter / vor einem tosenden Wasserfall am Rande der Teufelsschlucht, der über uns geschätzte 25 Meter hinab stürzt, unter den Steg durchrauscht, um dann weitere 40 Meter in die Tiefe zu stürzen. Wir haben das Gefühl mitgerissen zu werden, aber der Steg macht einen stabilen Eindruck.

 

Die Sonne scheint und wir sehen in dem wilden Getöse einen herrlichen Regenbogen. Patschnass aber zufrieden gehen wir wieder zurück auf die festen Wanderwege.

 

Wir trocknen uns in der Sonne und picknicken mit einem letzten Blick auf die Wasserfälle. Wir sind uns einig: Beide Perspektiven haben ihren Reiz, sind aber ein Muss, wenn man die Wasserfälle in ihrer Gesamtheit erfahren und bewundern will.

 

August 2016

 

Süd-Pantanal

Das Pantanal ist eines der größten Feuchtgebiete der Erde, liegt im Herzen von Südamerika und zu mehr als 80 % in Brasilien. Mit 230.000 km² ist es fast so groß wie Westdeutschland. Hier soll es mehr als 600 Vogelarten und über 100 Säugetierarten geben. Unter anderem Hyazinth-Aras, Riesenstörche (Jabirus – sie sind das Wahrzeichen des Pantanals), Riesenotter, Wasserschweine – mit bis zu 70 kg die größten Nagetiere der Welt – sowie Jaguar und mehr als 30 Millionen Kaimane (Krokodile).

Das alles wollen wir uns aus nächster Nähe anschauen.

Zunächst erkunden wir das Pantanal  von Süden aus. In Bonito finden wir erste Berührungspunkte  – „das Tor zum Pantanal“ verkünden mehrere Dutzend Agenturen, die mehrtägige Exkursionen anbieten. Wir hätten gerne eine vernünftige Karte des Pantanals und werden vom Tourismusbüro zu den Agenturen und von den Agenturen wieder zurück zum Tourismusbüro verwiesen. Es gibt (hier) tatsächlich keine brauchbare Karte, nur ein kleines Faltblättchen mit einem Stadtplan von Bonito und diversen Hinweisen in Pfeilform auf Exkursionen. Vor lauter Werbung übersieht man fast den wenig informativen Inhalt. Zur Erinnerung: das Pantanal ist so groß wie Westdeutschland. Unsere im Internet und im Reiseführer recherchierten Informationen sind wesentlich brauchbarer.

Wir schauen uns auf dem Winterfestival von Bonito um. Es ist richtig viel los hier. Eine Sambagruppe elektrisiert mit ihren Rhythmen, viele schöne Stände – ein Maler aus Kolumbien, den wir vom Campingplatz her kennen, viel Handarbeit, Kleider, Schmuck, Nippes. Wir probieren leckeres Kokosnussfleisch und schauen uns auf der Bühne eine tolle Ausdruckstanzgruppe an.

Am Abend wird es dann richtig voll. Auf der großen Bühne tritt ein Quartett auf. Drei Gitarren liefern sich mit einem Akkordeon atemberaubend schnelle Frage-Antwort-Spiele und werden ständig mit Sonderapplaus belohnt. Ein Gitarrist spielt auf einer 12 saitigen Gitarre. Die Vier können auch anders: einfühlsame Musik und gekonnte Solopassagen werden dem begeisterten Publikum zu Gehör gebracht. Die Zugaben dauern eine viertel Stunde. Bravo!

Auf dem Campingplatz treffen wir Guillermo einen Argentinier, der mit seiner nagelneuen BMW R 1200 GS Enduro einen Freund in Polen besuchen will. Brasilien, Mittelamerika, USA, Kanada, Alaska, Beringstraße und dann quer durch Russland bis Polen – eine spannende Reise. Zurzeit hat er sich aber frisch in Micchelle, eine brasilianische Künstlerin, verliebt … mal gespannt wann und ob er seine Reise fortsetzt.

Wir wollen tiefer ins Pantanal und folgen einer Empfehlung einer Reisebekanntschaft. Je weiter wir nach Norden vordringen, wird das Wetter immer heißer. Temperaturen jenseits der 35 Grad begleiten uns.

Nach gut 350 km finden wir die Pousada Santa Clara und buchen drei Übernachtungen mit Exkursionen und Vollpension.

Pousada Santa Clara: Großes Haupthaus mit Rezeption und tollem, offenem, windumwehtem Speiseraum, zwei  Pavillons mit Hängematten, ein Pavillon mit Tischen und Stühlen, eine Terrasse mit Blick auf den kleinen Swimmingpool, viele kleine zum Teil bewohnte Zimmer und eine Bar. Eine Anakonda schlängelt sich durch die Beete, eine um Essen bettelnde Katze und kleine Schweine kreisen um die Tische.

Um 12 Uhr gehen wir zum Buffet und genießen ein rustikales und exotisches Essen. Anschließend fahren wir zum Campingplatz am nahegelegenen Rio Abobral und sind hier die einzigen Gäste.

Um 15 Uhr beginnt unsere erste Tour „Piranha Angeln“. Pedro unser Guide nimmt uns und sieben weitere  Gäste mit auf sein Motorboot. Vor uns am Ufer liegen Kaimane, die sofort ins Wasser flüchten. Los geht die Bootsfahrt durch die unberührte Natur des Pantanals. Immer wieder stoppt Pedro das Boot und wir beobachten Tukan, Eisvogel, Maguaristorch, Mangrovereiher, Kormoran und Marmorreiher. Aber die Vögel sind scheu und nur selten gelingt ein Schnappschuss.

In einer pink blühenden Baumkrone sehen wir eine Howler Monkey Familie. Ein Otter kreuzt schwimmend unseren Weg. Dann heißt es Angeln. Jeder im Boot bekommt eine Bambusangel mit Nylonfaden, Bleikügelchen und Angelhaken. Als Köder gibt es ein kleines Fleischstück. Angelschnur auswerfen und schon zappeln die ersten Piranhas und ein Bagre Fish (Maulbrüterwels) am Haken. Piranhas in allen Größen werden Schlag auf Schlag geangelt. Eine junge Holländerin angelt 17 Exemplare!

Dann geht es zurück. Nach einer Kaffeepause fahren wir um 18 Uhr – die Sonne ist schon untergegangen – mit offenem Transporter auf Nachttour. Leider wissen die Tiere nicht, dass wir unterwegs sind … wir fahren zwei Stunden durch die Dunkelheit und trotz großem Spot sehen wir nur Kaimane im klaren Flusswasser auf Fischjagd.

Dann sind wir wieder an der Lodge. Zum Abendessen gibt es unter anderem unsere selbst geangelten Piranhas … schmackhaft aber (zu) viele Gräten.

Am nächsten Morgen gehen wir zuerst zum Frühstücksbuffet: Melone, Papaya, Ananas, Haferflocken mit Erdbeerpulver, kleine Butterbrötchen, Weißbrot, Rührei, gefüllte Fischpastetchen, Käse, Schinken, Marmelade, Kuchen, Kakao, Tee, Kaffee und Milch. Alles reichlich und sehr lecker!

Um 7.30 Uhr ist Abfahrt zur „Wanderung durch das Pantanal“. Anfahrt eine Stunde. Wir sehen jede Menge Kaimane, die faul in der Sonne liegen oder im Fluss umher schwimmen, Jabiru Störche, Nandus, Sumpfhirsche und Karakaras. Am Straßenrand sehen wir eine Nasenbärfamilie. Wir entdecken eine Tapir Spur – aber leider nicht den Verursacher.

Dann steigen wir aus und gehen zu Fuß durch den Urwald. Wir wandern abwechselnd durch dichten Wald und über sandige Wiesenflächen in der heißen Sonne. Überall Palmen, alte Bäume umschlungen von Luftwurzeln, Palmen mit Dolden von kleinen Kokosfrüchten; in Bonito wird daraus leckerer Schnaps gebrannt.

In einer Baumkrone sehen wir Howler Affen, ein schwarzes Männchen und zwei braune Mütter mit ihren Kindern nah an sich geklammert.

Im Busch ein kleiner Tapir, der aber schnell verschwindet. Tukane mit ihren großen orangen Schnäbeln fliegen auf. Hoch oben sehen wir wie uns ein roter Ara aus seinem „Baumhaus“ anschaut, ein zweiter Ara sitzt auf einer Astgabel über ihm. Wer beobachtet hier eigentlich wen? Dann sehen wir oben in den Baumkronen die bewohnten Nester von Jabiru Störchen und Ibissen.

Am nächsten Tag begegnen uns weiß schwarze Waldstörche,  braun graue Kormorane, Tukane, Eisvögel und Waldstörche. Das Beste ist ein Leguan auf einem umgestürzten Baum der im Fluss liegt.

Auf dem Programm steht auch ein Ausritt hoch zu Ross. Ich (Gaby) bin schon mal auf einem Pferd gesessen und geritten. Manfred kommt nicht mit, er sagt: Lieber Vorsicht als Nachsicht!

Vier junge Holländerinnen, ein brasilianisches Pärchen, ein junger Franzose und ein holländischer Papa mit seinem erwachsenen Sohn, zehn Personen. Ein Cowboy reitet vorne und hinten unser Guide Pedro.

Zuerst weist uns Pedro ein, und nennt uns die Namen unserer Pferde. Meines heißt Solitär! Ich begrüße mein Pferd und kraule immer wieder seine Mähne.

Interessanterweise wird der zweistündige Ausritt von einem Schwein begleitet. Pedro sagt: „Es meint es sei ein Pferd, es ist immer bei den Pferden und nie bei seiner Schweinefamilie“. Und als wir unterwegs andere Pferde sehen, geht das Schwein zu den Pferden und beschnuppert sie. Wir sehen ein schnelles Gürteltier und wieder viele Vögel. Es ist so angenehm, in dieser frischen Morgenluft über die weite Steppe zu reiten, es macht richtig Spaß und tut gut!

Als wir zurückkommen, heißt es absitzen, und ich verabschiede mich von Solitär. Im Schatten eines Baumes stehen Bänke im Kreis, wir setzen uns alle und der Cowboy lässt den Tereré, so heißt der mit kaltem Wasser getrunkene Mate hier im Pantanal, im Trinkhorn rund gehen, schön erfrischend. Da sehen wir eine kleine Cobra, aber Vorsicht, die ist gefährlich!!

Am letzten Tag gibt es eine letzte Safari Tour zu Fuß mit Pedro. Immer wieder entdecken wir  im tiefen Dschungel Spuren …  Jaguarspuren. Ein Buschreh taucht kurz auf. In der Steppe auf einem Baum nisten viele Grünpapageien mit blauem Kopf. Auf dem Rückweg sehen wir noch eine winzige Schlange.

Das Auto wird abfahrbereit gemacht, und los geht's. Wir verlassen dieses Paradies und fahren weiter!

 

Nord-Pantanal
Fünf Tage später erreichen wir Cuiaba, eine große Stadt im Norden des Pantanals, in der wir problemlos unsere Vorräte auffüllen können. Als es wegen Bauarbeiten an einer Brücke nicht weitergeht, fragen wir nach dem besten Weg Richtung Poconé. Ein deutsch sprechender Schweizer hält neben uns und bietet seine Hilfe an.

Er lebt hier seit 25 Jahren mit seiner Frau und arbeitet für ein christliches Missionswerk. Er lädt uns auf sein Anwesen ein und gibt uns wertvolle Tipps fürs Pantanal. Nach einer ruhigen Nacht bedanken wir uns mit einem gemeinsamen Frühstück in unserem Wagen. Danke für die herzliche Gastfreundlichkeit.

Kurz darauf erreichen wir Poconé. „In Poconé beginnt … die bekannte Transpantaneira, eine aufgeschüttete Straße, die 145 Kilometer in das Pantanal führt. Sie beinhaltet 127 größere und kleinere Holzbrücken, die oftmals in einem abenteuerlichen Zustand sind und regelmäßig geflickt werden.“ So die Informationen aus Wikipedia.

Wir möchten auf einer Pousada – eine meist familiär geführte kleine Pension, die hier Führungen durch das Pantanal anbietet - Station machen, werden aber mit fadenscheinigen Argumenten abgewiesen. „Sie können hier nicht stehen, das kann Probleme mit den anderen Gästen geben?!“ oder an anderer Stelle „Wir können uns keinen Wachdienst leisten. In der Nacht ist es zu gefährlich, Diebe sind unterwegs.“

Wir suchen weiter. Nach gut 30 Kilometern müssen wir leider an einer abenteuerlichen Brücke kapitulieren, gebrochene Planken und ziemlich beunruhigende Löcher. Unsere 10 Tonnen sind hier wohl doch zu viel. Wir müssen uns damit abfinden nicht tiefer in das Pantanal vordringen zu können.

Also zurück. Auf der Estancia Vitoria werden wir herzlich willkommen geheißen. Wir werden belehrt, „gestern sind wir mit Viehtransportern die 140 km gefahren. Die Brücken sehen zwar abenteuerlich aus, aber unsere 20-Tonner sind heil angekommen. Da passiert mit Ihren 10 Tonnen überhaupt nichts.“

Der Chef zeigt uns dann unseren Stellplatz und reicht uns einen Zimmerschlüssel: „Für Toilette und Dusche!“ Hier sind wir wirklich willkommen. Wir entscheiden uns, zu Abend zu essen und finden Namensschilder auf unserem Tisch. So kommen wir schnell ins Gespräch mit anderen Gästen.

Wir vereinbaren einen geführten Morgenspaziergang. Um 4:30 Uhr klingelt unser Wecker. Um 5 Uhr wandern wir los. Es ist noch dunkel, doch die vermuteten Waschbären und Nasenbären sehen wir leider nicht. Dafür aber an einer Brücke unzählige Kaimane und Vögel. Die Sonne geht auf und langsam erwacht der Dschungel.

Am Nachmittag erforschen wir mit einem Kanadier den nahe gelegenen Fluss. Wir sehen Kaimane, Wasserschweine, viele Vögel und sogar ein Tapir, der sich ganz überrascht kurz zu uns umdreht und dann schnell wegrennt ... wir konnten ihn leider nicht fotografieren.  Aber wir haben einen Tapir gesehen, das größte Säugetier Südamerikas. Riesenotter schwimmen mit uns um die Wette und tauchen immer wieder ab. Am nächsten Tag verlassen wir diesen einladenden Ort.

Wir trauen uns ein zweites Mal tiefer ins Pantanal. Gut 90 Brücken liegen noch vor uns. Mit einem mulmigen Gefühl nähern wir uns ‚unserer‘ Brücke … Wir legen eine Bohle zur Verstärkung und fahren los … die Bohle bricht … und wir sind trotzdem drüben. Geschafft!

Nach vier Stunden erreichen wir das Ende der Transpantaneira in Porto Jofre. Wir passieren die Toreinfahrt des Hotels Pantanal Norte mit nur wenigen Zentimetern Luft nach oben.

Herrlicher Stellplatz direkt am Fluss Cuiaba. Wenn wir eine Tour buchen, ist der Stellplatz kostenlos und wir können so lange bleiben, wie wir wollen. Dusche, Toilette, klimatisiertes Fernsehzimmer, klimatisiertes Billardzimmer inbegriffen.

Auf dem Gelände viele herrlich gelegene Bungalows und alter Baumbestand. Dutzende Tukane und Hyazinth-Aras haben hier ein tolles Zuhause gefunden.

Wir buchen natürlich eine Bootstour. Am nächsten Morgen sind wir um 7 Uhr an der Anlegestelle. Hier wartet Goncalinho in seinem 110 PS Boot mit Sonnendach.
Dann geht es los, es dämmert, wir fahren ruhig in den milden Morgen hinein, immer weiter in die unberührte Wildnis. Wir sehen Vögel die mit dem ersten Sonnenlicht Fische jagen und Kaimane, die ins Wasser gleiten. Unser Guide empfängt einen Funkspruch: Jaguar in Sicht! Nichts wie hin. Wir fahren teilweise mit mehr als 50 km/h über den Fluss.

Einige Boote sind schon vor Ort. Es werden immer mehr. Sündhaft teure Fotoausrüstungen auf Stativen befestigt sind auf den Jaguar gerichtet. Er liegt dösend gut 50 Meter vor uns hinter einem Baum. Eine prächtige, fein gemusterte Raubkatze, so von weitem wirkt ihr Fell ganz weich. Unser Fernglas kommt  jetzt richtig zum Einsatz. Gebannt schauen wir den Jaguar an, der hin und wieder seinen Kopf bewegt. Genug gesehen und fotografiert, der Tag ist noch lang, wir haben noch viel vor.

Unser Guide sucht mit geschultem Blick immer wieder die Wildnis ab, in Ufernähe, den Sandstrand und unter oder auf den Bäumen. Wir fahren in schmale Seitenarme durch Seerosenteppiche und vorbei an dichtem Geäst das im Wasser treibt. Eine Stille erfüllt den Morgen. Wir hören nur leises Vogelgezwitscher, das Säuseln der ins Wasser gleitenden Kaimane und das Platschen der Wasserschweine. Vögel sitzen wie Statuen auf vorbeiziehendem Treibgut. Manche Vögel scheinen wie erstarrt und lassen ihre ausgebreiteten Flügel, nach erfolgreichem Fischfang, in der wohltuenden Sonne trocknen. In der Ferne sehen wir Wasserbüffel und einen Riesenotter. Wir drei sind hier alleine und gleiten langsam am Ufer entlang, so entgeht uns bzw. Goncalinho nichts.

Unser Guide bekommt wieder einen Funkspruch, Jaguar!  Wir drehen und in Windeseile geht es wieder los. Viele Boote haben sich bereits eingefunden. Aber der Jaguar hat sich in den Busch zurückgezogen. Wir warten zehn Minuten und drehen dann ab.

Nach einem kurzen Toilettenstop in freier Wildnis – Gaby hielt es nicht mehr aus –  sind wir auch bald wieder Zuhause. Wir waren 6:22 Stunden unterwegs, haben 109,9 km zurückgelegt, bei einer maximalen Geschwindigkeit von 51,3 km/h und einem Durchschnitt von 18,9  km/h. Danke Goncalinho für diese unvergesslich schöne Bootstour!!

Wir gehen zu unserem Auto, schnappen uns was zu essen und zu trinken und gehen in den Computerraum, im Auto ist es zu heiß. Dann in den klimatisierten TV Raum und später an den Pool, die Dusche tut gut, und vor Sonnenuntergang noch eine Runde spazieren und Tukane fotografieren.

Ein unvergesslich schöner Tag geht zu Ende. Wir haben ihn gesehen, den Jaguar.

Wir haben eine schlimme Nacht. Es ist drei Uhr. Wir fühlen jeder eine Zecke. Licht an … dick und voller Blut. Dann geht es los … Wir entdeckten immer mehr Zecken bei uns. Insgesamt 38 Zecken – in Worten achtunddreißig! Die Entfernung der Plagegeister und die Desinfektion dauern gut eine Stunde. Danach können wir tatsächlich wieder einschlafen.

Nach dem Frühstück beschließen wir weiter zu fahren, aus Zeckenfurcht. Der Platzchef Roger beruhigt uns und sagt, „hier auf dem Platz gibt es keine Zecken, die gibt es nur in der Wildnis“ … Ein Mitbringsel von der Toilette in der Wildnis. „Die Zecken sind aber nicht so gefährlich wie in Europa.“ Hoffentlich wissen das die Zecken. Also bleiben wir. Wir genießen also noch einen entspannenden Tag rund um die Hotelanlage. Dazu gehören natürlich auch Fotos von den Tukanen und Hyazinth-Aras.

Nach dem Frühstück fahren wir los. 127 Brücken liegen wieder vor uns. Wir wollen nach Bolivien. Bei der Estancia Vitoria legen wir einen Zwischenstopp ein und sind wieder herzlich willkommen. Nach intensiven Gesprächen und einer weiteren Wanderung ziehen wir weiter.

Bolivien, unserem fünften Land in Südamerika, wollen wir einen kurzen Besuch abstatten.  In erster Linie möchten wir unsere Aufenthaltsdauer für Brasilien wieder „aufladen“. Was heißt das genau? In südamerikanischen Staaten dürfen sich u.a. deutsche Staatsbürger ohne Visum bis zu 90 Tage aufhalten. Eine einmalige Verlängerung für weitere 90 Tage kann beantragt werden. Dabei darf der Gesamtaufenthalt in einem Zeitraum von 6 Monaten 90 Tage und in einem Zeitraum von 12 Monaten 180 Tage nicht überschreiten *).
Aber daran hatte sich bisher keiner gehalten. Wir hatten bei allen Grenzübertritten – und das waren immerhin ein Dutzend – automatisch volle 90 Tage bekommen. Die Tage, die wir vorher bereits im jeweiligen Land waren, wurden nie angerechnet. Also … auf nach Bolivien, einreisen, ausreisen, um für Brasilien wieder 90 Tage Aufenthaltsdauer zu bekommen.

„Sie waren bereits 37 Tage in Brasilien, also bleiben Ihnen noch 53 Tage.“ belehrt uns die brasilianische Polizei in Cacares. Wie bitte? 12-mal interessiert das niemanden und ausgerechnet im entscheidenden Augenblick erinnert sich ein Polizist an die Maximal-90-Tage-in-180-Tagen-Regel. Wir erklären, dass wir unser Auto vier Monate in Brasilien unterstellen wollen und auf die 37 Tage angewiesen wären. Nach langen Diskussionen beruhigen uns Zoll und Polizei. „Bringen Sie Ihr Anliegen in Sorocaba vor. Es wird eine Möglichkeit geben, Ihr Auto vier Monate bei Freunden unterzustellen. Fragen Sie nach einer ‘Admissao Temporaria do Veiculo‘“, nach einer vorübergehenden Erlaubnis für Ihr Fahrzeug.

*) Seit dem 1. Oktober 2012 gibt es diese Verlängerungsoption nicht mehr – das weiß aber nicht jeder brasilianische Polizist – Grund für die Abschaffung der Verlängerungsoption ist die Anpassung an die Regelung in der EU, von der brasilianische Staatsbürger ebenfalls betroffen sind: Für brasilianische Touristen in der EU ist ein Aufenthalt von 180 Tagen nicht möglich.

 

September 2016

 

Halbwegs beruhigt machen wir uns auf den Weg Richtung Sao Paulo. Im Süden der größten Stadt Brasiliens wollen wir Freunde besuchen und dort unser Auto unterstellen. Sao Paulo hat mehr als 20 Millionen Einwohner und ist damit eine der größten Städte der Erde.

 

In Cacares hatte man uns versprochen, dass es eine Möglichkeit gibt, unser Auto vier Monate bei Freunden unterzustellen. In Sorocaba treffen wir unseren Freund, der uns von Amt zu Amt und von Behörde zu Behörde begleitet. Aber zu der versprochenen Möglichkeit – das Auto länger unterzustellen zu können – will sich trotz freundlicher und verständnisvoller Diskussionen keiner der Zöllner oder Polizisten durchringen. Wir bekommen keine ‚Admissao Temporaria do Veiculo‘.

 

Das bedeutet für uns, wir müssen nach Uruguay fahren und dort unser Auto unterstellen. Denn in Uruguay darf man sein Fahrzeug bis zu einem Jahr alleine lassen.

 

Aus unserem längeren Besuch bei unseren Freunden wird leider nichts. Wir müssen uns so schnell wie möglich auf den Weg machen. Knapp 2000 km liegen vor uns.

 

Fünf Tage später haben wir unser Ziel erreicht: das Paraiso Suizo, der Campingplatz am Rio de la Plata (Uruguay,) von wo aus wir ein Jahr zuvor unsere Reise begonnen haben.  Hier wird unser treuer Begleiter bis zum 19. Januar 2017 auf uns warten.

 

Wir sind mittlerweile wieder in Deutschland angekommen.

 

Am 2. September 2015 hatten wir unser Heim verlassen … am 14. September 2016 schließen wir unsere Haustür wieder auf. 378 unvergessliche Tage liegen hinter uns.